Genaue Bezeichnung der vorzunehmenden Handlung ist Voraussetzung für Grundbuchberichtigungszwang nach § 82 GBO
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Deutsches Notarinstitut
letzte Aktualisierung: 2.4.2015
OLG Frankfurt, 6.8.2014 - 20 W 114/14
Genaue Bezeichnung der vorzunehmenden Handlung ist Voraussetzung für
Grundbuchberichtigungszwang nach
Maßnahmen des Grundbuchzwangs dürfen nur dann ergriffen werden, wenn die dem
Betroffenen auferlegte Verpflichtung konkret bezeichnet wurde. Dazu ist dem Betroffenen
mitzuteilen, mit welchem konkreten Inhalt ein Berichtigungsantrag zu stellen ist und mit
welchem Inhalt demzufolge vorausgehend – falls eine notarielle Verfügung von Todes wegen
nicht vorliegt – ein Erbschein zu beantragen ist.
Gründe
I.
Als Miteigentümerin des eingangs bezeichneten Grundbesitzes ist im Grundbuch noch die am ...
Juli 2010 verstorbene Mutter des Betroffenen, Frau A geb. B (im Folgenden: Erblasserin)
eingetragen.
Nachdem das Grundbuchamt durch Vorlage einer Kopie der Sterbefallsanzeige Kenntnis von
dem Sterbefall erlangt hatte, forderte der Rechtspfleger den Betroffenen mit Schreiben vom 29.
Februar 2012 unter Hinweis darauf, dass er als Miterbe in Betracht komme, zur Beantragung der
Grundbuchberichtigung unter Vorlage eines Erbscheines oder eines notariellen Testamentes
nebst Eröffnungs-protokoll auf. Diese Aufforderung wurde mit im Wesentlichen gleichlautenden
Schreiben vom 4. Juni 2013, 6. August 2013 und 10. September 2013 wiederholt, wobei in
letzterem ein Zwangsgeld von 200 EURO angedroht wurde. Dieses angedrohte Zwangsgeld
wurde mit Beschluss vom 11. Oktober 2013 - dem Betroffenen zugestellt am 15. Oktober 2013 -
unter Androhung eines weiteren Zwangsgeldes von 400 EURO festgesetzt.
Nachdem der Betroffene mit Schreiben vom 8. November 2011 um eine Nachfrist von 4 Wochen
gebeten hatte, drohte der Rechtspfleger des Grundbuchamtes mit Schreiben vom 10. Januar 2014
unter Hinweis darauf, dass bei der Nachlass-abteilung noch immer kein Erbscheinsantrag gestellt
worden sei, erneut unter Fristsetzung zum 24. Januar 2014 ein Zwangsgeld von 400 EURO an.
Hierauf stellte der Betroffene mit Schreiben vom 24. Januar 2014 formlos einen
Erbscheinsantrag ohne Angabe des Berufungsgrundes, etwaiger Miterben und der Erbquoten bei
dem Grundbuchamt und wurde nach dessen Weiterleitung an die Nachlassabteilung von dort
schriftlich auf die Erfordernisse eines formgerechten Erbscheinsantrages hingewiesen. Nachdem
hierauf keine Reaktion erfolgte, setzte der Rechtspfleger des Grundbuchamtes mit Beschluss
vom 4. März 2014, dem Betroffenen zugestellt am 6. März 2014, das angekündigte Zwangsgeld
von 400 EURO fest und kündigte ein weiteres Zwangsgeld von 800 EURO an.
Gegen den Zwangsgeldfestsetzungsbeschluss vom 4. März 2014 legte der Betroffene mit dem
am 12. März 2014 bei dem Amtsgericht eingegangenen Schreiben, auf das Bezug genommen
wird, sofortige Beschwerde ein.
Der Rechtspfleger des Grundbuchamtes hat der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache
dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt. Das Rechts-mittel wurde trotz Ankündigung
nicht näher begründet.
II.
