Keine Verwirkung des Vaterschaftsanfechtungsrechts der Mutter
letzte Aktualisierung: 16.07.2020
BGH, Beschl. v. 18.3.2020 – XII ZB 321/19
BGB §§ 1599 Abs. 1, 1600 Abs. 1 Nr. 3
Keine Verwirkung des Vaterschaftsanfechtungsrechts der Mutter
a) Das Recht der Mutter auf Anfechtung der Vaterschaft ist nicht von weiteren Voraussetzungen
und insbesondere nicht von einer Kindeswohldienlichkeit abhängig.
b) Ein rechtsgeschäftlicher Ausschluss des Rechts auf Anfechtung der Vaterschaft ist nicht möglich,
so dass ein Verzicht auf das Anfechtungsrecht wirkungslos ist (im Anschluss an Senatsurteile vom
12. Juli 1995 – XII ZR 128/94 –
c) Die Mutter ist nicht nach Treu und Glauben an der Anfechtung der durch Ehe begründeten
Vaterschaft gehindert, wenn die Ehe in dem beiderseitigen Wissen, dass die Braut von einem
anderen Mann schwanger ist, und mit dem Ziel, dem Bräutigam den Status als rechtlicher Vater zu
verschaffen, geschlossen worden ist (Fortführung von
Gründe:
I.
Das Verfahren hat die Anfechtung der Vaterschaft des Antragsgegners
durch die Kindesmutter (Antragstellerin) zum Gegenstand.
Die Antragstellerin und der Antragsgegner hatten seit September 2014
eine Beziehung, trennten sich aber in der Folge mehrfach und waren auch im
Zeitraum von September 2015 bis zum März 2016 getrennt. Während dieser
Trennung hatte die Antragstellerin Geschlechtsverkehr ausschließlich mit einem
anderen Mann, von dem sie - was sie im Februar 2016 feststellte - schwanger
wurde. In dem Wissen um diese Umstände und mit dem Ziel, dass das Kind als
eheliches des Antragsgegners geboren werden sollte, schlossen dieser und die
Antragstellerin am 17. Mai 2016 die Ehe. Am 11. Oktober 2016 wurde die Tochter
K. geboren. Im September 2017 trennten sich Antragstellerin und Antragsgegner,
die Ehe wurde im Januar 2019 rechtskräftig geschieden.
Im Juli 2018 hat die Antragstellerin beim Amtsgericht die Feststellung
beantragt, dass der Antragsgegner nicht der Vater von K. sei. Der Antragsgegner
ist dem mit dem Einwand entgegen getreten, die Antragstellerin habe ihr
Anfechtungsrecht verwirkt. Das Amtsgericht hat nach Einholung eines Abstammungsgutachtens
die beantragte Feststellung ausgesprochen. Die hiergegen
gerichtete Beschwerde des Antragsgegners hat das Oberlandesgericht zurückgewiesen.
Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt der Antragsgegner
seinen Zurückweisungsantrag weiter.
II.
Die Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg.
1. Das Beschwerdegericht hat seine Entscheidung wie folgt begründet:
Für das Anfechtungsrecht der Mutter sei ohne Bedeutung, ob die Vaterschaft
auf einer Ehe oder einer Anerkennung beruhe. Die Anfechtungsfrist habe
hier mit der Geburt von K. begonnen. Es liege auch weder ein Fall der Verwirkung
noch ein Rechtsmissbrauch vor. Das Statusrecht kenne keinen Vertrauenstatbestand.
Es sei nämlich zu berücksichtigen, dass die Vaterschaft ganz
erhebliche Auswirkungen - insbesondere beim Sorgerecht - auf die Rechtsstellung
der Mutter habe. Dementsprechend könne sie auch dann anfechten, wenn
sie zuvor einer falschen Vaterschaftsanerkennung zugestimmt habe. Gleiches
müsse für den hier zu entscheidenden Fall einer Vaterschaft aufgrund Eheschließung
gelten. Die mit der Eheschließung verbundenen Erwartungen der
Antragstellerin hätten sich vorliegend erkennbar nicht erfüllt. Anfechtungsgrund
sei stets allein das Auseinanderfallen von rechtlicher und leiblicher Vaterschaft.
Voraussetzung sei auch nicht, dass die Anfechtung dem Wohl des Kindes diene.
