OLG Zweibrücken 18. Juni 2024
2 UF 166/23
BGB § 138

Ehevertrag mit Globalverzicht der Ehefrau; Beurkundung bei Schwangerschaft der Ehefrau; Irrtum der Ehefrau über Haftungsrisiko aufgrund Beteiligung des Ehemanns an einem Familienunternehmen

letzte Aktualisierung: 7.10.2024
OLG Zweibrücken, Beschl. v. 18.6.2024 – 2 UF 166/23

BGB § 138
Ehevertrag mit Globalverzicht der Ehefrau; Beurkundung bei Schwangerschaft der Ehefrau;
Irrtum der Ehefrau über Haftungsrisiko aufgrund Beteiligung des Ehemanns an einem
Familienunternehmen

1. Soweit der Abschluss eines Ehevertrages (mit „Globalverzicht“) von der im Zuge der notariellen
Beratung angestellten Erwägung getragen ist, die Ehefrau könne und wolle die finanziellen Risiken
eines Familienunternehmens nicht tragen, so spricht dies für eine unterlegene Verhandlungsposition
der Ehefrau. Dies gilt vor allem dann, wenn die Ehefrau in der irrigen Annahme bestärkt wurde, sie
mindere durch Abschluss des Ehevertrages ein Haftungsrisiko, das in Wirklichkeit überhaupt nicht
bestanden hat.
2. Zur Inhaltskontrolle eines Ehevertrages mit einer Schwangeren.

Gründe

I.
Die Beteiligten streiten in dem vorliegenden Scheidungsverbundverfahren um die
Rechtmäßigkeit des Scheidungsanspruches, die Durchführung des Versorgungsausgleiches sowie
um Ansprüche der Antragstellerin auf Zahlung von Zugewinnausgleich und
Nachscheidungsunterhalt.

Am 28. April 1995 schlossen die Beteiligten vor dem Notar … … in … unter der
Urkundenregisternummer … einen Ehevertrag. Darin verständigten sie sich auf einen
Ausschluss des Versorgungsausgleiches hinsichtlich sämtlicher Anwartschaften oder Anrechte
wegen Alters-, Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit. Zudem bestimmten die Beteiligten, dass ein
Zugewinnausgleich nicht stattfindet und vereinbarten, dass für die Ehe der Beteiligten der
Güterstand der Gütertrennung gelten soll. Zum Nachscheidungsunterhalt trafen die Beteiligten
in dem vorgenannten Ehevertrag folgende Bestimmung:

„§ 1
Sollte unsere Ehe rechtskräftig geschieden werden, verzichten wir hiermit grundsätzlich
gegenseitig auf jeglichen nachehelichen Unterhalt. Dieser Verzicht umfasst auch den Fall der
Änderung der wesentlichen Verhältnisse, auch der Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit und auch
den Fall der Not (…).
Wir stellen hierzu fest, dass nach unserer derzeitigen Vermögens- und Einkommenssituation
keine Anhaltspunkte bestehen, dass später jemals aufgrund des vorstehenden
Unterhaltsverzichtes Sozialhilfe beansprucht werden müsste. Wir gehen deswegen von der
Wirksamkeit dieses Unterhaltsverzichts aus.

§ 2
Sollte im Fall einer Scheidung jedoch einem Ehepartner ein gesetzlicher Unterhaltsanspruch
gegen den geschiedenen Ehegatten zustehen, wird der Unterhalt zeitlich begrenzt auf einen
Zeitraum von 36 (sechsunddreißig) Monaten nach Rechtskraft des Scheidungsurteils.
Als Unterhalt ist dann gegebenenfalls dem Unterhaltsberechtigten das zu diesem Zeitpunkt
maßgebliche Gehalt nach Tarifvertrag G2 für Angestellte im Einzelhandel für Rheinland-Pfalz
zu zahlen.“

Zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses war die Antragstellerin im dritten Monat schwanger. Die
Beteiligten nahmen die Schwangerschaft zum Anlass, den eigentlich für einen späteren
Zeitpunkt geplanten Hochzeitstag vorzuverlegen.

Die Eheschließung erfolgte am … vor dem Standesbeamten des Standesamtes …
(Heiratsregisternummer …).

Aus der Ehe sind die Kinder … (geb. am …) und … (geb. am …) hervorgegangen.
Der Antragsgegner, der von Beruf … und … ist, führte schon zum Zeitpunkt der
Eheschließung das Familienunternehmen „… GmbH“, welches er später offiziell von seiner
Mutter übernahm. Er ist Alleineigentümer des vormals gemeinsam bewohnten Hausanwesens,
das er in der Ehezeit zu Alleineigentum erworben hat. Überdies ist er Alleineigentümer eines
Mehrfamilienhauses.

Die Antragsgegnerin hat nach dem Realschulabschluss im Jahr … zunächst den Beruf der …
erlernt. Nach Erwerb der fachgebundenen Hochschulreife im Jahr … nahm sie ein
Lehramtsstudium auf, das sie im Mai … abbrach, um als Sachbearbeiterin bei dem
Bundestagsabgeordneten … in dessen …. …-büro bis März … tätig zu sein. Es folgte eine
Tätigkeit als Arzthelferin (bis Mai …) sowie als Mitarbeiterin einer
Arbeitnehmerüberlassungsfirma. Im November … zog sie zum Antragsgegner nach …, um mit
ihm dort gemeinsam zu leben.

