Transparenzregister: wirtschaftlich Berechtigter in der GmbH & Co. KG
letzte Aktualisierung: 4.10.2023
OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 23.6.2023 – 4 B 352/22
GwG §§ 3, 19 Abs. 1, 20 Abs. 1; VwGO § 40
Transparenzregister: wirtschaftlich Berechtigter in der GmbH & Co. KG
1. Wird die Feststellung öffentlich-rechtlicher Pflichten vor einem drohenden oder während eines
schwebenden Bußgeldverfahrens beantragt, so wird in der Sache um den Inhalt von Rechtssätzen
des öffentlichen Rechts gestritten, die den Rechtsweg zu den allgemeinen Verwaltungsgerichten
begründen. Gehört die zu beurteilende Frage dem öffentlichen Recht im Sinne des § 40 Abs. 1
Satz 1 VwGO an, so verliert sie ihre diesbezügliche Rechtsnatur nicht dadurch, dass von ihrer
Beantwortung auch strafrechtliche oder bußgeldrechtliche Bewertungen abhängen.
2. Zur Frage des zur Eintragung in das Transparenzregister nach dem Geldwäschegesetz mitzuteilenden
wirtschaftlich Berechtigten im Falle einer GmbH & Co. KG.
Gründe:
Die Beschwerde der Antragstellerin hat nach Prüfung der gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6
VwGO dargelegten Gründe Erfolg.
Der sinngemäß gestellte Antrag,
im Wege der einstweiligen Anordnung festzustellen, dass die Antragstellerin vorläufig bis
zur Entscheidung über das Hauptsacheverfahren 9 K 6020/21 (VG Köln) nicht verpflichtet
ist, der Bundesanzeiger Verlag GmbH Frau T. N. als mittelbar wirtschaftlich Berechtigte
zur Eintragung in das Transparenzregister nach dem Geldwäschegesetz mitzuteilen,
ist zulässig (unten A.) und begründet (unten B.).
A. Der Antrag ist zulässig. Insbesondere ist der Verwaltungsrechtsweg eröffnet (unten I.),
der Antrag gegenüber der Antragsgegnerin statthaft und liegt das für einen hier begehrten
vorbeugenden vorläufigen Rechtsschutz erforderliche schutzwürdige
Feststellungsinteresse vor (unten II.).
I. Der Verwaltungsrechtsweg ist gemäß
Zusammenhang allein streitige abdrängende Sonderzuweisung ist nicht gegeben. Eine
solche Zuweisung geschieht hier insbesondere nicht durch § 62 oder §§ 67 f. OWiG. Wird
die Feststellung öffentlich-rechtlicher Pflichten vor einem drohenden oder während eines
schwebenden Bußgeldverfahrens beantragt, so wird in der Sache um den Inhalt von
Rechtssätzen des öffentlichen Rechts gestritten, die den Rechtsweg zu den allgemeinen
Verwaltungsgerichten begründen. Gehört die zu beurteilende Frage dem öffentlichen
Recht im Sinne des
Rechtsnatur nicht dadurch, dass von ihrer Beantwortung auch strafrechtliche oder
bußgeldrechtliche Bewertungen abhängen.
Vgl. BVerwG, Urteile vom 23.1.1992 – 3 C 50.89 –,
vom 7.5.1987 – 3 C 53.85 –,
So liegt es hier. Nach den Angaben der Beteiligten ist die Streitfrage noch nicht einmal
Gegenstand eines anhängigen Bußgeldverfahrens.
II. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung im Sinne von
ist gegenüber der Antragsgegnerin statthaft und das für einen hier begehrten
vorbeugenden vorläufigen Rechtsschutz erforderliche schutzwürdige
Feststellungsinteresse liegt vor.
Vorläufiger Rechtsschutz ist auch für ein hier in Rede stehendes Feststellungsbegehren im
Wege einer einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO zu gewähren.
Vgl. BVerwG, Beschluss vom 1.10.2009 – 2 VR 6.09 –, juris, Rn. 8; OVG NRW, Beschluss
vom 10.6.2016 – 4 B 504/16 –, juris, Rn. 13 f., m. w. N.; OVG NRW, Beschluss vom
22.6.2017 – 13 B 238/17 –, juris, Rn. 13 f., m. w. N.
Nach
oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses begehrt werden, wenn der Kläger ein
berechtigtes Interesse an der begehrten Feststellung hat (Feststellungsklage). Unter
einem Rechtsverhältnis in diesem Sinne sind die rechtlichen Beziehungen zu verstehen,
die sich aus einem konkreten Sachverhalt aufgrund einer öffentlich-rechtlichen Norm für
das Verhältnis mehrerer Personen untereinander oder einer Person zu einer Sache
ergeben. Als Bezugspersonen kommen dabei in Betracht der Normgeber, der
Normadressat und (als Vollzugsbehörde) der Normanwender. Gegenstand der
Feststellungsklage kann nur ein konkretes Rechtsverhältnis sein, es muss also die
Anwendung einer Rechtsnorm auf einen bestimmten bereits überschaubaren Sachverhalt
streitig sein.
Vgl. BVerwG, Urteile vom 23.8.2007 – 7 C 2.07 –,
27, und vom 28.5.2014 – 6 A 1.13 –,
Auch bei Normen, aus denen sich unmittelbar Rechte und Pflichten ergeben, können sich
normbetroffene Personen und eine die Norm vollziehende Behörde gegenüberstehen, die
die Regelungen konkretisiert oder individualisiert und Anordnungen für den Einzelfall
aufgrund gesetzlicher Befugnisse trifft. In solchen Fällen muss die Feststellung eines
konkreten streitigen Rechtsverhältnisses zwischen Normadressat und Normanwender
geklärt werden.
