OLG Hamm 14. April 2011
I-15 Wx 499/10
GmbHG §§ 2 Abs. 1a, 10 Abs. 1 S. 2

GmbH-Gründung nach Musterprotokoll: Einzelvertretungsberechtigungszusatz unzulässig

DNotIDeutsches Notarinstitut
Dokumentnummer: i15wx499_10
letzte Aktualisierung: 27.7.2011
OLG Hamm, 14.4.2011 - I-15 Wx 499/10
GmbHG §§ 2 Abs. 1a, 10 Abs. 1 S. 2
GmbH-Gründung nach Musterprotokoll: Einzelvertretungsberechtigungszusatz unzulässig
Bei einer nach der Mustersatzung gegründeten GmbH kann die Anmeldung der konkreten
Vertretungsbefugnis eines Geschäftsführers nicht mit dem Zusatz verbunden werden, dieser
sei einzelvertretungsberechtigt.


Tenor:
Die weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.
Der Gegenstandswert des Verfahrens der weiteren Beschwerde wird auf bis zu 1.000,- €
festgesetzt.
Gründe:
I.
Der Beteiligte gründete durch notarielle Urkunde vom 11.02.2009 (UR-Nr. 155/2009 des
Notars S) die im Rubrum bezeichnete Gesellschaft nach dem Musterprotokoll (Anlage zu § 2
Abs. 1 a GmbHG) und bestellte sich dabei selbst zum Geschäftsführer. Mit
unterschriftsbeglaubigtem Schreiben vom 11.02.2009 (UR-Nr. 156/2009 des Notars S)
meldete er die Gesellschaft zur Eintragung in das Handelsregister an. Die Anmeldung enthält
folgende Angaben zur Vertretungsregelung:
"Die Gesellschaft wird durch einen Geschäftsführer allein vertreten, wenn er alleiniger
Geschäftsführer ist. Hat die Gesellschaft mehrere Geschäftsführer, vertreten sie die
Gesellschaft gemeinsam. Die Geschäftsführer können von den Beschränkungen des § 181
BGB befreit werden.
Ich bin einzelvertretungsberechtigt und von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit".
Mit Zwischenverfügung vom 30.03.2009 beanstandete das Amtsgericht – soweit im
Verfahren der weiteren Beschwerde noch von Bedeutung - u.a. die Anmeldung der
Einzelvertretungsberechtigung des Geschäftsführers, da sich diese nicht aus dem
Musterprotokoll ergebe (Ziffer 3. der Zwischenverfügung). Mit Verfügung vom 25.09.2009
stellte das Amtsgericht klar, dass sich diese Beanstandung in der Zwischenverfügung nur auf
die konkrete Vertretungsregelung in der Anmeldung
bezogen habe.
Gegen die Zwischenverfügung vom 30.03.2009 hat der Beteiligte mit Schriftsatz seines
Verfahrensbevollmächtigten vom 11.08.2009 Beschwerde eingelegt. Die Kammer für
Handelssachen des Landgerichts Detmold hat die Beschwerde durch Beschluss vom
26.07.2010 zurückgewiesen, dabei aber in den Entscheidungsgründen sinngemäß ausgeführt,
dass die in den Ziffern 1. und 2. der Zwischenverfügung vom 30.03.2009 genannten
Eintragungshindernisse beseitigt sein dürften und dass auch die angemeldete allgemeine
Vertretungsregelung nicht zu beanstanden sei. Gegen diese Entscheidung wendet sich der
Beteiligte mit seiner weiteren Beschwerde, soweit das Landgericht (mit der in dem Beschluss
auf Seite 3 unter Buchstabe b) gegebenen Begründung) die amtsgerichtliche
Zwischenverfügung zu Ziffer 3. – also die Beanstandung der angemeldeten konkreten
Vertretungsregelung - bestätigt hat.
Die nach den §§ 27, 29 FGG i.V.m. Art. 111 Abs. 1 S. 1 FGG-RG statthafte und auch im
Übrigen zulässige weitere Beschwerde ist unbegründet, da die Entscheidung des Landgerichts
nicht auf einer Verletzung des Rechts beruht (§ 27 Abs. 1 FGG).
Es bestehen bereits Bedenken gegen die Zulässigkeit der Erstbeschwerde. Es ist zweifelhaft,
ob der Beteiligte überhaupt befugt war, die Erstbeschwerde im eigenen Namen statt im
Namen der Gesellschaft einzulegen. Diese Frage kann jedoch dahingestellt bleiben, da das
Landgericht die Beschwerde gegen die Beanstandung zu Ziffer 3. der Zwischenverfügung
vom 30.03.2009, die allein noch Gegenstand des Verfahrens der weiteren Beschwerde ist,
auch in der Sache rechtsfehlerfrei zurückgewiesen hat.
Die angemeldete konkrete Vertretungsregelung ist im vorliegenden Fall nicht
eintragungsfähig, soweit sich der Beteiligte als "einzelvertretungsberechtigt" bezeichnet.
Die weitere Beschwerde unterscheidet insoweit nicht hinreichend zwischen der
allgemeinen/abstrakten und der besonderen/konkreten Vertretungsbefugnis. Nach den §§ 8
Abs. 4 Nr. 2, 10 Abs. 1 S. 2 GmbHG sind Art und Umfang der Vertretungsbefugnis der
Geschäftsführer in der Anmeldung anzugeben und in das Handelsregister einzutragen. Dabei
