Eigenschaftszusicherung bei Kauf eines Hausgrundstücks
RECHTSPRECHUNG
Bürgerliches Recht
1. BGB § 463 Satz 1 (Eigenschaftszusicherung bei Kauf eines
Hausgrundstücks)
Versichert der Verkäufer eines Hausgrundstücks, „daß
die aufstehenden Gebäude behördlicherseits genehmigt
und abgenommen sind“, so liegt darin die Zusicherung
einer Eigenschaft, die den aktuellen Ausbauzustand
betrifft.
BGH, Urteil vom 31.10.1997 – V ZR 248/96 –, mitgeteilt
von Dr. Manfred Werp, Richter am BGH
Aus dem Tatbestand:
Mit notariell beurkundetem Vertrag vom 16.3.1992 kauften die Kläger von den Beklagten eine Doppelhaushälfte mit Garage. Das Haus
war 1964/65 von dem Voreigentümer errichtet worden, der es im Jahr
1989 für 220.000 DM an die Beklagten veräußert hatte. In dem Dachgeschoß befanden sich neben dem Bad ein Schlaf- und zwei Kinderzimmer. Letztere waren nur als „Boden“ bzw. Abstellspeicher genehmigt. Der Spitzboden war mit einem „Studio“ und einem Duschbad
als Wohnraum ausgebaut, wobei zwischen den Parteien streitig ist, ob
die Beklagten ihn auch als solchen oder nur als Abstell- und Trockenraum genutzt haben. Eine Nutzung als Wohnraum war jedenfalls
nicht genehmigt und nicht genehmigungsfähig. Für die insgesamt
9,62 m lange Garage lag ebenfalls keine Genehmigung vor. Um sie
der Baurechtslage anzupassen, müßte sie durch Rückbau des nach
einer Seite offenen Anbaus um 0,62 m verkleinert werden.
In Ziff. 1 Abs. 3 des Kaufvertrages heißt es, daß der Verkäufer „versichert, daß die aufstehenden Gebäude behördlicherseits genehmigt
und abgenommen sind“. Die Zahlung des Kaufpreises auf Notaranderkonto und die Übergabe des Objekts sollten „längstens zum
1.8.1992“ erfolgen. Beides unterblieb. Die Kläger verweigerten
wegen der fehlenden Baugenehmigungen mit Schreiben vom
6.8.1992 die Zahlung des Kaufpreises. Die Zahlungsaufforderung der
Beklagten mit Schreiben vom 3.9.1992 blieb erfolglos. Mit notarieller Vereinbarung vom 18.1.1993 hoben die Parteien den Kaufvertrag
wieder auf, behielten sich aber jeweils Schadensersatzansprüche ausdrücklich vor. Zum 1.5.1993 verkauften die Beklagten das Grundstück zu einem höheren Verkaufspreis an Dritte.
Die Kläger verlangen Ersatz ihrer durch den Abschluß des Kaufvertrages und der Aufhebungsvereinbarung entstandenen Unkosten in
Höhe von 3.686,76 DM und einen entgangenen Mehrwert des Grundstücks von 60.000 DM. Die Beklagten fordern widerklagend u.a. Verzugszinsen für die Zeit vom 1.8.1992 bis 18.1.1993 in Höhe von
16.380 DM und Kosten für die Gebäudeversicherung von August
1992 bis Mai 1993. In diesem Umfang hat die Widerklage auch in
zweiter Instanz Erfolg gehabt, während die Klage in beiden Vorinstanzen abgewiesen worden ist. Die Revision hatte Erfolg.
Aus den Gründen:
I.(...)
