Grundbuchtauglicher Nachweis über die Beendigung der Testamentsvollstreckung
letzte Aktualisierung: 12.08.2020
OLG München, Beschl. v. 16.7.2020 – 34 Wx 463/19
BGB § 2217, GBO §§ 22, 52
Grundbuchtauglicher Nachweis über die Beendigung der Testamentsvollstreckung
1. Der Nachweis über die Beendigung der Testamentsvollstreckung kann in der Form des § 29 GBO
nicht nur durch Vorlage eines Erbscheins, der die Testamentsvollstreckung nicht mehr verlautbart,
sondern auch eines Testamentsvollstreckerzeugnisses, das mit einem Vermerk des Nachlassgerichts
über die Beendigung der Testamentsvollstreckung versehen ist, geführt werden.
2. Die Beendigung der Testamentsvollstreckung ist für das Grundbuchamt nicht durch Bezugnahme
auf Nachlassakten eines anderen Amtsgerichts offenkundig. (amtliche Leitsätze)
Gründe
I.
Die Beteiligte zu 1, eine Stiftung, ist im Grundbuch als Wohnungseigentümerin eingetragen. Das Eigentum
daran erhielt sie aufgrund Erbfolge von zwei Eheleuten. Im notariell errichteten gemeinschaftlichen
Testament vom 22.11.2000 hatten sich die Ehegatten gegenseitig als Erben eingesetzt. Zudem war für den
Fall des Todes des überlebenden Teils ein Schlusserbe eingesetzt, wobei der Überlebende im Testament
ermächtigt wurde, nach dem Ableben des Erstversterbenden die Schlusserbeinsetzung einseitig
aufzuheben, abzuändern oder zu ergänzen.
In einem notariellen Testament vom 14.8.2014 hatte der überlebende Ehemann die bisher errichteten
Verfügungen von Todes wegen widerrufen und die Beteiligte zu 1 als alleinige und ausschließliche Erbin
eingesetzt. Zudem setzte er Vermächtnisse aus. In Ziff. 4. ordnete er Testamentsvollstreckung durch eine
Gesellschaft an, wobei er bestimmte:
Der Testamentsvollstrecker hat die Aufgabe, die Vermächtnisse zu erfüllen, den Nachlass abzuwickeln und
alle in diesem Zusammenhang zweckdienlichen und notwendigen Handlungen vorzunehmen.
Im Rahmen der Umschreibung des Grundbuchs nach Vorlage des notariellen Testaments und der
Eröffnungsniederschrift wurde in Abteilung II des Grundbuchs jeweils für die Nacherbfolge und die
Schlusserbfolge nach den beiden Ehegatten unter Bezugnahme auf das notarielle Testament und die
Eröffnungsniederschrift ein Testamentsvollstreckervermerk eingetragen.
Am 28.2.2019 hat der Notar (Beteiligter zu 2) unter Vorlage einer Löschungsbewilligung von zwei
Vertreterinnen der als Testamentsvollstreckerin eingesetzten Gesellschaft und einer Ausfertigung des
Testamentsvollstreckerzeugnisses die Löschung der Testamentsvollstreckervermerke beantragt. In der
Urkunde heißt es, die Testamentsvollstreckung sei beendet.
Daraufhin hat das Grundbuchamt am 25.3.2019 eine fristsetzende Zwischenverfügung erlassen, wonach die
Berichtigungsbewilligung des Testamentsvollstreckers nicht genüge, da in Anbetracht der
Dauervollstreckung die Beendigung der Testamentsvollstreckung nicht offenkundig sei. Dem Grundbuchamt
sei es nicht möglich, die Beendigung der Testamentsvollstreckung anhand objektiver Merkmale eindeutig
festzustellen. Die Beendigung der Testamentsvollstreckung sei daher durch Vorlage eines Erbscheins
nachzuweisen.
Der Notar hat mit Schreiben vom 27.3.2019 auf die Nachlassakten bei einem anderen Amtsgericht sowie
durch Vorlage von Kopien auf die Löschung der Testamentsvollstreckervermerke in Grundbuchblättern eines
anderen Amtsgerichts verwiesen; daraus ergebe sich die Offenkundigkeit der Beendigung der
Testamentsvollstreckung.
