Fernbleiben eines Notars von Schlichtungsversuch bei der Notarkammer vor Anrufung eines staatlichen Gerichts; Ermahnung des Notars
letzte Aktualisierung: 24.8.2021
BayObLG, Beschl. v. 16.2.2021 – 501 DSNot 2/20
BNotO §§ 31, 75 Abs. 5 S. 1
Fernbleiben eines Notars von Schlichtungsversuch bei der Notarkammer vor Anrufung eines staatlichen Gerichts;
Ermahnung des Notars
1. Verfahren nach § 75 Abs. 5 Satz 1 BNotO betreffen disziplinargerichtliche Streitigkeiten, für
die in Bayern nach § 2 Satz 1 BayNotV das Bayerische Oberste Landesgericht zuständig ist.
2. Die in Ziffer XI 1.2 der Richtlinienempfehlungen der Bundesnotarkammer vom 29. Januar 1999
und Ziffer XI 1.2 der entsprechenden Richtlinie der Bayerischen Notarkammer vorgesehene Pflicht
der Notare, vor der Anrufung eines staatlichen Gerichts wegen einer Auseinandersetzung mit einem
anderen Notar einen Schlichtungsversuch bei der Notarkammer durchzuführen, verletzt weder die
Berufsfreiheit der Notare nach
3. Eine Pflicht des Notars, an einem im Schlichtungsverfahren im Sinne von XI. 1.2 der Richtlinie
der Bayerischen Notarkammer anberaumten Schlichtungstermin persönlich teilzunehmen, ergibt
sich nicht unmittelbar aus
4. Eine analoge Anwendung der Bestimmungen des Bayerischen Schlichtungsgesetzes auf vor der
Notarkammer Bayern durchzuführende Schlichtungsverfahren zwischen Notaren kommt nicht in
Betracht.
5. Mangels einer entsprechenden ausdrücklichen Bestimmung verletzt ein Notar, der sich in einem
solchen Schlichtungstermin von einem Rechtsanwalt vertreten lässt und nicht persönlich erscheint,
seine Berufspflichten nicht.
6. Der Festsetzung eines Gegenstandswerts für Verfahren § 75 Abs. 5 Satz 1 BNotO bedarf es
nicht.
Gründe
I.
Gegenstand des Verfahrens ist eine von der Landesnotarkammer Bayern (nachfolgend: die Antragsgegnerin)
gegenüber dem Antragsteller ausgesprochene Ermahnung.
Anlass hierfür war folgender Sachverhalt: Der antragstellende Notar hatte mit der Notarin Dr. W. auf der
Basis einer von beiden geschlossenen Vereinbarung vom 12. November 2009 die notarielle Tätigkeit
gemeinsam ausgeführt. Am 28. August 2018 vereinbarten die beiden die Beendigung der gemeinsamen
Tätigkeit, wobei vorgesehen war, dass der Antragsteller eine Abfindung in Höhe von 225.000 Euro erhalten
sollte. Nachdem der Antragsteller diesen Betrag mit Rechnung vom 9. Mai 2019 erfolglos geltend machte,
beabsichtigte er, seinen Abfindungsanspruch gerichtlich durchzusetzen. Am 4. Juni 2019 beantragte der von
ihm bevollmächtigte Rechtsanwalt die Durchführung eines Schlichtungsverfahrens bei der Antragsgegnerin.
Daraufhin beraumte diese einen Schlichtungstermin auf den 10. Juli 2019 an. Per E-Mail vom 4. Juli 2019
beantragte der Rechtsanwalt des Antragstellers, das Schlichtungsverfahren auf einen
Unterlassungsanspruch, den der Antragsteller gegen die Notarin geltend machen wollte, zu erstrecken.
Zum Termin vom 10. Juli 2019 erschien zwar der bevollmächtigte Rechtsanwalt des Antragstellers, dieser
selbst jedoch nicht. Zu einer Streitbeilegung kam es in diesem Termin nicht.
Mit Schreiben vom 10. Juli 2019 teilte der Präsident der Antragsgegnerin, der zugleich als einer der beiden
Schlichter fungiert hatte, dem Antragsteller mit, dass eine Entscheidung des Vorstands der Antragsgegnerin
über die notwendige Anwesenheit des Antragstellers im Schlichtungstermin am 24. Juli 2019 herbeigeführt
werden solle. Mit Schriftsatz vom 22. Juli 2019 erhob der anwaltlich vertretene Antragsteller gegen die
Notarin Klage zum Landgericht München I, mit der er (zunächst im Urkundsprozess) die Zahlung von
225.000,00 Euro nebst Zinsen begehrte. Am 1. August 2019 teilte die Antragsgegnerin dem Antragsteller mit,
dass eine gütliche Einigung im Sinne der Richtlinien das persönliche Erscheinen der betroffenen Notare
voraussetze. Der Antragsteller habe sich durch seine Klageerhebung daher einen Verstoß gegen die
Richtlinien zu Schulden kommen lassen.
Mit Schreiben vom 27. November 2019 (K 1) gewährte die Antragsgegnerin dem Antragsteller zu der
zugleich angekündigten Absicht, gegen ihn eine Ermahnung auszusprechen, rechtliches Gehör. Mit
Anwaltsschriftsatz vom 15. Januar 2020 nahm der Antragsteller (K 2) hierzu Stellung.