2. Das hält rechtlicher Nachprüfung stand.
Gemäß
anzufechten. Nach den von der Rechtsbeschwerde nicht angegriffenen
tatrichterlichen Feststellungen ist der Antragsgegner nicht der leibliche Vater
von K. und die Anfechtungsfrist des
Wie das Beschwerdegericht zutreffend ausführt, ist weder die Feststellung
nach § 1599 Abs. 1 BGB von weiteren Voraussetzungen abhängig noch
das Anfechtungsrecht der Antragstellerin nach den Grundsätzen von Treu und
Glauben ausgeschlossen.
a) Das Anfechtungsrecht der Mutter ist nicht von weiteren Voraussetzungen
und insbesondere nicht von einer Kindeswohldienlichkeit abhängig, was
nicht auf verfassungsrechtliche Bedenken trifft.
aa) Das Gesetz enthält für die Anfechtung durch die Mutter von der Einhaltung
der Anfechtungsfrist abgesehen keine zusätzlichen Voraussetzungen.
Ein eigenes Anfechtungsrecht der Mutter - die zuvor nur als Vertreterin
des Kindes die Vaterschaft anfechten konnte - hat der Gesetzgeber durch das
Gesetz zur Reform des Kindschaftsrechts vom 16. Dezember 1997 (BGBl. I
S. 2942; Kindschaftsrechtsreformgesetz - KindRG) mit Wirkung zum 1. Juli
1998 in
bei der Vaterschaftsanfechtung durch die Mutter eine Kindeswohlprüfung bzw.
die Zustimmung des volljährigen Kindes als Anfechtungsvoraussetzung vorzusehen
(vgl. BT-Drucks. 13/4899 S. 148 und 13/8511 S. 70, 72). Nach dem ers-
ten Regierungsentwurf waren in § 1600 Abs. 2 BGB noch diese Voraussetzungen
für die Anfechtung der Mutter genannt (vgl. BT-Drucks. 13/4899 S. 6), weil
der "zerstörende Rechtsakt" der Vaterschaftsanfechtung für das Kind mit einem
weit höheren Risiko verbunden sei als die die Vaterschaft begründende
Vaterschaftsanerkennung, weshalb für letztere der Mutter ein uneingeschränktes
Mitwirkungsrecht eingeräumt werden könne (vgl. BT-Drucks. 13/4899
S. 55). Diese Anfechtungsvoraussetzungen wurden jedoch auf Vorschlag des
Bundesrats (vgl. BT-Drucks. 13/4899 S. 148) und auf Empfehlung des Rechtsausschusses
(vgl. BT-Drucks. 13/8511 S. 70, 72) trotz in der Literatur geäußerter
Kritik (vgl. Gaul
Der Gesetzgeber ließ sich dabei davon leiten, dass es für eine Differenzierung
danach, ob der Mann, die Mutter oder das Kind die Vaterschaft anficht,
an ausreichenden Gründen fehle. Dem Interesse der Mutter, die unzutreffende
rechtliche Zuordnung des Kindes zu beseitigen, sei kein geringerer Wert als
dem entsprechenden Interesse der weiteren Anfechtungsberechtigten beizumessen.
Auch die Anerkennung der Vaterschaft solle nach dem Entwurf vom
Kindeswohl unabhängig nur mit Zustimmung der Mutter wirksam sein. Die eheliche
Vaterschaft sei nicht höher zu bewerten. Aufgrund der Anfechtungsfristen
werde die Mutter in der Regel nur innerhalb der ersten zwei Lebensjahre des
Kindes von ihrem Anfechtungsrecht Gebrauch machen können. Innerhalb dieses
Zeitraums könnten sich persönliche Bindungen des Kindes zu seinem Vater
noch nicht in einem solchen Maße entwickeln, dass ein etwa vorhandenes Interesse
des Kindes am Fortbestand der Vaterschaft das Anfechtungsinteresse
der Mutter überwiegen könnte (vgl. BT-Drucks. 13/8511 S. 70).
An dieser Entscheidung gegen eine Kindeswohlprüfung hat der Gesetzgeber
auch bei den nachfolgenden Änderungen der Vorschrift des
festgehalten. Eine Kindeswohlprüfung ist daher nach geltendem Recht gemäß
Vertreterin ihres Kindes vornehmen will. Da sie damit allein das Anfechtungsrecht
des Kindes geltend macht, kommt es insoweit nur auf dessen
rechtliche Interessen und daher darauf an, dass die Anfechtung seinem Wohl
dient (vgl. OLG Köln
bb) Diese gesetzliche Regelung trifft nicht auf verfassungsrechtliche Bedenken.
