OLG Stuttgart 18. Juli 2017
10 U 140/16
BGB §§ 311b Abs. 1, 925

Formpflichtigkeit der Änderung eines Grundstücksübertragungsvertrags nach Beurkundung der Auflassung

DNotI
Deutsches Notarinstitut
letzte Aktualisierung: 13.6.2018

OLG Stuttgart, Urt. v. 18.7.2017 – 10 U 140/16

BGB §§ 311b Abs. 1, 925

Formpflichtigkeit der Änderung eines Grundstücksübertragungsvertrags nach Beurkundung
der Auflassung

1. Änderungen eines Grundstücksübertragungsvertrags bedürfen auch dann gemäß § 311b Abs. 1
Satz 1 BGB der notariellen Beurkundung, wenn der Änderungsvertrag nach Auflassung, aber
noch vor Eigentumsumschreibung geschlossen wird (entgegen BGH, Urteil vom 14. Mai 1971,
V ZR 25/69, juris Rn. 13 m.w.N.; Urteil vom 25. Februar 1972, V ZR 74/69, juris Rn. 24; Urteil
vom 27. Oktober 1972, V ZR 37/71, juris Rn. 13; Urteil vom 23. März 1973, V ZR 166/70, juris
Rn. 31; Urteil vom 9. November 1979, V ZR 38/78, juris Rn. 15; Urteil vom 28. September
1984, V ZR 43/83, NJW 1985, 266, juris Rn. 15; Urteil vom 6. Mai 1988, V ZR 50/87, BGHZ
104, 276, juris Rn. 12; Urteil vom 28. Oktober 2011, V ZR 212/10, NJW-RR 2012, 18, Rn. 15).
2. Dies gilt jedenfalls dann, wenn die Vertragsparteien im ursprünglichen Vertrag die Auflassung
erklären und der Erwerber die Eintragung des Eigentumswechsels in das Grundbuch beantragt,
die Parteien den Notar aber anweisen, eine die Auflassungserklärung enthaltende beglaubigte
Abschrift oder Ausfertigung der Urkunde erst zu erteilen, wenn ihm die Zahlung des
geschuldeten Kaufpreises nachgewiesen worden ist.

Hinweis der DNotI-Redaktion: Revision anhängig beim BGH unter V ZR 213/17

In dem Rechtsstreit wegen Forderung Urteil des Oberlandesgerichts Stuttgart – 10. Zivilsenat –
vom 18.07.2017, ergänzt durch Urteil vom 26.09.2017:

1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts Ravensburg vom 28.10.2016,
Az. 6 O 200/16, teilweise abgeändert.

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 15.484,61 Euro nebst Jahreszinsen hieraus in Höhe
von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 31.05.2013 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Widerklage wird abgewiesen.

2. Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

3. Die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen tragen die Klägerin zu 2/5 und der Beklagte
zu 3/5.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Schuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung
in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Gläubiger
vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

5. Die Revision gegen dieses Urteil wird zugelassen.

Beschluss

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 27.100,76 Euro festgesetzt.
Gründe:

I.
Die Klägerin macht restliche Zahlungsansprüche aus einem Bauträgerkaufvertrag über drei zu
sanierende Eigentumswohnungen geltend. Die Parteien streiten, ob eine nach Auflassung, aber
noch vor Eintragung der Eigentumsumschreibung im Grundbuch erfolgte Vereinbarung über die
Minderung des Kaufpreises hätte notariell beurkundet werden müssen.

Mit notariell beurkundetem Bauträgerkaufvertrag vom 4. Mai 2011 erwarb der Beklagte von der
Klägerin drei noch zu sanierende Eigentumswohnungen in der L. Straße in Leipzig. Der Kaufpreis
betrug insgesamt 309.692,00 Euro. Unter III. des Vertrags erklärten die Parteien die Auflassung
und beantragte der Beklagte die Eintragung des Eigentumswechsels in das Grundbuch.
Der amtierende Notar wurde angewiesen, eine die Auflassungserklärung enthaltende beglaubigte
Abschrift oder Ausfertigung der Urkunde erst zu erteilen, wenn ihm die Zahlung des geschuldeten
Kaufpreises nachgewiesen worden ist.

Mit Schreiben vom 24. Juli 2012 machte der Beklagte gegenüber der Klägerin eine Kaufpreisminderung
in Höhe von insgesamt 27.100,76 Euro „aufgrund der nicht notwendigen Dekontaminationsarbeiten“
geltend. Die Klägerin unterzeichnete dieses Schreiben mit dem Zusatz „zur
Kenntnis genommen und anerkannt“.

Der Beklagte erbrachte Zahlungen i.H.v. 283.368,17 Euro an die Klägerin.
Bezüglich der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes und der erstinstanzlichen Anträge wird
auf den Tatbestand des Urteils des Landgerichts Ravensburg vom 28. Oktober 2016, Az.: 6 O
200/16, verwiesen.

Das Landgericht hat die auf Zahlung des rechnerischen Differenzbetrags zwischen dem am 4.
Mai 2011 vereinbarten Kaufpreis und dem gezahlten Betrag in Höhe von 26.323,83 Euro nebst
Zinsen gerichtete Klage abgewiesen. Auf die Widerklage des Beklagten wurde die Klägerin verurteilt,
an den Beklagten 776,93 Euro nebst Zinsen zu zahlen. Zudem stellte das Landgericht
fest, dass der für den Erwerb der drei Wohnungen zu zahlende Kaufpreis 282.591,24 Euro betrage
und der Kläger diesen Kaufpreis vollständig bezahlt habe, so dass der Notar berechtigt sei,
nach Eintritt der Rechtskraft des Urteils die Eintragung des Klägers als Eigentümer des näher bezeichneten
Grundbesitzes in das Grundbuch zu bewirken.

Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, dass die Parteien in dem gegengezeichneten
Schreiben vom 24. Juli 2012 wirksam eine Reduzierung des Kaufpreises vereinbart hätten und
im Übrigen Erfüllung eingetreten sei. Für die Formwirksamkeit der Vereinbarung sei die notarielle
Form nach der Rechtsprechung nicht erforderlich. Die Klägerin könne sich hinsichtlich der
Formbedürftigkeit auch nicht auf § 14 der Urkunde vom 4. Mai 2011 berufen. Sie könne die
Kaufpreisminderung auch nicht kondizieren. Es sei keine wirksame Anfechtung des Bauträgervertrages
erfolgt. Jedenfalls sei eine Anfechtung nicht mehr unverzüglich vorgenommen worden.
Die Widerklage sei zulässig und begründet. Es liege eine Überzahlung des Beklagten i.H.v.
776,93 Euro vor, die nach § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB von der Klägerin zurückzuzahlen sei.
Mit der vollständigen Kaufpreiszahlung seien die Eintragungsvoraussetzungen gegeben.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe des angegriffenen Urteils
verwiesen.

Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin.

Die Auffassung des Landgerichts, dass die Änderung des Kaufpreises nicht beurkundungspflichtig
gewesen sei, überzeuge weder hinsichtlich der dogmatischen Begründung noch in Bezug auf
den Normzweck des § 311b Abs. 1 BGB. Sie führe auch nicht zu praxisgerechten Ergebnissen.
Heilende Wirkung könne nach dem Gesetzeswortlaut nur „Auflassung und Eintragung“ haben.
Die Auffassung des Landgerichts widerspreche der gesetzlichen Regelung. Die häufig zu beobachtende
notarielle Praxis, wonach die Auflassung zugleich beurkundet, dem Notar allerdings
eine Vorlagensperre auferlegt werde, beruhe auf reinen Praktikabilitätserwägungen und nicht auf
der Überlegung, dass die Parteien ab Unterzeichnung nach Belieben formfreie Vereinbarungen
zur Änderung und/oder Ergänzung des Grundstücksübertragungsvertrages treffen dürfen sollten.
Mit der Vorlagensperre werde nichts anderes bewirkt als die Gewährleistung des von §§ 311b
und 925 BGB bezweckten Schutzes der Parteien vor übereilten Erklärungen. Überdies hätten die
Parteien vereinbart, dass alle Änderungen des Vertrages, also auch des schuldrechtlichen Kausalgeschäfts,
der Beurkundung bedürften.

Demnach sei die Vereinbarung über die Kaufpreisminderung formunwirksam. Heilung durch
Eintragung sei nicht erfolgt. Die Klägerin könne also den vollen Kaufpreis verlangen. Die Abweisung
der Widerklage folge zwingend aus dem Erfolg der Klage.

Die Klägerin beantragt: Unter Abänderung des am 28. Oktober 2016 ergangenen Urteils des
Landgerichts Ravensburg, 6 O 200/16, wird der Beklagte verurteilt, an die Klägerin Euro
26.323,83 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 31. Mai 2013
zu zahlen und die Widerklage abgewiesen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung kostenpflichtig zurückzuweisen mit der Maßgabe, dass es
in dem Feststellungsausspruch heißen muss:

“ … dass der Beklagte diesen Kaufpreis vollständig bezahlt hat … nach dem Eintritt der Rechtskraft
des Urteils die Eintragung des Beklagten als Eigentümer … zu bewirken“.
Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil.

Die Vorlagensperre ändere nichts daran, dass es vorliegend keiner notariellen Beurkundung der
nach Auflassung getroffenen Abrede bedurft habe. Die Klägerin habe den Entschluss, dem Beklagten
das Eigentum an den Wohnungen zu übertragen, vor Erklärung der Auflassung gefasst.
Sie sei daher ausreichend über die Folgen der erklärten Auflassung gewarnt gewesen.
Es sei als treuwidrig anzusehen, wenn sich die Beklagte als Vollkaufmann an eine schriftlich getroffene
Vereinbarung nicht mehr halten wollte (BGH, Urteil vom 27. Oktober 1967 – V ZR
153/64). Ferner habe die Klägerin in einem Rechtsstreit mit ihrem ehemaligen Vertriebspartner
eine Provisionsabrechnung vorgelegt, in der sie die Bemessungsgrundlage für die zu zahlenden
Provisionen um die aufgrund des Entfalls der Dekontamination vereinbarten Nachlässe reduziert
habe. Dort wolle sie also aus der hier als unwirksam bezeichneten Kaufpreisminderung finanzielle
Vorteile ziehen. Dies widerspreche kaufmännischen Gepflogenheiten und dem Grundsatz von
Treu und Glauben.

Das Schriftformerfordernis gemäß § 14 des Bauträgerkaufvertrags sei eingehalten.
Bezüglich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes zweiter Instanz wird auf die gewechselten
Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

II.
Die zulässige Berufung ist teilweise begründet.

Der Klägerin steht ein restlicher Zahlungsanspruch aus dem Bauträgerkaufvertrag in Höhe von
26.323,83 Euro zu. Die Parteien haben am 24. Juli 2012 keine formwirksame Ermäßigung der
Vergütung um 27.100,76 Euro vereinbart. Die Vereinbarung hätte notariell beurkundet werden
müssen. Allerdings ist der Zahlungsanspruch lediglich in Höhe von 15.484,61 Euro fällig. In
Höhe von 10.839,22 Euro ist die Klage derzeit unbegründet. Die Widerklage ist nicht begründet.
Im Einzelnen:

1.