Vgl. BVerwG, Urteil vom 28.1.2010 – 8 C 19.09 –,
Ein hinreichend konkretes Rechtsverhältnis in diesem Sinne kann sich insbesondere auch
aus der (Wiederholungs-)Gefahr wegen drohender (weiterer) Bußgeldverfahren auf der
Grundlage umstrittener öffentlich-rechtlicher Pflichten ergeben.
Vgl. BVerwG, Urteil vom 16.12.2021 – 8 C 24.19 –,
Zwar ist der verwaltungsgerichtliche Rechtsschutz grundsätzlich nicht vorbeugend
konzipiert. Um den Grundsatz der Gewaltenteilung und das der Verwaltung zugewiesene
Handlungsfeld nicht übermäßig und „anlasslos“ zu beeinträchtigen, setzt die den Gerichten
übertragene Kontrollfunktion gegen Maßnahmen der Behörden grundsätzlich erst
nachgelagert ein. Die Inanspruchnahme gerichtlichen Rechtsschutzes erfordert daher
regelmäßig den Erlass einer Maßnahme, der nachfolgend Gegenstand gerichtlicher
Überprüfung ist. Vorbeugender Rechtsschutz gegen erwartete oder befürchtete
Anordnungen der Verwaltung ist daher grundsätzlich unzulässig. Etwas anderes gilt indes
dann, wenn dem Betroffenen ein weiteres Zuwarten, ob und wie die Behörde tätig werden
wird, nicht zugemutet werden kann und daher ein schutzwürdiges Interesse an einer
alsbaldigen gerichtlichen Klärung besteht. Eine derartige Ausnahmekonstellation liegt
insbesondere bei drohenden Sanktionen vor, die an verwaltungsrechtliche Vorfragen
anknüpfen. Denn es ist nicht zumutbar, die Klärung verwaltungsrechtlicher Zweifelsfragen
„von der Anklagebank herab“ führen zu müssen. Der Bürger hat dann ein schutzwürdiges
Interesse daran, den Verwaltungsrechtsweg als sachnähere und „fachspezifischere“
Rechtsschutzform einzuschlagen, wenn ihm wegen verwaltungsrechtlicher Fragen ein
Straf- oder Bußgeldverfahren droht. Es ist weder sinnvoll noch zumutbar, dem Bürger in
einem derartigen Schwebezustand die Möglichkeit der verbindlichen Klärung streitiger
Fragen des öffentlichen Rechts zu verwehren. Dabei spielt es keine Rolle, dass die
Entscheidung des Verwaltungsgerichts im Bußgeld- bzw. Strafverfahren nicht bindend ist.
Schon der Einfluss, den eine für den Betroffenen günstige Entscheidung auf die
Beurteilung des Bußgeld- bzw. Strafverfahrens ausüben kann, rechtfertigt das
Feststellungsbegehren.
Vgl. BVerwG, Urteile vom 23.6.2016 – 2 C 18.15 –, juris, Rn. 19 f., und vom 13.1.1969 – 1
C 86.64 –,
2129/02 –, juris, Rn. 14; siehe auch: OVG NRW, Beschlüsse vom 4.2.2021 – 4 B
1380/20 –, juris, Rn. 118, m. w. N., und vom 30.6.2022 – 4 B 1864/21 –, Rn. 131.
Nach diesen Maßstäben besteht zwischen der Antragstellerin und der Antragsgegnerin
bereits ein hinreichend konkretes feststellungsfähiges Rechtsverhältnis. Zwischen den
Beteiligten besteht ein Meinungsstreit darüber, ob die Antragstellerin eine bestimmte
wirtschaftlich Berechtigte zur Eintragung in das Transparenzregister mitzuteilen hat oder
das Unterlassen dieser Mitteilung als Ordnungswidrigkeit geahndet werden kann. Mit
Schreiben vom 13.4.2021 unter dem Betreff, „Anhörung wegen einer Ordnungswidrigkeit
(§ 55 OWiG)“ wurde die Antragstellerin zu einer Ordnungswidrigkeit nach
i. V. m. §§ 20 Abs. 1 Satz 1 Var. 4, 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 55 lit. d Var. 4 GwG in Form einer
leichtfertig verspäteten Mitteilung des wirtschaftlich Berechtigten an das
Transparenzregister angehört, weil ihr gesetzlicher Vertreter seiner Eintragungspflicht erst
am 29.10.2020 nachgekommen sei. Darüber hinaus erfolgte in dem Schreiben optisch
durch die Überschrift, „Ihre Mitteilung an das Transparenzregister“, abgesetzt, die
Darlegung der Rechtsauffassung der Antragsgegnerin zu dem Inhalt der am 29.10.2020
erfolgten Mitteilung. Die Antragsgegnerin führte aus, dass nach ihren Feststellungen die
erfolgte Mitteilung der gesetzlichen Vertreter als fiktiv wirtschaftlich Berechtigte nicht den
gesetzlichen Vorgaben entspreche. Nach ihren Nachforschungen gebe es einen
tatsächlich (mittelbaren) wirtschaftlich Berechtigten. Die Eintragung sei unverzüglich zu
berichtigen. Die Nicht-Berichtigung einer unrichtigen Mitteilung sei eine Ordnungswidrigkeit
nach § 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 63 GwG. Nachdem die Antragstellerin unter Darlegung ihrer
Beteiligungsverhältnisse mitgeteilt hatte, sie habe keine wirtschaftlich Berechtigten, stellte
die Antragsgegnerin mit Schreiben vom 20.5.2021 und 18.8.2021 klar, sie vertrete eine
andere Rechtsauffassung, und konkretisierte diese dahingehend, dass aufgrund des
beherrschenden Einflusses von Frau T. N. auf die F. N. Gesellschaft mit beschränkter
Haftung (im Folgenden: F. N. GmbH) und deren Stellung als Komplementärin der
Verlagsgesellschaft N. GmbH & Co. KG davon ausgegangen werde, dass Frau T. N.
