OLG Hamm 20. Juli 2017
5 U 123/16
BGB § 275 Abs. 1; ErbbauRG §§ 27, 29; ZPO § 767

Unmöglichkeit der Löschung von Grundschulden, die in einem Erbbaugrundbuch eingetragen sind, nach Erlöschen des Erbbaurechts

DNotI
Deutsches Notarinstitut
letzte Aktualisierung: 26.10.2017
OLG Hamm, Urt. v. 20.7.2017 – 5 U 123/16

BGB § 275 Abs. 1; ErbbauRG §§ 27, 29; ZPO § 767
Unmöglichkeit der Löschung von Grundschulden, die in einem Erbbaugrundbuch
eingetragen sind, nach Erlöschen des Erbbaurechts

1. Die Löschung von Grundschulden, welche in einem Erbbaugrundbuch eingetragen sind, ist
unmöglich i. S. v. § 275 Abs. 1 BGB, wenn die Erbaurechte selbst durch Zeitablauf erloschen
sind.
2. Die dinglichen Rechte, die auf dem Erbbaugrundbuch lasten, gehen mit dem Endtermin des
Erbbaurechts unter.

Gründe:

A.
Der Beklagte ist Eigentümer der im Grundbuch von C, Blatt #### eingetragenen
Grundstücke Gemarkung C, Flur ##, Flurstücke ### und ###.
Auf diesen beiden Grundstücken vergaben bereits die Rechtsvorgänger des Beklagten in
den 60-er und 70-er Jahren des 20. Jahrhunderts Erbbaurechte. Der Kläger erwarb
Anfang der 90-er Jahre die Erbbaurechte von T (vgl. notarieller Kaufvertrag über
Erbbaurechte vom 03.04.1992 mit der UR-Nr. 186/Notar N = Anl. K 6 Anlagenband). Die
Erbbaurechte sind eingetragen in den Erbbaugrundbüchern von C Blatt # und Blatt ####.
Durch notariellen Vertrag vom 22.01.1993 (UR-Nr. 39/1993 Notar N = Anl. K 7
Anlagenband) zwischen dem Kläger und T verpflichteten sich beide Vertragspartner in
Abänderung des notariellen Kaufvertrages vom 03.04.1992 unter § 7 dazu, keine weiteren
Grundpfandrechte in die vorbezeichneten Erbbaugrundbücher mehr eintragen zu lassen
und eine bereits eingetragene Grundschuld i. H. v. 150.000,00 DM bis zum 01.01.2010 zu
löschen, was auch geschah.
Anfang Februar 2007 wurde mit Zustimmung des Beklagten ins Erbbaugrundbuch von C
Blatt # in Abt. III lfd.-Nr. 5 eine Grundschuld i. H. v. 50.000,00 Euro zuzüglich Zinsen,
vollstreckbar nach § 800 ZPO, für die Stadtsparkasse C eingetragen, desgleichen in dem
Erbbaugrundbuch von C Blatt #### in Abt. III lfd.-Nr. 3. Insoweit besteht Gesamthaft.
Diese Grundschulden sind bislang nicht gelöscht worden.
Mit Schreiben Ende Januar 2007 hatte der Kläger gegenüber dem Beklagten erklärt, dass
„die Grundschuld zum 01.01.2010 gelöscht wird“ (vgl. Bl. 163 d. A.).
Nachdem eine Löschung der in den Erbbaugrundbüchern von C Blatt # und Blatt ####
eingetragenen Grundschulden nicht vorgenommen wurde, erstritt der Beklagte (in jenem
Verfahren als Kläger) gegen den Kläger (in jenem Verfahren Beklagter) vor dem
Landgericht Bielefeld unter dem 28.04.2015 ein Urteil (Az.: 7 O 1/14) mit folgendem Tenor:
„Der Beklagte wird verurteilt, die in dem Erbbaugrundbuch von C Blatt # in Abt. III lfd.-Nr. 5
eingetragene Gesamtgrundschuld in Höhe von 50.000,00 Euro zuzüglich 20 % Zinsen,
vollstreckbar nach § 800 ZPO für die Stadtsparkasse C, sowie die in dem
Erbbaugrundstück von C Blatt #### in Abt. III lfd.-Nr. 3 eingetragene Grundschuld in Höhe
von 50.000,00 Euro zzgl. 20 % Zinsen, vollstreckbar nach § 800 ZPO (Mithaft), zur
Löschung zu bringen, indem der Beklagte zum einen auf seine Kosten die
Löschungsbewilligung der Gläubigerin beibringt und zum andern selbst die Löschung der
Grundschulden beantragt.“
Im Juli 2015 beantragte der Beklagte als Gläubiger im Zwangsvollstreckungsverfahren vor
dem Landgericht Bielefeld mit dem Az.: 7 O 1/14 gegen den Kläger als Schuldner gem. §
888 ZPO wegen Nichterteilung der Löschungsbewilligung und Nichtvornahme des
Eigenantrages auf Löschung der Grundschuld ein Zwangsgeld festzusetzen und für den
Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Zwangshaft anzuordnen.
Am 31.08.2015 endeten die beiden vorbezeichneten Erbbaurechte vereinbarungsgemäß
(vgl. Grundbuchauszug des Grundbuches von C Blatt ####, Abt. II, lfd.-Nr. 3).
Mit Schriftsatz vom 22.09.2015 stellte der Beklagte seinen Vollstreckungsantrag um und
beantragte, die Erteilung bzw. Beibringung der Löschungsbewilligung gem. § 887 ZPO auf
Kosten des Schuldners vornehmen zu lassen. Mit Beschluss vom 19.10.2015 entschied
das Landgericht (Az.: 7 O 1/14) antragsgemäß.
Mit Schriftsatz vom 09.11.2015 legte der Kläger sofortige Beschwerde gegen den
Beschluss vom 19.10.2015 ein. Zur Begründung wies er darauf hin, dass eine
Zwangsvollstreckung aufgrund des Erlöschens der Erbbaurechte Ende August 2015 nicht
mehr möglich und die Vollstreckung daher auf einen unmöglichen Erfolg gerichtet sei.
Nachdem das Landgericht der Beschwerde nicht abgeholfen hatte, legte es die Sache
dem Oberlandesgericht Hamm vor. Mit Beschluss vom 03.03.2016 hat der Senat unter
dem Az.: 5 W 115/15 den Beschluss des Landgerichts Bielefeld abgeändert und den
Vollstreckungsantrag des Beklagten zurückgewiesen. Zur Begründung hat der Senat
ausgeführt, dass der Vollstreckungsantrag des Beklagten bzw. Gläubigers unzulässig sei,
da er auf eine Leistung gerichtet sei, deren Unmöglichkeit bereits feststehe.
Im vorliegenden Verfahren hat der Kläger Mitte Dezember 2015 Vollstreckungsgegenklage
erhoben, welche dem Beklagten am 22.01.2016 zugestellt worden ist.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, dass die Zwangsvollstreckung des Beklagten aus
dem Urteil vom 28.04.2015 unzulässig sei. Infolge Zeitablaufs seien die von der Belastung
betroffenen Erbbaurechte erloschen. Den Leistungserfolg, den er als Schuldner nach dem
vorbezeichneten Urteil erbringen solle, könne niemand mehr erbringen. Es sei durch
Zeitablauf objektive Unmöglichkeit eingetreten. Mithin sei die Zwangsvollstreckung
unzulässig, da das Substrat der Zwangsvollstreckung weggefallen sei.
Der Kläger hatte zunächst den Antrag angekündigt, dass die Zwangsvollstreckung aus
dem vorbezeichneten Urteil des Landgerichts Bielefeld für unzulässig erklärt und der
Beklagte darüber hinaus verurteilt werde, die ihm erteilte vollstreckbare Ausfertigung des
vorgenannten Urteils an ihn - den Kläger – herauszugeben. Aufgrund des Hinweises des
Gerichts vom 20.06.2016, wonach der Zulässigkeit der Zwangsvollstreckungsgegenklage
die materielle Rechtskraft des Senatsbeschlusses vom 03.03.2016 entgegenstehe, hat der
Kläger den Antrag auf Unzulässigkeitserklärung der Zwangsvollstreckung für erledigt
erklärt. Der Beklagte hat der Erledigung widersprochen.
Der Kläger hat zuletzt beantragt,
1.
den Beklagten zu verurteilen, die ihm erteilte vollstreckbare Ausfertigung des Urteils des
Landgerichts Bielefeld vom 28.04.2015 mit dem Az.: 7 O 1/14 an ihn – den Kläger –
herauszugeben;
2.
den Beklagte zu verurteilen, die ihm erteilte vollstreckbare Ausfertigung des Beschlusses
des Landgerichts Bielefeld vom 19.10.2015 mit dem Az.: 7 O 1/14 an ihn herauszugeben;
3.
festzustellen, dass der Rechtsstreit im Übrigen erledigt ist.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte ist der Ansicht gewesen, dem Kläger stehe ein Anspruch auf Herausgabe
der vollstreckbaren Titel nicht zu, da der in diesem tenorierte Anspruch noch keine
Erledigung gefunden habe. Das Erbbaurechtsgrundbuch bestehe weiterhin und die
Grundschuld sei dort weiterhin eingetragen. Zudem habe der Kläger mehrfach zugesagt,
dass er die Belastungen in Abt. III der Erbbaurechtsgrundbücher zur Löschung bringen
werde, was jedoch nicht geschehen sei. Bei einer Schließung des