a) Der Beklagte verpflichtete sich in dem notariell beurkundeten Bauträgerkaufvertrag vom 4.
Mai 2011 mit der Klägerin, dieser insgesamt 309.692,00 Euro zu zahlen.
Unstreitig erbrachte der Beklagte Zahlungen in Höhe von insgesamt 283.368,17 Euro. Der rechnerisch
noch offenstehende Differenzbetrag beläuft sich auf 26.323,83 Euro und wurde von der
Klägerin mit Schreiben vom 16. Mai 2013 beim Beklagten angefordert.

b) Mit Schreiben vom 24. Juli 2012 teilte der Beklagte der Klägerin unter Bezugnahme auf eine
Besprechung sein Kaufpreisminderungsverlangen mit, das er auf insgesamt 27.100,76 Euro bezifferte.
Er bat die Klägerin um Überweisung dieses Betrages auf sein Konto. Das Schreiben
wurde rechts unten von X., dem Geschäftsführer der Klägerin, neben dem Vermerk: „zur Kenntnis
genommen und anerkannt“ gegengezeichnet. Damit ist – ungeachtet der Formfrage – eine
Vereinbarung der Parteien über eine Reduzierung des Kaufpreises für die drei Wohnungen in
Höhe von insgesamt 27.100,76 Euro getroffen worden.

Der Sache nach handelt es sich nicht um eine Minderung im Sinne von § 437 Nr. 2 BGB oder §
634 Nr. 3 BGB. Ungeachtet der streitigen Frage, ob die Parteien zunächst davon ausgegangen
waren, dass Dekontaminationsarbeiten auf dem Grundstück durchzuführen sind, und sich später
herausgestellt hat, dass eine solche Dekontamination nicht erforderlich ist, handelt es sich beim
Wegfall ursprünglich vorgesehener Altlastenbeseitigungsarbeiten nicht um einen Sachmangel, so
dass dem Beklagten deswegen kein Mangelrecht in Form der Minderung zugestanden hat.
Es liegt auch kein Fall der Störung der Geschäftsgrundlage gemäß § 313 Abs. 1 BGB vor, die zu
einer Preisanpassung führt. Dies käme nur dann in Betracht, wenn die Erforderlichkeit von Dekontaminationsarbeiten
zur Geschäftsgrundlage des Bauträgerkaufvertrags gemacht worden
wäre. Dies ist jedoch nicht geschehen. Die Baubeschreibung (Anlage 3 zur Grundlagenurkunde
vom 28. Juni 2010) enthält keinen Hinweis auf die Notwendigkeit von Dekontaminationsarbeiten.
In § 9 Nr. 11 des Bauträgerkaufvertrags vom 4. Mai 2011 findet sich die Erklärung der Verkäuferin,
dass ihr nicht erkennbare Mängel, insbesondere auch Altlasten und schädliche Bodenveränderungen
nicht bekannt seien. Ferner ist dort geregelt, dass der Käufer keine Rechte wegen
Mängeln für mögliche Boden- und Grundwasserkontaminationen sowie andere Altlasten geltend
machen kann. Die Ausführung von Dekontaminationsarbeiten war somit ausdrücklich nicht gemeinsame
Geschäftsgrundlage des Bauträgerkaufvertrags.

Die Vereinbarung vom 24. Juli 2012 stellt deshalb eine nachträgliche Anpassung des Kaufpreises
in Form einer Kaufpreisermäßigung dar.

c) Die Vereinbarung vom 24. Juli 2012 ist nicht wirksam, da sie entgegen § 311b Abs. 1 S. 1
BGB nicht notariell beurkundet worden ist.

aa) Gemäß § 311b Abs. 1 S. 1 BGB bedarf ein Vertrag, durch den sich der eine Teil verpflichtet,
das Eigentum an einem Grundstück zu übertragen oder zu erwerben, der notariellen Beurkundung.
Diese Vorschrift gilt entsprechend gemäß § 4 Abs. 3 WEG für einen Vertrag, durch den
sich ein Teil verpflichtet, Sondereigentum einzuräumen, zu erwerben oder aufzuheben.
Die Formbedürftigkeit ist nicht auf die Veräußerungs- und Erwerbsverpflichtung beschränkt,
sondern erstreckt sich auf den Vertrag im Ganzen (allg. Meinung, vgl. nur Palandt/Grüneberg,
BGB, 76. Aufl., § 311b Rn. 25 m. Nachw. d. Rspr.). Auch Änderungen oder Ergänzungen eines
schon beurkundeten, aber noch nicht durch Auflassung vollzogenen Grundstücksvertrags sind
grundsätzlich formbedürftig (st. Rspr., vgl. nur BGH, Urteil vom 6. November 1981 – V ZR
138/80, NJW 1982, 434; Urteil vom 2. Oktober 1987 – V ZR 42/86, NJW-RR 1988, 185
m.w.N.). Beurkundungsbedürftig sind unter anderem der Erlass, die Ermäßigung oder die Stundung
des Kaufpreises oder die Anrechnung einer Vorauszahlung auf die Kaufpreisforderung
(BGH, Urteil vom 6. November 1981 – V ZR 138/80, NJW 1982, 434; Urteil vom 11. November
1983 – V ZR 150/82, NJW 1984, 974; Urteil vom 17. März 2000 – V ZR 362/98, NJW 2000,
2100; s. auch Gehrlein in BeckOK BGB, Stand: 1.2.2017, § 311b Rn. 27 m. Nachw. d. Rspr.).
Nicht vom Formerfordernis erfasst werden nach herrschender Meinung solche Vereinbarungen,
die lediglich dazu dienen, unvorhergesehen aufgetretene Schwierigkeiten bei der Vertragsabwicklung
zu beheben, ohne die beiderseitigen Verpflichtungen wesentlich zu verändern (BGH,
Urteil vom 6. November 1981 – V ZR 138/80, NJW 1982, 434 mit weiteren Nachw. d. älteren
Rspr.; Urteil vom 11. Dezember 1998 – V ZR 377/97, BGHZ 140, 218).

