Umwandlung von Wohnungseigentum in Teileigentum; nachträgliche Aufnahme einer Öffnungsklausel; Erfordernis der Zustimmung aller Miteigentümer
letzte Aktualisierung: 6.5.2024
KG, Beschl. v. 1.2.2024 – 1 W 375/23, 1 W 376/23, 1 W 378 - 402/23, 1 W 378/23, 1 W 402/23
WEG §§ 5, 10
Umwandlung von Wohnungseigentum in Teileigentum; nachträgliche Aufnahme einer
Öffnungsklausel; Erfordernis der Zustimmung aller Miteigentümer
1. Die – nachträgliche – Aufnahme einer Öffnungsklausel in die Gemeinschaftsordnung der
Gemeinschaft der Wohnungs- und Teileigentümer, mit der dem Eigentümer eines bestimmten
Teileigentums dessen Umwandlung in Wohnungseigentum ermöglicht werden soll, bedarf zur
Eintragung in die Wohnungs- und Teileigentumsgrundbücher der Zustimmung aller Miteigentümer.
2. Ein mit demselben Ziel gefasster Mehrheitsbeschluss kann nur in die Wohnungs- und
Teileigentumsgrundbücher eingetragen werden, wenn hierfür wiederum bereits eine Öffnungsklausel
in der Gemeinschaftsordnung besteht.
Gründe
I.
Die vormaligen Eigentümer des im Grundbuch von x Blatt x verzeichneten Grundstücks teilten
dieses im Jahr 1984 in fünf Teileigentums- und 22 Wohnungseigentumsrechte auf. Das
Grundbuchamt schloss am 30. Oktober 1984 das Grundstücksgrundbuch und legte die
Teileigentums- und Wohnungseigentumsgrundbücher wie im Beschlusseingang bezeichnet an.
In den Bestandsverzeichnissen wird unter anderem auf die Bewilligungen der teilenden
Eigentümer vom 11. Juli 1984 – UR-Nr. x/1984 des Notars x in Berlin - Bezug genommen.
Dort hatten die teilenden Eigentümer auch die Eintragung der der Urkunde beigefügten
Gemeinschaftsordnung im Grundbuch bewilligt. In der Gemeinschaftsordnung heißt es unter
anderem:
„2. Zweckbestimmung der Baulichkeiten
(1) Das Gebäude dient zu Wohnzwecken und für gewerbliche Zwecke. (…)
(2) Der Bestimmungszweck des Gebäudes und der einzelnen Sondereigentumsräume kann nur
mit einer Mehrheit von 3/4 aller stimmberechtigten Miteigentümer geändert werden. (…)
(3) Die Wohnräume können zu freiberuflichen Zwecken, z.B. als Arzt- und Anwaltspraxis oder
in ähnlicher Weise genutzt werden, es sei denn, daß sich im Einzelfall durch die Nutzung eine
unzumutbare Beeinträchtigung der übrigen Bewohner ergibt (…).
17. Eigentümerversammlung
(1) (…)
(6) Bei der Eigentümerversammlung kann sich der Wohnungseigentümer durch einen mit
schriftlicher Vollmacht versehenen Vertreter vertreten lassen. Bevollmächtigter kann jedoch nur
ein anderer Wohnungseigentümer sein. (…)
21. Änderung der Gemeinschaftsordnung
(1) Während der Laufzeit der Hypotheken oder Grundschulden, die auf dem gesamten
Grundstück bzw. einzelnen Sondereigentumsrechten lasten, ist zu einer Änderung der
Gemeinschaftsordnung, die sonst mit 3/4-Mehrheit aller Miteigentümer beschlossen werden
kann, auch die Zustimmung der Hypotheken- und Grundschuldgläubiger erforderlich. Diese
darf jedoch nur aus wichtigen, die berechtigten Interessen der betreffenden Gläubiger
gefährdenden Gründen versagt werden.“
Der Beteiligte ist seit dem 14. Juni 2005 als Eigentümer im Teileigentumsgrundbuch Blatt x und
seit dem 18. November 2008 im Teileigentumsgrundbuch Blatt x eingetragen.
