06. Mai 2014
1 W 229/14

Anforderungen an den Nachweis der Vertretungsbefugnis des Notars

KG Berlin
Anforderungen an den Nachweis der Vertretungsbefugnis des Notars

Zur Vertretung eines Beteiligten vor dem Grundbuchamt genügt grundstzlich die Versicherung des Notars, von demB eteiligten hierzu bevollmächtigt worden zu sein. (redaktionellerLeitsatz)
KG Berlin, Beschl. v. 6.5.2014 – 1 W 229/14
FamFG §§ 1, 11 S. 4

Diese Entscheidung des Kammergerichts steht in engem Zusammenhang mit der folgenden Entscheidung.

KG Berlin
ÜbergangderVertretungsbefugnis auf den Aktenverwahrer bzw. Amtsnachfolger
Wird einem Notar die Verwahrung der Akten eines aus dem Amt ausgeschiedenen Notars übertragen, gehen rechtsgeschäftlich erteilte wie gesetzlich vermutete Vollmachten auf den Aktenverwahrer über. Zum Nachweiss einer Vertretungsberechtigung genügt gegenüber dem Grundbuchamt regelmäßig sein Hinweis auf die Übertragung. (redaktionellerLeitsatz)
KG Berlin, Beschl. v. 8.5.2014 – 1 W 208/13
GBO § 15 Abs. 2; BNotO §§ 45, 51 Abs. 1 S. 1 und 2
Entscheidungen:
Das Kammergericht Berlin musste sich innerhalb von nur drei Tagen gleich zweimal mit der Vertretungsbefugnis der Notare beschäftigen.
Der Entscheidung vom 6.5.2014 lag ein an das Grundbuchamt gerichteter Antrag eines Notars zugrunde, mittels welchem der Notar „in versicherter Vollmacht der Eigentümerin“ beantragte, die durch Umfirmierung eingetretene Namensänderung der Grundstückseigentümerin ins Grundbuch einzutragen. Dem Antrag war außerdem ein durch den betreffenden Notar beglaubigter Handelsregisterauszug beigefügt.
Das Grundbuchamt hatte den Notar zunächst im Wege einer Zwischenverfügung aufgefordert, seine Antragsberechtigung durch Einreichung einer schriftlichen Vollmacht der Eigentümerin nachzuweisen; anschließend hat es den Antrag zurückgewiesen.
Unter Verweis auf die ständige Rechtsprechung1hat dasKammergericht entschieden, dass bei „einem durch einen Notar gestellten Antrag einsolcherNachweisgrundsätzlich nichterforderlich“sei,undzwarauch dann nicht, „wenn die Voraussetzungen des § 15 GBO nicht vorliegen“.
In seinen rechtlichen Ausführungen rekurriert das Kammergericht insbesondere auf § 11 S. 4 FamFG, wonach das Gericht den Mangel der Vollmacht von Amts wegen zu berücksichtigen hat, wenn nicht als Bevollmächtigter ein Rechtsanwalt oder Notar auftritt. Hierzu stellt das Gericht klar, dass diese Vorschrift auch im Grundbuchverfahren gelte, da die Grundbuchordnung fürdie einem Notar erteilten rechtsgeschäftlichen Verfahrensvollmachten keine besonderen Regelungen beinhalte.
In der Entscheidung vom 8.5.2014 stand demgegenüber die Frage nach dem Ubergang der Vertretungsbefugnis auf den Aktenverwahrer bzw. Amtsnachfolger im Fokus.

