OLG Oldenburg 18. März 2019
12 W 9/19
BGB §§ 1629 Abs. 2, 1795 Abs. 1 Nr. 1

Zustimmung mehrerer minderjähriger Gesellschafter zu einer Kommanditanteilsabtretung; Vertretung durch Eltern

letzte Aktualisierung: 17.5.2019
OLG Oldenburg, Beschl. v. 18.3.2019 – 12 W 9/19

BGB §§ 1629 Abs. 2, 1795 Abs. 1 Nr. 1
Zustimmung mehrerer minderjähriger Gesellschafter zu einer Kommanditanteilsabtretung;
Vertretung durch Eltern

Ist zur Übertragung eines Kommanditanteils die Zustimmung aller Gesellschafter der
Kommanditgesellschaft erforderlich, sind die Eltern eines minderjährigen Kommanditisten an der
Abgabe einer entsprechenden Erklärung im Rahmen ihrer gesetzlichen Vertretungsmacht gehindert,
wenn noch weitere ihrer Kinder an der Gesellschaft beteiligt sind. In diesem Fall bedarf es der
Zustimmung eines gerichtlich bestellten Ergänzungspflegers.

Gründe

I.
An der betroffenen Kommanditgesellschaft sind die Antragstellerin als
Komplementärin und 18 weitere Gesellschafter als Kommanditisten beteiligt. Mit
Anteilsübertragungsvertrag vom TT.MM.2017 übertrug die bisherige
Kommanditistin Y ihren Kommanditanteil auf ihren minderjährigen Enkel Z, der
hierzu durch einen gerichtlich bestellten Ergänzungspfleger vertreten wurde. Die
antragstellende Komplementärgesellschaft hat im eigenen Namen sowie aufgrund
der ihr von den Kommanditisten erteilten Registervollmachten beantragt, den
Gesellschafterwechsel im Handelsregister einzutragen.

Mit Zwischenverfügung vom 13.12.2018 hat das Registergericht die beantragte
Eintragung von dem Nachweis abhängig gemacht, dass ein Ergänzungspfleger für
den ebenfalls minderjährigen Kommanditisten W die Zustimmung zu dem Beitritt
des Z erklärt. Zur Begründung hat das Registergericht ausgeführt, dass der Betritt
eines neuen Gesellschafters in eine Personengesellschaft der Zustimmung der
übrigen Gesellschafter bedarf. Die Eltern des Kommanditisten W seien nach § 1795
Abs. 1 Nr. 1 BGB gehindert, für diesen als gesetzliche Vertreter die erforderliche
Zustimmung zu erklären, da auch dessen (volljähriger) Bruder V an der Gesellschaft
beteiligt sei.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Antragstellerin. Sie ist der Ansicht, dass
eine Zustimmung der Kommanditisten zum Gesellschafterwechsel nicht erforderlich
sei, da der neu eintretende Gesellschafter nicht zusätzlich, sondern anstelle einer
bisherigen Gesellschafterin der Gesellschaft beitrete, deren Rechtsstellung er
übernehme. Die vertraglichen Grundlagen würden sich damit nicht ändern. Auch
eine Vinkulierung der Gesellschaftsanteile sehe der Gesellschaftsvertrag nicht vor.
Selbst wenn man von einer Zustimmungspflicht ausgehe, greife kein Vertretungsverbot,
da die Interessen der bisherigen Gesellschafter gegenüber dem neu
beitretenden Gesellschafter gleichgelagert seien und der zum Vertretungsverbot
führende Interessengegensatz nicht vorliege.

II.

Die nach § 382 Abs. 4 S. 2 FamFG statthafte Beschwerde der Antragstellerin ist
zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg. Das Registergericht geht mit der
angefochtenen Zwischenverfügung zutreffend davon aus, dass der einzutragende
Gesellschafterwechsel der Zustimmung aller Mitgesellschafter bedarf und die Eltern
des minderjährigen Kommanditisten W nach §§ 1629 Abs. 2, 1795 Abs. 1 Nr. 1 BGB
daran gehindert sind, diese Zustimmung im Rahmen der gesetzlichen
Vertretungsbefugnis für ihn zu erklären.