Zuvor hatte sich die Antragstellerin in … um einen Studienplatz der Fachrichtung
„Krankenhausmanagement“ beworben und für das Wintersemester … eine Zusage erhalten. Da
diese Planung aufgrund der Notwendigkeit einer Fernbeziehung für die späteren Eheleute zu
einer Belastung wurde, hat die Antragstellerin das Ansinnen letztlich aufgegeben. Nach ihrem
Umzug nach … hat die Antragstellerin nach einer dreimonatigen Tätigkeit als
Personaldisponentin in … in der Folge im Familienbetrieb „…“ mitgearbeitet. Ihr ist hierbei
zeitweise Prokura erteilt worden. Daneben hat sie sich um den Haushalt und die Kinder
gekümmert.
Die Antragstellerin leidet an Depressionen, psychischen Verhaltensstörungen infolge
Alkoholmissbrauchs, Alkoholabhängigkeit sowie Panikstörungen und war deshalb mehrfach in
stationärer Behandlung. Sie hat einen Grad der Behinderung von 50 und erhält seit 1. August
2020 eine unbefristete Rente wegen voller Erwerbsminderung in Höhe von derzeit 884,55 €
netto.

Die Antragstellerin hat die Scheidung der Ehe beantragt, einen Stufenantrag auf Zahlung von
Zugewinnausgleich gestellt und überdies die Zahlung eines Nachscheidungsunterhalts von
2.488,00 € geltend gemacht.

Der Antragsgegner hat ebenfalls Scheidungsantrag gestellt und im Übrigen die Zurückweisung
der Anträge der Antragstellerin beantragt.

Das Amtsgericht – Familiengericht – Pirmasens hat mit Beschluss vom 19. Oktober 2023, auf
dessen Inhalt hinsichtlich der Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes sowie
wegen der Gründe verwiesen wird, die Ehe der Beteiligten geschieden, festgestellt, dass ein
Versorgungsausgleich nicht stattfindet, und die Anträge auf Verpflichtung von
Nachscheidungsunterhalt und Zugewinnausgleich zurückgewiesen.

Zur Begründung hat das Erstgericht ausgeführt, der Ehevertrag halte einer Inhalts- und
Ausübungskontrolle stand. Die Antragstellerin sei zum Zeitpunkt der Ehe keine unerfahrene,
intellektuell unterlegene Person gewesen, sondern habe in ihrem Leben schon verschiedene
Anforderungen gemeistert. Auch mit der Schwangerschaft lasse sich eine Zwangslage nicht
begründen; die Nichtehelichkeit eines Kindes sei bereits damals kein „Makel“ gewesen. Es sei
nicht substantiiert vorgetragen, dass der Antragsgegner bei Ablehnung des notariellen Vertrages
die Heirat abgesagt hätte. Dass die Antragsgegnerin ihr Studium entgegen ihrem Willen nicht
habe fortsetzen können, sei nicht glaubhaft, schließlich habe sie nach ihrem Studienabbruch drei
Jahre lang nichts in diese Richtung unternommen.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Antragstellerin, mit der sie die Aufhebung des
Scheidungsausspruches sowie die Durchführung des Versorgungsausgleiches begehrt und
weiterhin im Wege eines Stufenantrages die Zahlung eines Zugewinnausgleiches und darüber
hinaus die Zahlung von Nachscheidungsunterhalt geltend macht.

Sie trägt vor,
der Ehevertrag sei sittenwidrig. Der Antragsgegner habe ihr unmissverständlich klargemacht,
dass eine Eheschließung nur erfolgen würde, wenn sie den Notarvertrag zuvor unterzeichne.
Hierdurch sei sie unter Druck gesetzt worden. Der Ehevertrag, der der Sache nach einen
kompensationslosen „Globalverzicht“ enthalte, sei sittenwidrig. Sie sei wirtschaftlich, emotional
und sozial von dem Antragsgegner abhängig gewesen. Daher habe sie sich in einer unterlegenen
Verhandlungsposition befunden.

Sie habe nur die Wahl gehabt zwischen einerseits der Unterzeichnung des Ehevertrages und der
Heirat sowie andererseits dem Verzicht auf Absicherung als nichteheliche Mutter.
Es gehe nicht um den Makel der Nichtehelichkeit, sondern darum, dass sie damals als
nichteheliche Mutter nur einen kurzen Zeitraum abgesichert gewesen wäre. Seinerzeit hätte die
Antragsgegnerin bei einem fremden Arbeitgeber keine Anstellung finden können, bei der sie am
Arbeitsplatz ihr Kind hätte betreuen können.

