BGH 24. Februar 2015
II ZB 17/14
GmbHG §§ 16 Abs. 1 u. 2, 40 Abs. 1

Kein Testamentsvollstreckervermerk in der GmbH-Gesellschafterliste

GmbHG §§ 16 Abs. 1 u. 2, 40 Abs. 1
Kein Testamentsvollstreckervermerk in der GmbH-Gesellschafterliste

Das Registergericht darf die Aufnahme einer mit einem Testamentsvollstreckervermerk versehenen Gesellschafterliste ablehnen.

BGH, Beschl. v. 24.2.2015 – II ZB 17/14

Problem
Im Handelsregister ist eine GmbH eingetragen. Für einen Geschäftsanteil ist Dauertestamentsvollstreckung angeordnet. Der Geschäftsführer reicht eine neue Gesellschafterliste ein; sie enthält die Angabe, dass für den Geschäftsanteil Testamentsvollstreckung besteht und dass der Geschäftsführer Testamentsvollstrecker ist.

Das Registergericht weist den Antrag auf Einstellung der Liste zurück. Die Beschwerde zum OLG bleibt ohne Erfolg. Hiergegen legt die GmbH Rechtsbeschwerde ein.

Entscheidung
Die Rechtsbeschwerde vor dem BGH bleibt ebenfalls ohne Erfolg. Nach Ansicht des BGH darf das Registergericht die Aufnahme einer Gesellschafterliste mit Testamentsvollstreckervermerk ablehnen. Das Registergericht dürfe prüfen, ob die Gesellschafterliste den formalen Anforderungen des § 40 GmbHG entspreche. Die Gesellschafterliste enthalte vorliegend unzulässige Angaben, denn ein Testamentsvollstreckervermerk gehöre nicht zu den gesetzlich vorgesehenen Informationen in der Gesellschafterliste.

Es stehe nicht im Belieben der Beteiligten, den Inhalt der von ihnen eingereichten Gesellschafterliste abweichend von den gesetzlichen Vorgaben um weitere, ihnen sinnvoll erscheinende Bestandteile „freiwillig“ zu ergänzen. Dem stehe der Grundsatz der Registerklarheit entgegen. Die Gesellschafterliste sei von jedermann einzusehen (§ 9 Abs. 1 S. 1 HGB). Es liege im Interesse des Rechtsverkehrs, dass die abrufbaren Informationen übersichtlich und geordnet seien. Wegen der fehlenden negativen Publizität liefere die Gesellschafterliste ohnehin nur eingeschränkte Informationen.

Die Aufnahme von Informationen über die in § 40 Abs. 1 S. 1 GmbHG genannten Angaben hinaus setze mindestens ein erhebliches praktisches Bedürfnis des Rechtsverkehrs voraus. Da die Wirkungen der Aufnahme in die Liste auf das Verhältnis zur Gesellschaft (§ 16 Abs. 1 GmbHG) und zu einem Erwerber (§ 16 Abs. 3 GmbHG) beschränkt seien, müsse gerade insoweit ein Bedürfnis begründet sein. Dies sei jedoch nicht der Fall.

Ein Bedarf fehle insbesondere hinsichtlich der Legitimationswirkung gegenüber der Gesellschaft, um die Ladung, Teilnahme und Stimmabgabe des Testamentsvollstreckers an der Stelle des Erben sicherzustellen. Die Ladung sei zwar an den Testamentsvollstrecker zu richten und der Testamentsvollstrecker sei auch grundsätzlich zur Ausübung des Stimmrechts befugt. Dies ändere aber nichts daran, dass Inhaber des Geschäftsanteils selbst bei der Dauertestamentsvollstreckung der Erbe sei. Er sei zudem Träger des Stimmrechts; lediglich die Ausübung des Stimmrechts könne Sache des Testamentsvollstreckers sein. Als Legitimationsausweis gegenüber der Gesellschaft genüge insoweit das Testamentsvollstreckerzeugnis (§ 2368 Abs. 1 BGB).