Mit Schreiben vom 13. März 2020 (K 3) sprach die Antragsgegnerin wie angekündigt die Ermahnung aus. Mit
Anwaltsschriftsatz vom 8. April 2020 (K 4) legte der Antragsteller gegen die ihm am 17. März 2020
zugestellte Ermahnung Einspruch ein, den er mit Anwaltsschriftsatz vom 28. April 2020 (K 5) begründete. Mit
Bescheid vom 29. Juni 2020 (K 6) teilte die Antragsgegnerin dem Antragsteller mit, ihr Vorstand habe
beschlossen, den Einspruch zurückzuweisen.
Mit Schriftsatz vom 13. Juli 2020 beantragte der Antragsteller Einsicht in die Akten des
Schlichtungsverfahrens (K 7). Mit Schreiben vom 23. Juli 2020 (K 8) übersandte die Antragsgegnerin dem
Antragsteller Auszüge aus den Sitzungsprotokollen des Vorstands und wies das Akteneinsichtsersuchen im
Übrigen unter Verweis auf § 69a BNotO und ihre Schlichtungsbedingungen zurück.
Mit am selben Tag beim Bayerischen Obersten Landesgericht eingegangenem Anwaltsschriftsatz vom 31.
Juli 2020 (Bl. 1/23 der Akte) stellte der Antragsteller einen Antrag gemäß § 75 Abs. 5 Satz 1 BNotO.
Er macht geltend, es gebe keine berufsrechtliche Pflicht, persönlich am Schlichtungstermin teilzunehmen,
insbesondere fehle hierfür eine gesetzliche Grundlage. Mit diesem bereits im Einspruchsverfahren geltend
gemachen Einwand habe sich die Antragsgegnerin nicht ausreichend auseinandergesetzt. Deren Hinweis
auf das Bayerische Schlichtungsgesetz sei verfehlt. Die Regelung in Ziffer XI 1.2 der Richtlinien, aus der sich
ergebe, dass Mitglieder der Notarkammer bei Streitigkeiten zwischen Notaren vor der Anrufung der Gerichte
ein Schlichtungsverfahren vor der Landesnotarkammer durchzuführen haben, sei verfassungswidrig. Sie
verstoße gegen
Notars in unzulässiger Weise ein. Hierzu legt der Antragsteller ein undatiertes Rechtsgutachten von Prof. Dr.
R. B. (K 9) vor. Die disziplinarrechtliche Ahndung des Verhaltens des Antragsgegners verstoße zudem gegen
das sich aus Art. 103 Abs. 2 GG ergebende Bestimmtheitsgebot. Unabhängig davon macht er geltend, es
gebe für die Annahme einer berufsrechtlichen Verpflichtung zur persönlichen Teilnahme am
Schlichtungstermin keine satzungsmäßige Grundlage. Zudem weise die Ermahnung formell- und
materiellrechtliche Fehler auf. Die Mitglieder des Vorstands der Antragsgegnerin, die zuvor als Schlichter in
dieser Sache fungiert hatten, hätten an den Beschlussfassungen über die Ermahnung und die
Zurückweisung des Einspruchs nicht mitwirken dürfen. Bei den Beschlussfassungen des Vorstands seien der
Präsident der Notarkasse, die Geschäftsführerin der Notarkasse und weitere Personen „als Gäste“
anwesend gewesen. Dies stelle einen Verstoß gegen den besonderen Vertraulichkeitsschutz, der in
Disziplinarsachen zu achten ist, dar. Entgegen der Darstellung in dem Bescheid, mit dem der Einspruch
gegen die Ermahnung zurückgewiesen wurde, treffe es auch nicht zu, dass der Antragsgegner die Klage in
Kenntnis der Auffassung des Vorstands der Antragsgegnerin erhoben habe, zumal die Klageerhebung vor
der Bekanntgabe der Auffassung des Vorstands erfolgt sei. Zudem werde der Verlauf des
Schlichtungstermins unzutreffend dargestellt.
Der Antragsteller trägt vor, ihm sei Einsicht in die bei der Antragsgegnerin über das Schlichtungsverfahren
geführten Akten verwehrt worden. Insoweit beantragt er deren Beiziehung durch den Senat.
Wegen weiterer Einzelheiten des Vorbringens wird auf die Antragsschrift sowie das angesprochene
Gutachten Bezug genommen.
Der Antragsteller beantragt,
Die von der Antragsgegnerin unter dem 13.03.2020 gegenüber dem Antragsteller ausgesprochene
Ermahnung nach § 75 BNotO in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 29.06.2020, zugestellt
am 01.07.2020, wird aufgehoben.
Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der Kosten der anwaltlichen
Vertretung des Antragstellers im Einspruchsverfahren.
Mit Schreiben vom 2. September 2020 beantragt die Antragsgegnerin:
1. Der Antrag wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens trägt der Antragsteller.
Sie macht geltend, Ziffer XI. Nr. 1.1 der Richtlinien für die Amtspflichten und sonstigen Pflichten der
Mitglieder der Landesnotarkammer Bayern sei verfassungskonform. Weder der
Justizgewährleistungsanspruch der Notare noch ihre Berufsausübungsfreiheit würden in unzulässiger Weise
eingeschränkt. Der in diesem Zusammenhang vom Antragsteller gezogene Vergleich zu Konkurrentenklagen
von Richtern zeige, dass deren Ansehen durch Konkurrentenklagen in der Fachöffentlichkeit geschädigt
werde.
