OLG Frankfurt a. Main 18. Mai 1995
20 W 134/95
BauGB §§ 24 Abs. 1 und 2, 28 Abs. 1, 200 Abs. 1; GBO § 18

Gemeindliches Vorkaufsrecht bei der Veräußerung von Miteigentumsanteilen

BauGB §§ 24 Abs. 1 und 2, 28 Abs. 1, 200 Abs. 1; GBO § 18
Gemeindliches Vorkaufsrecht bei der Veräußerung von Miteigentumsanteilen
Dem Grundbuchamt ist grundsätzlich auch beim Kauf eines Miteigentumsbruchteils an einem
Grundstück die Nichtausübung oder das Nichtbestehen eines gemeindlichen Vorkaufsrechts durch
eine Bescheinigung der Gemeinde nachzuweisen, sofern es sich nicht um Wohnungs- oder
Teileigentum handelt.
OLG Frankfurt am Main, Beschl. v. 18.05.1995 - 20 W 134/95
Kz.: L VII 1 - § 24 BauGB
Problem
Seit der Neuschaffung des § 24 Abs. 2 BauGB, wonach den Gemeinden ein Vorkaufsrecht beim Verkauf von
Wohnungseigentum sowie beim Verkauf von Erbbaurechten nicht (mehr) zusteht, ist in der Literatur ganz
herrschende Meinung, daß den Gemeinden beim Verkauf von Miteigentumsanteilen nach wie vor ein
Vorkaufsrecht zusteht. Dessen ungeachtet haben viele Grundbuchämter auch beim Verkauf von
Miteigentumsanteilen die Vorlage eines Negativattestes nicht mehr verlangt. Seit dem Urteil des BGH vom
16.02.1984 (BGHZ 90, 174 = DNotZ 1984, 375) hat sich nach Inkrafttreten des BauGB nun erstmals ein
Obergericht mit der Frage befaßt, ob das gemeindliche Vorkaufsrecht auch beim Verkauf von ideellen
Miteigentumsanteilen besteht und ob das Grundbuchamt in diesen Fällen die Vorlage eines
Negativzeugnisses verlangen kann.
Lösung
Nach § 28 Abs. 1 S. 2 BauGB darf das Grundbuchamt bei Kaufverträgen über Grundstücke den Erwerber als
Eigentümer in das Grundbuch nur eintragen, wenn ihm die Nichtausübung oder das Nichtbestehen des
Vorkaufsrechtes nachgewiesen ist. Nach der Regelung des § 200 Abs. 1 BauGB sind die für Grundstücke
geltenden Vorschriften auch für Grundstücksteile maßgebend. Von dieser Vorschrift werden nach Auffassung
des OLG Frankfurt nicht nur reale, sondern auch ideelle Bruchteilseigentumsanteile erfaßt. Hinsichtlich des
Vorkaufsrechts der Gemeinden nach § 24 BBauG sei nach der Entscheidung des BGH vom 16.02.1984
(BGHZ 90, 174 = DNotZ 1984, 375) allgemein anerkannt gewesen, daß die Auslegung des in § 24 BBauG
verwendeten Begriffs "Vorkaufsrecht beim Kauf von Grundstücken" ergebe, daß auch schon der Verkauf
eines ideellen Anteils, namentlich des Wohnungseigentums, das Recht zur Ausübung des Vorkaufsrechts
entstehen lasse, und zwar unabhängig davon, ob es sich um den Fall des erstmaligen Verkaufs oder den
einer Folgeveräußerung von Wohnungseigentum handele, und daß es unzulässig sei, darauf abzustellen, ob
die Gemeinde eine reale Chance habe, schließlich alle Miteigentumsanteile in ihre Hand zu bekommen. Die
durch § 24 Abs. 2 BauGB gemachte Einschränkung, wonach den Gemeinden das Vorkaufsrecht beim Kauf
von Rechten nach dem WEG ausdrücklich nicht mehr zustehe, sei eine direkte Reaktion des Gesetzgebers
auf die Entscheidung des BGH gewesen. Da das Gesetz Ausnahmen vom Vorkaufsrecht ausdrücklich nur im
Falle der Bestellung eines Erbbaurechts oder des Verkaufs von Rechten nach dem WEG mache, unterliege
der Verkauf von Bruchteilseigentum im übrigen nach wie vor dem Vorkaufsrecht der Gemeinde (so auch
Haegele/Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 10. Aufl. 1993, Rz. 4109; Ernst/Zinkahn/Bielenberg, Stand: März
1994, § 24 Rz. 23).
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DNotI-Report 13/1995 Juli 1995 118


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Art:

Entscheidung, Urteil

Gericht:

OLG Frankfurt a. Main

Erscheinungsdatum:

18.05.1995

Aktenzeichen:

20 W 134/95

Erschienen in:

DNotI-Report 1995, 118
DNotZ 1996, 41-44

Normen in Titel:

BauGB §§ 24 Abs. 1 und 2, 28 Abs. 1, 200 Abs. 1; GBO § 18