Erbbaurechtsgrundbuches verbleibe im Grundbuch des Eigentümers in Abt. II ein Recht
zugunsten der Sparkasse, das sich bei einem evtl. Erlös aus der Beendigung des
Erbbaurechts und dem Übergang der Gebäude in sein Eigentum an dem Erlös fortsetze.
Die Gebäude seien jedoch in einem derart schlechten Zustand, dass sich die Forderung
der Sparkasse niemals realisieren lasse.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die
wechselseitigen Schriftsätze und Anl. Bezug genommen.
Das Landgericht hat in seiner Entscheidung, welche nach Zustimmung der Parteien im
schriftlichen Verfahren getroffen worden ist, den zuletzt gestellten Klageanträgen
vollumfänglich stattgegeben.
1.
Dem Kläger stehe ein Anspruch auf Herausgabe der vollstreckbaren Ausfertigung des
Urteils vom 28.04.2015 mit dem Az.: 7 O 1/14 LG Bielefeld zu.
Die Klage sei zulässig. Zwar sei die Klage auf Herausgabe der vollstreckbaren
Ausfertigung eines unter §§ 794 ZPO fallenden Titels nach der Rechtsprechung des
Bundesgerichtshofes im Grundsatz nur dann zulässig, wenn entweder über eine
Vollstreckungsabwehrklage bereits rechtskräftig entschieden worden oder die Erfüllung
der dem Titel zugrunde liegenden Forderung zwischen den Parteien unstreitig sei. Dies sei
hier nicht der Fall. Es liege hier jedoch die Besonderheit vor, dass über die
Vollstreckungsabwehrklage nicht mehr habe rechtskräftig entschieden werden können, da
einer derartigen Entscheidung die materielle Rechtskraft des Senatsbeschlusses vom
03.03.2016 entgegengestanden habe. Unter diesen Umständen müsse die
Herausgabeklage trotz einer rechtskräftigen Entscheidung im Rahmen einer
Vollstreckungsabwehrklage zulässig sein.
Die Herausgabeklage sei auch begründet. Es sei zwischen den Parteien unstreitig, dass
das Erbbaurecht am 31.08.2015 erloschen sei. Bei Löschung des Erbbaurechts werde das
Erbbaugrundbuch von Amts wegen geschlossen. Eine Löschung der Grundschulden sei
daher unmöglich geworden, da die Erbbaurechte selbst durch Zeitablauf erloschen seien.
Die dinglichen Rechte, die auf dem Erbbaurecht lasteten, gingen mit dem Endtermin des
Erbbaurechtes unter.
2.
Dem Kläger stehe aus denselben Gründen wie unter 1. ebenfalls ein Anspruch auf
Herausgabe der vollstreckbaren Ausfertigung des Beschlusses des Landgerichts Bielefeld
vom 19.10.2015.
3.
Auch dem Feststellungsantrag sei stattzugeben. Er sei ebenso zulässig wie begründet.
Dem Kläger habe es freigestanden, seine ursprüngliche Klage für erledigt zu erklären,
nachdem das Oberlandesgericht Hamm mit Beschluss vom 03.03.2016 entschieden habe,
dass der Vollstreckungsantrag des hiesigen Beklagten/Gläubigers zurückgewiesen werde.
Die Umstellung des Antrages stelle sich als eine zulässige Beschränkung der ursprünglich
erhobenen Zwangsvollstreckungsgegenklage dar. Das erforderliche
Feststellungsinteresse folge aus der Weigerung des Beklagten, sich der
Erledigungserklärung anzuschließen, sowie aus dem berechtigten Interesse des Klägers,
in diesem Rechtsstreit eine abschließende Entscheidung auch über die Kosten zu
erhalten.
Die Klage sei auch begründet. Die ursprüngliche Zwangsvollstreckungsgegenklage sei
zulässig und begründet gewesen.
Sie sei insbesondere nicht wegen anderweitiger Rechtshängigkeit unzulässig gewesen.
Dem stehe nicht entgegen, dass vor dem Oberlandesgericht Hamm (Az.: 5 W 115/15) die
sofortige Beschwerde gegen den Beschluss des Landgerichts Bielefeld anhängig
gewesen sei. Jenem Verfahren habe zugrundegelegen, dass der hiesige
Beklagte/Gläubiger einen Antrag im Zuge der Zwangsvollstreckung nach § 887 ZPO
gestellt habe. Eine Vollstreckungsgegenklage nach § 767 ZPO gehe jedoch über diesen
Antrag im Rahmen der Zwangsvollstreckung hinaus und sei auf die Erklärung der