ist die für die Geschäftsführer generell bestehende Vertretungsbefugnis (allgemeine bzw.
abstrakte Vertretungsregelung) anzugeben; soweit die Vertretungsbefugnis für bestimmte
Geschäftsführer abweichend von der allgemeinen Vertretungsregelung bestimmt ist – und nur
dann –, muss diese spezielle Befugnis (besondere bzw. konkrete Vertretungsregelung)
zusätzlich angegeben werden (Krafka/Willer/Kühn, Registerrecht, 8. Aufl., Rn. 948 f., 987 f.;
Senat FGPrax 2010, 44 = NZG 2009, 1431 ff. = Rpfleger 2010, 144 f.; BayObLG NJW-RR
1998, 400; OLG Stuttgart FGPrax 2009, 182 f. = NZG 2009, 754 f.; OLG Bremen NJW 2010,
542).
Im vorliegenden Fall erfolgte die Gründung der Gesellschaft im vereinfachten Verfahren
unter Verwendung des Musterprotokolls (Anlage zu § 2 Abs. 1 a GmbHG). Die Regelung in
Ziffer 4. Satz 2 des Musterprotokolls ("Der Geschäftsführer ist von den Beschränkungen des §
181 des Bürgerlichen Gesetzbuchs befreit") stellt eine konkrete Vertretungsregelung für den
im Rahmen der Gründung bestellten, namentlich benannten Geschäftsführer dar;
demgegenüber enthält das Musterprotokoll keine allgemeine/abstrakte Vertretungsregelung,
so dass diese sich nach dem Gesetz (§ 35 GmbHG) richtet (Senat a.a.O.; Krafka/ Willer/Kühn
a.a.O., Rn. 941c). Die allgemeine gesetzliche Vertretungsregelung geht dahin, dass, wenn nur
ein Geschäftsführer bestellt ist, dieser die Gesellschaft allein vertritt, und dass, wenn mehrere
Geschäftsführer bestellt sind, diese die Gesellschaft gemäß § 35 Abs. 2 S. 1 GmbHG
gemeinsam vertreten (Krafka/ Willer/Kühn a.a.O., Rn. 974a; Roth/Altmeppen, GmbHG, 6.
Aufl., § 35, Rn. 38; Baumbach/Hueck, GmbHG, 19. Aufl., § 35, Rn. 103). Wenn also nach
der Gründung der Gesellschaft unter Verwendung des Musterprotokolls ein weiterer
Geschäftsführer bestellt wird, verliert der bei der Gründung bestellte Geschäftsführer nach der
allgemeinen gesetzlichen Regelung die Einzelvertretungsmacht (Baumbach/Hueck a.a.O.;
Roth/Altmeppen a.a.O., § 2, Rn. 56; Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 17. Aufl., § 2, Rn. 47;
Michalski, GmbHG, 2. Aufl., § 2, Rn. 111). Da bei der Gründung der Gesellschaft im
vereinfachten Verfahren keine über das Musterprotokoll hinausgehenden, vom Gesetz
abweichenden Bestimmungen getroffen werden dürfen (§ 2 Abs. 1a S. 3 GmbHG) – was hier
auch nicht geschehen ist – kann dem im Rahmen der Gründung bestellten Geschäftsführer
nicht von vornherein eine (besondere/konkrete) Einzelvertretungsbefugnis für den Fall der
späteren Bestellung weiterer Geschäftsführer eingeräumt werden (Michalski a.a.O.).
einzelvertretungsberechtigt …") der Anmeldung entsprechend eingetragen würde, könnte
diese Regelung im Rechtsverkehr als nächstliegende Bedeutung dahingehend verstanden
werden, dass der Beteiligte stets – also auch im Falle der späteren Bestellung weiterer
Geschäftsführer - einzelvertretungsberechtigt ist, was jedoch nach dem oben Gesagten von
dem Musterprotokoll und dem Gesetz gerade nicht gedeckt ist. Dieses haben bereits die
Vorinstanzen zutreffend dargelegt.
Der Beteiligte beruft sich allerdings mit der weiteren Beschwerde darauf, dass er zur Zeit –
also solange er der einzige Geschäftsführer ist – sehr wohl einzelvertretungsberechtigt ist.
Dieses ist aber bereits durch die einzutragende allgemeine Vertretungsregelung zu
verlautbaren; nichts anderes besagen auch die von dem Beteiligten mit der weiteren
Beschwerde angeführte Entscheidung des OLG Düsseldorf (NJW 1989, 3100) und die darin
in Bezug genommene Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGHZ 63, 261 ff. = NJW 1975,
213 f.). Dagegen ist es unzulässig, (zusätzlich) eine den Rechtsverkehr verwirrende konkrete
Vertretungsregelung einzutragen, wonach der Beteiligte einzelvertretungsbefugt ist, nur weil
er derzeit der einzige Geschäftsführer ist (vgl. Krafka/ Willer/Kühn a.a.O., Rn. 995).
Die Wertfestsetzung beruht auf den §§ 131, 30 Abs. 1 KostO.

Art:

Entscheidung, Urteil

Gericht:

OLG Hamm

Erscheinungsdatum:

14.04.2011

Aktenzeichen:

I-15 Wx 499/10

Rechtsgebiete:

GmbH

Erschienen in:

RNotZ 2011, 501-502
FGPrax 2011, 246-247
NotBZ 2011, 405-406
Rpfleger 2011, 612-613

Normen in Titel:

GmbHG §§ 2 Abs. 1a, 10 Abs. 1 S. 2