Nicht erforderlich sei die Eintragung des Testamentsvollstreckervermerks des Weiteren zur Verhinderung eines gutgläubigen Erwerbs des Geschäftsanteils von den Erben. § 16 Abs. 3 GmbHG schütze nicht den guten Glauben in die unbeschränkte Verfügungsbefugnis des in die Gesellschafterliste aufgenommenen Gesellschafters gegenüber einem Erwerber (zur aufschiebend bedingten Geschäftsanteilsabtretung BGH DNotZ 2011, 943, 945 ff. Tz. 16 ff. = DNotI-Report 2011, 181). Die Norm vermittle daher keinen Gutglaubensschutz gegenüber einer Verfügung des durch die Testamentsvollstreckung beschränkten Erben. Ein gutgläubiger Erwerb scheide ohnehin aus, wenn der Erwerber die Zugehörigkeit des Verfügungsgegenstands zum Nachlass kenne, weil die Testamentsvollstreckung im Erbschein angegeben sei (§§ 2364, 2366 BGB).

Zum Nachweis der Verfügungsbefugnis des Testamentsvollstreckers über den Geschäftsanteil sei der Testamentsvollstreckervermerk nicht hilfreich. Denn § 16 Abs. 3 schütze nur den Erwerb vom nichtberechtigten Veräußerer, der als Inhaber des Geschäftsanteils in die Gesellschafterliste aufgenommen sei. Seine Verfügungsbefugnis müsse der Testamentsvollstrecker durch das Testamentsvollstreckerzeugnis nachweisen.

Weiter werde ein Bedarf für den Testamentsvollstreckervermerk nicht dadurch begründet, dass der Geschäftsanteil während der Dauer der Testamentsvollstreckung nur den Nachlassgläubigern und nicht den Eigengläubigern des Gesellschafter-Erben als Haftungsmasse zur Verfügung stehe. Zwar sei bzgl. des Kommanditanteils insoweit ein praktisches Bedürfnis für die Eintragung des Testamentsvollstreckervermerks im Handelsregister anerkannt (BGH DNotZ 2012, 788, 790 Tz. 19). Bei der GmbH komme der Gesellschafterliste aber nicht die Aufgabe zu, Dritten verlässlich Auskunft über die Geschäftsanteile als Haftungsmasse zu geben. Das Interesse der Eigengläubiger des Gesellschafter-Erben, eine Pfändung in den Geschäftsanteil zu unterlassen, rechtfertige den Testamentsvollstreckervermerk daher nicht.

Im Gegensatz zur Kommanditgesellschaft bestehe bei der GmbH darüber hinaus kein Bedürfnis, die Gesellschaftsgläubiger durch die Verlautbarung der Testamentsvollstreckung zu schützen. Die Gesellschafter würden nicht persönlich haften (§ 13 Abs. 2 GmbHG) und eine Haftungsausweitung lasse sich allenfalls über die Ausfallhaftung nach § 24 GmbHG begründen. Insoweit würde der Gesellschafter-Erbe aber nur gegenüber der GmbH haften. Anders als bei der Kommanditgesellschaft könne eine Haftung gegenüber Dritten nicht schon aufgrund einer Mitteilung entstehen (§ 172 Abs. 2 HGB).

Ein erhebliches praktisches Bedürfnis folge auch nicht aus dem Interesse des Rechtsverkehrs, die Personen zu kennen, die entscheidenden Einfluss auf die Geschicke der Gesellschaft hätten. § 40 GmbHG wolle Transparenz hinsichtlich der Anteilseigner der GmbH schaffen und Geldwäsche verhindern, nicht aber eine über die Anteilsverhältnisse hinausgehende Information wie im Kapitalmarktrecht (§§ 21 ff. WpHG, § 22 Abs. 1 Nr. 6 WpHG).

Gegen die Aufnahme freiwilliger Zusatzinformationen wie der Testamentsvollstreckung spreche schließlich, dass das Gesetz keine Regelung über die Löschung der Eintragung enthalte.

Art:

Entscheidung, Urteil

Gericht:

BGH

Erscheinungsdatum:

24.02.2015

Aktenzeichen:

II ZB 17/14

Rechtsgebiete:

GmbH

Erschienen in:

DNotI-Report 2015, 53-54
ZNotP 2015, 149-152

Normen in Titel:

GmbHG §§ 16 Abs. 1 u. 2, 40 Abs. 1