Kammergericht 06. Oktober 2021
22 W 67/21 und 22 W 73/21
GmbHG §§ 8 Abs. 4 Nr. 1, 9c Abs. 1; GNotKG § 13 S. 1; FamFG § 68 Abs. 1 S. 1

Zurückweisung eines Eintragungsantrags aufgrund fehlender zustellfähiger Anschrift

letzte Aktualisierung: 19.1.2022
KG, Beschl. v. 6.10.2021 – 22 W 67/21 und 22 W 73/21

GmbHG §§ 8 Abs. 4 Nr. 1, 9c Abs. 1; GNotKG § 13 S. 1; FamFG § 68 Abs. 1 S. 1
Zurückweisung eines Eintragungsantrags aufgrund fehlender zustellfähiger Anschrift

1. Im Rahmen der Gründungsprüfung ist zu prüfen, ob die angegebene inländische
Geschäftsanschrift eine zustellfähige Anschrift darstellt. Das Fehlen einer solchen Anschrift
rechtfertigt die Zurückweisung der Anmeldung.
2. Wird der erforderte Kostenvorschuss im Rahmen eines auf die erstmalige Eintragung einer UG
gerichteten Anmeldeverfahrens, rechtfertigt die Nichtzahlung die Zurückweisung der Anmeldung.
3. Die Entscheidung des Amtsgerichts, einer Beschwerde gegen seine Entscheidung nicht
abzuhelfen, ist nicht mit der Beschwerde anfechtbar.

Gründe

I.
Mit Anmeldung vom 9. Juli 2020 meldete die Beteiligte – eine Unternehmergesellschaft –
ihre Ersteintragung in das Handelsregister an.

Da die Kostenvorschussanforderung in Höhe von 150 EUR der Beteiligten nicht an die in
der Anmeldung angegebene inländische Geschäftsanschrift zugestellt werden konnte,
forderte das Amtsgericht den einreichenden Notar zur Anmeldung einer Änderung der
inländischen Geschäftsanschrift oder Einreichung einer Versicherung auf, dass die
Gesellschaft unter der bisherigen inländischen Geschäftsanschrift postalisch erreichbar sei.
Der Verfügung war die Kostenanforderung beigelegt.

Nachdem – auch nach Erinnerung – weder der Kostenvorschuss entrichtet noch die
Verfügung erledigt worden ist, hat das Amtsgericht die auf Ersteintragung gerichtete
Anmeldung mit Beschluss vom 22. Dezember 2020 zurückgewiesen.

Gegen diesen Beschluss hat der Notar Beschwerde eingelegt mit der Begründung, dass er
den Eingang der Verfügung vom 3. August 2020 nicht feststellen könne und um erneute
Übersendung bitte. Dem ist das Amtsgericht nachgekommen, ohne dass es zu weiteren
Reaktionen gekommen ist.

Daraufhin hat das Amtsgericht der Beschwerde durch Beschluss vom 20. Juli 2021 nicht
abgeholfen und die Sache dem Senat zur Entscheidung vorgelegt (AZ: 22 W 67/21). Der
Notar hat auch gegen diesen Beschluss zunächst zur Fristwahrung Beschwerde eingelegt
(AZ: 22 W 73/21). Auf den Hinweis des Senats, dass der Nichtabhilfebeschluss nicht
selbständig anfechtbar und das Rechtsmittel unzulässig sei, hat der Notar nicht reagiert.