In der Eigentümerversammlung vom 17. November 2022 wurden u.a. auf Antrag des Beteiligten
zu TOP 9 und 10 folgende Beschlüsse mehrheitlich gefasst:
TOP 9: „Die Teilungserklärung wird in Bezug auf die Ausübung des Stimmrechts dahingehend
abgeändert, dass der Kreis der Vollmachtnehmer nicht mehr auf Miteigentümer oder den
Verwalter beschränkt ist.“
TOP 10: „Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer stimmt der Umwandlung der
Teileigentumseinheiten 02 und 03 in Wohnungseigentum unwiderruflich zu, sofern der jeweilige
Sondereigentümer dies wünscht.“
Am 7. September 2023 beantragte der Geschäftsführer der Hausverwaltung zur UVZ-Nr.
x/2023 des Notars x in Berlin die „Änderung der Teilungserklärung“ aufgrund der Beschlüsse
vom 17. November 2022 zu TOP 9 und 10 in den Grundbüchern der Gemeinschaft
einzutragen.
Der Notar hat den Antrag mit dem Protokoll über die Versammlung vom 17. November 2022
unter dem 22. September 2023 bei dem Grundbuchamt eingereicht. Das Grundbuchamt hat mit
Verfügung vom 6. Oktober 2023 unter Fristsetzung darauf hingewiesen, dass die Änderung der
Gemeinschaftsordnung „der Zustimmung der dinglich Berechtigten aus Abt. III der gesamten
WEG-Anlage erfordere“. Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Beteiligten vom 23.
November 2023, der das Grundbuchamt mit Beschluss vom 27. November 2023 nicht
abgeholfen hat.
II.
1. Die Beschwerde ist zulässig,
beschwerdeberechtigt. Im Antragsverfahren deckt sich die Beschwerdeberechtigung mit dem
Antragsrecht. Berechtigt, einen Antrag auf Eintragung im Grundbuch zu stellen ist jeder, dessen
Recht von der Eintragung betroffen wird oder zu dessen Gunsten die Eintragung erfolgen soll,
Beteiligten betroffen (vgl Hügel/Elzer, WEG, 3. Aufl., § 10, Rdn. 65). Ein Fall der
ausschließlichen Ausübungsbefugnis der Wohnungseigentümergemeinschaft im Sinne von § 9a
Abs. 2 WEG liegt nicht vor.
2. In der Sache führt die Beschwerde lediglich zu einem vorläufigen Erfolg.
a) Steht einer beantragten Eintragung ein Hindernis entgegen, so hat das Grundbuchamt
entweder den Antrag unter Angabe der Gründe zurückzuweisen oder dem Antragsteller eine
angemessene Frist zur Hebung des Hindernisses zu bestimmen,
Dabei kommt der Erlass einer Zwischenverfügung nur in Betracht, wenn ein bestehendes
Eintragungshindernis rückwirkend auf den Zeitpunkt der Antragstellung bei dem
Grundbuchamt behoben werden kann (BGH,
Vorliegend steht der beantragten Eintragung ein Hindernis entgegen. Dieses kann allerdings
nicht durch das von dem Grundbuchamt in der angefochtenen Zwischenverfügung aufgezeigte
Abhilfemittel und schon gar nicht auf den Zeitpunkt der Antragstellung behoben werden. Die
Zwischenverfügung war deshalb nicht geboten und ist aus diesem Grund aufzuheben.
b) Vereinbarungen über das Verhältnis der Wohnungseigentümer untereinander und Beschlüsse
aufgrund einer solchen Vereinbarung können nach den Vorschriften der §§ 10 ff WEG zum
Inhalt des Sondereigentums gemacht werden,
Vereinbarungen, die Abänderung oder Aufhebung solcher Vereinbarungen sowie Beschlüsse,
die aufgrund einer Vereinbarung gefasst werden, wirken gegen den Sondernachfolger eines
Wohnungseigentümers nur, wenn sie als Inhalt des Sondereigentums im Grundbuch eingetragen
sind,
Sondernachfolger eines Wohnungseigentümers nicht der Eintragung in das Grundbuch, § 10
Abs. 3 S. 2 WEG.