Im Weiteren hat der Notar ein Schreiben der Beteiligten zu 1 vorgelegt, wonach der Nachlass vollständig auf
die Stiftung übertragen, die Testamentsvollstreckung erledigt und daher zum 28.2.2019 beendet worden sei.
Außerdem hat er ein Schreiben der Gesellschaft an das Nachlassgericht vorgelegt, in dem gebeten wird zu
prüfen, ob es einen anderen Weg der Bestätigung der Beendigung der Testamentsvollstreckung gebe als
einen Erbschein. Auf diesem Schreiben findet sich ein gestempelter Vermerk des Nachlassgerichts mit dem
Wortlaut: „Der Eingang des oben genannten Schriftstückes wird bestätigt.“ Daneben ist das Siegel des
Nachlassgerichts angebracht.
Mit Beschluss vom 24.6.2019 hat das Grundbuchamt den Antrag zurückgewiesen. Dagegen wendet sich die
Beschwerde vom 18.7.2019, der das Grundbuchamt nicht abgeholfen hat.
II.
1. Die Beschwerde der Beteiligten zu 1 ist zulässig.
Das Rechtsmittel gegen die Zurückweisung des von ihr gestellten Antrags ist als unbeschränkte Beschwerde
gemäß
betroffene Buchberechtigte auch beschwerdeberechtigt. Auch im Übrigen ist die Beschwerde formgerecht
eingelegt (
2. Soweit der Beteiligte zu 2 gleichzeitig auch im eigenen Namen Beschwerde eingelegt hat, ist diese
hingegen unzulässig. Der Beteiligte zu 2 ist als Urkundsnotar nicht selbst beschwerdeberechtigt und -befugt.
Beschwerdebefugt ist grundsätzlich der Beschwerdeberechtigte (Demharter GBO 31. Aufl. § 71 Rn. 60;
Hügel/Kramer GBO 4. Aufl. § 71 Rn. 218). Das ist regelmäßig jeder, dessen Rechtsstellung durch die
Entscheidung des Grundbuchamts unmittelbar oder mittelbar beeinträchtigt wäre, falls diese in dem vom
Beschwerdeführer behaupteten Sinn unrichtig wäre (OLG Hamm
Hügel/Kramer § 71 Rn. 178). Im Antragsverfahren deckt sich die Beschwerdeberechtigung mit dem
Antragsrecht nach
Notar nicht zu. Insbesondere folgt dies nicht aus § 15 Abs. 2 GBO. Diese Norm begründet allein die
Vermutung einer Vollmacht, den Antrag im Namen des Antragsberechtigten zu stellen (BayObLG NJW-RR
1989, 1495; 1993, 530; Demharter § 71 Rn. 74).
3. Die Beschwerde des Beteiligten zu 1 hat in der Sache allerdings keinen Erfolg. Der
Testamentsvollstreckervermerk kann derzeit nicht gelöscht werden.
Die beantragte Löschung soll aufgrund einer von der Beteiligten zu 1 geltend gemachten Beendigung der
Testamentsvollstreckung erfolgen. Dies stellt eine Grundbuchberichtigung dar, die im vorliegenden Fall
ausschließlich aufgrund Unrichtigkeitsnachweises gemäß
ist nicht geführt.
a) Eine Löschung des Testamentsvollstreckervermerks aufgrund Berichtigungsbewilligung durch den
Testamentsvollstrecker gemäß
vom 11.12.2014, 34 Wx 429/14 =
der Testamentsvollstrecker auch nicht auf die Eintragung des Vermerks verzichten kann (Demharter § 52 Rn.
27; Hügel/Zeiser § 52 Rn. 40 und 102; Meikel/Böhringer GBO 11. Aufl. § 52 Rn. 74; Schaub in Bauer/Schaub
GBO 4. Aufl. § 52 Rn. 96; a.A. KEHE/Munzig GBO 8. Aufl. § 52 Rn. 31).
