OLG Karlsruhe 09. August 2023
5 UF 212/22
FamGKG § 42 Abs. 2

Verfahrenswert einer Volljährigenadoption

letzte Aktualisierung: 4.1.2024
OLG Karlsruhe, Beschl. v. 9.8.2023 – 5 UF 212/22

FamGKG § 42 Abs. 2
Verfahrenswert einer Volljährigenadoption

In Volljährigenadoptionsverfahren ist es bei der Anwendung des § 42 Abs. 2 FamGKG angemessen,
als Verfahrenswert grundsätzlich 5 % des Vermögens festzusetzen.

Gründe

1. Nach Rücknahme der Beschwerde ist über die Kosten des Beschwerdeverfahrens gemäß
§§ 84, 81 FamFG zu entscheiden. Dabei entspricht es vorliegend billigem Ermessen, die
Gerichtskosten den Beteiligten zu gleichen Teilen aufzuerlegen und keine Erstattung
außergerichtlicher Kosten anzuordnen.

2. Die Festsetzung des Verfahrenswertes beruht auf §§ 40, 42 Abs. 2 FamGKG.

a) Eine Adoptionssache ist eine nichtvermögensrechtliche Angelegenheit, so dass, mangels einer
speziellen Regelung für Adoptionssachen, der Verfahrenswert gemäß § 42 Abs. 2 FamGKG zu
bestimmen ist. Danach ist der Wert unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls,
insbesondere des Umfangs und der Bedeutung der Sache und der Vermögens- und
Einkommensverhältnisse der Beteiligten, nach billigem Ermessen zu bestimmen, jedoch nicht
über 500.000 €.

Fehlt es an hinreichenden Anhaltspunkten für eine Bewertung, greift der Auffangwert nach § 42
Abs. 3 FamGKG ein (vgl. OLG Braunschweig FamRZ 2021, 1233, Rn. 9; siehe auch BGH vom
25.08.2021 - XII ZB 442/18, juris).

b) Die Festsetzung des Verfahrenswertes in Adoptionssachen erfolgt in der Rechtsprechung
uneinheitlich.

aa) Im Falle einer Volljährigenadoption geht die Tendenz in der obergerichtlichen
Rechtsprechung dahin, den Wert aus der Festsetzung für die Notargebühren zu übernehmen.
Dabei wird in der Regel ein Prozentsatz des Vermögens angesetzt. Es besteht aber weder
Einigkeit, ob lediglich die Verhältnisse des Annehmenden oder die der Beteiligten berücksichtigt
werden, noch über die Höhe des Prozentsatzes (meist zwischen 25 % und 50 %), gelegentlich
wird zusätzlich das Einkommen berücksichtigt (vgl. OLG Braunschweig FamRZ 2021,1233,
juris Rn. 11; OLG München FamRZ 2021, 1210, juris Rn. 50; der BGH - XII ZB 18/21, juris,
hat für die nachfolgende Rechtsbeschwerde allerdings nicht den Wert des Oberlandesgerichts
München von 300.000 €, sondern lediglich ohne Begründung 5.000 € festgesetzt; OLG Stuttgart
NJW 2019, 1385, juris Rn. 62; OLG Bamberg vom 18.10.2011 - 2 UF 234/11, juris Rn. 28;
OLG Düsseldorf FamRZ 2010, 1937, juris Rn. 3).

bb) Bei der Minderjährigenadoption (bei der nach dem aus Vorbemerkung 1.3.2 Absatz 1 Nr. 2
Anlage 1 FamGKG abzuleitendem Umkehrschluss keine Gerichtsgebühren erhoben werden,
der Wert des Gegenstandes der anwaltlichen Tätigkeit jedoch auf Antrag gemäß § 33 Abs. 1
RVG festzusetzen ist) sind die Bewertungskriterien ähnlich wie bei der Erwachsenenadoption.
Je nach Lage des Einzelfalls wird aus sozialpolitischen Gründen das Vermögen jedoch mit etwas
geringeren Prozentsätzen bewertet (vgl. BeckOK KostR/Schindler, 42. Edition 01.07.2023, § 42
FamGKG Rn. 21).

cc) Für das gelegentlich parallel zum Adoptionsverfahren zu führende Verfahren auf Ersetzung
der Zustimmung eines anderen Beteiligten zur Adoption nach § 1748 BGB wird häufig ein Wert
des Gegenstandes der anwaltlichen Tätigkeit von 4.000 € festgesetzt (vgl. Senat vom 25.04.2023
- 5 UF 153/22, nicht veröffentlicht; OLG Hamburg vom 12.09.2019 - 2 UF 56/19, juris Rn. 5;
Kaiser/Schnitzler/Schilling/Sanders/Dahm, Familienrecht, 4. Auflage 2021, § 1748 Rn. 86).
Gerichtsgebühren fallen hier gemäß Vorbemerkung 1.3.2 Absatz 2 Anlage 1 FamGKG auch für
den Fall der Volljährigenadoption nicht an.

dd) In Kindschaftssachen, in denen es auch um eine statusrechtliche Entscheidung für ein Kind
geht, gilt gemäß § 45 FamGKG grundsätzlich ein Wert von 4.000 €.

ee) Für die inhaltlich ebenfalls nahestehenden und statusbezogenen Abstammungssachen gilt
gemäß § 47 FamGKG regelmäßig ein noch geringerer Wert (2.000 €).

