BGH 16. Juni 2023
V ZR 251/21
WEG §§ 18 Abs. 2, 28 Abs. 2

Wohnungseigentümergemeinschaft; Anspruch auf Korrektur der Jahresabrechnung

letzte Aktualisierung: 13.11.2023
BGH, Urt. v. 16.6.2023 – V ZR 251/21

WEG §§ 18 Abs. 2, 28 Abs. 2
Wohnungseigentümergemeinschaft; Anspruch auf Korrektur der Jahresabrechnung

1. Wird ein der Jahresabrechnung zugrunde liegender Beschluss über eine von dem Gesetz oder
einer Vereinbarung abweichende Kostenverteilung rechtskräftig für ungültig erklärt, ist die
Gemeinschaft der Wohnungseigentümer zu der Erstellung einer korrigierten Jahresabrechnung
verpflichtet und kann jeder Wohnungseigentümer eine solche verlangen; über die Einforderung von
Nachschüssen oder die Anpassung der beschlossenen Vorschüsse haben die Wohnungseigentümer
auf der Grundlage der korrigierten Abrechnung neu zu beschließen (Fortführung von Senat, Urteil
vom 10. Juli 2020 – V ZR 178/19, WuM 2020, 595 Rn. 23 ff.).
2a. Wird ein Beschluss über eine abweichende Kostenverteilung, der einer bereits beschlossenen
Jahresabrechnung zugrunde liegt, rechtskräftig für ungültig erklärt, muss die Gemeinschaft der
Wohnungseigentümer nach Treu und Glauben von der weiteren Durchsetzung der
Nachschussforderungen aus der Jahresabrechnung absehen.
2b. Weil mit der Rechtskraft des Urteils, mit dem ein in der Abrechnung berücksichtigter Beschluss
über eine abweichende Kostenverteilung für ungültig erklärt wird, lediglich die Durchsetzbarkeit der
Nachschussforderung entfällt, müssen bis zu diesem Zeitpunkt entstandene Schäden wegen
Zahlungsverzugs von einem säumigen Wohnungseigentümer ersetzt werden. Eine bereits erhobene
Zahlungsklage kann die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer ab diesem Zeitpunkt für erledigt
erklären mit der Folge, dass die Kosten regelmäßig dem säumigen Wohnungseigentümer
aufzuerlegen sind.

Entscheidungsgründe:

I.
Nach Ansicht des Berufungsgerichts besteht ein durchsetzbarer Anspruch
der Klägerin auf Zahlung der in der Einzelabrechnung des Beklagten ausgewiesenen
Abrechnungsspitze aufgrund des bestandskräftigen Beschlusses über die
Jahresabrechnung 2017. Die Erhebung der Zahlungsklage durch die Klägerin sei
nicht deshalb treuwidrig, weil der in der Jahresabrechnung zugrunde gelegte Beschluss
über die Verteilung der Dachsanierungskosten rechtskräftig für ungültig
erklärt worden sei. Das Urteil in dem Vorprozess verändere nicht die tatsächliche,
sondern lediglich die rechtlichen Verhältnisse. Dies lasse die Durchsetzung des
Zahlungsanspruchs unberührt. Es hätte dem Beklagten oblegen, den Beschluss
über die Jahresabrechnung 2017 anzufechten oder nach dessen Bestandskraft
auf einen abändernden Zweitbeschluss hinzuwirken.

II.
Das hält revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand.
1. Im Ausgangspunkt zutreffend geht das Berufungsgericht allerdings davon
aus, dass die Zahlungspflicht des Beklagten in Höhe der Abrechnungsspitze
durch den Beschluss über die Jahresabrechnung 2017 gemäß § 28 Abs. 5 WEG
in der bis zum 30. November 2020 geltenden Fassung als dem zur Zeit der Beschlussfassung
geltenden Recht (vgl. Senat, Urteil vom 26. Februar 2021 - V ZR
33/20, NJW-RR 2021, 664 Rn. 6) begründet worden ist (vgl. Senat, Beschluss
vom 13. Februar 2020 - V ZR 29/15, ZWE 2020, 347 Rn. 7 mwN). In dieser (bestandskräftigen)
Jahresabrechnung 2017 sind die Kosten für die Dachsanierung
als in diesem Kalenderjahr angefallene tatsächliche Ausgaben der GdWE verbucht
worden (vgl. hierzu Senat, Urteil vom 17. Februar 2012 - V ZR 251/10,
NJW 2012, 1434 Rn. 11).