Unzulässigkeit der Zwangsvollstreckung aus dem Titel gerichtet. Mithin liege nicht
derselbe Streitgegenstand – auch nicht unter umgekehrtem Rubrum – vor.
Die Zwangsvollstreckungsgegenklage sei auch begründet gewesen. Denn die Löschung
der in den Erbbaugrundbüchern eingetragenen Grundschulden sei unmöglich geworden,
nachdem die dort eingetragenen Erbbaurechte selbst am 31.08.2015 durch Zeitablauf
erloschen seien (s. o.).
Die Zwangsvollstreckungsgegenklage sei jedoch nachträglich unzulässig geworden. Mit
Beschluss vom 03.03.2016 (Az.: 5 W 150/15) habe das Oberlandesgericht Hamm
entschieden, dass dem Vollstreckungsantrag des hiesigen Beklagten (dort: Gläubiger) das
Rechtsschutzbedürfnis fehle. Der Vollstreckungsantrag sei unzulässig gewesen, da er auf
eine Leistung gerichtet sei, deren Unmöglichkeit bereits feststehe. Der Zulässigkeit der
Vollstreckungsgegenklage, die hier auf demselben Sachverhalt gestützt worden sei, der
bereits Gegenstand des Beschlusses nach § 787 ZPO gewesen sei, stehe die materielle
Rechtskraft des Beschlusses vom 03.03.2016 entgegen. Einer ausschließlich auf einen
bereits geprüften und bejahten Einwand gestützten Vollstreckungsgegenklage fehle dann
das Rechtsschutzbedürfnis hinsichtlich der geltend gemachten Einwendungen. Das
erledigende Ereignis sei nach der am 22.01.2016 erfolgten Zustellung der Klage
eingetreten.
Gegen diese Entscheidung wendet sich der Beklagte mit seiner Berufung.
Die Erbbaurechte seien zum 31.08.2015 geendet und er habe keine belasteten
Erbbaurechte übernehmen wollen. Zwar gingen die dinglichen Rechte, die auf dem
Erbbaurecht lasteten, mit dem Endtermin des Erbbaurechts unter. Ein
Grundpfandgläubiger werde jedoch, zumal wenn eine zu seinen Gunsten eingetragene
Grundschuld noch valutiere, nicht rechtlos gestellt. Ihm würden zum Ersatz noch Rechte
an der Entschädigungsforderung des Erbbauberechtigen eingeräumt. Dagegen habe er –
der Beklagte – sich schützen wollen. Hintergrund sei, dass in dem
Erbbaurechtserwerbsvertrag die Parteien zum einen von vornherein davon ausgegangen
seien, dass eine Entschädigung nur in Höhe von ¾ des Verkehrswertes erfolge. Zudem
habe der Kläger das Erbbaurechtsgebäude stark vernachlässigt und keine
Erhaltungsmaßnahmen getroffen. Mithin sei davon auszugehen, dass er – der Beklagte –
an den Kläger bei Beendigung des Erbbaurechtes keine Entschädigung zu zahlen habe.
Hierüber sei bereits vor dem Landgericht Bielefeld mit dem Az.: 7 O 162/16 ein neuer
Rechtsstreit zwischen den Parteien anhängig.
Zudem sei weder über eine Vollstreckungsabwehrklage entschieden worden, noch sei die
Erfüllung der dem Titel zugrunde liegenden Forderungen unstreitig geworden.
Soweit das Landgericht dem Feststellungsantrag stattgegeben habe, widerspräche diese
Entscheidung sowohl seinem Hinweisbeschluss vom 20.06.2016 (Bl. 68 f.) wie auch dem
Inhalt seines Schreibens vom 24.06.2016 (Bl. 70 R), in welchem es die Rücknahme der
Zwangsvollstreckungsgegenklage angeregt habe.
Der Beklagte beantragt,
unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage insgesamt abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Hilfsweise beantragt der Kläger,
im Wege der Hilfsanschlussberufung für den Fall, dass sein Feststellungsantrag
unzulässig oder unbegründet sein sollte, die Zwangsvollstreckung aus dem am
28.04.2015 verkündeten Urteil des Landgerichts Bielefeld mit dem Az. 7 O 1/14 für
unzulässig zu erklären.
Er verteidigt das angefochtene Urteil, indem er seinen erstinstanzlichen Vortrag wiederholt
und stellenweise vertieft.
B.
Die Berufung bleibt erfolglos. Das angefochtene Urteil ist im Ergebnis und in seiner
Begründung zutreffend.