Aus der vom Antragsteller zitierten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ergebe sich, dass
dieses der in der Anordnung einer obligatorischen Schlichtung als Zugangsvoraussetzung zu den
ordentlichen Gerichten liegenden Beeinträchtigung des Justizgewährleistungsanspruch nur geringes Gewicht
beimesse. Der mit der Durchführung des Schlichtungsverfahrens verbundene Zeit- und Geldaufwand sei
gering und werde durch die Möglichkeit der Kosten- und Zeitersparnis im Falle erfolgreicher Schlichtung
legitimiert. Das Bestimmtheitsgebot sei nicht verletzt. Die Ermahnung stelle einen „marginalen Eingriff“ dar.
Das Verhalten des Antragstellers sei unkollegial gewesen. Die Pflicht des Notars, im Schlichtungstermin
persönlich anwesend zu sein, ergebe sich aus der Kardinalpflicht der Notare zur persönlichen
Amtsausübung. Ohne das persönliche Erscheinen des Antragstellers im Schlichtungstermin gelte der
Schlichtungsversuch als nicht unternommen, da „mangels gesonderter Regelung des
Schlichtungsverfahrens vor der Antragsgegnerin (…) die Rechtsgedanken des BaySchlG hierauf
übertragen werden“ könnten. Der Antragsgegner habe aufgrund der E-Mail vom 10. Juli 2020 gewusst, dass
die Schlichter das Einverständnis zu seinem Fernbleiben im Schlichtungstermin verweigert hätten. Darauf,
dass in der Terminsmitteilung das persönliche Erscheinen des Antragstellers nicht angeordnet worden war,
komme es nicht an. Die Ermahnung sei formell und materiell rechtmäßig erfolgt. Dass die zuvor als
Schlichter fungierenden Vorstandsmitglieder der Antragsgegnerin an den Entscheidungen über die
Ermahnung und die Zurückweisung des Einspruchs mitwirkten, stelle keinen Verfahrensmangel dar, zumal
nicht das Verhalten des Antragstellers im Schlichtungsverfahren Gegenstand der Ermahnung gewesen sei,
sondern die daran anschließende Klageerhebung. Die in den Protokollen über die Vorstandssitzungen
aufgeführten „Gäste“ seien bei den den Antragsteller betreffenden Beschlussfassungen, wie aus den
Protokollen ersichtlich, nicht mehr anwesend gewesen. Die Geschäftsführerin der Notarkasse habe nicht in
dieser Eigenschaft, sondern als stellvertretende Geschäftsführerin der Antragsgegnerin an den
Vorstandsitzungen teilgenommen. Gleiches gelte für den Geschäftsführer der Antragsgegnerin. Beide hätten
an der Willensbildung jeweils nicht teilgenommen und seien im Übrigen gemäß
zur Verschwiegenheit verpflichtet. Zum Ablauf des Schlichtungsverfahrens am 10. Juli 2020 könne nicht
Stellung genommen werden, da sich die genannte Verschwiegenheitspflicht auch hierauf erstrecke. Die
Einsicht in die über das Schlichtungsverfahren geführten Akten sei daher zu Recht verweigert worden.
Nach einem Hinweis des Senats darauf, dass eine analoge Anwendung des Bayerischen
Schlichtungsgesetzes nach seiner vorläufigen Einschätzung nicht in Betracht komme, wies die
Antragsgegnerin darauf hin, dass sich die Verpflichtung zum persönlichen Erscheinen „nicht erst aus einer
analogen Anwendung des Art. 11 des Bayerischen Schlichtungsgesetzes“ ableite, sondern aus der
Kardinalspflicht von Notaren zur persönlichen Amtsführung, die „Ursprung zahlreicher Regelungen der
BNotO (insbesondere §§ 8, 9, 25, 38f. BNotO)“ sei. Das Schlichtungsverfahren vor der Antragsgegnerin sei
„Ausprägung des Grundsatzes der Kollegialität, der zum Schutz der Gesamtheit der Notare streng
auszulegen“ sei. Der analogen Anwendung des Art. 11 BaySchlG bedürfe es schon deshalb nicht, weil gar
keine Regelungslücke vorliege. Im Übrigen sei „jedes Schlichtungsverfahren mit anderen
Schlichtungsverfahren vergleichbar“. Da Notare selbst als Schlichtungsstellen fungierten, wäre die
Akzeptanz außergerichtlicher Streitschlichtungen in der Öffentlichkeit gefährdet, wenn für Notare beim Streit
mit Kollegen andere Prinzipien gelten sollten. Durch die Erhebung der Klage gegen eine Kollegin ohne
vorhergehende ordnungsgemäße Durchführung des Schlichtungsverfahrens werde das Ansehen der Notare
in der Öffentlichkeit geschädigt. Wenn die Antragsgegnerin auf Verhaltensweisen von Notaren, die bewusst
gegen die klaren Richtlinien verstoßen, welche sich die Notare als Satzung selbst gegeben hatten, nicht mit
einer Ermahnung reagieren könne, drohe eine spürbare Erosion der Qualität der Berufsausübung, der
Kollegialität und des Ansehens des Berufsstands.