II.
Beide Beschwerden bleiben ohne Erfolg.

1. Die gegen die Zurückweisung der Ersteintragung gerichtete Beschwerde ist zulässig, aber
unbegründet (Ziffer 1 des Tenors).

a) Die als im Namen der Beteiligten eingelegt anzusehende Beschwerde ist nach § 58 Abs. 1
FamFG statthaft und auch im Übrigen zulässig. Frist und Form sind gewahrt, die Beschwer
folgt aus der Tatsache, dass der Beteiligten ihre Eintragung in das Handelsregister verwehrt
wird. Bereits aufgrund der Höhe des Stammkapitals (1.000 EUR) ist der Beschwerdewert
des § 61 Abs. 1 FamFG erreicht.

b) Die Beschwerde hat aber keinen Erfolg. Das Amtsgericht Charlottenburg hat die
Anmeldung vom 9. Juli 2020 auf Eintragung der Beteiligten in das Handelsregister zu Recht
zurückgewiesen. Nach § 9c Abs. 1 Satz 1 GmbHG hat das Amtsgericht die Eintragung
nicht nur dann abzulehnen, wenn die Gesellschaft nicht ordnungsgemäß errichtet ist.
Abzulehnen ist die Eintragung auch, wenn die Anmeldung fehlerhaft erfolgt. Dies ist hier
der Fall.

aa) Denn es fehlt der Beteiligten an einer zustellfähigen inländischen Geschäftsanschrift,
was die Zurückweisung der Anmeldung rechtfertigt (vgl. Senat, Beschluss vom 14. Januar
2021 – 22 W 1052/20 -, juris, Rn. 5; vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 24. März 2021 – I-27
W 11/21 -, juris, Rn. 15; Veil in: Scholz, GmbHG, 12. Aufl. 2018 ff., § 9c GmbHG, Rn. 39
unter Bezug auf Rn. 15).

Nach § 8 Abs. 4 Nr. 1 GmbHG ist in der Anmeldung der neu errichteten Gesellschaft auch
eine inländische Geschäftsanschrift anzugeben. Aus dieser durch das Gesetz zur
Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen vom 23.
Oktober 2008 eingeführten Verpflichtung ergibt sich, dass die Gesellschaft eine Anschrift
zu unterhalten hat, unter der auch förmliche Zustellungen möglich sind (vgl. Senat,
Beschluss vom 14. Januar 2021 – 22 W 1052/20 -, juris, Rn. 5). Die Pflicht zur Anmeldung
der Geschäftsanschrift dient dem Gläubigerschutz (vgl. OLG Naumburg, Beschluss vom
08. Mai 2009 – 5 Wx 4/09 –, juris, Rn. 12). Sie soll sicherstellen, dass die Gläubiger dem
Handelsregister eine Anschrift entnehmen können, unter der zuverlässig wirksame
Zustellungen an die Gesellschaft erfolgen können (BT-Drs. 16/6140, S. 35). Dies setzt
voraus, dass an dem bezeichneten Ort Zustellungen, insbesondere auch Ersatzzustellungen,
an die Gesellschaft möglich sind, etwa, weil sich dort ihr Geschäftsraum befindet.

An der Angabe einer entsprechenden Zustellanschrift fehlt hier es. Das Amtsgericht konnte
weder bei Kostenvorschussanforderung noch Erinnerung Zustellungen an die Beteiligte an
die in der Anmeldung benannte inländische Geschäftsanschrift bewirken.

bb) Ferner stellt auch die fehlende Einzahlung des Kostenvorschusses ein Hindernis dar,
dass die Zurückweisung der Anmeldung rechtfertigt.

Gemäß § 13 Satz 1 GNotKG kann bei Geschäften, die auf Antrag vorzunehmen sind,
deren Vornahme davon abhängig gemacht werden, dass ein Gerichtskostenvorschuss
gezahlt wird. Die hier beantragte Eintragung ist gem. § 7 Abs. 1 GmbHG zur Eintragung
ins Handelsregister anzumelden und auf diesen Antrag hin bei Vorliegen der
Eintragungsvoraussetzungen vom Registergericht vorzunehmen (§ 10 GmbHG). Im Fall
der damit vorliegenden gerichtlich angeordneten Vorwegleistungspflicht unterbleibt bei
Nichteinzahlung des geforderten Vorschusses die Eintragung (vgl. Senat, Beschluss vom 15.
Juni 2017 – 22 W 42/17 -, juris, Rn. 5; Senat, Beschluss vom 2. September 2021 – 22 W
66/21 – n.v.; KG, Beschluss vom 16. April 2012 – 25 W 23/12 –, juris, Rn. 28; Krafka,
Registerrecht, 11. Aufl. 2019, Rn. 492; für das Grundbuchverfahren OLG München,
Beschluss vom 02. Januar 2020 – 34 Wx 516/19 –, juris, Rn. 15).