I.
Zum Klageantrag zu Ziff. 3 (Feststellungsantrag)
Es handelt sich dabei um die vom Kläger auf Hinweis des Landgerichts einseitig für
erledigt erklärte Zwangsvollstreckungsgegenklage.
1.
Der Feststellungsantrag nach Erledigungserklärung der ursprünglich erfolgten
Zwangsvollstreckungsgegenklage ist zulässig.
a)
Der Übergang von einer Leistungsklage zu einem Feststellungsbegehren bedeutet eine
Einschränkung des Klagebegehrens i. S. v. § 264 Ziff. 2 ZPO und keine Klageänderung i.
S. v. § 263 ZPO (vgl. BGH MDR 2002, 413 – Rdnr. 19 zitiert nach juris; OLG Celle VersR
1975, 264 f. – Leitsatz; Zöller-Greger, ZPO, 31. Aufl. 2016, § 264 Rdnr. 3 b und § 91,
Rdnr. 34).
b)
Das Feststellungsinteresse des Klägers i. S. v. § 256 Abs. 1 ZPO ergibt sich aus der
Weigerung des Beklagten, sich der Erledigungserklärung des Klägers anzuschließen.
2.
Der Feststellungsantrag ist begründet, wenn die zunächst zulässige und begründete
Zwangsvollstreckungsgegenklage nachträglich gegenstandslos – d. h. unzulässig oder
unbegründet – geworden ist (vgl. BGH NJW 2003, 3134 – Rdnr. 10 und Zöller-Greger, a.
a. O., Rdnr. 43 m. w. N.). Dies ist hier vom Landgericht zu Recht festgestellt worden.
a)
Die Zwangsvollstreckungsgegenklage war im Zeitpunkt des nach ihrer Zustellung (am
22.01.2016, vgl. EB Bl. 25 d. A.) eingetretenen erledigenden Ereignisses zulässig.
Ihr stand insbesondere nicht die Rechtshängigkeit des Beschwerdeverfahrens mit dem Az.
5 W 115/15 vor dem erkennenden Senat im Sinne von § 261 Abs. 3 Ziffer 1 ZPO
entgegen. Zunächst stellt die Erhebung einer Beschwerde gegen einen Beschluss im
Rahmen eines Vollstreckungsverfahrens keine Klage im Sinne von § 261 ZPO dar. Zudem
betrafen die Zwangsvollstreckungsgegenklage und die Beschwerde im
Vollstreckungsverfahren nicht denselben Streitgegenstand, wie das Landgericht bereits
zutreffend festgestellt hat.
Die allgemeinen Zulässigkeitsvoraussetzungen lagen ebenfalls vor.
b)
Die Zwangsvollstreckungsgegenklage war im Zeitpunkt des nach ihrer Zustellung
eingetretenen erledigenden Ereignisses auch im Sinne von § 767 Abs. 1 ZPO begründet.
Eine Zwangsvollstreckungsgegenklage ist begründet, wenn eine Einwendung des Klägers
durchgreift, die den durch das Urteil (hier vom 28.04.2015 mit dem Az. 7 O 1/14
Landgericht Bielefeld) festgestellten Anspruch selbst betrifft. Zu diesen Einwendungen
zählt auch der Einwand der Unmöglichkeit im Sinne von § 275 Abs. 1 BGB (vgl. OLG
Hamm NJW-RR 1988, 1087-Rdnr. 11 und Zöller-Herget a.a.O., § 767, Rdnr. 12, Stichwort:
Unmöglichkeit).
Der Einwand der Unmöglichkeit ist hier gegeben. Der Tenor des vom Beklagten
erstrittenen Urteils vom 28.04.2015 ist nicht (mehr) erfüllbar.
Die Löschung der in den Erbbaugrundbüchern von C Blatt # und Blatt #### eingetragenen
Grundschulden ist unmöglich geworden, nachdem die dort eingetragenen Erbbaurechte
am 31.08.2015 selbst durch Zeitablauf erloschen sind, § 27 ErbbauRG. Mit Ablauf des
Endtermins am 31.08.2015 erloschen die Erbbaurechte ohne Weiteres. Es bedurfte also
nicht noch einer gesonderten Erklärung, dass sie aufgegeben werden. Das Eigentum am
Bauwerk ist kraft Gesetzes auf den Grundstückseigentümer (hier: Beklagter)
übergegangen. Gemäß § 16 ErbbauRG wird bei der Löschung des Erbbaurechts das
Erbbaugrundbuch von Amts wegen geschlossen. Die dinglichen Rechte, die auf dem
Erbbaurecht lasten, gehen mit dem Endtermin des Erbbaurechts unter, da in diesem
Zeitpunkt das Erbbaurecht selbst, ihre Grundlage, erlischt. Die Grundpfandgläubiger