Im Anschluss an die Rechtsprechung des Reichsgerichts verneint der Bundesgerichtshof ferner
eine Formbedürftigkeit von Abänderungsverträgen, die nach der Auflassung, aber noch vor Eigentumsumschreibung
abgeschlossen werden (vgl. BGH, Urteil vom 14. Mai 1971 – V ZR 25/69
mit Nachw. der reichsgerichtlichen Rspr.; Urteil vom 25. Februar 1972 – V ZR 74/69; Urteil
vom 27. Oktober 1972 – V ZR 37/71; Urteil vom 23. März 1973 – V ZR 166/70; Urteil vom 9.
November 1979 – V ZR 38/78; Urteil vom 28. September 1984 – V ZR 43/83, NJW 1985, 266;
Urteil vom 6. Mai 1988 – V ZR 50/87, BGHZ 104, 276; Urteil vom 28.10.2011 – V ZR 212/10 –
NJW-RR 2012, 18). Die Verpflichtung zur Eigentumsübertragung sei mit der Auflassung in vollem
Umfang erfüllt und bestehe deshalb nach erklärter Auflassung nicht mehr (BGH, Urteil vom
14. Mai 1971 – V ZR 25/69; Urteil vom 27. Oktober 1972 – V ZR 37/71). Im Jahr 1984 entschied
der Bundesgerichtshof, dass deutlich überwiegende oder schlechthin zwingende Gründe
für eine Abkehr von dieser Rechtsentwicklung nicht gegeben seien. Weder lasse sich aus § 313
S. 2 BGB a.F. (jetzt § 311b Abs. 1 S. 2 BGB) die zeitliche Grenze der Beurkundungsbedürftigkeit
zwingend entnehmen noch ergebe sich eine andere Beurteilung aufgrund der Neufassung
des § 313 BGB a.F. durch Gesetz vom 30. Mai 1973 (BGH, Urteil vom 28. September 1984 – V
ZR 43/83, NJW 1985, 266).

Dieser Auffassung hat sich das OLG Dresden in dem vom Beklagten als Anlage B 8 vorgelegten
Hinweisbeschluss vom 29. Juli 2016 – 6 U 355/16 – angeschlossen (ebenso OLG Bamberg, Urteil
vom 27. Juli 1998 – 4 U 195/97; Brandenburgisches Oberlandesgericht, Beschluss vom 9.
Dezember 2014 – 10 UF 257/13).

Das OLG Düsseldorf (Urteil vom 6. Oktober 1997 – 9 U 24/97, NJW 1998, 2225) hält dies dann
für nicht zutreffend, wenn es um nachträgliche Vereinbarungen geht, die eine durch die Auflassung
selbst noch nicht „erfüllte“ Übereignungspflicht betreffen und diese zum Nachteil des
Übertragenden maßgeblich modifizieren (OLG Düsseldorf aaO). In dem der Entscheidung des
OLG Düsseldorf zugrunde liegenden Sachverhalt hatten die Parteien eines Grundstücksübertragungsvertrags
in diesem zwar die Auflassung erklärt, aber den Zeitpunkt der grundbuchrechtlichen
Vollziehung der Eigentumsumschreibung in das freie Belieben des Übertragenden gestellt.
Auch in diesem Fall bedarf nach Ansicht des OLG Düsseldorf die nachträgliche Vertragsänderung
der notariellen Beurkundung, da weder der Zweck des Gesetzes, den Grundstückseigentümer
vor unüberlegten und übereilten Grundstücksübertragungen zu schützen, noch der daneben
beabsichtigte Zweck, den Beweis der getroffenen Vereinbarung zu sichern, gegenstandslos geworden
sei (OLG Düsseldorf aaO Rn. 47).

bb) Schumacher (in Staudinger (2012) BGB § 311b Abs. 1 Rn. 207 ff.) hält die Rechtsprechung
des Bundesgerichtshofs für dogmatisch und rechtspolitisch bedenklich. Bewirkt im Sinne von §
362 Abs. 1 BGB sei die Leistung in der Regel noch nicht mit der Vornahme der Leistungshandlung,
sondern erst mit Eintritt des Leistungserfolgs. Demgemäß bestehe auch nach Auflassung
der Anspruch auf Eigentumsverschaffung weiter. Mit gutem Grund sei deshalb gemäß § 311b
Abs. 1 S. 2 BGB der Eigentumsübergang Voraussetzung für den Eintritt der Heilung. Aus dem
Normengefüge des § 311b Abs. 1 selbst ergebe sich keine Stütze für eine Formfreiheit von Änderungen
nach Auflassung. Ansonsten würde die Funktion des § 311b Abs. 1 S. 2 BGB auf die
Heilung von nichtigen Änderungen vor Auflassung „verkürzt“. Mit der Auflassung allein sei
daher der Normzweck, nämlich dem Schutz der Beteiligten und der Rechtssicherheit zu dienen,
nicht entfallen. Seit der vom Reichsgericht begonnenen und vom Bundesgerichtshof übernommenen
Rechtsprechung hätten sich die gegenseitigen Schutzbedürftigkeiten von Verkäufer und
Käufer grundlegend geändert. Aus praktischen, zeitlichen und gebührensparenden Gründen seien
anstelle der ausgesetzten Auflassung andere Vertragsgestaltungen entwickelt worden, die sämtlich
ungefähr denselben Schutz des Verkäufers gewährleisteten, aber die sofortige Auflassung
zur Grundlage hätten. Während der Schutz des Verkäufers gleichbliebe, werde der Schutz des
Käufers verkürzt, obwohl in der Gesetzgebung erkennbar ein erhöhter Käuferschutz angestrebt
sei. Es könne im Übrigen auch nicht von einer gefestigten Rechtsprechung die Rede sein. Der
Rechtsprechung, der ratio legis und dem Normgefüge entspreche nur, die zeitliche Grenze für die
Beurkundungspflichtigkeit von Änderungen bei der Eigentumsumschreibung zu ziehen.
Kanzleiter (in MünchKomm-BGB, 7. Aufl., § 311b Rn. 57 ff. sowie DNotZ 1985, 285) wendet
sich ebenfalls mit beachtlichen Gründen gegen die Rechtsprechung. Auch Gehrlein (in BeckOK
BGB, Stand: 1.2.2017, § 311b Rn. 27), Einsele (in MünchKomm-BGB, 7. Aufl., § 125 Rn. 18),
Hertel (in Staudinger (2012) BGB § 125, Rn. 75), J. Mayer (in Soergel, BGB, 13. Aufl., § 311b
Rn. 205), Ludwig (in jurisPK-BGB, 8. Aufl. 2017, § 311b BGB, Rn. 283), Grziwotz (in Erman,
BGB, 14. Aufl., § 311b Rn. 59) und Hagen (DNotZ 1984, 267, 278 f.) halten die Rechtsprechung
nicht für überzeugend (weitere Nachweise bei Schumacher in Staudinger aaO und Kanzleiter in
MünchKomm-BGB aaO).