Das Recht auf Anfechtung der Vaterschaft dient der Korrektur des Auseinanderfallens
von rechtlicher und leiblicher Vaterschaft und damit dem
Grundsatz der Abstammungswahrheit. Dem in § 1600 Abs. 1 BGB abschließend
aufgezählten, eng begrenzten Kreis von Berechtigten gesteht der Gesetzgeber
dieses Recht zu, weil er bei ihnen ein rechtlich schützenswertes Interesse
anerkennt, eine nicht der leiblichen Abstammung entsprechende Vater-Kind-
Zuordnung zu beseitigen. Für das Anfechtungsrecht der Mutter streitet in verfassungsrechtlicher
Hinsicht
und die Verantwortung gewährleistet, Sorge für ihr Kind zu tragen. Zur elterlichen
Sorge gehört auch die Entscheidung, ob eine bestehende Vaterschaft angefochten
werden soll (BVerfGK 14, 421 =
hat die Vaterschaft ganz erhebliche, wenn auch mittelbare Auswirkungen auf
die Rechtsstellung der Mutter, insbesondere beim Sorgerecht (Münch-
KommBGB/Wellenhofer 8. Aufl. § 1600 Rn. 7; BT-Drucks. 13/4899 S. 54).
Dem steht zum einen das ebenfalls durch
geschützte Recht des (rechtlichen) Vaters am Fortbestand
seiner Elternstellung gegenüber (vgl. BVerfGK 14, 421 =
Zum anderen ist das von Art. 6 Abs. 1 GG geschützte Interesse des Kindes am
Erhalt seiner rechtlichen und sozialen familiären Zuordnung zu berücksichtigen.
Dieses wiegt schwer, ist es doch für die Persönlichkeitsentwicklung des Kindes
von maßgeblicher Bedeutung, einen stabilen familiären Rahmen zu haben, in
dem es sich einem Vater und einer Mutter zugehörig fühlen kann. Zudem kann
eine erfolgreiche Anfechtung, bei der das Kind mit dem rechtlichen Vater auch
einen ihm gegenüber Verantwortlichen und Unterhaltspflichtigen verliert, mit
erheblichen Auswirkungen auf seine Lebensumstände verbunden sein (BVerfGE
117, 202 =
Der Gesetzgeber hat den widerstreitenden Rechtspositionen Rechnung
getragen, indem er die Anfechtungsfrist in
- beginnend mit der Kenntniserlangung im Sinne des § 1600 b Abs. 1 Satz 2
BGB - festgelegt und überdies mit § 1600 c BGB die Vermutung aufgestellt hat,
dass das Kind von dem Mann abstammt, dessen Vaterschaft nach § 1592 Nr. 1
und 2,
ist, diese Vermutung zu widerlegen. Dieser Interessenausgleich des Gesetzgebers,
der in der verfahrensrechtlichen Ausgestaltung der Vaterschaftsanfechtung
zum Tragen kommt, ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden
(vgl.
b) Der Antragsgegner macht ohne Erfolg geltend, die Anfechtung sei vorliegend
nicht mit den Grundsätzen von Treu und Glauben nach § 242 BGB vereinbar.
Wie die Rechtsbeschwerde selbst erkennt, scheidet eine Verwirkung
bereits mangels Verwirklichung des dafür erforderlichen Zeitmoments aus. Die
Vaterschaftsanfechtung durch die Mutter stellt aber auch keinen Rechtsmissbrauch
dar.
aa) Nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist ein
rechtsgeschäftlicher Ausschluss des Rechts auf Anfechtung der Vaterschaft
nicht möglich, so dass ein Verzicht auf das Anfechtungsrecht wirkungslos ist
(Senatsurteile vom 12. Juli 1995 - XII ZR 128/94 -
und
1983, 686, 687 f. mwN;
137). Dem Anfechtungsberechtigten soll die vom Gesetz zur Verfügung gestellte
Anfechtungsfrist als Überlegungsfrist ungeschmälert zur Verfügung stehen
(vgl.