mittelbar wirtschaftlich Berechtigte der Antragstellerin sei. Hierdurch hat die
Antragsgegnerin die Antragstellerin eindeutig darüber in Kenntnis gesetzt, dass nach ihrer
Auffassung die von der Antragstellerin vorgenommene Mitteilung nicht den gesetzlichen
Anforderungen entspricht und Frau T. N. als mittelbar wirtschaftlich Berechtigte der
Antragstellerin in das Transparenzregister einzutragen ist. Sie hat von dieser deshalb eine
Berichtigung der Eintragung verlangt. Vor diesem Hintergrund war der Hinweis auf die
Ordnungswidrigkeit nach § 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 GwG in dem Schreiben vom 13.4.2021
so zu verstehen, dass die Antragsgegnerin für den Fall, dass die Eintragung nicht in dem
verlangten Sinne korrigiert werde, berechtigt sei, ein Bußgeldverfahren gegen die
Antragstellerin einzuleiten. Die Antragstellerin ist dieser Rechtsauffassung der
Antragstellerin mit ihren Schreiben vom 11.5.2021, 9.7.2021 und 7.10.2021
entgegengetreten.
Angesichts dieser ausschließlich zwischen der Antragstellerin und der Antragsgegnerin
geführten schriftlichen Auseinandersetzung über den Inhalt der unmittelbar durch § 20
Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 19 Abs. 1 GwG begründeten verwaltungsrechtlichen
Mitteilungspflicht der Antragstellerin zur Eintragung in das Transparenzregister ist für das
Vorliegen eines hinreichend konkreten feststellungsfähigen Rechtsverhältnisses irrelevant,
dass nach der im Geldwäschegesetz vorgesehenen Kompetenzaufteilung der
Bundesanzeiger Verlag GmbH als registerführender Stelle die Führung des
Transparenzregisters und die Überprüfung von Unstimmigkeitsmeldungen obliegt (§ 18
Abs. 2 und 3, § 23a Abs. 3 GwG, § 25 Abs. 1 GwG i. V. m. § 1
Transparenzregisterbeleihungsverordnung vom 27.6.2017, BGBl. I S. 1938) und erst nach
Überprüfung der Unstimmigkeitsmeldung durch die Bundesanzeiger Verlag GmbH eine
Übergabe an die Antragsgegnerin allein im Rahmen ihrer Zuständigkeit für die Verfolgung
von Ordnungswidrigkeiten nach § 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 54 bis 66 GwG erfolgt (§ 18
Abs. 3a, § 23a Abs. 4 GwG). Denn die schriftliche Auseinandersetzung zwischen der
Antragstellerin und der Antragsgegnerin betraf inhaltlich einen möglichen Verstoß gegen
die verwaltungsrechtliche Mitteilungspflicht der Antragstellerin, für deren Sanktionierung
die Antragsgegnerin als Normanwenderin zuständig wäre. Demgegenüber ist für die
Beurteilung eines konkretisierten Rechtsverhältnisses zur Antragsgegnerin als
Normanwenderin mit Blick auf die Rechtsschutzgarantie aus
entscheidend, dass gerichtlich angreifbare, nachträgliche behördliche Maßnahmen zur
Umsetzung der Vorschriften des Transparenzregisters im Geldwäschegesetz deutlich
eingeschränkt sind und gesetzlich insbesondere keine verdachtsunabhängige
Überwachung der Einhaltung der Gebote des Geldwäschegesetzes in einem
Verwaltungsverfahren außerhalb eines Bußgeldverfahrens durch die Antragsgegnerin
selbst vorgesehen ist. Diese von der Antragsgegnerin aufgezeigten Zusammenhänge
erfordern gerade im gegebenen Fall zur Klärung der tatsächlich bestehenden
Rechtsunsicherheiten zwischen den Beteiligten die Eröffnung vorbeugenden
verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutzes für die Antragstellerin. Da das
Geldwäschegesetz keine verwaltungsrechtlichen Kompetenzen zur Durchsetzung der
Eintragungspflicht vorsieht, stellen die von der Antragstellerin erhobene Feststellungsklage
sowie die von ihr begehrte einstweilige Anordnung die einzige Möglichkeit dar,
fachspezifischen verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutz zu erlangen.
Im Streitfall kann der Antragstellerin nach den vorbezeichneten Maßstäben zudem ein
weiteres Zuwarten, ob und wie die Antragsgegnerin tätig werden wird, ebenso wenig
zugemutet werden wie sie darauf verwiesen werden darf, sie könne den Schuldvorwurf in
einem rechtsstaatlich ausgestalteten Bußgeld- bzw. Strafverfahren überprüfen lassen.
Dabei ist unerheblich, dass eine verwaltungsgerichtliche Entscheidung keine
Bindungswirkung für ein Bußgeld- bzw. Strafverfahren entfaltet. Insbesondere hängt die
Unzumutbarkeit der Klärung des Inhalts einer verwaltungsrechtlichen Pflicht im Rahmen
eines Bußgeld- bzw. Strafverfahren nicht – wie die Antragsgegnerin vorträgt – von der
Unzumutbarkeit im Einzelfall ab, wie etwa der Höhe des drohenden Bußgeldes. Sie ergibt
sich abstrakt daraus, dass es, wenn – wie hier – eine umstrittene verwaltungsrechtliche
Frage für den Ausgang eines Bußgeld- bzw. Strafverfahren relevant ist, es für den
Betroffenen schlechthin unzumutbar ist, sich in die Position des „Angeklagten“ zu begeben
und die Klärung der verwaltungsrechtlichen Frage den zur Entscheidung im Bußgeld- bzw.