cc) Die letztgenannte Ansicht ist zutreffend. Auch Verträge, die einen Grundstückskaufvertrag
nach Auflassung, aber noch vor Eigentumsumschreibung abändern, bedürfen der notariellen Beurkundung.

(1) Der Wortlaut des § 311b Abs. 1 BGB enthält keine Hinweise darauf, dass Änderungen eines
Vertrags, der eine Pflicht zur Übertragung oder zum Erwerb eines Grundstücks enthält, dann von
dem Formerfordernis der notariellen Beurkundung ausgenommen sind, wenn sie vor der Eintragung
in das Grundbuch, aber nach der Auflassung erfolgen.

(2) Die Systematik des § 311b Abs. 1 BGB spricht gegen Formerleichterungen dergestalt, dass
Änderungen eines Grundstückskaufvertrags formfrei möglich sein sollen, wenn sie vor der Eintragung,
aber nach der Auflassung erfolgen. Vielmehr spricht § 311b Abs. 1 S. 1 BGB gegen ein
solches Verständnis. Nach dieser Vorschrift wird ein ohne Beachtung des Formerfordernisses
geschlossener Vertrag gültig, wenn die Auflassung und die Eintragung in das Grundbuch erfolgen.
Für die Heilung eines nach §§ 311b Abs. 1 S. 1, 125 S. 1 BGB formnichtigen Vertrages bedarf
es also nicht nur der Abgabe der für die dingliche Eigentumsänderung erforderlichen Erklärungen
der Parteien, sondern auch des Eintritts des vom Übertragenden geschuldeten Leistungserfolgs,
der mit der Eintragung des Erwerbenden als Eigentümer in das Grundbuch eintritt.

(3) Nach § 313 BGB a.F., der Vorgängerregelung des § 311b Abs. 1 BGB, bedurfte es für die
Heilung eines formnichtigen Vertrags der Auflassung und Eintragung in das Grundbuch.
Ursprünglich lautete der § 313 S. 1 BGB a.F. wie folgt:

„Ein Vertrag, durch den sich der eine Teil verpflichtet, das Eigentum an einem Grundstücke zu
übertragen, bedarf der gerichtlichen oder notariellen Beurkundung.“

Durch Gesetz vom 30. Mai 1973 (BGBl. 1973 I 501) wurde § 313 S. 1 BGB a.F. wie folgt gefasst:
„Ein Vertrag, durch den sich der eine Teil verpflichtet, das Eigentum an einem Grundstück zu
übertragen oder zu erwerben, bedarf der notariellen Beurkundung.“

Geschützt wurde zuvor nur der Grundstückseigentümer vor übereilten und unüberlegten Veräußerungen
(BT-Drs. 7/63 S. 5). Verträge, in denen sich lediglich der eine Teil zum Erwerb eines
Grundstücks verpflichtet und bei denen der andere Teil eine entsprechende Verpflichtung zur
Veräußerung des Grundstücks weder unmittelbar noch mittelbar übernimmt, unterlagen nicht
dem Beurkundungszwang des § 313 BGB a.F., wenn der Ausschluss der Verpflichtung des Veräußerers
hinreichend deutlich in Erscheinung trat (OLG Stuttgart, Urteil vom 22. Oktober 1969 –
13 U 24/69, NJW 1970, 566). Das Oberlandesgericht Stuttgart bemerkte 1969, dass „im heutigen
Grundstücksverkehr der Käufer oft noch erheblich schutzbedürftiger erscheint als der Verkäufer“
(OLG Stuttgart aaO). Dieses Defizit sollte durch die Neufassung im Jahr 1973 geändert werden.
Die Neuregelung bezweckte, den Erwerber ebenso wie den Veräußerer zu schützen (BT-Drs.
7/63 S. 6). Die Schuldrechtsmodernisierung brachte keine inhaltlichen Änderungen (vgl. BTDrs.
14/6040 S. 166). Der Gesetzgeber hat also zu keinem Zeitpunkt zum Ausdruck gebracht,
dass nachträgliche Änderungen eines formbedürftigen Grundstückskaufvertrags dann nicht dem
Formerfordernis unterliegen, wenn die Auflassung bereits erklärt, aber noch keine Eintragung
erfolgt ist.