Wegen der Einzelheiten des Vorbringens wird auf das Schreiben der Antragsgegnerin vom 2. September
2020 (Bl. 29/41 der Akte) sowie auf ihre Stellungnahme zum Hinweis des Senats vom 9. Dezember 2020
Bezug genommen.
II.
Auf den zulässigen Antrag des Antragstellers hin ist auszusprechen, dass die gemäß § 75 Abs. 1 BNotO
gegen ihn ausgesprochene Ermahnung aufzuheben ist.
1. Zur Zulässigkeit
Der Antrag ist zulässig.
Gemäß § 75 Abs. 5 Satz 1 BNotO kann der Notar die Entscheidung des Oberlandesgerichts als
Disziplinargericht für Notare beantragen, wenn sein Einspruch gegen die Ermahnung durch den Vorstand der
Notarkammer zurückgewiesen wurde.
Die Zurückweisung des Einspruchs durch den hierfür gemäß
Vorstand der Antragsgegnerin liegt vor. Das Schreiben vom 29. Juni 2020 stellt eine solche Zurückweisung
des Einspruchs dar. Das Fehlen eines Beschlusstenors sowie die Formulierung, wonach dem Antragsteller
„hiermit“ mitgeteilt werde, dass der Vorstand beschlossen habe, den Einspruch zurückzuweisen, steht dem
nicht entgegen, zumal am Ende des Schreibens dieses als „Bescheid“ bezeichnet und eine
Rechtsmittelbelehrungangegeben wird. Ausweislich der Angaben im Einspruch vom 8. April wurde die
Ermahnung dem Antragsteller am 17. März 2020 direkt zugestellt. Der Einspruch vom 8. April 2020 ging
ausweislich des Schreibens der Antragsgegnerin vom 29. Juni 2020 bei der Notarkammer am 14. April 2020
ein und wurde daher gemäß
2. Zur Begründetheit
Der Antrag ist begründet, auch wenn die vom Antragsteller gerügten Verfahrensfehler nicht vorliegen und
Zweifel an der Verfassungskonformität der Richtlinien der Antragsgegnerin nicht bestehen. Zur Klärung der
aufgeworfenen Rechtsfragen sind weitere Beweiserhebungen nicht angezeigt.
a) Zur beantragten Aktenbeiziehung
Anlass, die bei der Notarkammer geführten Akten über das Schlichtungsverfahren zwischen dem
Antragsteller und der von ihm verklagten Notarin beizuziehen, besteht nicht. Für die hier allein
verfahrensgegenständliche Prüfung der von der Notarkammer gem. § 75 Abs. 1 BNotO ausgesprochene
Ermahnung sind die bei der Notarkammer über das Schlichtungsverfahren geführten Akten nicht relevant.
Eine Vorgehensweise nach
Betracht (vgl. BVerwG, Beschluss vom 25. Juni 2010; 20 F 1/10;
Hierauf hat der Senat mit Verfügung vom 12. November 2020 die Verfahrensbeteiligten hingewiesen.
Einwendungen hiergegen wurden nicht erhoben. Die Frage, ob die Antragsgegnerin die beantragte
Akteneinsicht zu Recht oder zu Unrecht verweigert hat, ist damit nicht Gegenstand des vorliegenden
Verfahrens. Isoliert betrachtet ist das Bayerische Oberste Landesgericht für die Frage der Rechtmäßigkeit
der Verweigerung der Akteneinsicht durch die Landesnotarkammer auch nicht zuständig, da gemäß § 2 Satz
1 der Verordnung zur Regelung von Angelegenheiten auf dem Gebiet des Notarwesens vom 10. Februar
2000 in der Fassung vom 2. Oktober 2018 (303-1-3-J) die sachliche Zuständigkeit des BayObLG für
Notarverwaltungssachen im Sinne von § 111 Abs. 1 BNotO nicht vorgesehen ist.
b) Rechtsgrundlage für die Ermahnung
Voraussetzung für eine Ermahnung durch die Notarkammer ist ein ordnungswidriges Verhalten des Notars
leichterer Art (§ 75 Abs. 1 BNotO). Eine Ermahnung kommt danach nur in Betracht, wenn der Notar
rechtswidrig und schuldhaft (vgl. Baumann in Frenz/Miermeister, BNotO, 5. Aufl. 2020 § 75 Rn. 5) gegen das
notarielle Amts- oder Berufsrecht verstoßen hat (Baumann, a. a. O § 75 BNotO Rn. 3).
Ob ein Verhalten des Notars in diesem Sinn berufspflichtwidrig ist, richtet sich nach § 14 Abs. 3 BNotO i.
V.m. § 2 Satz 1 BNotO. Aus § 14 Abs. 3 Satz 2 BNotO folgt diesbezüglich, dass der Notar schon den
Anschein vermeiden muss, dass er gegen gesetzliche Pflichten verstößt.
Pflicht des Notars, sich auch gegenüber Kollegen in einer seinem Amt entsprechenden Weise zu verhalten.