Zutreffend hat das Grundbuchamt daher die Löschung aufgrund der Löschungsbewilligung durch die
Bevollmächtigten der als Testamentsvollstreckerin eingesetzten Gesellschaft zurückgewiesen.
b) Eine Löschung aufgrund Unrichtigkeitsnachweises scheidet derzeit ebenfalls aus, weil die Beendigung der
Testamentsvollstreckung für das Grundbuchamt nicht in der Form des § 29 GBO nachgewiesen und auch
sonst nicht offenkundig ist.
aa) Unrichtig i.S. von
sein Inhalt hinsichtlich eines Rechts an einem Grundstück, eines Rechts an einem solchen Recht oder einer
Verfügungsbeschränkung der in § 892 Abs. 1 BGB bezeichneten Art mit der wahren, also materiellen
Rechtslage nicht übereinstimmt (BayObLG
Testamentsvollstreckervermerk nach
infolge vollständiger Erfüllung der Aufgaben der Testamentsvollstrecker beendet ist (vgl.
Demharter § 52 Rn. 30; NK-BGB/Kroiß 5. Aufl. § 2203 Rn. 18; Palandt/Weidlich BGB 79. Aufl. § 2225 Rn. 3).
bb) Der Nachweis der Grundbuchunrichtigkeit ist, wenn dies nicht offenkundig ist, durch Vorlage geeigneter
Urkunden in der Form des § 29 GBO zu erbringen (Demharter § 52 Rn. 30; Meikel/Böhringer § 52 Rn. 81;
a.A. KEHE Munzig § 52 Rn. 32, der hingegen vertritt, dass vom Grundbuchamt nicht verlangt werden kann,
die Offenkundigkeit der endgültigen und vollständigen Beendigung der Testamentsvollstreckung zu prüfen).
(1) Der erforderliche Nachweis kann dabei in der Form des § 29 Abs. 1 Satz 2 GBO regelmäßig nur durch
Vorlage eines Erbscheins, der die Testamentsvollstreckung nicht mehr verlautbart, oder eines
Testamentsvollstreckerzeugnisses, das mit einem Vermerk des Nachlassgerichts über die Beendigung der
Testamentsvollstreckung versehen ist, geführt werden (vgl.
54). Ein solches Zeugnis kann auch noch nach Beendigung der Testamentsvollstreckung erteilt werden
(
Dagegen genügt die bloße Erklärung des Testamentsvollstreckers, dass die der Abwicklung des Nachlasses
dienende Testamentsvollstreckung erloschen sei, aus den Gründen, aus denen auch eine
Löschungsbewilligung durch den Testamentsvollstrecker für unzulässig gehalten wird, nicht, selbst wenn
diese in öffentlich beglaubigter Form abgegeben wurde (Demharter § 52 Rn. 27).
(2) Eine wirksame Freigabeerklärung gemäß § 2217 BGB durch die Testamentsvollstreckerin ist vorliegend
ebenfalls nicht nachgewiesen.
Die Freigabeerklärung ist ein einseitiges, abstraktes dingliches Rechtsgeschäft und erfolgt durch
empfangsbedürftige Erklärung des Verzichts über den betreffenden Gegenstand (Palandt/Weidlich § 2217
Rn. 5). Sie kann sich gegebenenfalls auch konkludent (OLG München
dass der Testamentsvollstrecker in der Form des § 29 GBO den Gegenstand rechtswirksam und endgültig
so aufgibt, dass der Erbe im Rechtsverkehr darüber frei verfügen kann (Palandt/Weidlich § 2217 Rn. 5).
Eindeutige Grundbucherklärungen sind hingegen nicht auslegungsfähig (BayObLG 1990, 51/55).
Die Eintragung der Beteiligten zu 1 erfolgte allerdings nicht aufgrund Auflassung durch die
Testamentsvollstreckerin, sondern im Rahmen der Berichtigung nach Vorlage des notariellen Testaments
und der Eröffnungsniederschrift. Insofern scheidet aus, dass dabei eine Freigabe gemäß § 2217 BGB erklärt
wurde. Abgesehen davon, dass die Bewilligung vom 27.2.2019 als Grundbucherklärung eindeutig ist und
daher nicht als Erklärung im Sinne von § 2217 BGB ausgelegt werden kann, war sie an das Grundbuchamt
und nicht an die Beteiligte zu 1 gerichtet, so dass auch aus diesem Grund eine Freigabe nach § 2217 BGB
darin nicht gesehen werden kann.
