GmbH-Geschäftsanteilsabtretungsvertrag und Gewinnverteilung
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Deutsches Notarinstitut
Dokumentnummer: 674
letzte Aktualisierung: 06. April 1998
BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
II ZR 203/96
08. Dezember 1997
T a t b e s t a n d :
Der Ehemann der Klägerin war Gesellschafter der beiden beklagten Gesellschaften mbH. Er und N., der auch
Geschäftsführer der Beklagten ist, waren an der Beklagten zu 1 je zur Hälfte beteiligt. von den Geschäftsanteilen der
Beklagten zu 2 hielten beide je 40 Prozent, die restlichen 20 Prozent W. Nach dem Tode ihres Ehemannes am 4. Mai
1992 gingen dessen Geschäftsanteile auf die Klägerin über. Bei Verhandlungen über die Veräußerung dieser
Geschäftsanteile wurde zunächst ins Auge gefaßt, daß N. sie übernehmen sollte. Später einigten sich die
Vertragsparteien, daß die Beklagten Gesellschaften sie erwerben sollten. Am 14. Juli 1992 beurkundete Notarassessor
..., der amtlich bestellte Vertreter von Notar ... zwei entsprechende Verträge. Darin ist u.a bestimmt, daß das "gesamte
Geschäftsergebnis für das laufende Geschäftsjahr, das dem Kalender entspricht", den Käuferinnen zustehe (jeweils Nr.
5 der Vertragsbestimmungen). Beschlüsse über die Gewinnverwendung für das Jahr 1991 waren bis dahin nicht gefaßt
worden.
Landgericht und Oberlandesgericht haben die Klage abgewiesen. Im Revisionsverfahren geht es allein um die von der
Klägerin für das Jahr 1991 geltend gemachten Gewinnansprüche gegen die Beklagte zu 1 (57 429,10 DM) und die
Beklagte zu 2 (36.880,58 DM) sowie um die Behandlung ihrer Informationsansprüche, welche sie im
Berufungsverfahren einseitig für erledigt erklärt hat, durch das Berufungsgericht. Insoweit verfolgt die Klägerin ihre im
Berufungsverfahren gestellten Anträge weiter.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an
das Berufungsgericht.
I. Zutreffend nimmt das Berufungsgericht an, daß der Klägerin Gewinnansprüche für das Geschäftsjahr l991 nach der
gesetzlichen Regelung nicht verblieben sind.
1, Das Gewinnstammrecht geht bei der Veräußerung des Geschäftsanteils zusammen mit diesem auf den Erwerber über
(vgl. Sen. Urt. v. 30. Januar 1995 - II 2R 45/94,
resultierende Gewinnanspruch steht dem Erwerber auch für das der Übertragung vorausgegangene Geschäftsjahr zu,
wenn der Jahresabschluß für dieses Geschäftsjahr vor der Übertragung des Geschäftsanteils noch nicht festgestellt
worden ist. Denn erst mit dieser Feststellung entsteht der Gewinnanspruch der Gesellschafter.
2. Erwirbt - wie hier - die GmbH den Geschäftsanteil eines Gesellschafters, so ändert sich hieran grundsätzlich nichts.
Hinzu kommt aber in diesem Fall, daß die Gesellschaft nicht einmal befugt ist, auf den übernommenen Geschäftsanteil
entfallende Gewinne aus dem Geschäftsjahr vor der Übertragung dieses Anteils an sich selber auszuschütten. Das
Gewinnbezugsrecht der GmbH ruht ebenso wie die übrigen aus dem Geschäftsanteil fließenden Mitgliedschaftsrechte
(h.M.; vgl. Sen. Urt. v. 30. Januar 1995 I - II ZR 45/94 aaO m.w.N.). Der anteilige Gewinn fällt so fort den
verbliebenen Gesellschaftern zu (vgl. Henze, Hdb. zum GmbH-Recht, 2. Aufl. Rdn. 733 f.; Sen. Urt. v, 30. Januar 1995
Baumbach/Hueck, GmbHG, 16. Aufl. § 29 Rdn. 59 m.w.N. ), als Anspruchsgrundlage ausscheidet.
II. Die Interessen des Gesellschafters, der seinen Geschäftsanteil auf die GmbH übertragen hat, werden durch diese
gesetzlichen Bestimmungen nicht in unangemessener Weise beeinträchtigt. Da es zu der Anteilsübertragung nur mit
seiner Mitwirkung kommen kann, hat er es in der Hand, durch Vereinbarungen mit der Gesellschaft und den
verbliebenen Gesellschaftern dafür zu sorgen, daß seine Rechte gewahrt bleiben, auch wenn erst nach seinem
Ausscheiden der Gewinnverwendungsbeschluß für zurückliegende Perioden gefaßt wird (Sen. Urt. v. 30. Januar l995 II ZR 45/94,
gerichteten Angriffe der Revision haben Erfolg.