Der Gegenmeinung, wonach die fehlende Einzahlung des Kostenvorschusses lediglich zum
Ruhen des Verfahrens führt (vgl. jüngst OLG Hamm, Beschluss vom 24. März 2021 – I-27
W 11/21 –, juris, Rn. 11), ist kein Vorzug zu geben. Die Begründung, wonach nur bei
vorhandener gesetzlicher Grundlage ein Antrag wegen unterbliebener Zahlung des
eingeforderten Kostenvorschusses zurückgewiesen werden könne (vgl. OLG Köln,
Beschluss vom 05. August 2010 – 2 Wx 116/10 –, juris, Rn. 6; Bayerisches Oberstes
Landesgericht, Beschluss vom 06. Dezember 2000 – 2Z BR 103/00 –, juris, Rn. 15 bzgl.
Beschlussanfechtung im WEG-Verfahren), überzeugt nicht. Aus Gründen der
Rechtssicherheit muss – insbesondere im Hinblick auf die Folgen für Gläubiger und
Gesellschafter – alsbald erkennbar sein, ob die gegründete Gesellschaft mit der Folge der
Haftungsbeschränkung eingetragen wird oder nicht (vgl. Senat, Beschluss vom 15. Juni 2017
– 22 W 42/17 -, juris, Rn. 5; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 06. Dezember 2019 – I-3 Wx
177/19 –, juris, Rn. 7). Die Regelung des § 9 c GmbHG steht dem nicht entgegen, da diese
Vorschrift nicht abschließend ist.

2. Die gegen die Nichtabhilfe gerichtete Beschwerde ist unstatthaft und insoweit nach § 68
Abs. 2 Satz 2 FamFG als unzulässig zu verwerfen (Ziffer 2 des Tenors). Wie der Senat den
einreichenden Notar bereits darauf hingewiesen hat, ist ein Rechtsmittel gegen die
Nichtabhilfeentscheidung des Amtsgerichts nicht gegeben und zwar selbst dann nicht, wenn
der Beschluss gegenüber der Erstentscheidung mit neuen Gründen versehen ist (OLG
Düsseldorf, Beschluss vom 06. Mai 2010 – I-3 Wx 35/10 –, juris, Rn. 11; Sternal in Keidel,
20. Aufl. 2020, § 68 FamFG, Rn. 12 b).

3. Eine Kostenentscheidung ist nicht zu treffen. Die Verpflichtung zur Tragung der
Gerichtskosten ergibt sich aus dem Gesetz.

4. Auch wenn der Senat mit seiner Auffassung über die Rechtsfolge der Nichteinzahlung
des Kostenvorschusses von der Rechtsprechung des OLG Köln und des OLG Hamm
abweicht (vgl. OLG Köln, Beschluss vom 5. August 2010 – 2 Wx 116/10 –, juris, Rn. 6;
OLG Hamm, Beschluss vom 24. März 2021 – I-27 W 11/21 –, juris, Rn. 11), war die
Rechtsbeschwerde nicht zuzulassen. Denn die Zurückweisung beruht auch auf dem Fehlen
der inländischen Geschäftsanschrift, so dass eine Rechtsbeschwerde ohne Erfolg bliebe.

Art:

Entscheidung, Urteil

Gericht:

Kammergericht

Erscheinungsdatum:

06.10.2021

Aktenzeichen:

22 W 67/21 und 22 W 73/21

Rechtsgebiete:

Kostenrecht
GmbH
Verfahrensrecht allgemein (ZPO, FamFG etc.)

Normen in Titel:

GmbHG §§ 8 Abs. 4 Nr. 1, 9c Abs. 1; GNotKG § 13 S. 1; FamFG § 68 Abs. 1 S. 1