Die Antragstellerin beantragt:

1. Der Beschluss des Amtsgerichts – Familiengerichts - Pirmasens vom 19.10.2023, wonach die
Ehe der Beteiligten geschieden wird, ist aufzuheben.
2. Der Beschluss des Amtsgerichts – Familiengerichts - Pirmasens vom 19.10.2023, wonach ein
Versorgungsausgleich nicht stattfindet, ist aufzuheben und der Versorgungsausgleich
entsprechend durchzuführen.
3. Der Beschluss des Amtsgerichts – Familiengerichts - Pirmasens vom 19.10.2023, wonach die
Verpflichtung des Antragsgegners, nachehelichen Ehegattenunterhalt zu zahlen, zurückgewiesen
wird, ist aufzuheben und dahingehend abzuändern, dass der Antragsgegner verpflichtet wird, an
die Antragstellerin ab Rechtskraft der Scheidung monatlich im Voraus bis spätestens zum dritten
Werktag eines jeden Monats nachehelichen Unterhalt in Höhe von 2.500,00 € zu zahlen.
4. Der Beschluss des Amtsgerichts – Familiengerichts - Pirmasens vom 19.10.2023, wonach die
Verpflichtung zur Auskunftserteilung in der Folgesache Güterrecht zurückgewiesen wird, ist
aufzuheben und wie beantragt abzuändern:

I. Der Antragsgegner wird verpflichtet,

1. Vollständig Auskunft über sein Vermögen zu folgenden Stichtagen zu erteilen:

a) 12.05.1995 (Anfangsvermögen)
b) 01.03.2020 (Trennungsvermögen)
c) 30.12.2021 (Endvermögen)
durch Vorlage eines geordneten, detaillierten Vermögensverzeichnisses bezogen auf die
vorbezeichneten Stichtage, welches die vorhandenen einzelnen Vermögenspositionen samt der
dazugehörigen Wertangaben unter Angabe der wertbildenden Faktoren gegliedert nach Aktiva
und Passiva, zu enthalten hat und zwar insbesondere
a) Konten, Sparkonten, Depots, Bausparguthaben, Anlagen über vermögenswirksame
Leistungen und sonstige Finanzanlagen
b) Fortführungswerte zu Lebensversicherungen inkl. Angaben zum Rückkaufswert ohne
Stornoabschläge, Gewinnanteile, Prämien, Anwartschaftsbarwert auf Schlussgewinnanteile
c) Immobilieneigentum
d) Vermögensgegenstände, insbesondere Schmuck, Pkws, Möbel, Haushaltsgegenstände,
Kunstgegenstände
e) … GmbH mit Angaben zum Hauptsitz und Filialen, sowie sonstiger Firmenbesitz samt
Angaben zu Gesellschaftsanteilen an den jeweiligen Gesellschaften unter Angabe der
Gesellschaften und der Gesellschaftsform
f) Verbindlichkeiten, insbesondere Darlehen auf Lebensversicherungen (Policendarlehen).
2. Die erteilte Auskunft im Vermögensverzeichnis zu den jeweiligen Stichtagen 12.05.1995,
01.03.2020 und 30.12.2021 zu belegen, und zwar durch

a) Kontoauszüge, Bankbestätigungen und Bank-/Depot-/Bausparverträge zu den Konten,
Sparkonten, Depots, Bausparguthaben, Anlagen über vermögenswirksame Leistungen und
sonstige Finanzanlagen

b) schriftliche Auskunft der Versicherungsgesellschaften zu den Fortführungswerten der
einzelnen Lebensversicherungen (inkl. Angaben zum Rückkaufswert ohne Stornoabschläge),
Gewinnanteile, Prämien, Anwartschaftsbarwert auf Schlussgewinnanteile

c) Grundbuchauszüge, Notarverträge zum Nachweis des Immobilien- und Grundeigentums,
Angaben zu den wertbildenden Faktoren und Wertangaben bzgl. Immobilieneigentum sowie der
Beschreibung der Immobilien und Ausbauten, der Grundstücksgröße, Wohnfläche, der Lage,
Art der Bebauung, Nutzung, Gebäudesubstanz, Baujahr, Ausstattungsmerkmalen, Mietverträge
zum Nachweis der Mieteinnahmen

d) Angaben zu wertbildenden Faktoren und Wertangaben zu den Vermögensgegenständen
insbesondere zu Schmuck, Pkws, Möbel, Haushaltsgegenstände, Kunstgegenstände wie z.B.
Kfz-Brief, Alter des Pkws, Beschreibung von Erhaltungszustand des Pkws, Bewertungen,
Photographien von Vermögensgegenständen

e) Unterlagen zu dem vom Antragsgegner betriebenen … GmbH am Hauptsitz und Filialen, die
der Wertermittlung, der Ermittlung des Gesellschaftsanteils samt Beteiligungsquote, der stillen
Reserven, Gewinnrücklagen, Beteiligung Einlagen und Stammkapital etc. zu dienen geeignet
sind, wie z.B. Gesellschaftsverträge, Satzungen der Gesellschaften, Bilanzen, sowie GewinnVerlustrechnungen,
Anlagespiegel, Inventarlisten, der … GmbH am Hauptsitz und der Filialen
der letzten fünf Jahre

f) Kontoauszüge, Darlehensverträge, Bankbestätigungen zu Darlehen auf Lebensversicherungen
(Policendarlehen)

III. Der Antragsgegner wird verpflichtet, ggf. die Richtigkeit und Vollständigkeit des von ihm zu
erstellenden Vermögensverzeichnisses und der erteilten Auskunft durch Erklärung an Eides statt
zu versichern.