(4) Zweck des Beurkundungszwangs in § 311b Abs. 1 BGB ist der Schutz des Veräußerers vor
übereilter Preisgabe eines Grundstücks und des Erwerbers vor übereiltem Erwerb und vor dem
Eingehen zu unangemessenen Bedingungen (Warnfunktion und Übereilungsschutz). Zudem erleichtert
die Formpflicht den Beweis der getroffenen Vereinbarung (Beweisfunktion) und untermauert
die Gültigkeit des Rechtsgeschäfts (Gültigkeitsgewähr). Der Beurkundungszwang lässt
den Parteien ferner einer sachkundige Beratung zuteilwerden (Betreuungsfunktion) (allgemein
zum Normzweck Gehrlein in BeckOK BGB, Stand: 1.2.2017, § 311b Rn. 1; Schumacher in
Staudinger (2012) BGB § 311b Abs. 1 Rn. 3).

Die Beweisfunktion ist im Zeitraum zwischen der Auflassung und der Eintragung der Eigentumsänderung
nach wie vor relevant. Dies zeigt sich gerade im vorliegenden Fall, in dem die
Parteien darüber streiten, ob aufgrund der nachträglichen Ermäßigung des Kaufpreises der Beklagte
seinen Zahlungspflichten bereits vollumfänglich nachgekommen ist.

Die Warnfunktion und der Schutz sowohl des Veräußerers als auch des Erwerbers vor übereilten
Entscheidungen kommen bei einer Änderung eines notariell beurkundeten Vertrags nach Auflassung,
aber noch vor der Eintragung nach wie vor zum Tragen. Auch dies illustriert der vorliegende
Sachverhalt: Ein Schutz des Veräußerers, hier der Klägerin, vor übereilten und unüberlegten
Äußerungen wäre durch eine Beurkundungspflicht möglich gewesen. Hält man hingegen die
vorliegende Vereinbarung für wirksam, hat die Klägerin durch bloße Unterzeichnung des Schreibens
des Beklagten vom 24. Juli 2012 mit dem Vermerk: „zur Kenntnis genommen und anerkannt“
auf 27.100,76 Euro verzichtet. Für Erwerber besteht nach Auflassung und vor Eintragung
ebenfalls eine Schutzbedürftigkeit. Ansonsten wäre es möglich, dass sie im Extremfall durch
eine bloß mündliche Abrede mit dem Veräußerer über die notariell beurkundete Vergütung hinaus
wirksam zur Erbringung weiterer Leistungen verpflichtet werden. Dies ist ersichtlich nicht
mit der gesetzgeberisch gewollten Schutzfunktion vereinbar. Zu Recht weist die Klägerin darauf
hin, dass dann, wenn die Auflassung wie im vorliegenden Sachverhalt bereits in der notariellen
Urkunde über das schuldrechtliche Veräußerungs- bzw. Erwerbsgeschäft enthalten ist, die vertragschließenden
Parteien praktisch unmittelbar nach Unterzeichnung der notariellen Urkunde
Änderungen vereinbaren könnten, die nicht dem notariellen Beurkundungszwang unterliegen. Es
ist nicht ersichtlich, dass sich die Rechtsprechung des Reichsgerichts und des Bundesgerichtshofs
zur Verneinung der Formbedürftigkeit für nach Auflassung, aber vor Eigentumsumschreibung
abgeschlossene Änderungsverträge mit dieser Konsequenz auseinandergesetzt hat.
Die Auffassung des Beklagten, die Klägerin sei ausreichend gewarnt gewesen, da sie den Entschluss,
ihm das Eigentum zu übertragen, vor Erklärung der Auflassung gefasst habe, überzeugt
nicht. Es ist zwar richtig, dass in der Erklärung der Auflassung der Entschluss der Klägerin zum
Ausdruck kommt, das Eigentum auf den Beklagten zu übertragen. Dies war allerdings der Entschluss
zur Eigentumsübertragung gegen Zahlung eines Kaufpreises von 309.692,00 Euro und
nicht zu einem um 27.100,76 Euro reduzierten Kaufpreis, wie er sich aus dem Schreiben vom 24.
Juli 2012 ergibt.

Das Argument des Bundesgerichtshofs, die Verpflichtung zur Eigentumsübertragung sei mit der
Auflassung in vollem Umfang erfüllt und bestehe deshalb nach erklärter Auflassung nicht mehr
(vgl. BGH, Urteil vom 14. Mai 1971 – V ZR 25/69; Urteil vom 27. Oktober 1972 – V ZR
37/71), trifft überdies nicht zu, wenn – wie im vorliegenden Fall – die Parteien dem beurkundenden
Notar die Anweisung erteilt haben, eine Abschrift oder Ausfertigung der Urkunde mit der
bereits erklärten Auflassung erst zu erteilen, wenn ihm die Zahlung des geschuldeten Kaufpreises
nachgewiesen ist. Faktisch wird der Notar die Auflassung sowie die Eintragungsbewilligung
der Parteien und den Eintragungsantrag des Beklagten dann nicht an das Grundbuchamt weiterleiten,
wenn zwar der Erwerber unter Bezugnahme auf eine nach der Auflassung vereinbarte,
nicht notariell beurkundete Vereinbarung mit dem Veräußerer vorträgt, die Vergütung sei gegenüber
der ursprünglichen vertraglichen Vereinbarung reduziert und in dieser Höhe beglichen worden,
jedoch der Veräußerer die nachträgliche Vereinbarung oder deren Formwirksamkeit in Abrede
stellt.