Zur Konkretisierung der sich aus
Richtlinienempfehlungen der Bundesnotarkammer vom 29. Januar 1999 (
dass Notare bei Streitigkeiten untereinander eine gütliche Einigung zu versuchen haben. Im Falle der
Erfolglosigkeit haben sie vor der Anrufung des Gerichts oder der Aufsichtsbehörde eine gütliche Einigung
durch Vermittlung der Notarkammer zu versuchen.
Die Bayerische Notarkammer hat gemäß § 67 Abs. 2 Satz 1 BNotO entsprechend die Richtlinien im
amtlichen Mitteilungsblatt der Landesnotarkammer und der Notarkasse vom 24. November 1999 (Nr. 3 S. 1
ff.) bekannt gemacht. XI 1.2 der Richtlinie gilt seither unverändert.
c) Verfahrensfragen
Die Frage, ob die Antragsgegnerin im Zusammenhang mit der Ermahnung und der Zurückweisung des
Einspruchs hiergegen Verfahrensfehler begangen hat, spielt im Ergebnis für die Entscheidung keine Rolle.
Der Senat weist gleichwohl darauf hin, dass die Mitwirkung von Mitgliedern des Vorstands der
Antragsgegnerin, die zuvor als Schlichter im hier bezeichneten Schlichtungsverfahren fungiert hatten, an den
verfahrensgegenständlichen Beschlussfassungen die Beschlüsse nicht aus formalen Gründen fehlerhaft
macht. Zum einen ist der Gegenstand der Ermahnung nicht das Verhalten des Antragstellers im
Schlichtungsverfahren selbst, sondern der Umstand, dass er Klage gegen eine Kollegin erhob, obwohl er
wusste, dass die Antragsgegnerin noch prüft, ob von einem ordnungsgemäßen Schlichtungsversuch
auszugehen ist oder nicht. Zum andern gibt es keine Bestimmungen, die den Mitgliedern der Vorstandschaft
hier eine Mitwirkung an den Beschlussfassungen über die Ermahnung bzw. den Einspruch hiergegen
verwehren. Vorbehaltlich von Spezialbestimmungen gilt, dass Vorbefassung für Amtsträger weder ein
Betätigungsverbot nach
Abs. 1 S. 1 BayVwVfG begründet (Pautsch/Hoffmann, VwVfG, 2. Aufl. 2021, § 21 Rn. 16). Das gilt auch für
die Mitglieder des Vorstands der Antragsgegnerin als einer Körperschaft des öffentlichen Rechts.
Soweit der Antragsteller anführt, an der Vorstandssitzung, die zum Ausspruch der Ermahnung führte, hätten
„Gäste“ teilgenommen, waren diese zum Zeitpunkt der Beschlussfassung über die Ermahnung nach dem
unwidersprochen gebliebenen Vortrag der Antragsgegnerin nicht mehr anwesend. Dass die
Geschäftsführerin der Notarkasse, die zugleich stellvertretende Geschäftsführerin der Antragsgegnerin ist,
bei der Beschlussfassung anwesend war, ist im Hinblick auf deren Verschwiegenheitspflicht unschädlich, weil
es sich insoweit nicht um eine Außenstehende handelt und sie beim Vollzug des Vorstandsbeschlusses
ohnehin von der disziplinarrechtlichen Ahndung des Antragstellers Kenntnis erlangen kann und dies auch
darf.
d) Zur Verfassungskonformität der obligatorischen Schlichtung Der Senat weist darauf hin, dass seiner
Auffassung nach weder der Justizgewährleistungsanspruch noch die allgemeine Berufsfreiheit der Notare in
verfassungswidriger Weise verletzt werden, wenn berufsrechtlich gefordert wird, dass Notare vor der
Anrufung der ordentlichen Gerichtsbarkeit in berufsbezogenen Streitigkeiten untereinander eine gütliche
Streitbeilegung vor der für sie zuständigen Landesnotarkammer versuchen müssen. Dabei mag offenbleiben,
ob der Justizgewährleistungsanspruch überhaupt tangiert ist, da die Zulässigkeit einer Klage zum Zivilgericht
anders als in den vom Bayerischen Schlichtungsgesetz geregelten Konstellationen nicht davon abhängt, ob
zuvor eine außergerichtliche Streitbeilegung versucht wurde (vgl. Kindler in Frenz/Miermeister a. a. O. § 31
Rn. 11; Frisch in Schippel/Görk, 10. Aufl. 2021, § 31 Rn. 6a m. w. N.).
Der allgemeine Justizgewährleistungsanspruch aus Art. 19 Abs. 4, 20 Abs. 3 GG gewährleistet zum einen,
dass überhaupt ein Rechtsweg zu den Gerichten eröffnet ist. Darüber hinaus garantiert er die Effektivität des
Rechtsschutzes. Die Rechtsschutzgewährung durch die Gerichte bedarf der normativen Ausgestaltung durch
eine Verfahrensordnung. Deren Regelungen können für ein Rechtsschutzbegehren besondere formelle
Voraussetzungen aufstellen und sich dadurch für den Rechtsuchenden einschränkend auswirken (vgl.