Strafverfahren berufenen, bezüglich der verwaltungsrechtlichen Frage aber fachfremden
ordentlichen Gerichte zu überlassen. Eine Erklärung, bis zu einer Entscheidung in der
Hauptsache und auch nachträglich für den Fall eines Obsiegens in einem
Hauptsacheverfahren kein Bußgeldverfahren gegen die Antragstellerin wegen der
Nichtmitteilung von Frau T. N. zur Eintragung in das Transparenzregister einzuleiten, die
das Feststellungsinteresse entfallen lassen könnte, hat die Antragsgegnerin nicht
abgegeben.
Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 25.8.2017 – 13 B 762/17 –, juris, Rn. 19 ff.
B. Der Antrag ist begründet. Die Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen
Anordnung nach
das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf
den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des
bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder
wesentlich erschwert werden könnte. Gemäß § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO sind einstweilige
Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges
Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden
Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu
verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint. Die Antragstellerin erstrebt mit
ihrem Begehren keine nur ausnahmsweise gerechtfertigte Vorwegnahme der Hauptsache
(unten I.). Sie hat sowohl ein Anordnungsanspruch (unten II.) als auch einen
Anordnungsgrund (unten III.) glaubhaft gemacht (§ 123 Abs. 3 VwGO i. V. m. § 920 Abs. 2
ZPO).
I. Die von der Antragstellerin begehrte einstweilige Anordnung nimmt die Hauptsache nicht
vollständig vorweg. Eine – nur in Ausnahmefällen zulässige – vollständige Vorwegnahme
der Hauptsache läge nur vor, wenn die begehrte vorläufige Entscheidung faktisch keine
vorläufige wäre, sondern einer endgültigen gleichkäme. Dies ist nicht der Fall, wenn ‒ wie
hier ‒ eine einstweilige Anordnung begehrt wird, die bei entsprechendem Ausgang des
Hauptsacheverfahrens wieder außer Kraft gesetzt werden kann. Die bloße Tatsache, dass
die begehrte vorübergehende Anordnung als solche nicht wieder rückgängig gemacht
werden kann, macht die vorläufige Regelung nicht zu einer faktisch endgültigen. Sie ist
vielmehr, sofern die Voraussetzungen für eine stattgebende Eilentscheidung im Übrigen
vorliegen, gerade die typische, vom Gesetzgeber vorgesehene Folge des vorläufigen
Rechtsschutzes.
Vgl. BVerfG, Beschluss vom 8.4.2014 – 2 BvR 1800/13 –, juris, Rn. 14; siehe auch: OVG
NRW, Beschluss vom 31.10.2022 – 4 E 611/22 –, juris, Rn. 7.
II. Die Antragstellerin hat einen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Sie ist nach der
im Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gebotenen summarischen Prüfung
nicht verpflichtet, der Bundesanzeiger Verlag GmbH Frau T. N. als mittelbar wirtschaftlich
Berechtigte zur Eintragung in das Transparenzregister mitzuteilen.
1. Gemäß § 20 Abs. 1 Satz 1 GwG haben juristische Personen des Privatrechts und
eingetragene Personengesellschaften die in § 19 Abs. 1 GwG aufgeführten Angaben zu
den wirtschaftlich Berechtigten dieser Vereinigungen einzuholen, aufzubewahren, auf
aktuellem Stand zu halten und der registerführenden Stelle unverzüglich zur Eintragung in
das Transparenzregister mitzuteilen.
Nach § 3 Abs. 1 GwG ist wirtschaftlich Berechtigter im Sinne des Geldwäschegesetzes die
natürliche Person, in deren Eigentum oder unter deren Kontrolle eine juristische Person,
sonstige Gesellschaft oder eine Rechtsgestaltung im Sinne des Abs. 3 letztlich steht (1.),
oder die natürliche Person, auf deren Veranlassung eine Transaktion letztlich durchgeführt
oder eine Geschäftsbeziehung letztlich begründet wird (2.). Unter anderem für
Gesellschaften, die nicht an einem organisierten Markt nach § 2 Abs. 11 des
Wertpapierhandelsgesetzes notiert sind und keinen dem Gemeinschaftsrecht
entsprechenden Transparenzanforderungen im Hinblick auf Stimmrechtsanteile oder
gleichwertigen internationalen Standards unterliegen, bestimmt
m. § 3 Abs. 2 GwG regelbeispielhaft, wer wirtschaftlich Berechtigter ist. Nach § 3 Abs. 2
Satz 1 GwG zählt bei diesen Gesellschaften zu den wirtschaftlich Berechtigten jede
natürliche Person, die unmittelbar oder mittelbar mehr als 25 Prozent der Kapitalanteile
hält (1.), mehr als 25 Prozent der Stimmrechte kontrolliert (2.) oder auf vergleichbare
Weise Kontrolle ausübt (3.). Gemäß § 3 Abs. 2 Satz 2 GwG liegt eine mittelbare Kontrolle
insbesondere vor, wenn entsprechende Anteile von einer oder mehreren Vereinigungen
nach § 20 Abs. 1 GwG gehalten werden, die von einer natürlichen Person kontrolliert
werden. Kontrolle liegt nach
Person unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden Einfluss auf die Vereinigung nach
§ 20 Abs. 1 GwG ausüben kann. Für das Bestehen eines beherrschenden Einflusses gilt §
290 Abs. 2 bis 4 HGB entsprechend.
Der Gesetzgeber hat mit dem Gesetz zur Umsetzung der Vierten EU-Geldwäscherichtlinie,
zur Ausführung der EU-Geldtransferverordnung und zur Neuorganisation der Zentralstelle
für Finanztransaktionsuntersuchungen vom 23.7.2017 (BGBl. I S. 1822), mit dem das
Transparenzregister erstmals eingeführt wurde, die vormals in § 1 Abs. 6 GwG a. F.