In einem vor über zehn Jahren geschlossenen Kaufvertrag hatte die damalige Erwerberin ihrer damaligen Verkäuferin, einer Aktiengesellschaft, den Abschluss eines Kaufvertrags zur Urkunde des Notars E.S. angeboten und die Eintragung einer Auflassungsvormerkung zu deren Gunsten bewilligt. Nachdem die damalige Erwerberin zwischenzeitlich im Grundbuch eingetragen war und die seinerzeitige Verkäuferin in eine GmbH formgewechselt hatte, sollte nunmehr im Jahr 2012 die Auflassungsvormerkung zugunsten der formgewechselten Verkäuferin im Grundbuch eingetragen werden. Der entsprechende Antrag wurde durch den Notar H. in seiner Eigenschaft als amtlich bestellter Aktenverwahrer des Notars E.S. gestellt. Die begehrte Eintragung wurde vom Grundbuchamt unter anderem deshalb verweigert, weil dieses einen Nachweis der Antragsberechtigung des Aktenverwahrers forderte. Dem ist das Kammergericht zu Recht entgegengetreten. Hierzu führte es Folgendes aus:
Istdas Amteines Notars erloschen und überträgt die Landesjustizverwaltung die Verwahrung der Akten einem Notar, § 51 Abs. 1 S. 1 und 2 BNotO, gehört es zu dessen Aufgaben, die von dem Amtsvorgänger begonnenen Amtsgeschäfte fortzuführen (Bracker, in: Schippel/Bracker, BNotO, 9. Aufl., § 51, Rn 54; Custodis, in: Eylmann/Vaasen, BNotO/BeurkG, 3. Aufl., § 51 BNotO, Rn 30; Lerch, in: Arndt/Lerch/Sandkühler, BNotO, 7. Aufl., § 51, Rn 16). Entsprechend gehen die Vollmachten, die die Beteiligten dem Amtsvorgänger zur Erledigung der Amtsgeschäfte erteilt habenoderdie –etwanach§15 Abs. 2GBO –gesetzlich vermutetwerden, auf den Verwahrer der Akten über (BayObLG, DNotZ 1961, 317, 318; 1962, 314; Bracker, a. a. O., § 51, Rn 57, § 58, Rn 13; Custodis, a. a. O.; Reetz, in: Hügel, GBO, 2. Aufl., § 15, Rn 21).
Der Notar hat seine Stellung als Aktenverwahrer nicht besonders nachzuweisen. Mit der Fortführung der Amtsgeschäfte des Amtsvorgängers erfüllt der Notar nicht dessen, sondern eigene, ihm in seiner Eigenschaft als Notar zukommende Amtspflichten (Bracker, a. a. O., § 51, Rn 58). Der Aktenverwahrer wird im eigenen Namen und unter seinem Siegel oder Stempel tätig, §§ 51Abs.5 S. 3, 45Abs. 4S.1BNotO.Oberauf dieAktenverwahrung überhaupt hinweisenmuss,vgl. §§ 51Abs.5 S.3,45Abs.4 S. 1 BNotO, kann dahinstehen (dagegen: Lerch, a. a. O., Rn 13). Jedenfalls ist dies vorliegend hinreichend geschehen. Das muss genügen, auch wenn die Bestellung zum Aktenverwahrer unter dem Vorbehalt jederzeitigen Widerrufs erteilt worden ist. Es bestehen keine Anhaltspunkte, dass die Aufsichtsbehörde zwischenzeitlich hiervon Gebrauch gemacht hätte. Aufgrund seiner besonderen beruflichen Stellung, vgl. § 1 BNotO, kann von einem Notar angenommen werden, dass er sich nicht ohne Auftrag in die Verhältnisse anderer einmischt (vgl. BayObLG, DNotZ, 1995, 32, 34).
Anmerkung:
In beiden Verfahren hat das Kammergericht das Grundbuchamt in die Schranken seiner Prüfungskompetenz zurückgewiesen. Der Notar hat weder seine Vertretungsbefugnis noch seine Stellung als Aktenverwahrer besonders nachzuweisen. Die konsequente Umsetzung dieser Entscheidung dürfte eine erhebliche Erleichterung und damit eine Beschleunigung des Grundbuchverfahrens bedeuten, da sie in zahlreichen Fällen eine erneute Einbestellung der Beteiligten überflüssig macht, wenn ein Grundbuchantrag abzuändern bzw. zu berichtigen ist und keine ausreichende Vollzugs-vollmacht in der Urkunde enthalten ist. Bleibt zu hoffen, dass diese „verfahrenserleichternde“ Entscheidung genauso schnell und flächendeckend aufgenommen und umgesetzt wird, wie so manch „verfahrenshemmende“ Entscheidung.
Trotz dieser Entscheidungen haben die üblichenindenVertrag aufgenommenen Vollzugsvollmachten weiterhin ihre Daseinsberechtigung. Mag der Notar von der Pflicht entbunden sein, die Vollzugsvollmacht dem Grundbuchamt gegenüber in grundbuchmäßiger Form nachzuweisen, ändert dies jedoch nichts daran, dass er selbst in eigener Verantwortung zu prüfen hat, ob ihm eine entsprechende Vollmacht tatsächlich erteilt worden ist. Hierüber hilft auch § 15 Abs. 2 GBO nicht hinweg, da es sich bei dieser Vorschrift nur um eine gesetzliche Vermutungsregelung handelt. In Sozietäten dürfte die Aufnahme von Vollzugsvollmachten auch deshalbgeboten sein, weilfür denSoziusdie gesetzlicheVermutung des § 15 Abs. 2 GBO gerade nicht gilt.
Dass die dem Urkundsnotar rechtsgeschäftlich erteilten Vollzugs-vollmachten auch auf dessen Amtsnachfolger „übergehen“ bzw. jedenfalls dahingehend auszulegen sind, entspricht bereits der bisher ganz herrschenden Auffassung2 und täglichen Praxis – gleichwohl ist es beruhigend zu lesen, dass dies durch die Rechtsprechung bestätigt wird.

Sonja Pelikan, LL. M. (NYU), Waldsassen

1 KG, Beschl. v. 14.11.2013 – 1 W 245/13, FGPrax 2014, 5, 6; KG, Beschl. v. 1.3.2011 – 1 W 514/10; KG, Beschl. v. 27.3.2012 – 1 W 87/12 = 140 WE 5629-158 Amtsgericht Mitte; Demharter,GBO, 29. Aufl., § 15 Rn 21; § 30 Rn 8.
2 Siehe nur Schippl/Bracker, BNotO, § 51 Rn 57.

Art:

Entscheidung, Urteil

Erscheinungsdatum:

06.05.2014

Aktenzeichen:

1 W 229/14

Erschienen in:

notar 2014, 19-20