BVerfG, Beschluss vom 14. Februar 2007, 1 BvR 1351/01; NJW-RR, 1073ff., Juris Rn. 26 m. w. N.). Durch
die Anordnung einer obligatorische Schlichtung wird der Rechtsweg zu den Gerichten nicht versperrt. Die
Effektivität des Rechtsschutzes ist durch den Umstand, dass regulär vor Anrufung der staatlichen Gerichte
ein außergerichtlicher Streitbeilegungsversuch unternommen werden muss, nicht in verfassungsrechtlich
relevanter, d. h. erheblicher Weise eingeschränkt. Dass im Falle eines Scheiterns der Schlichtung für die
Beteiligten zusätzliche Kosten entstehen und bis zu einer gerichtlichen Entscheidung mehr Zeit verstreicht
als dies der Fall wäre, wenn die Schlichtung nicht erforderlich sein sollte, ändert hieran nichts. Der Senat
verkennt nicht, dass das Bundesverfassungsgericht sich bei der Billigung gesetzlicher Regelungen, die einen
fehlgeschlagenen Schlichtungsversuch als Zugangsvoraussetzung für die Anrufung staatlicher Gerichte
vorsehen, auch darauf berufen hat, dass die wirtschaftliche Bedeutung der Rechtsstreitigkeiten eher
geringes Gewicht hat (z.B. BVerfG a. a. O., Juris Rn. 34). Unabhängig davon erscheint bei Streitigkeiten
zwischen Notaren als Organen der Rechtspflege die Anordnung, vor Anrufung der staatlichen Gerichte den
Versuch einer außergerichtlichen Streitbeilegung vor einer mit den rechtlichen und tatsächlichen
Gegebenheiten bei der Ausübung des Notarberufs vertrauten Stelle unternehmen zu müssen,
verhältnismäßig.
Jedenfalls stellt die Forderung, vor einer gerichtlichen Auseinandersetzung zwischen Notaren sollten diese
eine gütliche Streitbeilegung vor ihrer Kammer versuchen, keine unzulässige Erschwernis vor dem Zugang
zu staatlichem Rechtsschutz dar. In diesem Zusammenhang ist klarzustellen, dass die im vorgelegten
Rechtsgutachten dargelegten Erwägungen, wonach das in
in Auseinandersetzungen „mit Mandatsbezug“ begründbar sei, nicht nachzuvollziehen sind. Dass
andererseits eine sachgerechte Auslegung der Ziffer XI. 1.2 der Richtlinien dazu drängt, sie so zu verstehen,
dass Streitigkeiten zwischen Notaren, die keinen Berufsbezug haben (etwa wegen eines Verkehrsunfalls im
privaten Bereich oder auch der Scheidung von zwei miteinander verheirateten Notaren) ersichtlich nicht
erfasst sind, ist nicht fallrelevant und bedarf keiner Vertiefung.
Der Senat ist mit der Antragsgegnerin der Auffassung, dass das Gebot der Kollegialität gemäß
das die hinreichende Grundlage für die Statuierung der obligatorischen Schlichtung bildet, keine unzulässige
Einschränkung der Berufsausübungsfreiheit für Notare begründet. Zutreffend ist zwar, dass die gesetzliche
Beschränkung der Berufsfreiheit gemäß Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG voraussetzt, dass sie durch hinreichende
Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt ist, das gewählte Mittel zur Erreichung des verfolgten Zwecks
geeignet und auch erforderlich ist und bei einer Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs und
dem Gewicht der ihn rechtfertigenden Gründe die Grenze der Zumutbarkeit noch gewahrt ist (z. B. BVerfG,
Beschluss vom 8. März 2005, 1 BvR 2561/03;
Anrufung der staatlichen Gerichte einen Schlichtungsversuch bei der Notarkammer zu unternehmen, wird
das Ziel verfolgt, das Ansehen der Notare in der Öffentlichkeit zu wahren (Frisch in Schippel/Görk, BNotO, a.
a. O. § 31 Rn. 6). Im Hinblick auf die Stellung der Notare als unabhängigen Trägern eines öffentlichen Amtes
auf dem Gebiet der vorsorgenden Rechtspflege gemäß § 1 BNotO wird damit ein legitimes Ziel verfolgt. Die
Anordnung einer obligatorischen Schlichtung ist gerade auch im Hinblick auf die Sachkompetenz der
Berufskammer für die Beurteilung berufsrechtlicher Fragen, die bei Streitigkeiten zwischen Notaren im Raum
stehen, ein geeignetes Mittel, um in der Öffentlichkeit ausgetragene Streitigkeiten zwischen Notaren zu
vermeiden. Auch wenn sich letztlich nicht verhindern lässt, dass es zu solchen öffentlich ausgetragenen
Streitigkeiten kommt, erscheint es durchaus auch erforderlich, im Interesse des Ansehens der Notare in der
Öffentlichkeit Maßnahmen zu ergreifen, um die Zahl solcher Streitigkeiten so gering wie möglich zu halten.