IV. Der Antragsgegner wird verpflichtet, an die Antragstellerin einen Zugewinnausgleichsbetrag
in nach Auskunftserteilung noch zu beziffernder Höhe nebst 5 % - Punkten Zinsen über dem
Basiszinssatz ab Rechtskraft der Scheidung zu zahlen.

Der Antragsgegner beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.

Für den Fall, dass der Senat zu der Auffassung gelangt, dass der zwischen den Beteiligten
geschlossene Ehevertrag unwirksam sein sollte, beantragt er,
die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Verfahren an das Amtsgericht –
Familiengericht – Pirmasens zurückzuverweisen.

Er trägt vor, es sei unzutreffend, dass er die Antragstellerin zur Unterzeichnung des
Ehevertrages unter Druck gesetzt habe. Man habe sich im Vorfeld der Eheschließung über die
Ausgestaltung des Güterrechts und etwaige Scheidungsfolgen unterhalten, sich von dem Notar
beraten lassen und sich schließlich auf den Ehevertrag verständigt. Ausschlaggebend sei
gewesen, dass der Betrieb des … mit nicht unerheblichen finanziellen Risiken behaftet gewesen
wäre. Diese Risiken habe die Antragstellerin nicht eingehen können und wollen.
Auf der anderen Seite sei die Antragstellerin erheblichen BAföG-Schulden in Höhe von ca.
30.000 DM gegenüber dem Bundesverwaltungsamt ausgesetzt gewesen. Dieser Forderung habe
sich der Antragsgegner nach dem Willen der Beteiligten nicht ausgesetzt sehen sollen.
Die Antragstellerin habe ihr Lehramtsstudiums auch nicht wegen der Ehe zurückgestellt; der
Ablauf ihres Berufslebens zeige vielmehr, dass sie recht planlos unterwegs gewesen sei.
Insbesondere ihr Wunsch nach einem zweiten Studium lasse erkennen, dass das Thema
Lehramtsstudium überhaupt keine Rolle mehr gespielt habe.

Es sei daher die logische Folge gewesen, dass die Antragstellerin im Betrieb des Antragsgegners
tätig gewesen sei. Sie sei nur deshalb nicht Miteigentümer des Anwesens in der … geworden,
weil seinerzeit noch die Verbindlichkeiten gegenüber dem Bundesverwaltungsamt bestanden.
Darüber hinaus habe sie sich mit dem sanierungsbedürftigen Anwesen nicht anfreunden
können.

Infolge der wenig erfreulichen Geschäftsentwicklung müsse selbst eine konservative Schätzung
dazu führen, dass ein wie auch immer gearteter Zugewinn nicht bestehe.

Der Senat hat mit Beschluss vom 23. April 2024 Hinweise zur Sach- und Rechtslage erteilt und
gem. §§ 117 Abs.3, 68 Abs.2 Satz 2 FamFG angekündigt, ohne mündliche Verhandlung zu
entscheiden.

II.
Die Beschwerde der Antragstellerin ist verfahrensrechtlich bedenkenfrei und erzielt in der Sache
einen vorläufigen Erfolg.

Entgegen der Auffassung des Erstgerichts hätte der Versorgungsausgleich durchgeführt werden
müssen. Überdies bestehen die Ansprüche der Antragstellerin auf Zahlung von
Zugewinnausgleich und Nachscheidungsunterhalt zumindest dem Grunde nach, wobei insoweit
nur die Auskunftsstufe in der Folgesache Zugewinnausgleich entscheidungsreif ist. In der Folge
ist auf Antrag der Antragstellerin zur Sicherung einer einheitlichen Verbundentscheidung
(§§ 137 Abs. 1, 142 Abs.1 Satz1 FamFG) auch der Scheidungsausspruch aufzuheben,
1. Alledem steht der am 28. April 1995 abgeschlossene Ehevertrag nicht entgegen, weil dieser
sittenwidrig und damit nach § 138 Abs.1 BGB nichtig ist.

a. Die gesetzlichen Regelungen über nachehelichen Unterhalt, Zugewinn und
Versorgungsausgleich unterliegen grundsätzlich der vertraglichen Disposition der Ehegatten;
einen unverzichtbaren Mindestgehalt an Scheidungsfolgen zugunsten des berechtigten
Ehegatten kennt das geltende Recht nicht. Die grundsätzliche Disponibilität der
Scheidungsfolgen darf indes nicht dazu führen, dass der Schutzzweck der gesetzlichen
Regelungen durch vertragliche Vereinbarungen beliebig unterlaufen werden kann. Das wäre der
Fall, wenn dadurch eine evident einseitige und durch die individuelle Gestaltung der ehelichen
Lebensverhältnisse nicht gerechtfertigte Lastenverteilung entstünde, die hinzunehmen für den
belasteten Ehegatten - bei angemessener Berücksichtigung der Belange des anderen Ehegatten
und seines Vertrauens in die Geltung der getroffenen Abrede - bei verständiger Würdigung des
Wesens der Ehe unzumutbar erscheint. Die Belastungen des einen Ehegatten werden dabei
umso schwerer wiegen und die Belange des anderen Ehegatten umso genauerer Prüfung
bedürfen, je unmittelbarer die vertragliche Abbedingung gesetzlicher Regelungen in den
Kernbereich des Scheidungsfolgenrechts eingreift (BGH, Beschluss vom 17. Januar 2018, XII
ZB 20/17).