enthaltene Definition des wirtschaftlich Berechtigten in den heutigen § 3 GwG überführt
sowie diese um die heutigen Regelungen zur mittelbaren Kontrolle ergänzt. Ziel dieser
Regelung war es, die Begriffe der Kontrolle und der mittelbaren Kontrolle näher zu
definieren, um verschachtelte Konzernstrukturen künftig besser zu durchdringen. Das
Bestehen eines beherrschenden Einflusses auf eine zwischengeschaltete Gesellschaft
richtet sich dabei in erster Linie nach § 290 Abs. 2 HGB. Die Absätze 3 und 4 dienen nur
der näheren Ausformung der in § 290 Abs. 2 HGB festgelegten Grundsätze.
Vgl. BT-Drs. 18/11555, S. 1, 108 f.; Figura, in: Herzog/Figura, Geldwäschegesetz, 4.
Aufl. 2020, § 3, Rn. 7, 10; Kaetzler, in: Zentes/Glaab, Frankfurter Kommentar zum
Geldwäschegesetz, Stand: 30.8.2022, § 3, Rn. 81 ff., 86 ff.
Die Entscheidung des Gesetzesgebers, ab der zweiten Beteiligungsebene für die Frage
der mittelbaren Kontrolle insbesondere auf den im Konzernrecht bereits gesetzlich
verankerten und überwiegend an formale Kriterien anknüpfenden Begriff des
beherrschenden Einflusses i. S. d. § 290 Abs. 2 HGB entsprechend abzustellen, folgt dem
risikobasierten Ansatz der Richtlinie (EU) 2015/849 (Vierte Geldwäscherichtlinie), den der
nationale Gesetzgeber mit der Gesetzesänderung ausdrücklich stärken wollte.
Vgl. BT-Drs. 18/11555, S. 1.
Die angeführten einfachgesetzlichen Anforderungen für die Beurteilung einer die
wirtschaftliche Berechtigung begründenden Kontrolle folgen der Definition des
„wirtschaftlichen Eigentümers“ in Art. 3 Nr. 6 der Vierten Geldwäscherichtlinie. Dieser stellt
für die Frage, ob eine juristische Person letztlich im direkten oder indirekten Eigentum oder
unter Kontrolle einer natürlichen Person steht, auf einen Aktienanteil oder eine Beteiligung
von 25 Prozent am Kunden ab. Andere Formen der Kontrolle können danach unter
anderem gemäß den Kriterien bestimmt werden, die in Art. 22 Abs. 1 bis 5 der Richtlinie
(EU) 2013/34 aufgeführt sind und die in § 290 Abs. 2 bis 4 HGB inhaltlich aufgegriffen sind
(vgl. auch § 291 Abs. 2 Nr. 2 und 3 HGB).
2. Ausgehend von den gesetzlich normierten Regelbeispielen ist Frau T. N. nicht
wirtschaftlich Berechtigte der Antragstellerin. Sie übt nicht die hierfür erforderliche
Kontrolle über die Antragstellerin aus.
a) Bei der Antragstellerin handelt es sich um eine Gesellschaft i. S. d. § 3 Abs. 2 Satz 1
GwG in Form einer GmbH & Co. KG. Frau T. N. übt mangels unmittelbarer Beteiligung
keine unmittelbare Kontrolle über die Antragstellerin im Sinne von § 3 Abs. 2 Satz 1 GwG
aus.
Frau T. N. übt über die Antragstellerin auch keine mittelbare Kontrolle nach § 3 Abs. 2
Sätze 1 bis 4 GwG aus. Eine solche ergibt sich insbesondere nicht aus ihren hierfür allein
in Betracht kommenden Einflussmöglichkeiten auf die F. N. GmbH sowie auf die weiteren
im Verhältnis zur Antragstellerin zwischengeschalteten Gesellschaften, die
Verlagsgesellschaft N. GmbH & Co. KG und die Beteiligungsgesellschaft X. Zeitung mbH.
Persönlich haftende Gesellschafterin der Antragstellerin ist die Beteiligungsgesellschaft
X. Zeitung mbH, eine ihrer Kommanditisten ist die Verlagsgesellschaft N. GmbH & Co.
KG. Letztere ist wiederum alleinige Gesellschafterin der Beteiligungsgesellschaft
X. Zeitung mbH. Persönlich haftende Gesellschafterin der Verlagsgesellschaft N. GmbH &
Co. KG, zu deren Kommanditisten Frau T. N. gehört, ist die F. N. GmbH, an der Frau T.
N. ihrerseits insgesamt zu 65 Prozent beteiligt ist.
Der Annahme, Frau T. N. übe über diese Beteiligungen eine mittelbare Kontrolle auf die
Antragstellerin aus, steht schon entgegen, dass die F. N. GmbH nicht die hierfür
notwendige Kontrolle in Form eines beherrschenden Einflusses entsprechend § 290 Abs. 2
HGB auf die den Einfluss auf die Antragstellerin auf der vorletzten Ebene vermittelnde
Verlagsgesellschaft N. GmbH & Co. KG ausübt. Die in § 290 Abs. 2 HGB vorgesehenen
Regelbeispiele für einen beherrschenden Einfluss sind im Verhältnis der F. N. GmbH zu
der Verlagsgesellschaft N. GmbH & Co. KG nicht einschlägig.