Gegen die Zwangsgeldfestsetzung ist nach
Beschwerde in entsprechender Anwendung der §§ 567 bis 572 ZPO statthaft, über die gemäß §§
35 Abs. 5 FamFG, 568 ZPO der Einzelrichter des Senates zu entscheiden hat (vgl. Demharter,
GBO, 29. Aufl., § 71 Rn. 3 und 81 Rn. 3; Bauer/von Oefele/Budde, GBO, 3. Aufl., § 82 Rn. 21;
OLG Hamm
Juris).
Die gegen den Zwangsgeldfestsetzungsbeschluss vom 4. März 2014 gerichtete sofortige
Beschwerde ist zulässig, sie wurde insbesondere innerhalb der Zwei-Wochen-Frist des § 569
Abs. 1 ZPO eingelegt, obwohl auf diese Frist in der verwendeten Rechtsmittelbelehrung nicht
hingewiesen wurde.
Die sofortige Beschwerde führt auch in der Sache zum Erfolg.
Die Zwangsgeldfestsetzung wurde im Rahmen des Grundbuchberichtigungszwangsverfahrens
nach
hinsichtlich der Eintragung des Eigentümers durch Rechtsübergang außerhalb des Grundbuchs
unrichtig geworden ist, dem Eigentümer die Verpflichtung auferlegen, den Antrag auf
Berichtigung des Grundbuchs zu stellen und die zur Berichtigung des Grundbuchs notwendigen
Unterlagen zu beschaffen. Die Durchsetzung der auferlegten Verpflichtung erfolgt seit
Einführung des FamFG gemäß
bestimmten Zwangsgeldes für den Fall der Nichtbefolgung innerhalb einer festzusetzenden Frist.
Führt die Androhung nicht zum Erfolg, so kann anschließend das Zwangsgeld festgesetzt
werden.
Maßnahmen des Grundbuchberichtigungszwangs dürfen nur dann ergriffen werden, wenn die
Eintragung des Eigentümers in Abt. I des Grundbuchs unrichtig ist und dies auf einem
Rechtsübergang außerhalb des Grundbuchs beruht, also eine nachträgliche
Grundbuchunrichtigkeit im Sinne des
a.a.O., § 82 Rn. 2; Meikel/Böttcher, GBO, 10. Aufl., § 82 Rn. 3/4; Demharter, a.a.O., § 83 Rn.
4/5; Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 15. Aufl., Rn. 378). Wichtigster Anwendungsfall des § 82
GBO ist der durch Erb-folge nach
Rechts-übergang auf einen neuen Eigentümer.
Nach
werden, so lange berechtigte Gründe vorliegen. Bezüglich der
Zurückstellungsgründe hat der Senat bereits in einer früheren Entscheidung auf die gebotene
Berücksichtigung der Regelung des
Anm. Dümig). Da nach
Gebührenbefreiung gilt, wenn der Berich-tigungsantrag binnen zwei Jahren seit dem Erbfall bei
dem Grundbuchamt eingereicht wird, weil der Gesetzgeber die innerhalb dieser Frist beantragte
Eintra-gung noch als förderungswürdige Beschleunigung der Grundbuchberichtigung ansieht,
kann andererseits nicht angenommen werden, dass schon vor Ablauf dieser Frist Anlass zur
Erzwingung der Berichtigung bestehen soll, sofern im
Einzelfall nicht besondere Gesichtspunkte eine andere Handhabung erfordern
(so auch Bauer/von Oefele/Budde, GBO, 3. Aufl., § 82 Rn. 11; Demharter, a.a.O., § 82 Rn. 12;
Hügel, GBO, 2. Aufl., § 82 Rn. 22; OLG Hamm
Dezember 2011 – 20 W 561/11- und vom 28. Februar 2012 – 20 W 67/12-). Diese Zwei-Jahres-
Frist war bei Einleitung des hier angegriffenen Zwangsgeldverfahrens verstrichen.