1. Zwar handelt es sich bei den Verträgen über die Übertragungen der Geschäftsanteile um Individualabreden, deren
tatrichterliche Auslegung im Revisionsverfahren nur darauf überprüfbar ist, ob gesetzliche Auslegungsregeln,
Denkgesetze, Erfahrungssätze oder Verfahrensvorschriften verletzt sind (vgl. BGH, Urt. v, 31. Januar 1995 - XI ZR
56/94,
niedergelegt worden sind, vollen Beweis dafür daß die in ihnen bezeichneten Personen die Erklärungen des
wiedergegebenen Inhalts abgegeben haben. Diese Urkunden haben die Vermutung der Vollständigkeit und Richtigkeit
für sich (vgl. BGH, Urt. v. 1. Februar 1985 - V ZR 180/83,
Berufungsgerichts kann aber nicht davon ausgegangen werden, daß der Klägerin der erforderliche Gegenbeweis
mißlungen ist. Das Berufungsgericht hat bei der Würdigung der entscheidungserheblichen Aussage des Zeugen H., der
die Klägerin bei dem Abschluß der Verträge anwaltlich beraten hat, den Gesamtzusammenhang nicht genügend
beachtet.
2. Der Zeuge H. hat bekundet, es sei zunächst beabsichtigt gewesen, die Geschäftsanteile an N. zu veräußern; im
Rahmen der Verhandlungen sei auch die Frage erörtert worden, wie die Gewinnanteile für das Verkaufsjahr verteilt
werden sollten, und in diesem Zusammenhang habe er erläutert, daß nach der gesetzlichen Regelung die Gewinnanteile
dem Käufer ab Kauf zustehen würden, für die davor liegende Zeit jedoch dem Verkäufer. Nach seinen Angaben
bestand zwischen den Parteien Einigkeit darüber, daß nur der Gewinn für das Jahr 1992 auf ausdrücklichen Wunsch
des potentiellen Käufers N. an diesen fallen sollte und für die davor liegende Zeit die Klägerin die Gewinne erhalten
sollte; im Hinblick auf die gesetzliche Regelung sei eine ausdrückliche Vereinbarung in den Verträgen hierüber nicht
getroffen worden Diese Auskunft des Zeugen H., welche Grundlage der Vertragsgespräche mit N. gewesen sein soll,
war im Ergebnis richtig, solange N. Vertragspartner werden sollte. Aus den dargelegten Gründen wären der Klägerin
die Gewinnansprüche für das Jahr 1991 zwar auch bei einer Übertragung der Geschäftsanteile auf N. nicht verblieben.
Sie hätte aber gegen diesen einen Ausgleichsanspruch gemäß § 101 Nr. 2 Halbs. 2 BGB gehabt. Die Auskunft des
Zeugen H. entsprach erst in dem Augenblick nicht mehr der Rechtslage, als die Parteien N. durch die beklagten
Gesellschaften austauschten. Es liegt nahe, daß die Vertragsparteien dies nicht bedachten, sondern ihre ursprüngliche,
auf der Auskunft des Zeugen H. beruhende Vorstellung, die Klägerin bleibe ohnehin Inhaberin der Gewinnansprüche
für das Jahr 1991 und solle dies auch bleiben, den dann geschlossenen Verträgen unverändert zugrunde legten. Hierfür
spricht auch, daß sie in Nr. 5 der Verträge nur die Gewinnansprüche für das Jahr 1992 den jeweiligen Käuferinnen
zugesprochen haben.
III. Das Berufungsurteil kann somit keinen Bestand haben. Die Zurückverweisung gibt dem Berufungsgericht die
Möglichkeit, diese Umstände in seine Überlegungen einzubeziehen. Gleichzeitig erhalten die Parteien die Gelegenheit,
ihr Vorbringen erforderlichenfalls zu ergänzen.
Entscheidung, Urteil
Gericht:BGH
Erscheinungsdatum:07.12.1997
Aktenzeichen:II ZR 203/96
Erschienen in:
DNotI-Report 1998, 81
MittRhNotK 1998, 278-279
NJW 1998, 1314-1315
NotBZ 1998, 74-75
ZNotP 1998, 158-159
BGB § 101; GmbHG §§ 15, 29