werden jedoch nicht rechtlos gestellt. Ihnen werden zum Ersatz noch Rechte an der
Entschädigungsforderung des Erbbauberechtigten eingeräumt, und zwar im Wege einer
dinglichen Surrogation, § 29 ErbbauRG (vgl. Staudinger/Rapp Neubearbeitung 2009,
ErbbauRG § 27 Rdnr. 1 -3).
Das Grundbuch, welches das Bestehen des Erbbaurechtes noch ausweist, ist unrichtig.
Mithin besteht ein Grundbuchberichtigungsanspruch des Grundstückseigentümers (hier:
Beklagter) gegen den noch als solchen eingetragenen Erbbauberechtigten gemäß § 894
BGB. Da sich die Laufzeit des Erbbaurechtes im Regelfalle aus öffentlichen Urkunden
ergibt, ist eine Grundbuchberichtigung gemäß § 22 GBO auch ohne
Berichtigungsbewilligung des bisherigen Erbbauberechtigten möglich.
Eine ersatzlose Löschung des Erbbaurechtes führt allerdings zu einer
Grundbuchunrichtigkeit: Im Wege der dinglichen Surrogation tritt an die Stelle des
bisherigen Erbbaurechts die Entschädigungsforderung des Erbbauberechtigten gemäß
§ 28 ErbbauRG. Wie bereits oben dargestellt, steht den bisherigen
Grundpfandrechtsgläubigern und Reallastberechtigten wiederum im Wege einer dinglichen
Surrogation an dieser Entschädigungsforderung ein Pfandrecht gemäß § 29 ErbbauRG zu
(vgl. Staudinger/Rapp, a.a.O., Rdnr. 2).
Dementsprechend ist in dem Grundbuch von C Blatt #### in Abt. II lfd. Nr. 1 und 3 das
Pfandrecht zugunsten der Stadtsparkasse C als Gläubigerin des Erbbaurechts am
13.01.2017 eingetragen worden (vgl. Grundbuchauszug/Anlage zur Gerichtsakte).
Mit diesem Pfandrecht ist nicht das Grundstück des Beklagten, sondern die
Entschädigungsforderung gemäß § 27 ErbbauRG des Klägers belastet. Aus diesem
Grunde erschließt sich dem Senat die wirtschaftliche Sinnhaftigkeit des vom Beklagten
anhängig gemachten Verfahrens vor dem Landgericht Bielefeld mit dem Az. 7 O 1/14
nicht. Auch die diesbezüglichen Ausführungen des Beklagten in seiner hiesigen
Berufungsbegründung sind nicht nachvollzuziehen.
Jedenfalls war die vom Kläger im vorliegenden Verfahren erhobene
Zwangsvollstreckungsgegenklage begründet.
c)
Die Zwangsvollstreckungsgegenklage ist jedoch nachträglich aufgrund des Beschlusses
des erkennenden Senats vom 03.03.2016 mit dem Az. 5 W 115/15 = 7 O 1/14 Landgericht
Bielefeld unzulässig geworden.
In dem vorbezeichneten Beschluss hat der Senat entschieden, dass dem
Vollstreckungsantrag des hiesigen Beklagten (dort: Gläubiger) das Rechtsschutzbedürfnis
fehlte und er unzulässig war, da er auf eine Leistung gerichtet war, deren Unmöglichkeit
bereits feststand. Zur Begründung im Einzelnen wird auf die Ausführungen unter 2b)
verwiesen. Mit dieser Entscheidung und seiner Begründung hatte der Senat dem Tenor
des Urteils vom 28.04.2015 (Az.: 7 O 1/14 Landgericht Bielefeld) seine Vollstreckbarkeit
genommen – und zwar auf Dauer (vgl. OLG Schleswig, Urteil vom 15.02.2016 mit dem
Az.: 2 U 7/15 – Rdnr. 35 ff).
Die Bestimmungen der §§ 322 bis 327 ZPO betreffend die Rechtskraft von Urteilen gelten
auch für formell rechtskräftige Beschlüsse, die eine abschließende Entscheidung
enthalten, die der sachlichen Rechtskraft fähig ist (vgl. BGH WM 1986, 333 Rdnr. 41 zitiert
nach Juris; und Zöller/Vollkommer a.a.O., § 329, Rdnr. 42 mit weiteren Nachweisen). Es
ist anerkannt, dass unanfechtbare Beschlüsse im Zwangsvollstreckungsverfahren gemäß
§§ 887, 888 ZPO in materielle Rechtskraft erwachsen (vgl. Zöller/Vollkommer a.a.O.).
Des Weiteren hat der Bundesgerichtshof die Prüfung des Erfüllungseinwandes durch das