II. Das Berufungsgericht legt die in Ziff. I.3 des Kaufvertrages enthaltene „Versicherung“, daß die aufstehenden Gebäude behördlicherseits genehmigt und abgenommen seien,
als rechtsgeschäftliche Zusicherung einer Eigenschaft im
Sinne der
auch für die weitere Auslegung, daß sich die Zusicherung
nicht auf eine Baugenehmigung für die Wohnnutzung des
Spitzbodens und des Dachgeschosses, sondern nur auf das
„Haus als solches“ beziehe. Die Vertragsbestimmung ist
entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts keineswegs
eindeutig und deswegen der Auslegung und revisionsgerichtlichen Überprüfung zugänglich (
des Berufungsgerichts verletzt den anerkannten Grundsatz,
daß jede Auslegung bei der Ermittlung des objektiven
Erklärungswerts den mit der Absprache verfolgten Zweck
(
Interessenlage der Beteiligten (
22, Senatsurteil vom 7.6.1991, V ZR 175/90, NJW 1991,
2488, 2489 [=
hat. Es wahrt einseitig nur die Interessen der Beklagten und
verkennt den von den Klägern mit der Zusicherung verfolgten
Zweck.
Das angefochtene Urteil hat daher schon aus diesem Grund
keinen Bestand.
III. Die Sache ist teilweise entscheidungsreif, teilweise noch
aufklärungsbedürftig.
1. Da weitere Feststellungen nicht erforderlich und auch nicht
zu erwarten sind, kann der Senat die Zusicherungserklärung
der Beklagten selbst auslegen (
Zusicherung einer Eigenschaft im Sinne der §§ 459 Abs. 2,
463 Satz 1 BGB. Versichert der Verkäufer eines Grundstücks,
wie es hier die Beklagten getan haben, daß die „aufstehenden
Gebäude“ behördlicherseits genehmigt und abgenommen
sind, so muß der Käufer diese Erklärung, sofern die Vertragsparteien damit nicht übereinstimmend etwas anderes verbinden, nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte dahin verstehen, daß die verkauften Gebäude baurechtlich genehmigt sind und die behördliche Genehmigung
sowie die Abnahme sich nicht nur auf das Mauerwerk, den
Grundriß und die Aufteilung des Hauses beziehen, sondern
die Nutzung des Gebäudes einschließen, die dem Ausbauzustand, den das Haus mit seinen Räumlichkeiten bei Vertragsschluß konkret aufweist, entspricht. Ist das – wie hier – nicht
der Fall, muß der Verkäufer den Käufer hierauf ausdrücklich
hinweisen und seine Zusicherung entsprechend eingrenzen.
Es genügt insoweit nicht, daß das Haus entsprechend der erteilten Baugenehmigung errichtet und von der Bauaufsichtsbehörde abgenommen wurde. Denn die Zusicherung bezieht
sich nicht auf den Zeitpunkt der Errichtung und behördlichen
Endabnahme des Hauses, sondern auf den des Verkaufs
(
nach Fertigstellung des Bauwerks erfolgten genehmigungsbedürftigen Änderungen oder Ausbauten.
Daß die Parteien die Zusicherung demgegenüber übereinstimmend nur auf das „Haus als solches“ bezogen hätten, haben
auch die Beklagten nicht behauptet. Sie machen jedoch geltend, sie hätten die Kläger durch die Aushändigung des Wertgutachtens vom 8.2.1988 auf das Fehlen einer Genehmigung
für die Doppelgarage und die Wohnnutzung des Spitzbodens
hingewiesen. Ob die Kläger die Zusicherung deswegen nur
eingeschränkt verstehen durften, ist zweifelhaft, bedarf jedoch keiner Entscheidung, weil entgegen der Zusicherung jedenfalls für den Ausbau der Kinderzimmer eine Baugenehmigung nicht vorgelegen hat.
24 MittBayNot 1998 Heft 1
2. Da dem Grundstück eine zugesicherte Eigenschaft fehlt,
kommt es darauf, ob die Beklagten insoweit auch einen Mangel arglistig verschwiegen haben, nicht mehr an. Die Kläger
können von den Beklagten vielmehr nach
Schadensersatz wegen Nichterfüllung verlangen. Damit ist
die Klage dem Grunde nach gerechtfertigt.