Der Beanstandung der angefochtenen Zwischenverfügung liegt im Ausgangspunkt
die zutreffende Rechtsauffassung des Registergerichts zugrunde, dass die
(dingliche) Übertragung des Gesellschaftsanteils in einer Personengesellschaft der
Zustimmung aller Mitgesellschafter bedarf, wenn die Übertragung nicht bereits
durch den Gesellschaftsvertrag gestattet wird (vgl. BGHZ 81, 82, zit. aus juris RN
7; OLG München, ZIP 2015, 2023, zit. aus juris RN 36; Baumbach u.a./Hopt, HGB
(38. Aufl.) § 105 RN 70; Ebenroth u.a./Wertenbruch, HGB (3. Aufl.) § 105 RN 215).
Durch die Übertragung des Gesellschaftsanteils ändert sich der Gesellschafterbestand
und damit der Kreis der Vertragspartner, mit denen der jeweilige
Gesellschafter die Verfolgung eines gemeinsamen Zweckes vereinbart hat. Die
Bestimmung der Vertragspartner gehört jedoch zu den essentialia eines jeden
Vertrages. Ihre Veränderung berührt den Kern der Vertragsbeziehung, die grundsätzlich
nur einvernehmlich geändert werden kann, wenn der Vertrag keine anderen
Bestimmungen hierüber enthält. Damit unterscheidet sich die Übertragung eines
Gesellschaftsanteils in einer vertraglich strukturierten Personengesellschaft von
derjenigen in einer körperschaftlich strukturierten und satzungsbestimmten
Kapitalgesellschaft. Dort sind die Gesellschaftsanteile grundsätzlich frei übertragbar,
es sei denn, dass die Satzung eine Vinkulierung vorsieht (vgl. Ebenroth
u.a./Wertenbruch, a.a.O.).

Vorliegend haben die Kommanditisten der betroffenen Gesellschaft dem
verfahrensgegenständlichen Gesellschafterwechsel offenbar noch überhaupt nicht
zugestimmt. Der Vortrag der Antragstellerin, welche die Auffassung vertreten hat,
mangels Vinkulierung der Anteile sei eine derartige Zustimmung nicht erforderlich,
legt diese Vermutung jedenfalls nahe. Allein durch die einheitliche Anmeldung des
Gesellschafterwechsels wird diese Zustimmung nicht bewirkt. Die den Eintragungsantrag
stellende Komplementärin vertritt insoweit ihre Mitgesellschafter auf Grundlage
der Registervollmacht. Diese Vollmacht ermächtigt aber nur zur Vertretung im
Rahmen der Anmeldung von Registereintragungen, zu deren Vornahme der
jeweilige Kommanditist gegenüber dem Registergericht verpflichtet ist. Eine
derartige Anmeldepflicht setzt jedoch bereits eine wirksame Änderung der
eintragungspflichtigen Verhältnisse voraus. Hieran fehlt es, wenn die Anteilsübertragung
noch nicht wirksam vollzogen ist, weil ihr noch nicht alle Mitgesellschafter
zugestimmt haben. Solange dies nicht der Fall ist, bleibt die
Anteilsübertragung schwebend unwirksam (vgl. Ebenroth u.a./Wertenbuch, a.a.O.,
RN 217). Aus Sicht des Beschwerdegerichts hätte es daher nahegelegen, die
beantragte Eintragung vom Nachweis einer wirksamen Zustimmung aller
Mitgesellschafter abhängig zu machen und nicht nur derjenigen des Kommanditisten
W. Eine diesbezügliche Abänderung der Zwischenverfügung ist dem
Beschwerdegericht allerdings nicht gestattet. Dessen Entscheidungsbefugnis ist
darauf beschränkt, ob die in der Zwischenverfügung erhobenen Beanstandungen
berechtigt sind. Es darf dagegen nicht in einer für das Amtsgericht bindenden Weise
darüber befinden, ob dem Antrag auch noch weitere Eintragungshindernisse
entgegenstehen (vgl. OLG Frankfurt, NZG 2014, 909, zit. aus juris RN 18, m.w.N.).
Verfahrensgegenständlich ist damit nur die Beanstandung des Registergerichts,
wonach es für eine wirksame Zustimmung des minderjährigen Kommanditisten W
einer entsprechenden Erklärung eines gerichtlich bestellten Ergänzungspflegers
bedarf. Die Eltern dieses Kommanditisten sind gemäß §§ 1629 Abs. 2, 1795 Abs. 1
Nr. 1 BGB daran gehindert, im Rahmen ihrer gesetzlichen Vertretungsmacht für
diesen eine entsprechende Erklärung abzugeben. Wie ausgeführt, handelt es sich
bei der Zustimmung zu einer Anteilsübertragung um eine Änderung des
Gesellschaftsvertrages, da ein Wechsel zwischen den Parteien dieses Vertrages
stattfindet. Beteiligte dieser Vertragsänderung sind alle Gesellschafter, mithin auch
der bereits volljährige Bruder des Kommanditisten W. Mit diesem sind die Eltern des
betroffenen Minderjährigen in gerader Linie verwandt, so dass für das vorliegende
Rechtsgeschäft das Vertretungsverbot aus §§ 1629 Abs. 2, 1795 Abs. 1 Nr. 1 BGB
greift.