Vereinbarungen in diesem Sinne sind die Verträge der Wohnungseigentümer, durch die sie ihr
Verhältnis untereinander regeln. Sie setzen wie jeder andere Vertrag übereinstimmende
Willenserklärungen der Vertragsparteien voraus, §§ 145 ff BGB (vgl. Hügel/Elzer, a.a.O., § 10,
Rdn. 23). Nichts Anderes kann für Abänderungen oder die Aufhebung von Vereinbarungen
gelten.
aa) Der Antrag vom 7. September 2023 ist nicht auf Eintragung einer solchen Vereinbarung
gerichtet. Weder haben alle Wohnungseigentümer Erklärungen abgegeben noch waren sie
übereinstimmend. Beide Beschlüsse sind nicht einstimmig angenommen worden.
bb) Tatsächlich geht es um die Eintragung der beiden zu TOP 9 und 10 getroffenen Beschlüsse
in der Eigentümerversammlung vom 17. November 2022. Aber auch diese Beschlüsse können
in den Wohnungs- und Teileigentumsgrundbüchern der Gemeinschaft nicht eingetragen
werden. Zwar sind beide Beschlüsse auf eine Änderung der Gemeinschaftsordnung der
Wohnungseigentümergemeinschaft gerichtet. Sie ergingen aber nicht aufgrund dieser
Gemeinschaftsordnung.
Weder in der Teilungserklärung vom 11. Juli 1984 – UR-Nr. x/1984 - noch in der dort in Bezug
genommenen Gemeinschaftsordnung ist eine Öffnungsklausel enthalten, die Grundlage der zu
TOP 9 und 10 gefassten Beschlüsse sein könnte. Für den Beschluss zu TOP 9 bedarf dies keiner
weiteren Ausführungen, aber auch für den Beschluss zu TOP 10 gilt nichts Anderes.
Insbesondere enthält Punkt 2 Abs. 2 der Gemeinschaftsordnung keine entsprechende
Ermächtigung.
Dabei muss nicht entschieden werden, ob auf Grund dieser Klausel eine Umwandlung
einzelner, in der Teilungserklärung als Teileigentum bestimmter Sondereigentumsrechte in
Wohnungseigentum – und umgekehrt – durch qualifizierten Mehrheitsbeschluss in der
Eigentümerversammlung überhaupt geregelt ist oder es dort nicht vielmehr nur um
Zweckbestimmungen im engeren Sinne geht, ob also etwa Wohnungseigentum auch gewerblich
genutzt werden darf. Darum geht es hier – noch – nicht.
Der Beschluss zu TOP 10 ist auf die Schaffung einer – weiteren – Öffnungsklausel in der
Gemeinschaftsordnung gerichtet, aufgrund derer der Beteiligte als derzeitiger Eigentümer seine
Teileigentumsrechte ohne weitere Beteiligung der anderen Miteigentümer in Wohnungseigentum
umwandeln können soll (vgl. BGH,
in der Gemeinschaftsordnung bislang nicht geregelt mit der Folge, dass seine Schaffung eine
Vereinbarung der Miteigentümer untereinander erfordert. Eine solche Vereinbarung liegt bislang
nicht vor.
c) Beschlüsse der Gemeinschaft der Miteigentümer, die nicht auf Grund einer Vereinbarung
ergehen, bedürfen zu ihrer Wirksamkeit gegenüber dem Sondernachfolger eines
Wohnungseigentümers nicht der Eintragung in das Grundbuch,
folgt zugleich die fehlende Eintragungsfähigkeit solcher Beschlüsse (BGH,
3231). Können die Beschlüsse zu TOP 9 und 10 also nicht in den Grundbüchern eingetragen
werden, war auch die angefochtene Zwischenverfügung nicht veranlasst.
Ohne Bindungswirkung für das Grundbuchamt weist der Senat darauf hin, dass auch eine
Zwischenverfügung nicht wird ergehen können, um Gelegenheit zur Vorlage einer hier
erforderlichen Vereinbarung zu geben. Mittels einer Zwischenverfügung kann nicht auf den
Abschluss eines Rechtsgeschäfts hingewirkt werden kann, das Grundlage einer einzutragenden
Rechtsänderung werden soll (BGH,
Entscheidung, Urteil
Gericht:Kammergericht
Erscheinungsdatum:01.02.2024
Aktenzeichen:1 W 375/23, 1 W 376/23, 1 W 378 - 402/23, 1 W 378/23, 1 W 402/23
Rechtsgebiete:
Grundbuchrecht
WEG
WEG §§ 5, 10