Überlassung von Miteigentumsanteilen an einem Grundstück an minderjährige Kinder; lediglich rechtlich vorteilhaft; kein Erfordernis der Mitwirkung eines Ergänzungspflegers
letzte Aktualisierung: 9.8.2024
BGH, Beschl. v. 20.6.2024 – V ZB 1/24
BGB §§ 107, 1629 Abs. 2, 1809 Abs. 1, 1824 Abs. 1 Nr. 1
Überlassung von Miteigentumsanteilen an einem Grundstück an minderjährige Kinder;
lediglich rechtlich vorteilhaft; kein Erfordernis der Mitwirkung eines Ergänzungspflegers
Der Erwerb eines Miteigentumsanteils an einem nicht vermieteten oder verpachteten Grundstück
durch einen Minderjährigen ist lediglich rechtlich vorteilhaft i. S. v.
vom 18. April 2024 – V ZB 51/23).
(Leitsatz der DNotI-Redaktion)
Gründe:
I.
Der Beteiligte zu 1 ist Eigentümer des im Eingang dieses Beschlusses bezeichneten
Grundstücks. Mit notariell beurkundeter Vereinbarung vom 24. November
2022 übertrug er das Grundstück unentgeltlich zu Miteigentum an seine
Enkelinnen, die Beteiligten zu 2 bis 4. Die minderjährigen Beteiligten zu 3 und 4
wurden von ihrer Mutter, der Tochter des Beteiligten zu 1, vertreten. Der Notar
reichte die Urkunde mit der Bitte um entsprechende Eintragungen bei dem
Grundbuchamt ein.
Das Grundbuchamt hat durch Zwischenverfügung vom 12. Dezember
2022 unter Ziff. 6 beanstandet, dass die Mutter der minderjährigen Beteiligten
zu 3 und 4 hinsichtlich der Eigentumsübertragung von der Vertretung ausgeschlossen
sei. Die hiergegen gerichtete Beschwerde der Beteiligten hat das
Oberlandesgericht zurückgewiesen. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde
verfolgen die Beteiligten ihren Eintragungsantrag weiter.
II.
Das Beschwerdegericht meint, Ziff. 6 der Zwischenverfügung sei zu Recht
ergangen. Die Grundstücksübertragung zu Miteigentum an die minderjährigen
Beteiligten zu 3 und 4 sei nicht lediglich rechtlich vorteilhaft i.S.d.
Erwerb eines Miteigentumsanteils an einem - wie hier - bebauten Grundstück sei
vielmehr ebenso als rechtlich nachteilhaft zu qualifizieren wie der Erwerb einer
Eigentumswohnung. Deshalb sei die Einwilligung des gesetzlichen Vertreters,
also nach dem Vortrag der Beteiligten die Einwilligung der Mutter der Beteiligten
zu 3 und 4 erforderlich. Die Mutter sei jedoch, da es sich bei dem Beteiligten zu 1
um ihren Vater handele, von der Vertretung ausgeschlossen. Es bedürfe folglich
der Genehmigung der Auflassung durch einen Ergänzungspfleger.
III.
Die nach
Beschwerdegericht hat die Beschwerde zu Unrecht zurückgewiesen, weil das in
der Zwischenverfügung des Grundbuchamts unter Ziff. 6 aufgeführte Eintragungshindernis
nicht besteht. Wie der Senat jüngst entschieden hat (Beschluss
vom 18. April 2024 - V ZB 51/23, juris), ist der Erwerb eines Miteigentumsanteils
an einem nicht vermieteten oder verpachteten Grundstück durch einen Minderjährigen
lediglich rechtlich vorteilhaft i.S.v.
wird auf die Begründung in dieser Entscheidung Bezug genommen
(Senat, Beschluss vom 18. April 2024 - V ZB 51/23, aaO Rn. 13 ff.). Ist aber die
Übertragung lediglich rechtlich vorteilhaft i.S.d.
zu 3 und 4 nicht gemäß
BGB von der Vertretung ihrer Kinder ausgeschlossen (näher dazu Senat, Beschluss
vom 18. April 2024 - V ZB 51/23, aaO Rn. 8). Der Genehmigung durch
einen Ergänzungspfleger (vgl. § 1809 Abs. 1 BGB) bedarf es deshalb nicht.
IV.
1. Da das Beschwerdegericht hiernach die Beschwerde gegen Ziff. 6 der
Zwischenverfügung des Grundbuchamts zu Unrecht zurückgewiesen hat, ist
seine Entscheidung aufzuheben (
Das Grundbuchamt darf den Vollzug der beantragten Grundbucheintragung nicht
aus den in Ziff. 6 der Zwischenverfügung genannten Gründen verweigern.
2. Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst.
Entscheidung, Urteil
Gericht:BGH
Erscheinungsdatum:20.06.2024
Aktenzeichen:V ZB 1/24
Rechtsgebiete:
Vormundschaft, Pflegschaft (familien- und vormundschaftsgerichtliche Genehmigung)
Grundbuchrecht
Verfahrensrecht allgemein (ZPO, FamFG etc.)
Elterliche Sorge (ohne familiengerichtliche Genehmigung)
BGB §§ 107, 1629 Abs. 2, 1809 Abs. 1, 1824 Abs. 1 Nr. 1