Zu diesem Kernbereich gehört in erster Linie der Betreuungsunterhalt (§ 1570 BGB). Im
Übrigen wird man eine Rangabstufung vornehmen können, die sich vor allem danach bemisst,
welche Bedeutung die einzelnen Scheidungsfolgenregelungen für den Berechtigten in seiner
jeweiligen Lage haben. So ist die Absicherung des laufenden Unterhaltsbedarfs für den
Berechtigten in der Regel wichtiger als etwa der Zugewinn- oder der spätere
Versorgungsausgleich. Innerhalb der Unterhaltstatbestände wird - nach dem
Betreuungsunterhalt (§ 1570 BGB) - dem Krankheitsunterhalt (§ 1572 BGB) und dem Unterhalt
wegen Alters (§ 1571 BGB) Vorrang zukommen. Die Unterhaltspflicht wegen Erwerbslosigkeit
erscheint demgegenüber nachrangig. Ihr folgen Krankenvorsorge- und Altersvorsorgeunterhalt
(§ 1578 Abs. 2 1. Variante, Abs. 3 BGB), die allerdings - je nach Fallgestaltung - als Bestandteile
des Lebensbedarfs gleichen Rang mit dem jeweiligen Unterhaltsanspruch, z.B. aus § 1570 BGB,
haben, wenn damit ehebedingte Nachteile ausgeglichen werden sollen. Auf derselben Stufe wie
der Altersunterhalt rangiert der Versorgungsausgleich, der einerseits als vorweggenommener
Altersunterhalt zu werten, andererseits aber auch dem Zugewinnausgleich verwandt ist. Der
Zugewinnausgleich schließlich erweist sich ehevertraglicher Disposition am weitesten zugänglich
(BGH, Urteil vom 25. Mai 2005 - XII ZR 221/02).

Nach alledem ist – im Rahmen einer Wirksamkeitskontrolle – zu prüfen, ob die Vereinbarung
schon im Zeitpunkt ihres Zustandekommens offenkundig zu einer derart einseitigen
Lastenverteilung für den Scheidungsfall führt, dass ihr – und zwar losgelöst von der zukünftigen
Entwicklung der Ehegatten und ihrer Lebensverhältnisse – wegen Verstoßes gegen die guten
Sitten die Anerkennung der Rechtsordnung ganz oder teilweise mit der Folge zu versagen ist,
dass an ihre Stelle die gesetzlichen Regelungen treten (BGH, Urteil vom 25. Mai 2005, Az. XII
ZR 296/01).

b. Gemessen daran ist der zwischen den Beteiligten geschlossene Ehevertrag sittenwidrig.
Vorliegend zielen sämtliche im Ehevertrag getroffenen Regelungen objektiv erkennbar auf eine
einseitige Lastenverteilung zum Nachteil der Antragsgegnerin ab. Sämtliche nachehelichen
Rechte werden darin ausgeschlossen, nämlich neben dem Versorgungsausgleich und dem
Zugewinnausgleich auch und vor allem jegliche Art nachehelicher Unterhaltsansprüche.

aa. Der Vereinbarung der Gütertrennung und damit der Ausschluss des Zugewinnausgleichs
fällt bei der Bewertung nicht ins Gewicht. Zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses und der
Eheschließung hatte die Antragstellerin zwar offensichtlich einen geringeren
Vermögenszuwachs zu erwarten als der Antragsgegner. Die Möglichkeit, durch
Erwerbseinkommen Vermögen zu erzielen, war nach abgebrochenem Studium und Aufgabe der
bisherigen Tätigkeit in …, vor allem aber aufgrund ihrer Schwangerschaft begrenzt. Hinzu kam,
dass ihre Vermögenssituation aufgrund ihrer „BaföG-Schulden“ in Höhe von rund 30.000,00
DM belastet war. Demgegenüber durfte der Antragsgegner schon alleine aufgrund der
begründeten Erwartung, den Familienbetrieb zu übernehmen, eher mit einer
Vermögensmehrung rechnen. Gleichwohl hätte die güterrechtliche Regelung für sich genommen
keinen Grund zur Beanstandung gegeben. Der Zugewinnausgleich gehört nämlich bereits nicht
zum Kernbereich des Scheidungsfolgenrechts und erweist sich daher einer ehevertraglichen
Regelung am weitesten zugänglich. Schon im Hinblick auf diese nachrangige Bedeutung im
System des Scheidungsfolgenrechts wird ein Ausschluss dieses Güterstandes für sich genommen
regelmäßig nicht sittenwidrig sein (BGH, Urteil vom 9. Juli 2008, XII ZR 6/07).
bb. Ungleich schwerer wiegt der vereinbarte wechselseitige Verzicht auf „jeglichen
nachehelichen Unterhalt“.