Die Anwendung der Vertretungsverbote aus §§ 1795 bzw. 181 BGB auf
Gesellschafterbeschlüsse ist höchstrichterlich geklärt. Wird mit dem Beschluss über
laufende Angelegenheiten der Gesellschaft abgestimmt und insoweit eine Angelegenheit
der Geschäftsführung der Gesellschaft geregelt, handeln die
Gesellschafter innerhalb des Rahmens ihres Vertrages, mit dem sie sich wechselseitig
zur Verfolgung eines gemeinsamen Zweckes verpflichtet haben. Im Rahmen
derartiger Beschlussfassungen sind die Gesellschafter im Allgemeinen nicht
gehindert, sich wechselseitig zu vertreten. Insoweit bestehen auch keine Bedenken,
wenn die Eltern von verschwisterten Gesellschaftern im Rahmen ihrer gesetzlichen
Vertretungsmacht ihre minderjährigen Kinder bei der Beschlussfassung vertreten.
Zwar können auch bei derartigen Beschlussgegenständen zwischen den Gesellschaftern
unterschiedliche Auffassungen darüber bestehen, wie der Gesellschaftszweck
am Besten gefördert werden kann. Derartige Meinungsverschiedenheiten
beruhen aber typischerweise nicht auf einem Widerstreit persönlicher Interessen
des einzelnen von denjenigen anderer Gesellschafter. Es handelt sich damit um
keinen Interessenkonflikt, welche die gesetzlichen Vertretungsverbote aus §§ 181
bzw. 1795 BGB zu verhindern suchen (vgl. BGHZ 65, 93 zit. aus juris RN 10ff).

Soweit dagegen mit dem Beschluss – wie vorliegend mit der Entscheidung, mit
welchen Personen die Gesellschaft weitergeführt wird – der Gesellschaftsvertrag
selbst geändert wird, schließen die Gesellschafter den Vertrag nicht in derselben
Parteirolle ab, sondern stehen sich – vergleichbar den Parteien eines Austausch-
vertrages – als Geschäftsgegner gegenüber. Die Vertragsänderung ist ein Tatbestand,
der aus dem Rahmen der Geschäftsführung und der laufenden gemeinsamen
Gesellschaftsangelegenheiten herausfällt und die Grundlagen des Gesellschaftsverhältnisses
berührt. Bei derartigen Beschlussgegenständen lässt sich
nicht in gleicher Weise wie bei Geschäftsführungsentscheidungen davon ausgehen,
dass von vornherein kein Interessenkonflikt zwischen den Gesellschaftern besteht
(vgl. BGHZ 65, 93, RN 9; 112, 339, RN 12; BGH NJW 1961, 7245, RN 20; jw. zit.
aus juris; BeckOK/Schäfer, BGB (2019), § 181 RN 14; MüKo/Schubert, BGB (8.
Aufl.) § 181 RN 38; Staudinger/Schilken, BGB (2014) § 181 RN 26).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 FamFG.
… … …

Art:

Entscheidung, Urteil

Gericht:

OLG Oldenburg

Erscheinungsdatum:

18.03.2019

Aktenzeichen:

12 W 9/19

Rechtsgebiete:

Vormundschaft, Pflegschaft (familien- und vormundschaftsgerichtliche Genehmigung)
Verfahrensrecht allgemein (ZPO, FamFG etc.)
Elterliche Sorge (ohne familiengerichtliche Genehmigung)

Erschienen in:

MittBayNot 2019, 603-604
NotBZ 2019, 476-478
ZEV 2019, 429-431

Normen in Titel:

BGB §§ 1629 Abs. 2, 1795 Abs. 1 Nr. 1