Der Höhe nach können die Kläger wenigstens ihre nutzlos gewordenen Aufwendungen für den Kauf und die Rückabwicklung ersetzt verlangen. Darüber hinaus ist grundsätzlich auch
ein entgangener Gewinn in Gestalt einer etwaigen Differenz
zwischen Kaufpreis und Verkehrswert ersatzfähig. Zu vergleichen ist nämlich das Vermögen im Zeitpunkt der Schadensberechnung (letzte mündliche Tatsachenverhandlung) mit
dem Vermögen, das bei ordnungsgemäßer Erfüllung bestanden hätte. Danach kann es nicht zweifelhaft sein, daß bei ordnungsgemäßer Erfüllung ein höherer Verkehrswert den Klägern zugestanden hätte (vgl. Senatsurt. v. 13.3.1981, V ZR
46/80,
1997, 2378). Daß die Kläger den Mehrwert nicht realisiert
hätten, weil sie das Grundstück selbst bewohnen und nicht
weiterverkaufen wollten, ist rechtlich unerheblich. Da die Beklagten einen höheren Verkehrswert aber bestritten haben, ist
die Sache insoweit zwecks weiterer Feststellungen an das
Berufungsgericht zurückzuverweisen.
3. Die Widerklage ist demgegenüber unbegründet, weil die
Kläger mit der Zahlung des Kaufpreises nicht vorleistungspflichtig waren und die Leistung wegen Fehlens der zugesicherten Eigenschaft verweigern durften, also nicht in Verzug
geraten sind (
2. ApothG § 8 Satz 2, 3, § 9 (Verkauf einer Apotheke gegen
Rente)
Die Vereinbarung einer Rente als Gegenleistung für den
Verkauf einer Apotheke und eines Apothekengrundstückes ist nicht nach § 8 Satz 2 ApothG unzulässig, sofern
die Verpflichtung zur Rentenzahlung die in § 9 ApothG
bestimmten Grenzen einhält.
BGH, Urteil vom 6.6.1997 – V ZR 322/95 –, mitgeteilt von
Dr. Manfred Werp, Richter am BGH
Aus dem Tatbestand:
Die Parteien streiten um die Verpflichtung der Beklagten zur Bezahlung einer vom Umsatz einer Apotheke abhängigen Rente.
Der Ehemann der Klägerin, Dr. F., war Apotheker. Er war Eigentümer
des mit einem Wohn- und Geschäftshaus bebauten Grundstücks P.Straße in W. In diesem Gebäude befindet sich die
„A.-Apotheke“, die von Dr. F. betrieben wurde, bis er sie verpachtete.
Im Zusammenhang mit der Beendigung des Pachtverhältnisses zum
Ablauf des 31.3.1967 nahm er Verhandlungen mit dem Beklagten
zu 4 wegen der Verpachtung der Apotheke an ihn auf.
Im Rahmen der Verhandlungen erklärte der Beklagte zu 4, Grundstück und Apotheke kaufen zu wollen. Diesem Wunsch kam Dr. F.
nach. Durch notariell beurkundeten Kaufvertrag vom 9.3.1967 verkaufte er Grundstück und Apotheke an die Beklagte zu 1, die damalige Ehefrau des Beklagten zu 4, und die Beklagten zu 2 und 3, die
seinerzeit sechs bzw. zwei Jahre alten Kinder der Beklagten zu 1 und
4. Die Gegenleistung für die Übertragung von Apotheke und GrundMittBayNot 1998 Heft 1
stück bestand in der Verpflichtung der Käufer zur Zahlung einer
lebenslänglichen Rente in Höhe von 8% des aus dem Betrieb der
Apotheke erzielten Umsatzes, mindestens jedoch monatlich 2.500
DM, an Dr. F., nach seinem Tod an die Klägerin. Der Mindestbetrag
der Rente hat nach näherer Maßgabe aufgrund einer genehmigten
Wertsicherungsklausel dem Gehalt eines ledigen Ministerialrats zu
entsprechen. Für die Zahlungspflicht der Beklagten zu 2 und 3 übernahm der Beklagte zu 4 die selbstschuldnerische Bürgschaft. Seit
dem 1.4.1967 betreibt er die Apotheke.