(1) Bei verständiger Würdigung (§§ 133, 157 BGB) ist diese Regelung dahingehend zu verstehen,
dass die Beteiligten sämtliche Ansprüche auf Nachscheidungsunterhalt ausschließen wollten und
- wie es im Notarvertrag ausgeführt wird - „jeder seinen Lebensunterhalt ohne Hilfe des anderen
bestreiten muss“. Dieser Globalverzicht wird durch die unter C § 2 getroffene Regelung nicht in
Frage gestellt. Darin bestimmten die Beteiligten zwar für den Fall, dass bei Scheidung „jedoch
einem Ehepartner ein gesetzlicher Unterhaltsanspruch gegen den geschiedenen Ehegatten
zustehen“ sollte, dieser auf einen Zeitraum von 36 Monaten begrenzt wird. Aus dem
Gesamtkontext wird deutlich, dass dieser Passus keine Einschränkung des Verzichts darstellt.
Vielmehr sollte durch die Befristungsklausel nur eine zusätzliche Absicherung für den Fall
geschaffen werden, dass (trotz des vereinbarten Ausschlusses) ein Unterhaltsanspruch
zugesprochen werden sollte.

(2) Da nach dem Inhalt des Notarvertrages für den Fall der Scheidung auf „jeglichen Unterhalt“
verzichtet wurde, ist hiervon auch der zum Kernbereich des gesetzlichen
Scheidungsfolgenrechts gehörende Anspruch auf Betreuungsunterhalt erfasst. Dieser ist der
Dispositionen der Beteiligten am wenigsten zugänglich, weil er dem anspruchsberechtigten
Ehegatten im Interesse gemeinsamer Kinder gewährt wird. Aufgrund der Schwangerschaft der
Antragstellerin lag auch auf der Hand, dass der Ausschluss des Nachscheidungsunterhalts
(einschließlich des Betreuungsunterhalts) die Antragstellerin objektiv benachteiligt. Da der
Antragsgegner schon damals mit der Führung eines Familienunternehmens betraut war, spricht
vieles dafür, dass die Betreuung und Versorgung der gemeinsamen Kinder im Wesentlichen von
der Antragstellerin übernommen werden sollte. Gegenteiliges ist hierzu nicht vorgetragen.
(3) Schließlich war nach Lage der Dinge auch davon auszugehen, dass der Ausschluss des
Versorgungsausgleichs eher zum Vorteil des Antragsgegners gereichen wird. Denn er hatte kraft
seiner Stellung im familiären Betrieb und aufgrund der von Seiten des Betriebes abgeschlossenen
betrieblichen Versicherung erhebliche Versorgungsanrechte zu erwarten. Demgegenüber war
zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses und der Eheschließung offen, ob und inwieweit der
Antragstellerin der (Wieder-)Einstieg ins Berufsleben gelingen wird und sie hierdurch
Versorgungsanrechte erwerben kann, die über die Begründung von Anrechten aufgrund von
Kindererziehungszeiten hinausgehen. Dem (aus Sicht der Antragstellerin) nachteiligen
Ausschluss des Versorgungsausgleichs kommt durchaus Gewicht zu. Der Versorgungsausgleich
ist - als gleichberechtigte Teilhabe beider Ehegatten am beiderseits erworbenen
Versorgungsvermögen - einerseits dem Zugewinnausgleich verwandt und wie dieser
ehevertraglicher Disposition grundsätzlich zugänglich. Er ist jedoch andererseits als
vorweggenommener Altersunterhalt zu verstehen; von daher steht er einer vertraglichen
Abbedingung nicht schrankenlos offen. Vereinbarungen über den Versorgungsausgleich müssen
deshalb nach denselben Kriterien geprüft werden wie ein vollständiger oder teilweiser
Unterhaltsverzicht (BGH, Beschluss vom 6. Oktober 2004 - XIIZB 57/03). Der Unterhalt
wegen Alters gehört damit ebenfalls zum Kernbereich des gesetzlichen Scheidungsfolgenrechts;
das Gesetz misst ihm als Ausdruck ehelicher Solidarität besondere Bedeutung zu, was freilich
einen Verzicht nicht generell ausschließt, etwa wenn die Ehe erst im Alter geschlossen wird.
Nichts Anderes gilt für den Versorgungsausgleich. Ein Ausschluss des Versorgungsausgleichs ist
deshalb nach § 138 Abs. 1 BGB unwirksam, wenn er dazu führt, dass ein Ehegatte aufgrund des
schon beim Vertragsschluss geplanten Zuschnitts der Ehe über keine hinreichende
Alterssicherung verfügt und dieses Ergebnis mit dem Gebot ehelicher Solidarität schlechthin
unvereinbar erscheint. Das kann namentlich dann der Fall sein, wenn sich ein Ehegatte, wie
schon beim Vertragsschluss geplant, der Betreuung der gemeinsamen Kinder gewidmet und
deshalb auf eine versorgungsbegründende Erwerbstätigkeit in der Ehe verzichtet hat. Das in
diesem Verzicht liegende Risiko verdichtet sich zu einem Nachteil, den der
Versorgungsausgleich gerade auf beide Ehegatten gleichmäßig verteilen will und der ohne
Kompensation nicht einem Ehegatten allein angelastet werden kann, wenn die Ehe scheitert
(BGH, Urteil vom 9. Juli 2008, XII ZR 6/07).