Prozessgericht als Vollstreckungsgericht als gleichwertig mit der Prüfung durch das
Prozessgericht im Wege der Vollstreckungsgegenklage angesehen. Die Gleichwertigkeit
des Prüfungsumfangs hinsichtlich des Erfüllungseinwandes hatte früher auch das
Reichsgericht bereits klargestellt (vgl. RGZ 167, 328, 333). Dies spricht dafür, dass das
Ergebnis dieser Prüfung Rechtskraftwirkung auch gegenüber einer nachfolgenden
Vollstreckungsgegenklage hat, die auf den identischen Sachverhalt gestützt wird.
Anderenfalls könnte die vom Bundesgerichtshof beabsichtigte Prozessökonomie und
Verfahrenskonzentration nicht erreicht werden, weil die im Verfahren nach §§ 887, 888
ZPO jeweils unterliegende Partei es nach Ausschöpfung des Instanzenzuges nach
formeller Rechtskraft des Beschlusses nach §§ 887, 888 ZPO in der Hand hätte, die
inhaltlich nicht genehme Entscheidung im Erkenntnisverfahren erneut überprüfen zu
lassen – nämlich der Schuldner im Wege der Vollstreckungsgegenklage nach § 767 ZPO
und der Gläubiger im Wege einer Klage auf Feststellung, dass die titulierte Forderung
noch nicht erfüllt sei (vgl. zum Ganzen: OLG Schleswig, Urteil vom 25.02.2016, Az.:
2 U 7/15 – Rdnr. 42).
Diese Überlegungen haben für den Einwand der Unmöglichkeit gleichermaßen zu gelten.
Mithin hat das Landgericht in der angefochtenen Entscheidung zutreffend argumentiert,
dass der vom Kläger auf einen vom Senat bereits geprüften und bejahten Einwand
gestützten Vollstreckungsgegenklage das Rechtsschutzbedürfnis bezüglich der geltend
gemachten Einwendung fehlt.
Der Hinweisbeschluss des Landgerichts vom 20.06.2016 (vgl. Bl. 68 d.A.) sowie sein
Schreiben vom 24.06.2016 (vgl. Bl. 70 R d.A.) stehen auch nicht im Widerspruch zum
angefochtenen Urteil. Hinweis wie Schreiben waren nur unvollständig. Es hätte auch auf
die Möglichkeit hingewiesen werden müssen, den Klageantrag zu 1) für erledigt zu
erklären. Dies hat der Kläger dann von sich aus getan.
II.
Zum Klageantrag zu Ziffer 1 (Herausgabe der vollstreckbaren Urteilsausfertigung)
Das Landgericht hat diesen Antrag zutreffend als zulässig und begründet angesehen.
Die Grundsätze, welche der BGH in seinem Urteil vom 14.07.2008 mit dem
Az. II ZR 132/07 (veröffentlicht u.a. in NJW-RR 2008, 1512 f.) herausgearbeitet hat, sind
hier entsprechend anzuwenden. Dort hat der BGH u.a. ausgeführt, dass die Klage auf
Herausgabe der vollstreckbaren Ausfertigung eines unter § 794 ZPO fallenden Titels in
analoger Anwendung von § 371 BGB jedenfalls zulässig ist, wenn entweder über eine
Vollstreckungsabwehrklage bereits rechtskräftig zugunsten des Herausgabeklägers
entschieden worden oder die Erfüllung der dem Titel zugrunde liegende Forderung
zwischen den Parteien unstreitig ist.
Hier kann über die Vollstreckungsgegenklage nicht mehr rechtskräftig entschieden
werden, weil der Kläger sie wegen des Beschlusses des hiesigen Senats vom 03.03.2016
für erledigt erklärt hat. Die materielle Rechtskraft der in diesem Beschluss getroffenen
Feststellung einer objektiven Unmöglichkeit der im Titel tenorierten Leistung hat der
ausschließlich auf diesen Einwand gestützten Zwangsvollstreckungsgegenklage das
Rechtsschutzbedürfnis genommen (s.o. und OLG Schleswig a.a.O., Rdnr. 35). Da der
Beschluss des Senats vom 03.03.2016 rechtskräftig ist, muss die auf § 371 BGB analog
gestützte Herausgabeklage ebenso zulässig wie begründet sein (vgl. in diesem
Zusammenhang auch BGH NJW 2015, 1181 ff – Rdnr. 23 ff.).