ff) In Ehesachen, in denen der Verfahrenswert gemäß § 43 Abs. 1 FamGKG (wie bei der
Volljährigenadoption) unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere des
Umfangs und der Bedeutung der Sache und der Vermögens- und Einkommensverhältnisse der
Ehegatten, nach Ermessen zu bestimmen ist, ist bei den Senaten des Oberlandesgerichts
Karlsruhe anerkannt, dass neben dem Einkommen das (um Freibeträge bereinigte) Vermögen
mit einem Prozentsatz von 5 % anzusetzen ist (vgl. OLG Karlsruhe vom 16.09. 2013 – 5 WF
66/13 juris Rn. 17), andere Oberlandesgerichte setzen das Privatvermögen mit 10 % und ein ev.
Betriebsvermögen mit 5 % fest (vgl. die Aufstellung bei Zöller/Feskorn, Zivilprozessordnung,
34. Auflage 2022, Anhang FamFG Verfahrenswerte, Rn. 1.12).

c) Im Volljährigenadoptionsverfahren hält es der Senat bei der Anwendung von § 42 Abs. 2
FamGKG für angemessen, als Verfahrenswert grundsätzlich 5 % des Vermögens festzusetzen.
Unter Berücksichtigung insbesondere der Kriterien Bedeutung der Sache (aa) und
Vermögensverhältnisse (bb) entspricht dies billigem Ermessen.

aa) Die Bedeutung der Sache, die ein wesentliches Kriterium für die Festsetzung des
Verfahrenswertes gemäß § 42 FamGKG darstellt, rechtfertigt keinen höheren Prozentsatz als
5 %. In der Sache beschäftigt sich das Gericht bei der Volljährigenadoption mit
nichtvermögensrechtlichen Aspekten. Etwaige wirtschaftliche Folgen der Adoption, die im
Einzelfall durchaus eine erhebliche Rolle spielen können, sind für die Sachentscheidung nicht
von Bedeutung. Vielmehr prüft das Gericht, inwieweit ein Näheverhältnis zwischen den
Beteiligten entstanden ist, das dem von Eltern und ihren leiblichen Kindern gleicht. Die Frage
der Qualität der Beziehung zwischen Eltern und Kindern ist auch bei den Kindschaftssachen zu
prüfen. Für Kindschaftssachen sieht der Gesetzgeber einen Verfahrenswert in Höhe von 4.000 €
als angemessen an (s.o), für die inhaltlich ebenfalls nahestehenden und statusbezogenen
Abstammungssachen gilt gemäß § 47 FamGKG ein noch geringerer Wert, 2.000 €.

bb) Ein höherer Prozentsatz ergibt sich auch nicht daraus, dass § 42 Abs. 2 FamGKG die
Einkommens- und Vermögensverhältnisse als Kriterium für die Wertfestsetzung anführt. Der
Gesetzgeber hat sich, indem er dieses Kriterium aufgenommen hat - wie bei den Ehesachen -
von der sozialpolitischen Erwägung leiten lassen, dass vermögende Beteiligte mehr bezahlen
sollen als nichtvermögende. Dementsprechend werden die Vermögensverhältnisse von der
Rechtsprechung bei der Volljährigenadoption überwiegend durch Ansatz eines Prozentsatzes
des Vermögens und nicht etwa durch die aufgrund der Adoption entstehenden konkreten
Steuervorteile erfasst. In Ehesachen, die im Falle einer Scheidung die erbrechtliche Stellung wie
bei der Volljährigenadoption verändern, sind die Vermögensverhältnisse mit dem Prozentsatz
von 5 % zu bewerten. Die dortige Wertung ist auch für die Bewertung von
Volljährigenadoptionen angemessen (vgl. Musielak/Borth/Frank/Frank, Familiengerichtliches
Verfahren, 7. Auflage 2023, § 43 FamGKG Rn. 3 m.w.N.). Es ist nicht angemessen, die
Volljährigenadoption gegenüber der Auflösung der in jeder Hinsicht weit engeren Verbindung
zweier Ehegatten mit einem höheren Prozentsatz des Vermögens zu bewerten. Dies legt auch
der nahezu identische Wortlaut von § 42 Abs. 2 FamGKG und § 43 Abs. 1 FamGKG nahe.

d) Da im vorliegenden Fall Anhaltspunkte für zu erwartende Unterhaltspflichten nicht bestehen,
werden die Einkommensverhältnisse der Beteiligten nicht herangezogen.

e) Danach errechnet sich der Verfahrenswert wie folgt: Die Immobilie des Anzunehmenden, die
im vorliegenden Fall das wesentliche Vermögen darstellt, wurde nach eigenem Vortrag auf einen
Wert von 615.000 € geschätzt (II, 5). Dementsprechend ist der Verfahrenswert für beide
Instanzen auf 30.750 € (5 % von 615.000 €) festzusetzen; hierauf wird gemäß § 55 Abs. 3 S. 1
Nr. 2 FamGKG auch die Wertfestsetzung des Amtsgerichts geändert.

Art:

Entscheidung, Urteil

Gericht:

OLG Karlsruhe

Erscheinungsdatum:

09.08.2023

Aktenzeichen:

5 UF 212/22

Rechtsgebiete:

Abstammung (incl. künstliche Befruchtung), Adoption
Verfahrensrecht allgemein (ZPO, FamFG etc.)

Normen in Titel:

FamGKG § 42 Abs. 2