Bis August 1991 kamen die Beklagten ihren Zahlungspflichten im
vertraglich vereinbarten Umfang nach. Am 11.5.1992 leisteten sie
eine „Verrechnungszahlung“ von 30.000 DM an die Klägerin. Mit
der Klage verlangt die Klägerin Zahlung nach dem Umsatz der
Apotheke berechneter Rentenbeträge für den Zeitraum ab September
1991. Die Beklagten machen geltend, die Vereinbarung der vom Umsatz der Apotheke abhängigen Rente sei seit Ablauf des 31.12.1985
gemäß Art. 2 Abs. 3, Art. 1 Nr. 3 des Gesetzes zur Änderung des
Gesetzes über das Apothekenwesen vom 4.8.1980 (BGBl I, 1142)
unwirksam. Soweit sie in Unkenntnis hiervon Zahlungen an die Klägerin geleistet hätten, die den vereinbarten Mindestbetrag überstiegen, sei die Klägerin zur Rückzahlung verpflichtet. Mit der so
begründeten Forderung rechnen sie gegen die Klageforderung auf.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, die Berufung der Klägerin ist ohne Erfolg geblieben. Die Revision der Klägerin führte zur
Aufhebung des Berufungsurteils und Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Berufungsgericht zur Klärung der umstrittenen Höhe
des Anspruchs.
Aus den Gründen:
I. Das Berufungsgericht hat ausgeführt: Der Kaufvertrag vom
9.3.1967 bedeute die Überlassung von Vermögenswerten an
einen Apotheker gegen die Vereinbarung einer am Umsatz der
Apotheke ausgerichteten Gegenleistung. Dies sei nach § 8
Satz 2 ApothekenG i.d.F. des Gesetzes zur Änderung über
das Apothekenwesen vom 4.8.1980 unzulässig. Gemäß Art. 2
Abs. 3 dieses Gesetzes sei die zulässig getroffene Abrede mit
Ablauf des 31.12.1985 unwirksam geworden. Die Unwirksamkeit lasse den Bestand des Kaufvertrages vom 9.3.1967
ansonsten unberührt. Die Höhe der Rentenansprüche der Klägerin sei seit dem 1.1.1986 nach dem vereinbarten Mindestbetrag angepaßt an das Gehalt eines Ministerialrats zu bestimmen. Da die Zahlungen der Beklagten seit Januar 1986
die so bestimmten bis Juli 1995 fällig gewordenen Ansprüche
der Klägerin überstiegen, seien diese durch die von den Beklagten erklärte Aufrechnung mit ihrem Rückforderungsanspruch erfüllt.
Das hält revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand.
II. Die Revision rügt zwar zu Unrecht, daß die umsatzabhängige Rentenklausel schon als solche nicht unter die Verbotsnorm des § 8 Satz 2 ApothekenG falle. Im Ergebnis findet die
Vorschrift im vorliegenden Fall jedoch keine Anwendung,
weil die vereinbarte Rentenleistung gemäß §§ 8 Satz 3, 9 Abs.
1 Nr. 3, Abs. 2 ApothekenG privilegiert ist.
1. Nach § 8 Satz 2 ApothekenG sind Vereinbarungen, bei
denen die Vergütung für dem Erlaubnisinhaber gewährte
Darlehen oder sonst überlassene Vermögenswerte am Umsatz
oder Gewinn der Apotheke ausgerichtet sind, unzulässig. Die
hieraus folgende Unwirksamkeit erfaßt gemäß Art. 2 Abs. 3
des Änderungsgesetzes auch zuvor zulässig getroffene Vereinbarungen mit der Maßgabe, daß die Unwirksamkeit mit
Ablauf des 31.12.1985 eintrat.
Mit § 8 Satz 2 ApothekenG hat der Gesetzgeber das Leitbild
des vor allem der Gesundheit der Bevölkerung verpflichteten
Apothekers (
Entscheidung, Urteil
Gericht:BGH
Erscheinungsdatum:30.10.1997
Aktenzeichen:V ZR 248/96
Erschienen in:
MittBayNot 1998, 24-25
DNotZ 1998, 881-883
NJW 1998, 535-536
NotBZ 1998, 28-29
BGB § 463 S. 1