III.
Zum Klageantrag zu Ziffer 2 (Herausgabe der vollstreckbaren Ausfertigung des
Beschlusses des Landgerichts Bielefeld vom 19.10.2015, Az.: 7 O 1/14)
Die Ausführungen unter II. gelten insoweit sinngemäß. Der Vollstreckungsbeschluss
gemäß § 887 ZPO stellt nicht nur eine Maßnahme der Zwangsvollstreckung dar, sondern
ist zugleich ein eigener Vollstreckungstitel im Sinne von § 794 Abs. 1 Nr. 3 ZPO
hinsichtlich der Beitreibung der Vorauszahlung (vgl. BGH NJW 2008, 2919 f. – Rdnr. 8
zitiert nach Juris; OLG Schleswig a.a.O., Rdnr. 53 zitiert nach Juris und Zöller‑Stöber,
a.a.O., § 887 ZPO, Rdnr. 11).
C.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 97 Abs. 1 ZPO, der Ausspruch über die
vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.
Die Revision hat der Senat nicht zugelassen, weil die tatbestandlichen Voraussetzungen
des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen.

Art:

Entscheidung, Urteil

Gericht:

OLG Hamm

Erscheinungsdatum:

20.07.2017

Aktenzeichen:

5 U 123/16

Rechtsgebiete:

Allgemeines Schuldrecht
Erbbaurecht
Zwangsvollstreckung (insbes. vollstreckbare Urkunde und Vollstreckungsklausel)

Normen in Titel:

BGB § 275 Abs. 1; ErbbauRG §§ 27, 29; ZPO § 767