Verzicht ausscheidet, musste der Gesetzgeber in
ausdrücklich den Ausschluss des Anfechtungsrechts von Mann und Mutter für
den besonderen Fall regeln, dass das Kind mit beider Einwilligung durch künstliche
Befruchtung mittels Samenspende eines Dritten gezeugt worden ist.
bb) Allerdings hat der Bundesgerichtshof in Erwägung gezogen, dass die
Ausübung des Anfechtungsrechts unter besonderen Umständen im Einzelfall
rechtsmissbräuchlich sein könne. Für möglich wurde das etwa gehalten, wenn
bei kriegsbedingter Hemmung der Anfechtungsfrist um mehrere Jahre der
Ehemann während der gesamten Zeit zum Ausdruck gebracht habe, die Ehelichkeit
nicht anfechten zu wollen (vgl.
Anfechtung das Kind besonders hart treffen würde, weil es seinen wirklichen
Erzeuger nicht feststellen könne oder die Auflösung der Vater-Kind-
Beziehung die seelische Entwicklung des Kindes beeinträchtigen würde (vgl.
Die Umstände, die als - unwirksamer - Verzicht auf das Anfechtungsrecht
ausgelegt werden könnten, können jedenfalls für sich genommen aber keinen
Rechtsmissbrauch wegen widersprüchlichen Verhaltens begründen. Denn anderenfalls
würde ein unwirksamer Verzicht auf dem Umweg über den Einwand
des Rechtsmissbrauchs zum Verlust des Anfechtungsrechts führen (vgl. Senatsurteil
vom 12. Juli 1995 - XII ZR 128/94 -
BGH
schloss nach Auffassung des Bundesgerichtshofs die Eingehung der Ehe in
Kenntnis des Umstands, dass die Braut von einem anderen Mann schwanger
war, selbst dann nicht die Anfechtung der Ehelichkeit des Kindes durch den
rechtlichen Vater aus, wenn dieser das Kind nach der Geburt wie sein eigenes
behandelt hätte (vgl.
138). Gleiches galt vor Einführung des heutigen
Gesetz zur weiteren Verbesserung der Kinderrechte vom 9. April 2002 (BGBl. I
S. 1239; Kinderrechteverbesserungsgesetz - KindRVerbG) für die Zustimmung
des Ehemanns zur Vornahme einer heterologen Insemination und einen gleichzeitig
erklärten Anfechtungsverzicht (vgl. Senatsurteil vom 12. Juli 1995
- XII ZR 128/94 -
Mutter OLG Celle
ist zum einen die Anfechtung der Vaterschaft durch den rechtlichen
Vater nicht nur im Falle der bei Vaterschaftsanerkennung vorhandenen Kenntnis
vom Mehrverkehr der Mutter möglich (OLG Nürnberg
sondern sogar bei einer bewusst nicht der biologischen Abstammung entsprechenden
Anerkennung der Vaterschaft (OLG Köln
vgl. auch OLG Rostock OLGR 2007, 352 und OLG Naumburg FamRZ 2008,
2146). Zum anderen wird auch die Anfechtung der Mutter, die einer solchen
Vaterschaftsanerkennung zugestimmt hat, nicht für rechtsmissbräuchlich gehalten
(vgl. OLG Naumburg Beschluss vom 27. September 2013 - 9 WF 34/13 -
juris Rn. 7 ff.; OLG Köln
KommBGB/Wellenhofer 8. Aufl. § 1600 Rn. 7).
cc) Unbeschadet der Frage, ob im Rahmen der aktuellen Gesetzeslage
überhaupt Fälle denkbar sind, in denen § 242 BGB einer Vaterschaftsanfechtung
entgegenstehen könnte (vgl. MünchKommBGB/Wellenhofer 8. Aufl.
§ 1600 Rn. 43), weist der vorliegende Fall keine besonderen Umstände auf, die
die Annahme eines Rechtmissbrauchs rechtfertigen können.