Ein beherrschender Einfluss der F. N. GmbH ergibt sich nicht schon aus deren Position
als Komplementärin, also persönlich haftende Gesellschafterin, der Verlagsgesellschaft N.
GmbH & Co. KG.
Zwar erfüllt eine Komplementär-GmbH die Voraussetzungen des
wenn die Kommanditgesellschaft nach dem gesetzlichen Normalstatut organisiert ist. In
diesem Fall ist die Komplementär-GmbH – unabhängig von der Höhe ihrer Beteiligung am
Gesellschaftskapital der GmbH & Co. KG – zur Geschäftsführung und Vertretung der
GmbH & Co. KG berechtigt und verpflichtet, während die Kommanditisten von der Führung
der Gesellschaft ausgeschlossen sind und zur Vertretung der Gesellschaft nicht ermächtigt
sind (§ 114 Abs. 1, § 125 Abs. 1, § 128, 161 Abs. 2,
Stellung bestimmt sie die Finanz- und Geschäftspolitik der GmbH & Co. KG und ist daher
selbst als das maßgebliche Leitungsorgan anzusehen, das seinerseits durch ihre
Geschäftsführer vertreten wird. Der Komplementär-GmbH steht dann sogar ein stärkeres
Recht zu als das in
als Komplementärin Gesellschafterin der GmbH & Co. KG i. S. d.
Vgl. Mueller-Thuns, in: Hesselmann/Tillmann/Mueller-Thuns, Handbuch GmbH & Co. KG,
22. Aufl. 2020, § 7 Rechnungslegung und Publizität, Rn. 7.129; BaFin, Emittentenleitfaden,
Modul B, Informationen über bedeutende Stimmrechtsanteile / Notwendige Informationen
für die Wahrnehmung von Rechten aus Wertpapieren, Stand: 30.10.2018,
https://www.bafin.de/DE/Aufsicht/BoersenMaerkte/Emittentenleitfaden
/emittentenleitfaden_node.html, S. 20.
Auch der Gesetzgeber ging bei offenen Handelsgesellschaften und
Kommanditgesellschaften davon aus, dass bei den vertretungsberechtigten
Gesellschaftern wegen ihrer starken gesellschaftsrechtlichen Stellung regelmäßig von der
Ausübung der Kontrolle ausgegangen werden könne.
Vgl. BT-Drs. 18/11555, S. 92.
Mit der Formulierung „regelmäßig“ wird in der Gesetzesbegründung jedoch zugleich
deutlich gemacht, dass dies nicht gelten soll, wenn die grundsätzlich vorgesehene starke
gesellschaftsrechtliche Stellung des Komplementärs im Einzelfall nicht besteht und die
zumindest im Innenverhältnis eingeschränkten Befugnisse dazu führen, dass die
Komplementär-GmbH die wesentlichen unternehmerischen Entscheidungen letztlich
gerade nicht kontrolliert, sie also trotz ihrer Befugnisse zur Geschäftsführung nicht
durchsetzen kann, wenn sie umstritten sind.
Vgl. zu derartigen Konstellationen: Mueller-Thuns, in: Hesselmann/Tillmann/Mueller-
Thuns, Handbuch GmbH & Co. KG, 22. Aufl. 2020, § 7 Rechnungslegung und Publizität,
Rn. 7.130 ff., m. w. N.
So liegt es hier. Aufgrund der Ausgestaltung des Gesellschaftsvertrags der F. N. GmbH
sowie des Gesellschaftsvertrags der Verlagsgesellschaft N. GmbH & Co. KG entspricht
die Stellung der F. N. GmbH nicht dem gesetzlichen Regelfall. Stattdessen wird durch sie
gerade die auf die gesetzliche Befugnis zur Geschäftsführung gestützte starke Stellung der
Komplementär-GmbH derart abgeschwächt, dass ihr keine maßgebliche Leitungsfunktion
zukommt. Sie hat keinen beherrschenden Einfluss auf die Verlagsgesellschaft N. GmbH &
Co. KG. Nach den Gesellschaftsverträgen der F. N. GmbH sowie der Verlagsgesellschaft
N. GmbH & Co. KG kann die F. N. GmbH ihre Geschäftsführer, denen zugleich die
Geschäftsführung der Verlagsgesellschaft N. GmbH & Co. KG obliegt, nicht ohne
Zustimmung des Aufsichtsrates der Verlagsgesellschaft N. GmbH & Co. KG bestellen.
Auch unterliegen ihre Geschäftsführer bei der Geschäftsführung der Verlagsgesellschaft
N. GmbH & Co. KG der Aufsicht durch den Aufsichtsrat der Verlagsgesellschaft N. GmbH
& Co. KG und benötigen bei über den gewöhnlichen Betrieb des Handelsgewerbes der
Gesellschaft hinausgehenden Angelegenheiten dessen vorheriger Zustimmung. In der den
Aufsichtsrat der Verlagsgesellschaft N. GmbH & Co. KG wählenden
Gesellschafterversammlung kommt der F. N. GmbH & Co. KG keine
Stimmrechtsmehrheit zu; diese liegt bei den Kommanditisten. Gemäß § 14 Abs. 1 des
Gesellschaftsvertrags der Verlagsgesellschaft N. GmbH & Co. KG ist die F. N. GmbH zur
Geschäftsführung der Gesellschaft berechtigt und verpflichtet. Sie nimmt diese Rechte und
Pflichten durch ihre Geschäftsführer wahr. Diese werden gemäß § 11 Abs. 1 lit. a) des
Gesellschaftsvertrags der F. N. GmbH zwar durch die ordentliche
Gesellschafterversammlung der F. N. GmbH bestellt und abberufen. Gemäß § 12 Abs. 1
Satz 2 und Abs. 2 i. V. m. § 11 Abs. 1 lit. b) und c) des Gesellschaftsvertrags der F. N.