Schließlich hinge die Entscheidung darüber, ob nach der Auflassung vereinbarte Änderungen des
Grundstücksübertragungsvertrags formfrei möglich sind oder der notariellen Beurkundung bedürfen,
davon ab, welchen Abwicklungsmodus die Parteien – vielfach auf Vorschlag des Notars
– wählen. Es widerspricht aber Sinn und Zweck des Beurkundungszwangs in § 311b BGB, wenn
die Entscheidung darüber, ob eine Vertragsänderung der notariellen Beurkundung bedarf, in das
Belieben der Parteien oder des den Ursprungsvertrag beurkundenden Notars gestellt ist.

d) Das Berufen der Klägerin auf die Formunwirksamkeit der Vereinbarung vom 24. Juli 2012 ist
nicht treuwidrig (§ 242 BGB).

Der Beklagte beruft sich insoweit auf eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH, Urteil
vom 27. Oktober 1967 – V ZR 153/64, BGHZ 48, 396), in der es um die Frage ging, ob sich ein
„bedeutendes wirtschaftliches Unternehmen“, das beim Abschluss eines der notariellen Form bedürftigen
Vertrags mit einem früheren Angestellten diesen unter Einsatz seines Gewichts und
seines Ansehens sowie durch den Hinweis, dass es einen privatschriftlichen Vertrag einem notariellen
als gleichwertig anzusehen pflege, zum Absehen von der Einhaltung der notariellen Form
veranlasst hat, später auf die Formunwirksamkeit berufen kann. Der Bundesgerichtshof hat dies
verneint, da das Berufen auf die Formunwirksamkeit eine unzulässige Rechtsausübung darstelle.
In dem dortigen Fall hatte der geschäftsführende Gesellschafter des Unternehmens den früheren
Mitarbeiter auf dessen Hinweis, dass „doch wohl die Hinzuziehung eines Notars erforderlich sei“
„mit einem gewissen Stolz“ darauf hingewiesen, dass „der Vertrag ja seine Unterschrift trage“
und erklärt, der Vertrag sei einem notariellen Vertrag gleichwertig. Damit ist der vorliegende
Sachverhalt nicht vergleichbar. Die Parteien haben die Frage der Formbedürftigkeit einer Vereinbarung
über die Reduzierung des Kaufpreises bei Abschluss der Vereinbarung vom 24. Juli
2012 nicht thematisiert. Die Klägerin hat deshalb auch keine Erklärung abgegeben, die ihre nunmehrige
Berufung auf die Formunwirksamkeit als unzulässige Rechtsausübung und damit treuwidrig
erscheinen ließe.

Auch der Umstand, dass die Klägerin nach dem Vorbringen des Beklagten in der Berufungserwiderung
mit einem ehemaligen Vertriebsmitarbeiter vor dem Landgericht Leipzig einen Rechtsstreit
über zu zahlende Vertriebsprovisionen führt, in welchem sie als Bemessungsgrundlage für
die Verkäufe der Wohnung in dem streitgegenständlichen Objekt die Kaufpreise um die mit den
Erwerbern vereinbarten Nachlässe gekürzt angesetzt hat, genügt nicht, um im Verhältnis der
Klägerin zum Beklagten ein treuwidriges Verhalten der Klägerin anzunehmen.

e) Da die Parteien den Kaufpreis somit nicht wirksam um 27.100,76 Euro ermäßigt haben, steht
der Klägerin unter Berücksichtigung der bereits erbrachten Zahlungen von 283.368,17 Euro noch
ein restlicher Anspruch in Höhe von 26.323,83 Euro zu.

f) In Höhe von 10.839,22 Euro ist die Klage aber derzeit unbegründet.
Der noch offene Betrag von 26.323,83 Euro entspricht 8,5 % des vereinbarten Kaufpreises.
Nach § 6 Nr. 1 des notariellen Bauträgerkaufvertrags ist der Kaufpreis nach Baufortschritt in
höchstens sieben Teilbeträgen zu zahlen. Die Teilbeträge sind „nach freiem Ermessen des Verkäufers“
aus einem Ratenplan zu bilden. Nach diesem Ratenplan (§ 6 Nr. 1 Buchstabe a) bis n))
ist die letzte Rate von 3,5 % „nach vollständiger Fertigstellung“ fällig. Die vorletzte Rate von 2,1
% ist „für die Fassadenarbeiten“ und die drittletzte Rate von 8,4 % „nach Bezugsfertigkeit Zug
um Zug gegen Besitzübergabe“ fällig.

Unstreitig sind die Wohnungen übergeben und bezugsfertig. Es gibt auch keine Anhaltspunkte
dafür, dass die Fassadenarbeiten noch ausstehen, nachdem bereits im November und Dezember
2012 bzw. Februar 2013 die Abnahmeprotokolle für die vom Beklagten erworbenen Wohnungen
angefertigt worden sind. Damit sind die drittletzte sowie die vorletzte Rate aus dem Ratenplan
nach § 6 Nr. 1 des Bauträgerkaufvertrags fällig geworden.

Hinsichtlich der letzten Rate in Höhe von 3,5 % aus 309.692,00 Euro, also in Höhe von
10.839,22 Euro, ist hingegen noch keine Fälligkeit eingetreten. Es liegt noch keine „vollständige
Fertigstellung“ im Sinne des Ratenplans gemäß § 6 Nr. 1 Buchstabe n) des Bauträgerkaufvertrags
vor. Eine „vollständige Fertigstellung“ setzt voraus, dass die in den Abnahmeprotokollen
aufgeführten Mängel vollständig beseitigt sind.