(4) In der Gesamtschau ist mithin festzustellen, dass der Ehevertrag in Bezug auf alle Fragen des
Scheidungsfolgenrechts die gesetzlichen Ansprüche ausgeschlossen hat und bereits zum
Zeitpunkt des Vertragsschlusses alles dafür sprach, dass sich dies alleine zum Nachteil der
Antragstellerin auswirken wird, wobei der Ehevertrag keinerlei Regelungen enthält, die die
offenkundigen Nachteile für die Antragstellerin – auch nur teilweise – kompensieren würden.
c) Auch nach der gebotenen subjektiven Prüfung ist von der Sittenwidrigkeit des Ehevertrages
auszugehen. Subjektiv sind die von den Ehegatten mit der Abrede verfolgten Zwecke sowie die
sonstigen Beweggründe zu berücksichtigen, die den begünstigten Ehegatten zu seinem
Verlangen nach der ehevertraglichen Gestaltung veranlasst und den benachteiligten Ehegatten
bewogen haben, diesem Verlangen zu entsprechen (BGHZ 158, 81, 100 f. = FamRZ 2004, 601,
606). Ein Ehevertrag kann sich in einer Gesamtwürdigung nur dann als sittenwidrig und daher
als insgesamt nichtig erweisen, wenn konkrete Feststellungen zu einer unterlegenen
Verhandlungsposition des benachteiligten Ehegatten getroffen worden sind. Allein aus der
Unausgewogenheit des Vertragsinhalts ergibt sich die Sittenwidrigkeit des gesamten
Ehevertrages regelmäßig noch nicht (BGH, Urteil vom 31. Oktober 2012 - XII ZR 129/10).
Eine Schwangerschaft der Frau bei Abschluss des Ehevertrages vermag dabei für sich allein
noch keine Sittenwidrigkeit des Ehevertrages zu begründen. Sie indiziert aber eine ungleiche
Verhandlungsposition und damit eine Disparität bei Vertragsabschluss, die es rechtfertigt, den
Vertrag einer verstärkten richterlichen Inhaltskontrolle zu unterziehen, wobei in einer
Gesamtschau alle maßgeblichen Faktoren zu berücksichtigen sind (BGH, Urteile vom 25. Mai
2005 - XII ZR 296/01, vom 5. Juli 2006 - XII ZR 25/04 und vom 28. März 2007 - XII ZR
130/04).

Vorliegend kann schon aufgrund der Chronologie der Ereignisse von einer ungleichen
Verhandlungsposition ausgegangen werden. Unstreitig hat die Antragsgegnerin gegen Ende des
Jahres 1994 ihre bisherige Berufstätigkeit in … aufgegeben, um zum Antragsgegner nach … zu
ziehen. Hierbei wird nicht verkannt, dass der berufliche Werdegang der Antragstellerin zu
diesem Zeitpunkt wenig stringent war und daher entgegen der Auffassung der Antragstellerin
nicht zwingend davon ausgegangen werden konnte, dass die Antragstellerin ohne den Umzug
nach … ihr Studium (im bereits begonnenen oder in einem neuen Studiengang) beendet hätte.
Das ändert allerdings nichts an dem Umstand, dass die Eheleute ihre beruflichen und
persönlichen Planungen im Wesentlichen an der Situation des Antragsgegners ausrichteten.
Letztlich gab die Antragsgegnerin ihre anderweitigen, mit dem Wohnsitz … nicht zu
vereinbarenden Pläne auf, nachdem diese zu einer Belastung der Beziehung wurden (vgl. hierzu
Bl. 2 der Beschwerdeerwiderung, Bl. 179 d.A.). Aus alledem kann durchaus der Schluss gezogen
werden, dass der Antragsgegner sich in den wesentlichen Fragen der gemeinsamen
Lebensplanungen durchsetzte. Es liegt daher durchaus nahe, dass es der Antragstellerin nach
dem Bekanntwerden der Schwangerschaft und inmitten der Vorbereitungen der Hochzeit
schwergefallen ist, sich dem Wunsch des Antragsgegners nach einem (sie einseitig
benachteiligenden) Ehevertrag zu widersetzen – auch wenn im Ergebnis nicht mehr aufgeklärt
werden kann, ob der Antragsgegner die Eingehung der Ehe vom Abschluss des Ehevertrages
abhängig gemacht hat.

Selbst wenn – wie von der Erstrichterin ausgeführt – im Jahr 1995 die „Nichtehelichkeit eines
Kindes“ kein Makel mehr darstellte, ist doch festzustellen, dass jedenfalls die Beteiligten sich
sichtlich darum bemühten, dass ihr Kind „ehelich“ zur Welt kommen wird. So trägt selbst der
Antragsgegner vor, die Schwangerschaft habe dazu geführt, dass man den eigentlich erst zu
einem späteren Zeitpunkt geplanten Hochzeitstag vorverlegt hat (Bl. 179 d.A.). Im Übrigen
waren in rechtlicher Hinsicht noch im Jahr 1995 nichteheliche Kinder den ehelichen Kindern
nicht in allen Punkten gleichgestellt. So ist etwa das Gesetz zur erbrechtlichen Gleichstellung
nichtehelicher Kinder erst am 16. Dezember 1997 (BGBl 1997 I, S. 2968) erlassen worden. Die
Heiratsplanungen wurden zur damaligen Zeit bei vielen Paaren – und eben auch von den
Beteiligten des hiesigen Verfahrens – noch von dem Wunsch beeinflusst, dass das (erwartete)
Kind möglichst in der Ehezeit geboren wird.