GmbH bedürfen Beschlüsse der Gesellschafterversammlung, soweit gesetzlich zulässig
und es sich nicht um die Genehmigung des Jahresabschlusses sowie Verwendung und
Verteilung des Jahresüberschusses handelt, aber der Einwilligung des in § 17 des
Gesellschaftsvertrags der Verlagsgesellschaft N. GmbH & Co. KG bestellten
Aufsichtsrats. Lehnt der Aufsichtsrat die Einwilligung – auch bezogen auf Bestellung oder
Abberufung der Geschäftsführer – ab, so entscheidet gemäß § 12 Abs. 1 Satz 3 des
Gesellschaftsvertrags der F. N. GmbH die Gesellschafterversammlung der
Verlagsgesellschaft N. GmbH & Co. KG. Holt die F. N. GmbH die in § 12 ihrer Satzung
vorgesehene Zustimmung nicht ein oder hält sie sich daran aus anderen Gründen nicht
mehr für gebunden, so scheidet sie nach § 5 Abs. 3 Satz 1 des Gesellschaftsvertrags der
Verlagsgesellschaft N. GmbH & Co. KG als deren persönlich haftende und
geschäftsführende Gesellschafterin aus. Nach § 18 Abs. 1 lit. (a) des
Gesellschaftsvertrags der Verlagsgesellschaft N. GmbH & Co. KG überwacht der
Aufsichtsrat die Geschäftsführung durch die F. N. GmbH und entscheidet über die
Einwilligung zu allen zustimmungsbedürftigen Beschlüssen der
Gesellschafterversammlung der F. N. GmbH. Nach § 18 Abs. 2 lit. (a) des
Gesellschaftsvertrags der Verlagsgesellschaft N. GmbH & Co. KG bedürfen alle
Angelegenheiten, die über den gewöhnlichen Betrieb des Handelsgewerbes der
Gesellschaft hinausgehen und die nicht durch Gesetz oder diesen Gesellschaftsvertrag
der Gesellschafterversammlung vorbehalten sind, der vorherigen Zustimmung des
Aufsichtsrates. Die Mitglieder des Aufsichtsrats werden gemäß § 17 Abs. 2 des
Gesellschaftsvertrags der Verlagsgesellschaft N. GmbH & Co. KG durch ihre
Gesellschafterversammlung gewählt. In der Gesellschafterversammlung gewähren gemäß
§ 19 Abs. 3 des Gesellschaftsvertrags der Verlagsgesellschaft N. GmbH & Co. KG bei
Gesellschafterbeschlüssen volle 0,001 Prozent des Gesamtkapitals eine Stimme. Die F.
N. GmbH ist nur in Höhe von 109.354,00 Euro, also 0,2140 Prozent (vgl. § 6 Abs. 2 Ziffer
I. des Gesellschaftsvertrags der Verlagsgesellschaft N. GmbH & Co. KG), an der
Verlagsgesellschaft N. GmbH & Co. KG beteiligt, sodass ihr in der
Gesellschafterversammlung keine Stimmrechtsmehrheit zukommt. Stattdessen liegt die
überwiegende Mehrheit der Stimmrechte bei den Kommanditisten (vgl. § 6 Abs. 2 Ziffer II.,
§ 19 Abs. 3 des Gesellschaftsvertrags der Verlagsgesellschaft N. GmbH & Co. KG), deren
Interessen der Aufsichtsrat nach § 18 Abs. 1 lit. (c) des Gesellschaftsvertrags der
Verlagsgesellschaft N. GmbH & Co. KG zu vertreten hat.
Da es nach den vorangegangenen Ausführungen schon an einem beherrschenden
Einfluss entsprechend § 290 Abs. 2 HGB der F. N. GmbH, der Komplementär-GmbH der
Verlagsgesellschaft N. GmbH & Co. KG, die als Kommanditistin sowie mittelbar über die
Beteiligungsgesellschaft X. Zeitung mbH an der Antragstellerin beteiligt ist, auf die
Kommanditgesellschaft fehlt, ist unerheblich, ob Frau T. N. allein aufgrund ihrer
Beteiligungsmehrheit an der F. N. GmbH ein beherrschender Einfluss entsprechend
§ 290 Abs. 2 HGB auf diese zukommt.
b) Dass Frau T. N. außerhalb der gesetzlich normierten Regelbeispiele aufgrund anderer
Umstände nach der Definition des wirtschaftlich Berechtigten in § 3 Abs. 1 Satz 1 GwG
wirtschaftlich Berechtigte der Antragstellerin sein könnte,
vgl. Kaetzler, in: Zentes/Glaab, Frankfurter Kommentar zum Geldwäschegesetz, Stand:
30.8.2022, § 3 Rn. 35,
ist nach der im Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gebotenen
summarischen Prüfung nicht ersichtlich und von der Antragsgegnerin auch nicht dargetan.
Insbesondere stellt sich die unmittelbare Beteiligung von Frau T. N. an der
Verlagsgesellschaft N. GmbH & Co. KG auch nicht als wesentliche Minderheitsbeteiligung
im Verhältnis zu im Übrigen nur deutlich geringeren Beteiligungen anderer
Minderheitsgesellschafter dar.