Das Abnahmeprotokoll vom 20. Dezember 2012 bezüglich der Wohnung 5 enthält keine Erklärung
über die Abnahme der Leistungen. Vielmehr sind auf der dritten Seite zahlreiche Mängel
aufgeführt. Das Abnahmeprotokoll vom 28. November 2012 bezüglich der Wohnung 7 und das
Abnahmeprotokoll vom 18. Februar 2013 bezüglich der Wohnung 8 enthalten jeweils mehrere
Eintragungen bei noch nicht erbrachten oder noch nicht fertiggestellten Leistungen und bei einvernehmlich
festgestellten Mängeln. Das Abnahmeprotokoll vom 28. November 2012 enthält
darüber hinaus die ausdrückliche Erklärung, dass die Leistung „unter Vorbehalt“ abgenommen
wird und der Erwerber die Fertigstellung der nicht erbrachten Leistungen bzw. Nachbesserung
der Baumängel geltend macht. Mit Schreiben vom 27. Februar 2013 erklärte die Klägerin gegenüber
dem Beklagten, dass „die in den Mängellisten vom 27.11.2012, 20.12.2012 und 18.02.2013
aufgeführten baulichen Mängel, die im Zusammenhang mit der Abnahme der Wohnungen 5, 7
und 8 festgestellt worden, […] hiermit anerkannt“ würden. Von einer „vollständigen Fertigstellung“
kann deshalb nicht ausgegangen werden.

Die für das Vorliegen der Fälligkeitsvoraussetzungen darlegungs- und beweisbelastete Klägerin
hat zwar ein Schreiben des Ingenieurbüros Y. vom 16. Mai 2013 vorgelegt, in dem die „vollständige
Fertigstellung“ bestätigt wird. Dies genügt angesichts des Vorbringens der Klägerin, die in
den Abnahmeprotokollen aufgeführten und von der Klägerin anerkannten Mängel seien bislang
zum großen Teil nicht beseitigt worden, nicht zum Nachweis der vollständigen Fertigstellung.
Einen weiteren Beweis für die Beseitigung der Mängel hat die Klägerin nicht angeboten. Soweit
sie im Schriftsatz vom 4. Oktober 2016 das Zeugnis von Herrn J. angeboten hat, betraf dies ausdrücklich
lediglich die Vermietung der Wohnungen zu den von der Klägerin vorgetragenen Zeitpunkten.
Da mangels vollständiger Fertigstellung die letzte Rate in Höhe von 10.839,22 Euro noch nicht
fällig ist, ist die Klage insoweit derzeit unbegründet.

g) Die Klägerin hat daher derzeit lediglich in Höhe von 15.484,61 Euro einen fälligen Zahlungsanspruch
gegen der Beklagte.

Diesem Anspruch kann der Beklagte kein Zurückbehaltungsrecht wegen fehlender Unterlagen
entgegenhalten. Zwar hat die Klägerin im Schreiben vom 27. Februar 2013 gegenüber dem Beklagten
erklärt:

„Nach vollständiger Abnahme des Objektes durch alle Beteiligten erhalten Sie von uns
– das Protokoll über die Abnahme des Brandschutzgutachters,
– das Protokoll über die Abnahme des Prüfstatikers,
– die Abnahmebestätigung des Denkmalamtes,
– die Fertigmeldung an das Bauordnungsamt,
– sowie die Liste der am Bau beteiligten Handwerker.“

Ein mögliches Zurückbehaltungsrecht betrifft demnach lediglich die letzte Rate in Höhe von 3,5
% des Kaufpreises. Insoweit fehlt es aber nach den vorstehenden Ausführungen bereits an der
Fälligkeit.

h) Der Betrag von 15.484,61 Euro ist ab dem 31. Mai 2013 mit Jahreszinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten
über dem jeweiligen Basiszinssatz zu verzinsen.

Die Klägerin forderte den Beklagten mit Schreiben vom 16. Mai 2013 auf, innerhalb von 14
Tagen die Rate 7 in Höhe von 26.323,83 Euro zu zahlen. Hierdurch geriet der Beklagte ab dem
31. Mai 2013 in Zahlungsverzug.

Die Zinshöhe ergibt sich aus § 288 Abs. 1 S. 2 BGB.

2. Die zulässige Widerklage ist nicht begründet. Da die Vereinbarung der Parteien vom 24. Juli
2012 formunwirksam ist, liegt keine Überzahlung der Klägerin in Höhe von 776,93 Euro vor.
Auch der neben dem Rückforderungsanspruch geltend gemachte Feststellungsantrag ist nicht begründet,
da der Kaufpreis nicht wirksam auf 282.591,24 Euro reduziert worden und noch nicht
vollständig bezahlt ist.

III.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 1 S. 1, 97 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergeht gemäß §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Die Zulassung der Revision ergibt sich aus § 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 u. 2 ZPO.
Die Frage der Formbedürftigkeit einer nach Auflassung, aber vor Eintragung getroffenen Änderung
eines Grundstückkaufvertrags hat grundsätzliche Bedeutung. Auch die Sicherung einer einheitlichen
Rechtsprechung erfordert die Zulassung der Revision, nachdem sich bei der Beantwortung
dieser Rechtsfrage nicht nur die überwiegende Literatur gegen die Rechtsprechung des
Bundesgerichtshofs stellt, sondern auch die Rechtsprechung der Oberlandesgerichte nicht einheitlich
ist.

Der Streitwert ergibt sich aus der Addition der mit Klage und Widerklage geltend gemachten Beträge.

Art:

Entscheidung, Urteil

Gericht:

OLG Stuttgart

Erscheinungsdatum:

18.07.2017

Aktenzeichen:

10 U 140/16

Rechtsgebiete:

Unternehmenskauf
Sachenrecht allgemein
Allgemeines Schuldrecht
Beurkundungserfordernis
Verfahrensrecht allgemein (ZPO, FamFG etc.)
Bauträgervertrag und Werkvertrag
Zwangsvollstreckung (insbes. vollstreckbare Urkunde und Vollstreckungsklausel)

Erschienen in:

RNotZ 2018, 316-322
NotBZ 2018, 191-194
Rpfleger 2018, 196-199

Normen in Titel:

BGB §§ 311b Abs. 1, 925