Der Eingriff in die Berufsfreiheit wiegt dabei denkbar gering, denn Streitigkeiten zwischen Notaren sind im
Hinblick auf deren in aller Regel von ihnen gelebtes Berufsbild äußerst selten. Die Forderung, in einem
solchen Fall eine außergerichtliche Streitbeilegung vor der Notarkammer zu versuchen, stellt sich - auch im
Hinblick auf die damit für die Beteiligten verbundenen Chancen, einen kosten- und zeitintensiven Rechtsstreit
abzuwenden - als kaum fühlbare Belastung dar.
e) Pflicht zum persönlichen Erscheinen im Schlichtungstermin vor der Notarkammer Der Senat kann aber
keine berufsrechtlich zu begründende Rechtspflicht des Notars erkennen, an einem solchen
Schlichtungstermin persönlich teilzunehmen. Eine ausdrückliche Regelung einer solchen Pflicht besteht, was
auch die Antragsgegnerin einräumt, nicht. Insbesondere hat die Antragsgegnerin keine Schlichtungsordnung
errichtet, aus der sich eine solche Pflicht ergeben würde.
Eine Übertragung der Bestimmungen des Bayerischen Schlichtungsgesetzes auf das vor der
Landesnotarkammer durchzuführende Schlichtungsverfahren zwischen Notaren ist nicht möglich. Der
Regelungsgehalt des Bayerischen Schlichtungsgesetzes, insbesondere von dessen Art. 11 Abs. 4, der
vorsieht, dass ein Schlichtungsversuch als nicht unternommen gilt, wenn der Antragsteller dem
Schlichtungstermin ohne vorherige Billigung durch den Schlichter fernbleibt, ist auf die in Art. 1 BaySchlG
abschließend aufgezählte Rechtsstreitigkeiten beschränkt. In der Konsequenz ist damit auch die
Unzulässigkeit einer vor einem Amtsgericht erhobenen Klage verbunden. Das gilt für Rechtsstreitigkeiten
zwischen Notaren schon unabhängig davon, dass im vorliegenden Fall die Zuständigkeit des Amtsgerichts
ersichtlich nicht gegeben war, nicht.
Der Umstand, dass für die Schlichtung von Streitigkeiten zwischen Notaren vor der Notarkammer keine
Regelung der Konsequenzen des Fernbleibens im Schlichtungstermin existiert, lässt sich nicht als
planwidrige Regelungslücke darstellen. Insoweit verweist der Senat auf die Erwägungen im Hinweis vom 12.
November 2020. Soweit der Senat dort auf den Umstand hingewiesen hat, dass der Gesetzgeber die
obligatorische Schlichtung vor Anrufung der staatlichen Gerichtsbarkeit für die Anwaltschaft durch
Neufassung der BRAO abgeschafft hat, wollte er damit lediglich untermauern, dass der Gesetzgeber die
Thematik der obligatorischen Schlichtung im Berufsrecht der freien Berufe im Blick hatte. Die von der
Antragsgegnerin dargestellten Unterschiede zwischen Anwälten und Notaren, insbesondere auch deren
Anzahl, die mit ein Grund für die Abschaffung der obligatorischen Schlichtung im Berufsrecht der
Rechtsanwälte gewesen sein mag, ändern hieran nichts.
Soweit die Antragsgegnerin die Auffassung vertritt, aus der Kardinalpflicht zur persönlichen Amtsausübung
folge, dass Notare sich bei Schlichtungen vor der Notarkammer nicht durch Rechtsanwälte vertreten lassen
dürfen, sondern persönlich erscheinen müssen, bleibt der Senat bei seiner Auffassung, dass eine solche
Pflicht vorbehaltlich einer entsprechenden im Satzungswege zu normierenden Regelung nicht besteht. Die
Pflicht zur persönlichen Amtsausübung ist in der BNotO an vielen, von der Antragsgegnerin aufgelisteten
Stellen ausdrücklich normiert. Das spricht aus Sicht des Senats dafür, dass der Gesetzgeber in jedem der
genannten Fallkonstellationen ausdrücklichen Regelungsbedarf sah; nicht dafür, dass er redundant in jedem
Einzelfall einen allgemeinen Grundsatz bekräftigen wollte.
Hinzu kommt, dass der disziplinarrechtlich zu ahndende Verstoß auch von der Antragsgegnerin nicht in dem
Umstand gesehen wird, dass der Antragsteller im Schlichtungstermin nur durch einen Rechtsanwalt
vertreten, aber nicht persönlich anwesend war, sondern darin, dass er, ohne den Abschluss des
Schlichtungsverfahrens abzuwarten, der nach Auffassung der Antragsgegnerin noch nicht eingetreten war,
Klage gegen die Notarin zum Landgericht erhob.
Wäre es im Schlichtungstermin zu einer gütlichen Einigung zwischen dem anwaltlich vertretenen
Antragsteller und seiner Kontrahentin gekommen, käme niemand auf die Idee, im Fernbleiben des
Antragstellers ein berufsrechtlich relevantes Fehlverhalten zu erblicken oder die Wirksamkeit der Schlichtung
in Zweifel zu ziehen.
f) Zum Bestimmtheitsgebot
Der Antragsteller verweist zudem zutreffend darauf, dass auch die disziplinarrechtliche Sanktionierung von
Fehlverhalten gemäß Art. 103 Abs. 2 GG voraussetzt, dass die Norm, gegen die verstoßen wurde, dem
Bestimmtheitsgebot angemessen Rechnung trägt (vgl. BVerfG, Beschl. 11. Juni 1969, 2 BvR 418/66;
Dabei gilt folgender Grundsatz: Je näher eine behördliche Maßnahme einer Sanktion rückt, ums bestimmter
müssen ihre Grundlagen sein. Die Ermahnung hat zwar nicht den Charakter einer Disziplinarmaßnahme (vgl.
von Strahlendorff in Schippel/Görk, BNotO, a. a. O. § 75 Rn. 4; Baumann in Frenzl/Miermeister, BNotO, a. a.