Vgl. Kaetzler, in: Zentes/Glaab, Frankfurter Kommentar zum Geldwäschegesetz, Stand:
30.8.2022, § 3 Rn. 95; BaFin, Auslegungs- und Anwendungshinweise zum
Geldwäschegesetz, Stand: Oktober 2021, https://www.bafin.de/DE/Aufsicht
/Geldwaeschepraevention/Rechtsquellen/BaFin_Vorgaben/BaFin_Vorgaben_node.html,
S. 45.
Gemäß § 6 Abs. 2 Ziffer II. 1. des Gesellschaftsvertrags der Verlagsgesellschaft N. GmbH
& Co. KG ist Frau T. N. mit 10.677.702,70 Euro, also 20,8957 Prozent, als
Kommanditistin unmittelbar an der Verlagsgesellschaft N. GmbH & Co. KG beteiligt.
Rechnet man die Anteile der F. N. GmbH in Höhe von 109.354,00 Euro hinzu, also
0,2140 Prozent (vgl. § 6 Abs. 2 Ziffer I. des Gesellschaftsvertrags der Verlagsgesellschaft
N. GmbH & Co. KG), beträgt die Beteiligung von Frau T. N. an der Verlagsgesellschaft
N. GmbH & Co. KG insgesamt 21,1097 Prozent. Daneben gibt es mit der Z. Druck- und
Verlagsgesellschaft mbH jedenfalls einen weiteren Gesellschafter mit einer die Beteiligung
von Frau T. N. übersteigenden Beteiligung von 23,0830 Prozent (vgl. § 6 Abs. 2 Ziffer II.
26. des Gesellschaftsvertrags der Verlagsgesellschaft N. GmbH & Co. KG).
III. Der erforderliche Anordnungsgrund ergibt sich schließlich aus dem Umstand, dass der
Antragstellerin bei Nichterfüllung der von der Antragsgegnerin angenommenen Pflicht zur
Eintragung eines wirtschaftlich Berechtigten gemäß § 20 Abs. 1 GwG die Einleitung eines
weiteren Bußgeldverfahrens (vgl. § 56 Absatz 1 Satz 1 Nr. 55 lit. d) Var. 1 bis 3, Nr. 63
GwG) droht, dessen Abwarten ihr auch im Fall eines moderaten Bußgelds, gerade nicht
zuzumuten ist. Der Antragstellerin kann ebenfalls nicht zugemutet werden, zur Vermeidung
eines Bußgeldverfahrens die von der Antragsgegnerin geforderte Mitteilung zur Eintragung
zunächst vorzunehmen und nach einer Entscheidung in der Hauptsache gegebenenfalls
wieder löschen zu lassen. Zum einen würde damit die Antragstellerin, die keine
Rechtsgrundlage für eine entsprechende Mitteilungsverpflichtung erkennen kann, ohne
hinreichende sachliche Rechtfertigung zur Aufgabe ihrer Rechtsposition gezwungen. Zum
anderen führte die Mitteilung gemäß § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, Sätze 3 und 4 GwG unter
anderem zu einem Zugang für alle Mitglieder der Öffentlichkeit zu Namen, Monat und Jahr
der Geburt, dem Wohnsitzland, der Staatsangehörigkeit sowie zu Art und Umfang des
wirtschaftlichen Interesses von Frau T. N. . Damit würden ‒ auch angesichts der von der
Antragsgegnerin benannten engen Voraussetzungen für eine Löschung ‒ zumindest nur
schwer revisible Fakten in der Form geschaffen, dass möglicherweise mit der Rechtslage
nicht übereinstimmende Informationen über die wirtschaftliche Berechtigung bezogen auf
die Antragstellerin veröffentlicht sind. Dies kann der Antragstellerin umso weniger
zugemutet werden, nachdem der Europäische Gerichtshof mit Urteil vom 22.11.2022 (Az.
C-37/20 und C-601/20) entschieden hat, dass der durch § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, Satz 3
GwG umgesetzte Art. 1 Nr. 15 Buchst. c der Richtlinie (EU) 2018/843 ungültig ist, soweit
durch diese Bestimmung Art. 30 Abs. 5 Unterabs. 1 lit. c) der Richtlinie (EU) 2015/849, der
Vierten Geldwäscherichtlinie, dahin geändert wurde, dass die Mitgliedstaaten sicherstellen,
dass die Informationen über die wirtschaftlichen Eigentümer der in ihrem Gebiet
eingetragenen Gesellschaften oder anderen juristischen Personen in allen Fällen für alle
Mitglieder der Öffentlichkeit zugänglich sind. Die Regelung verletzte Art. 7 und 8 der
Charta der Grundrechte der Europäischen Union zur Achtung des Privat- und
Familienlebens und des Schutzes personenbezogener Daten.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Streitwertfestsetzung und -änderung beruht auf den §§ 47 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 1, 52
Abs. 1, 63 Abs. 3 Nr. 2 GKG. Der hiernach angesetzte Auffangstreitwert ist angesichts der
Vorläufigkeit der Entscheidung zu halbieren (vgl. Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs für die
Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Fassung der am 31.5./1.6.2012 und am 18.7.2013
beschlossenen Änderungen, abrufbar unter: https://www.bverwg.de/user/data/media
/streitwertkatal og.pdf). Das Begehren hat nur temporären Charakter. Eine Festsetzung
des vollen Hauptsachestreitwerts wäre deshalb nicht sach- und interessengerecht.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i. V. m. § 66
Abs. 3 Satz 3 GKG).
Entscheidung, Urteil
Gericht:OVG Münster
Erscheinungsdatum:23.06.2023
Aktenzeichen:4 B 352/22
Rechtsgebiete:
Kommanditgesellschaft (KG)
OHG
Zwangsvollstreckung (insbes. vollstreckbare Urkunde und Vollstreckungsklausel)
GwG §§ 3, 19 Abs. 1, 20 Abs. 1; VwGO § 40