2. Von Rechtsfehlern beeinflusst ist dagegen die Annahme des Berufungsgerichts,
dieser Zahlungsanspruch sei ohne Rücksicht darauf durchsetzbar, dass
der in der Jahresabrechnung zugrunde gelegte Umlageschlüssel für die Dachsanierungskosten
rechtskräftig für ungültig erklärt worden ist, weil der Beklagte weder
den Beschluss über die Jahresabrechnung angefochten noch auf eine erneute
Beschlussfassung hingewirkt hat.

a) Richtig ist allerdings, dass Einwendungen gegen die Wirksamkeit von
Beschlüssen grundsätzlich mit der Anfechtungsklage (§ 44 Abs. 1 Satz 1 WEG
bzw. § 46 Abs. 1 Satz 1 WEG aF) geltend zu machen sind. Solange Beschlüsse
über die Erhebung von Beiträgen nicht rechtskräftig für ungültig erklärt worden
sind, sind sie gemäß § 23 Abs. 4 Satz 2 WEG gültig und begründen die Zahlungspflicht
des einzelnen Wohnungseigentümers; auch kommt eine Aussetzung
des Verfahrens über die Zahlungsklage etwa wegen eines gegen den Beschluss
einer Sanierungsmaßnahme gerichteten Anfechtungsverfahrens nicht in Betracht
(vgl. Senat, Urteil vom 16. September 2022 - V ZR 180/21, ZfIR 2023, 98 Rn. 18;
Urteil vom 4. April 2014 - V ZR 167/13, WuM 2014, 364 Rn. 6 f. mwN). In einem
auf Beitragszahlung gerichteten Rechtsstreit kann der beklagte Wohnungseigentümer
daher grundsätzlich nicht einwenden, der Beitragsbeschluss entspreche
nicht ordnungsmäßiger Verwaltung (vgl. Bärmann/Becker, WEG, 15. Aufl., § 28
Rn. 346; BeckOK WEG/Bartholome [3.4.2023], § 28 Rn. 194; Hügel/Elzer, WEG,
3. Aufl., § 28 Rn. 310). Eine fehlerhafte, aber bestandskräftig beschlossene Abrechnung
ist verbindlich, es sei denn, es besteht - anders als hier - ausnahmsweise
ein zur Nichtigkeit des Beschlusses führender Mangel (vgl. Senat, Urteil
vom 2. Dezember 2011 - V ZR 113/11, ZWE 2012, 90, 91).

b) Gleichwohl ist unter den gegebenen Umständen der durch den bestandskräftigen
Beschluss über die Jahresabrechnung wirksam begründete Zahlungsanspruch
nicht (mehr) durchsetzbar.

aa) Zutreffend verweist die Revision darauf, dass aus Sicht des Beklagten
für die Erhebung einer gegen den Beschluss über die Jahresabrechnung gerichteten
Anfechtungsklage keine Veranlassung bestand.

(1) Richtig ist allerdings, dass die Jahresabrechnung angefochten werden
muss, wenn der gesetzliche oder vereinbarte Verteilungsschlüssel falsch angewendet
worden sein soll (vgl. Senat, Urteil vom 10. Juli 2020 - V ZR 178/19, WuM
2020, 595 Rn. 25). Ein solcher Fehler kann nämlich nur behoben werden, indem
der auf der Grundlage der Jahresabrechnung gefasste Beschluss für ungültig erklärt
wird.