Ein Einschreiten des Grundbuchamtes im Wege des Zwangsverfahrens nach
Ausnahmefall gegenüber dem sonst das Grundbuchrecht beherrschen-den Antragsgrundsatzes
kommt aber nur dann in Betracht, wenn feststeht, dass das Grundbuch bezüglich der
Eigentümereintragung unrichtig ist. Dies setzt nicht nur voraus, dass aufgrund der Nachricht
vom Sterbefall bekannt ist, dass der eingetragene Eigentümer verstorben ist, sondern für das
Grundbuchamt muss auch sichere Kenntnis über die Person des neuen Eigentümers bestehen
(vgl. Bauer/von Oefele/Budde, a.a.O., § 82 Rn. 6; Meikel/Böttcher, GBO, 10. Aufl., § 82 Rn.
12/13; Demharter, a.a.O., § 83 Rn. 9). Zwar ist anerkannt, dass das Grund-buchamt das
Berichtigungszwangsverfahren nach
Maßgabe richten kann, dass dieser einen Erbschein für den Gesamtnachlass zu beschaffen und
einen entsprechenden Grundbuch-berichtigungsantrag zu stellen hat (vgl. OLG Frankfurt
Grund-buchzwangs gegen einen der Miterben ist jedoch, dass das Grundbuchamt selbst
hinreichende Feststellungen dahingehend getroffen hat, welche Personen als Erbe berufen sind.
Hierbei ist es nicht zulässig, die gebotene Ermittlung der Erbenstellung auf einen der
Angehörigen des Erblassers zu verlagern, von dem lediglich feststeht, dass er überhaupt als
testamentarischer oder gesetzlicher Erbe berufen ist, während offen bleibt, ob und welche
weiteren Personen neben ihm zu welchen Quoten zu Erben berufen sind (so auch OLG Hamm,
Beschluss vom 03. April 2013 - Az.: 15 W 107/13, dok. bei juris =
Denn Maßnahmen des Berichtigungszwangs nach
wenn die dem jeweils Betroffenen auferlegte Verpflichtung die vorzu-nehmende Handlung
konkret bezeichnet. Dazu reicht es nicht aus, dass das Grundbuchamt dem Betroffenen lediglich
– offenbar unter Verwendung eines Vordruckes- mitgeteilt hat, er komme als Miterbe in
Betracht. Vielmehr hätte das Grundbuchamt gegenüber dem Betroffenen klarstellen müssen, mit
welchem konkreten Inhalt ein Berichtigungsantrag zu stellen ist und mit welchem Inhalt
demzufolge vorausgehend – da ausweislich der Sterbefallsanzeige und der Mitteilung der
Nachlassabteilung eine notarielle Verfügung von Todes wegen nicht vorlag - ein Erbschein zu
beantragen war. Dies ist vorliegend nicht erfolgt, da insbesondere nicht mitgeteilt wurde, von
welchem Berufungsgrund, welchen Miterben und welchen Erbquoten das Grundbuchamt
ausgeht und mit welchem konkreten Inhalt somit ein Erbschein vorzulegen sei. Diese Angaben
sind auch dem in der Akte befindlichen Schreiben der Nachlassabteilung vom 4. Februar 2014,
auf welches das Grundbuchamt verwiesen hat, nicht zu entnehmen. Da es somit an der
gebotenen Konkretisierung seitens des Grundbuchamtes gefehlt hat, war der
Zwangsgeldfestsetzungsbeschluss aufzuheben.
Im Hinblick auf den Erfolg des Rechtsmittels war weder eine Kostenentscheidung noch eine
Wertfestsetzung oder eine Entscheidung über die Zulassung der Rechtsbeschwerde veranlasst.
Entscheidung, Urteil
Gericht:OLG Frankfurt a. Main
Erscheinungsdatum:06.08.2014
Aktenzeichen:20 W 114/14
Rechtsgebiete:
Verfahrensrecht allgemein (ZPO, FamFG etc.)
Grundbuchrecht
GBO § 82; FamFG § 35 Abs. 5; ZPO §§ 567, 569