(1) Dem Umstand, dass die Antragstellerin und der Antragsgegner die
Ehe mit dem Ziel geschlossen haben, dem Antragsgegner trotz der leiblichen
Vaterschaft eines anderen Mannes den Status als rechtlicher Vater zu verschaffen
(vgl. § 1592 Nr. 1 BGB), könnte zwar ein Verzicht auf eine Vaterschaftsanfechtung
entnommen werden. Dieser wäre jedoch unwirksam, was auch nicht
nach den Grundsätzen von Treu und Glauben (§ 242 BGB) korrigiert werden
kann. Für das Anfechtungsrecht der Mutter gilt insoweit nichts anderes als für
dasjenige des rechtlichen Vaters. Das Gesetz stellt die Anfechtungsfrist gerade
auch als Überlegungsfrist zur Verfügung, ob es aus Sicht des Anfechtungsberechtigten
trotz des Auseinanderfallens von rechtlicher und leiblicher Vaterschaft
bei der durch eheliche Geburt oder Anerkennung geschaffenen Eltern-
Kind-Zuordnung bleiben soll. In die Entscheidung darüber wird - und darf - auch
einfließen, ob sich die mit der rechtlichen Vaterschaft verbundenen Erwartungen
des Anfechtungsberechtigten (hier der Mutter) erfüllen. Das von der
Rechtsbeschwerde angeführte Vertrauen des Antragsgegners in seine Stellung
als rechtlicher Vater ist daher nicht schutzwürdig, selbst wenn es zutreffen sollte,
dass Antragstellerin und Antragsgegner bereits vor der Schwangerschaft der
Antragstellerin einen gemeinsamen Kinderwunsch hegten, der aufgrund einer
Erkrankung des Antragsgegners nicht in Erfüllung ging.
(2) Es ist auch nicht ersichtlich, dass mit der erfolgreichen Anfechtung
der Vaterschaft des Antragsgegners eine besondere Härte für das Kind verbunden
ist, die sich von den nachteiligen Folgen abhebt, die typischerweise mit der
Feststellung nach § 1599 Abs. 1 BGB verbunden sein können.
Der leibliche Vater des Kindes ist namentlich bekannt, so dass seine Vaterschaft
einer gerichtlichen Feststellung nach
zugänglich ist. Eine besondere Härte für K. ergibt sich auch nicht aus den Ausführungen
der Rechtsbeschwerde, wonach sich nach der Trennung für rund
neun Monate der Antragsgegner bzw. dessen Eltern um K. kümmerten, ehe die
Mutter sie zu sich holte. Der Antragsgegner ist damit innerhalb der Anfechtungsfrist
seiner bestehenden Elternverantwortung gerecht geworden. Die dann
erfolgte räumliche Trennung von K. ist nicht die Folge der Vaterschaftsanfechtung,
sondern hat ihre Ursache letztlich im Scheitern der Ehe ihrer rechtlichen
Eltern.
Schließlich ist auch nicht ersichtlich, dass die Auflösung der rechtlichen
Vater-Kind-Beziehung die seelische Entwicklung des Kindes beeinträchtigen
könnte. Soweit die Rechtsbeschwerde geltend macht, es laufe dem Kindeswohl
"krass zuwider", dass dem Kind der Vater genommen werde, weil es sehr an
ihm hänge und daher unter der völligen Trennung vom Antragsgegner sehr leiden
werde, wird allein eine typische Folge des Scheiterns der elterlichen Beziehung
beschrieben. Keiner Erörterung bedarf insoweit die Frage, inwieweit durch
einen Ausschluss der Vaterschaftsanfechtung die Chance des Kindes auf ein
Aufwachsen in einer intakten Familie und mit einem Vater vergrößert werden
könnte (vgl. dazu Senatsurteil vom 12. Juli 1995 - XII ZR 128/94 - FamRZ 1995,
1272, 1274). Denn § 1585 Abs. 2 BGB sieht gerade mit Blick auf das Kindeswohl
ein Umgangsrecht unter anderem für enge Bezugspersonen vor, die für
das Kind tatsächliche Verantwortung getragen haben (sozial-familiäre Beziehung).
Eine Übernahme tatsächlicher Verantwortung ist in der Regel anzunehmen,
wenn die Person mit dem Kind längere Zeit in häuslicher Gemeinschaft
zusammengelebt hat (vgl. dazu etwa Senatsbeschluss vom 9. Februar 2005
- XII ZB 40/02 -
der nach seiner Darstellung bis zur räumlichen Trennung von K. verstrichenen
Zeit von mehr als eineinhalb Jahren ohne weiteres auszugehen sein dürfte.
Dieses Umgangsrecht ist geeignet, den aus der tatsächlichen Trennung vom
Antragsgegner folgenden negativen Auswirkungen zu begegnen.
Entscheidung, Urteil
Gericht:BGH
Erscheinungsdatum:18.03.2020
Aktenzeichen:XII ZB 321/19
Rechtsgebiete:
Ehegatten- und Scheidungsunterhalt
Allgemeines Schuldrecht
Abstammung (incl. künstliche Befruchtung), Adoption
NJW 2020, 2956-2959
Normen in Titel:BGB §§ 1599 Abs. 1, 1600 Abs. 1 Nr. 3