(3) Die Erklärung der Beteiligten zu 1 zur vollständigen Übertragung des Nachlasses auf die Stiftung und der
Erledigung aller sonstigen Aufgaben des Testamentsvollstreckers scheidet als Nachweis der Unrichtigkeit
ebenfalls aus. Abgesehen davon, dass die Erklärung nur privatschriftlich ist, ergibt sich aus dem Schreiben
schon nicht, inwiefern die Beteiligte zu 1 Auskunft zur Erfüllung aller Vermächtnisse und der sonstigen
Aufgaben des Testamentsvollstreckers geben kann.
(4) Auch die vorgelegte privatschriftliche Erklärung der Gesellschaft als Testamentsvollstreckerin gegenüber
dem Nachlassgericht, dass geprüft werden möge, ob es einen anderen Weg der Bestätigung der
Beendigung der Testamentsvollstreckung gebe als einen Erbschein, auf dem sich gesiegelt die
Eingangsbestätigung des Nachlassgerichts befindet, genügt nicht. Aus der Siegelung der
Eingangsbestätigung durch das Nachlassgericht ergibt sich nicht die Richtigkeit des Vortrags der
Testamentsvollstreckerin.
cc) Selbst wenn der Senat mit der herrschenden Meinung davon ausgeht, dass das Grundbuchamt auch die
Offenkundigkeit der Beendigung der Testamentsvollstreckung zu prüfen hat, war dies hier jedenfalls für das
Grundbuchamt - und im Beschwerdeverfahren für den Senat - nicht offenkundig.
Offenkundig sind Tatsachen für das Grundbuchamt dann, wenn sie ihm zweifelsfrei bekannt sind. Auch
Tatsachen, die sich aus Akten desselben Amtsgerichts ergeben, sind für das Grundbuchamt nicht nur
aktenkundig, sondern auch offenkundig, wenn sich zudem ergibt, dass diese Tatsachen zur Entstehung
gelangt sind (Demharter § 29 Rn. 60 f.; Bayer/Meier-Wehrsdorfer in Bauer/Schaub § 29 Rn. 174;
Meikel/Hertel GBO 11. Aufl. § 29 Rn. 617 ff.).
Die Bezugnahme auf die Akten eines anderen Gerichts genügt allerdings im Antragsverfahren nach § 22
GBO nicht, da es dem Antragsteller obliegt, den Unrichtigkeitsnachweis zu führen (Demharter § 22 Rn. 36);
eigene Ermittlungen des Grundbuchamts scheiden aus (Demharter § 1 Rn. 66). Mithin genügt die
Bezugnahme auf die Nachlassakten eines anderen Amtsgerichts im Antrag nicht, um eine Offenkundigkeit
der Beendigung der Testamentsvollstreckung für das Grundbuchamt zu begründen.
Die Tatsache, dass andere Grundbuchämter den Testamentsvollstreckervermerk gelöscht haben, führt
ebenfalls nicht zu einer Offenkundigkeit der Beendigung des Amtes durch die Testamentsvollstreckerin.
Abgesehen davon, dass die Unterlagen nur in Abschrift vorliegen, ergibt sich aus den Eintragungen nämlich
schon nicht, aus welchem Grund der Vermerk gelöscht wurde. Für die Bezugnahme auf die dortigen
Grundakten gilt ebenfalls das zu den Nachlassakten Gesagte.
III.
1. Eine gesonderte Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens war nicht erforderlich, weil die
Beteiligten diese gemäß § 22 Abs. 1 GNotKG schon von Gesetzes wegen zu tragen haben.
2. Den gemäß
bemisst der Senat nach dem Auffangwert gemäß § 36 Abs. 3 GNotKG.
3. Grund zur Zulassung der Rechtsbeschwerde nach § 78 Abs. 2 Satz 1 GBO besteht nicht.
Erlass des Beschlusses (
Entscheidung, Urteil
Gericht:OLG München
Erscheinungsdatum:16.07.2020
Aktenzeichen:34 Wx 463/19
Rechtsgebiete:
Testamentsvollstreckung
Sachenrecht allgemein
Grundbuchrecht
Kostenrecht
Verfahrensrecht allgemein (ZPO, FamFG etc.)
NotBZ 2021, 232-233
Normen in Titel:BGB §§ 2217, GBO §§ 22, 52