O. § 75 Rn. 1). Sie ist andererseits mehr als nur eine feststellende Beanstandung. Sie wird Bestandteil der
über den Notar geführten Akten und kann ihm vorgehalten werden, bis sie nach fünf Jahren getilgt wird (§
110a Abs. 5 BNotO). Insoweit ist sie mindestens belastend.
Allein aus dem in
einen Kollegen Zivilklage zu erheben, bevor nicht eine außergerichtliche Streitbeilegung unter persönlicher
Teilnahme an einem Schlichtungsgespräch versucht wurde, nicht mit der danach gebotenen Bestimmtheit
ableiten. Da eine vollständige Aufzählung der mit einem Beruf verbundenen Pflichten nicht möglich ist, ist
insoweit aber die Verwendung einer Generalklausel für das Gebot der Kollegialität unbedenklich (BVerfG a.
a. O.; Juris Rn. 51) Aus der dieses Gebot damit zulässigerweise konkretisierenden Bestimmung in Ziffer XI.
1.2 der Richtlinie lässt sich indes nur ableiten, dass vor der Anrufung der staatlichen Gerichte ein
Schlichtungsversuch unternommen werden muss. Dem hat der Antragsteller jedoch auch nach dem
Vorbringen der Antragsgegnerin entsprochen. Eine weitergehende Interpretation der vorliegenden
Bestimmungen unter Hinzuziehung von für andere Konstellationen geschaffenen gesetzlichen Regelwerken
würde das Gebot der Bestimmtheit indes gänzlich entleeren.
Insoweit hätte es ausdrücklicher Bestimmungen in den die Pflichten der Kammermitglieder regelnden
Satzungen bedurft.
Soweit die Antragsgegnerin die Auffassung vertritt, für eine zielführende Schlichtung sei die persönliche
Anwesenheit der Streitparteien unabdingbar, übersieht sie, dass es zwar eine Pflicht zur Einleitung des
Schlichtungsverfahrens gibt, damit aber nicht die Pflicht zu einer Einigung im Schlichtungsverfahren
begründet wird. Aus den das notarielle Berufsrecht regelnden Bestimmungen lässt sich daher eine Pflicht zur
persönlichen Teilnahme an einer im Rahmen der Schlichtung anberaumten mündlichen Verhandlung nicht
ableiten. Unabhängig davon bleibt es der Antragsgegnerin nach Auffassung des Senats unbenommen, durch
Errichtung einer entsprechenden Schlichtungsordnung für Klarheit zu sorgen. Der von ihr besorgten spürbare
Erosion der Qualität der Berufsausübung, der Kollegialität und des Ansehens des Berufsstands ließe sich
dadurch angemessen entgegenwirken.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf
ff. VwGO, wobei sich im Hinblick auf den Umstand, dass Gerichtskosten gemäß Art. 73 BayLDG nicht
anfallen (vgl. Wittkowski in Urban/Wittkowski, Bundesdisziplinargesetz, 2. Aufl. 2017, § 78 BDG Rn. 7), die
Kostentragungspflicht nur auf die Erstattung der notwendigen Auslagen des Antragstellers bezieht.
Einer Wertfestsetzung bedarf es nicht. § 111g Abs. 1 BNotO regelt nur die Wertsetzung in
Notarverwaltungssachen im Sinne von § 111 Abs. 1 BNotO und ist nach seinem klaren Wortlaut auf
Verfahren nach § 75 Abs. 5 BNotO nicht anwendbar (a. A.: OLG Zweibrücken Beschluss vom 8. April 2016, 1
Not 1/15,
336 ff.; Juris Rn. 51). Verfahren nach § 75 Abs. 5 BNotO stellen disziplinargerichtliche Streitigkeiten im Sinne
von § 111 Abs. 1 BNotO dar, auch wenn die Ermahnung keine Disziplinarmaßnahme ist (von Strahlendorff in
Schippel/Görk, BNotO, a. a. O. § 75 Rn. 4; Baumann in Frenzl/Miermeister, BNotO, a. a. O. § 75 Rn. 1). Dies
ergibt sich daraus, dass § 75 Abs. 5 Satz 1 BNotO die Zuständigkeit der Oberlandesgerichte als
Disziplinargerichte bestimmt.
Die Höhe der dem Antragsteller zu erstattenden Anwaltskosten ist nicht von einem Geschäftswert abhängig
(vgl. BayVGH, Beschluss vom 27. Juni 2013, 16a DC 12.565;
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.
Entscheidung, Urteil
Gericht:BayObLG
Erscheinungsdatum:16.02.2021
Aktenzeichen:501 DSNot 2/20
Rechtsgebiete:Notarielles Berufsrecht
Normen in Titel:BNotO §§ 31, 75 Abs. 5 S. 1