(2) Hier liegt der Fall aber anders, weil vor der Beschlussfassung über die
Jahresabrechnung ein Beschluss über eine abweichende Kostenverteilung gefasst
und angefochten worden ist. Bei der Beschlussfassung über die Jahresabrechnung
2017 entsprach es deshalb ordnungsmäßiger Verwaltung, die Kosten
der Dachsanierung nach dem zwar angefochtenen, zu diesem Zeitpunkt aber
(noch) nicht rechtskräftig für ungültig erklärten Umlageschlüssel zu verteilen
(§ 23 Abs. 4 Satz 2 WEG). Eine gegen den Beschluss über die Jahresabrechnung
gerichtete Anfechtungsklage wäre mit einem erheblichen Prozess- und
Kostenrisiko behaftet gewesen, das der Beklagte vernünftigerweise nicht eingehen
musste. Für ihn war nach der Beschlussfassung über die Jahresabrechnung
bis zum Ablauf der Klagefrist (§ 46 Abs. 1 Satz 2 WEG aF i.V.m. § 48 Abs. 5
WEG) nicht nur ungewiss, ob und wann der in der Einzelabrechnung berücksichtigte
Beschluss über die Kostenverteilung in dem insoweit laufenden Vorprozess
für ungültig erklärt werden würde, sondern auch, ob ihm dies bei einer Anfechtung
der Jahresabrechnung überhaupt zum Erfolg verhelfen konnte. Denn der
Senat hat zuletzt offengelassen, ob es für die Beurteilung der Ordnungsmäßigkeit
der Beschlussfassung im Rahmen der Beschlussanfechtungsklage auf den
Kenntnisstand der Wohnungseigentümer im Zeitpunkt der Eigentümerversammlung
oder - im Sinne einer objektiven Rechtmäßigkeitskontrolle - auf die Erkenntnisse
im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ankommt (vgl. Senat,
Urteil vom 4. Mai 2018 - V ZR 203/17, NJW 2018, 3238 Rn. 28 mwN). Zudem
musste der Beklagte damit rechnen, dass eine Klage gegen die (zunächst
korrekte) Jahresabrechnung sogleich abgewiesen werden würde.

(3) Vor diesem Hintergrund durfte der Beklagte zunächst den Ausgang des
Vorprozesses abwarten und darauf vertrauen, dass eine dort zu seinen Gunsten
ergehende gerichtliche Entscheidung ohne die vorsorgliche Erhebung einer weiteren,
gegen den Beschluss über die Jahresabrechnung gerichteten Anfechtungsklage
- gegebenenfalls im Wege eines abändernden Zweitbeschlusses
(hierzu Rn. 15) - berücksichtigt werden würde. Dieses Vorgehen entspricht auch
der Interessenlage der GdWE, weil auf diese Weise mehrere Parallelverfahren
vermieden werden. Die Bestandskraft der Jahresabrechnung wird hierdurch nicht
entwertet; es handelt sich nur um eine Folgewirkung der erfolgreichen Anfechtung
des vorangegangenen Beschlusses.

bb) Der Beklagte musste auch keine anderweitigen Schritte unternehmen,
um die Durchsetzung der Zahlungspflicht abzuwenden. Entgegen der Ansicht
des Berufungsgerichts war er insbesondere nicht gehalten, auf eine abändernde
Beschlussfassung hinzuwirken oder eine Beschlussersetzungsklage (§ 44 Abs. 1
Satz 2 WEG bzw. § 21 Abs. 8 WEG aF) zu erheben.

(1) Mit Blick auf die Jahresabrechnung 2017 besteht allerdings, wovon
auch das Berufungsgericht auszugehen scheint, ein Anspruch des Beklagten auf
erneute Beschlussfassung.

(a) Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats kann über eine schon
geregelte gemeinschaftliche Angelegenheit ein erneuter Beschluss gefasst werden,
wobei jeder Wohnungseigentümer verlangen kann, dass der neue Beschluss
schutzwürdige Belange aus Inhalt und Wirkung des Erstbeschlusses berücksichtigt
(vgl. Senat, Urteil vom 10. Februar 2023 - V ZR 246/21, NZM 2023,
462 Rn. 10 mwN). Einzelne Wohnungseigentümer können zudem die Änderung
eines gefassten Beschlusses verlangen (abändernder Zweitbeschluss), wenn
sich die bei dem Erstbeschluss zugrunde gelegten Umstände wesentlich geändert
haben. Der Senat hat dies bereits entschieden für eine wesentliche Veränderung
der tatsächlichen Verhältnisse (vgl. Senat, Urteil vom 24. Mai 2013
- V ZR 220/12, WuM 2013, 500 Rn. 22 mwN, insoweit nicht abgedruckt in BGHZ
197, 274). Ein Anspruch auf eine abändernde Beschlussfassung kann allerdings
auch dadurch entstehen, dass sich die bei der Beschlussfassung zugrunde gelegten
rechtlichen Verhältnisse wesentlich verändern (vgl. BeckOK WEG/Elzer
[3.4.2023], § 18 Rn. 76; Sommer/Heinemann in Jennißen, WEG, 7. Aufl., § 18
Rn. 56; vgl. auch Senat, Urteil vom 10. Februar 2023 - V ZR 246/21, NZM 2023,
462 Rn. 15).