Gegen eine unterlegene Verhandlungsposition spricht auch nicht die Tatsache, dass dem
Abschluss des Ehevertrages mehrere Beratungstermine bei dem Notar vorausgegangen waren.
Die von Antragsgegnerseite vorgetragenen wesentlichen Erwägungen, die nach mehrfacher
notarieller Beratung zum Vertragsschluss geführt haben sollen, sprechen nicht gegen, sondern
für eine subjektive Disparität zum Nachteil der Antragstellerin. Der Antragsgegner führt an,
man habe bedacht, dass der Betrieb des Familienunternehmens (…) mit erheblichen finanziellen
Risiken behaftet gewesen sei, die die Antragstellerin nicht übernehmen konnte und wollte. Dabei
wird bereits übersehen, dass mit dem Eintritt in den gesetzlichen Güterstand der
Zugewinngemeinschaft keine – wie auch immer geartete – Risikobeteiligung der Antragstellerin
am Familienunternehmen des Antragsgegners verbunden gewesen wäre. Bereits aus § 1363
Abs.2 Satz 1 BGB folgt, dass auch in der Zugewinngemeinschaft eine Vermögenstrennung
zwischen beiden Eheleuten herrscht und sich weder die Berechtigungsverhältnisse an dem in die
Ehe mitgebrachten Vermögen ändern noch vorhandene (oder neu begründete)
Verbindlichkeiten durch die bloße Eingehung der Ehe vergemeinschaftet werden (anstatt vieler
Szalai in BeckOGK, Stand: 1. Februar 2024, § 1363 Rn. 13 ff). Wenn mithin die Antragstellerin
den sie benachteiligenden Vertrag aufgrund notarieller „Beratung“ in der irrigen Annahme
abgeschlossen hat, sie mindere hierdurch ein Haftungsrisiko, dann spricht dies für ihre
unterlegene Verhandlungsposition. Sie wurde offensichtlich (trotz zweier notarieller
Beratungstermine) in der irrigen Annahme gelassen, sie erhalte als Kompensation für die
nachteiligen Regelungen den Wegfall eines Haftungsrisikos, das in Wirklichkeit aber zu keinem
Zeitpunkt bestanden hat.

2. Die Nichtigkeit des Ehevertrages hat zur Folge, dass über sämtliche anhängigen Folgesachen
nach den gesetzlichen Vorschriften zu entscheiden ist.

a. In der Folge ist auf Antrag der Antragstellerin zunächst der Scheidungsausspruch aufzuheben,
damit die nach dem Gesetz vorgesehene einheitliche Verbundentscheidung (§§ 137 Abs. 1, 142
Abs.1 FamFG) sichergestellt wird.

b. In der Folgesache Zugewinnausgleich ist zunächst über den Antrag auf Auskunft und
Belegvorlage zu befinden, denn dieser ist schon zum jetzigen Zeitpunkt entscheidungsreif.
Dieser folgt aus §§ 1379 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs.1 Satz 2 BGB. Die beantragten Auskünfte sind
allesamt geeignet und erforderlich, um einen etwaigen Zugewinnausgleichsanspruch zu
berechnen. Für die gebotene Bewertung des Unternehmens … GmbH bedarf es der Vorlage der
zur Beurteilung der Ertragslage benötigten Unterlagen (insbesondere Bilanzen nebst Gewinnund
Verlustrechnungen etc.). Soweit die Antragstellerin die Vorlage der aus dem Tenor näher
bezeichneten Unterlagen für den Zeitraum der „letzten fünf Jahre“ verlangt, legt dies der Senat
dahingehend aus, dass in Anlehnung an die gefestigte Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes
(vgl. anstatt vieler bereits BGH, Urteil vom 10. Oktober 1979, IV ZR 79/78) der Zeitraum der
letzten fünf Jahre vor dem jeweiligen Bewertungsstichtag gemeint ist und stellt dies im Tenor
hinreichend klar.

c. Im Übrigen ist das Verfahren auf Antrag des Antragsgegners in entsprechender Anwendung
der §§ 117 Abs. 2, 538 Abs. 2 Nr. 4 ZPO (vgl. BGH, Urteil vom 22. Mai 1981, I ZR 34/79;
Oberlandesgericht Karlsruhe, Beschluss vom 31. März 2021, 5 UF 125/20) an das Erstgericht
zurückzuverweisen, damit dort unter Beachtung der Nichtigkeit des Ehevertrages eine
einheitliche Sachentscheidung über den Scheidungsausspruch und die Folgesachen
Versorgungsausgleich, Nachscheidungsunterhalt und Zugewinnausgleich ergehen kann.

III.
Die Festsetzung des Gegenstandswertes beruht auf §§ 40, 43, 44, 50, 51, 52 FamGKG.
Die Entscheidung über die Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde hat ihre Grundlage in § 70
Abs.2 FamFG.

Art:

Entscheidung, Urteil

Gericht:

OLG Zweibrücken

Erscheinungsdatum:

18.06.2024

Aktenzeichen:

2 UF 166/23

Rechtsgebiete:

Ehegatten- und Scheidungsunterhalt
Verfahrensrecht allgemein (ZPO, FamFG etc.)

Normen in Titel:

BGB § 138