(b) Eine wesentliche (rechtliche) Veränderung der bei dem Beschluss über
die Jahresabrechnung 2017 zugrunde gelegten Umstände ist hier eingetreten,
weil die beschlossene und in der Abrechnung berücksichtigte Kostenverteilung
für ungültig erklärt worden ist.

(aa) Die von dem Verwalter gemäß § 28 Abs. 2 Satz 2 WEG (§ 28 Abs. 3
WEG aF) zu erstellende Jahresabrechnung bildet die Grundlage für die Festlegung
der endgültigen Höhe der von den Wohnungseigentümern geschuldeten
- V ZB 282/11, NJW-RR 2012,
1103 Rn. 7). Dafür sind in der Gesamtabrechnung u.a. die Einnahmen und Ausgaben
der Gemeinschaft darzustellen. Die daraus abgeleiteten Rechnungsposten
sind zum Zwecke des Innenausgleichs in den jeweiligen Einzelabrechnungen
objektbezogen nach Maßgabe des jeweiligen Verteilungsschlüssels auf die einzelnen
Wohnungseigentümer umzulegen und den beschlossenen (Soll-)Vorauszahlungen
gegenüberzustellen. Hierdurch wird der auf der Grundlage des Wirtschaftsplans
beschlossene Beitragsanspruch der GdWE überprüft und in Form
eines Nachzahlungsanspruchs der GdWE oder Erstattungsanspruchs des Wohnungseigentümers
sowie durch Neufestsetzung der Vorschüsse korrigiert (negative
bzw. positive Abrechnungsspitze; vgl. Senat, Urteil vom 1. Juni 2012
- V ZR 171/11, NJW 2012, 2797 Rn. 23).

(bb) Fassen die Wohnungseigentümer auf der Grundlage einer Jahresabrechnung
einen bestandskräftigen Beschluss gemäß § 28 Abs. 2 Satz 1 WEG
(§ 28 Abs. 5 WEG aF) und wird danach ein in der Jahresabrechnung zugrunde
gelegter Kostenverteilungsbeschluss rechtskräftig für ungültig erklärt, ändert dies
zwar nichts daran, dass die Wohnungseigentümer ihrer Verpflichtung zur Beschlussfassung
über die Abrechnung des Wirtschaftsplans zunächst nachge-
kommen sind. Nach der erfolgreichen Beschlussanfechtungsklage steht aber unter
ihnen als Folge der Rechtskraft fest, dass der für ungültig erklärte Beschluss
über die Kostenverteilung nicht ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht (vgl.
Senat, Urteil vom 5. Juli 2019 - V ZR 278/17, ZfIR 2020, 142 Rn. 11 mwN). Damit
steht ebenfalls fest, dass die in der Jahresabrechnung vorgenommene Kostenverteilung,
soweit sie in die Abrechnungsspitze eingeflossen ist, nicht ordnungsmäßiger
Verwaltung entspricht.

(cc) Die durch das Anfechtungsverfahren eingetretene Veränderung ist
wesentlich, weil sich ein in der Einzelabrechnung fehlerhaft verteilter Rechnungsposten
notwendigerweise auf die Abrechnungsspitze auswirkt (vgl. Senat, Urteil
vom 10. Juli 2020 - V ZR 178/19, ZfIR 2020, 718 Rn. 21; Bärmann/Becker, WEG,
15. Aufl., § 28 Rn. 240). Das macht eine erneute Beschlussfassung der Wohnungseigentümer
notwendig. Nur so wird gewährleistet, dass der durch eine erfolgreiche
Anfechtungsklage verwirklichte Minderheitenschutz nicht dadurch faktisch
entwertet wird, dass sich die Mehrheit auf die Bestandskraft des bereits auf
der Grundlage der Jahresabrechnung gefassten Beschlusses beruft, obwohl der
in der Abrechnung zugrunde gelegte Kostenverteilungsbeschluss rechtskräftig
für ungültig erklärt worden ist.

(c) Der Anspruch des Beklagten ist darauf gerichtet, dass die Wohnungseigentümer
auf der Grundlage einer neuen bzw. korrigierten Jahresabrechnung
insgesamt erneut über die Beitragspflichten der Wohnungseigentümer für das
Kalenderjahr 2017 zu beschließen haben.

(aa) Der Senat hat bereits entschieden, dass einzelne Wohnungseigentümer,
wenn die Jahresabrechnung insgesamt oder teilweise für ungültig erklärt
wird, nicht die Rückzahlung der Abrechnungsspitze im Wege eines Bereicherungsausgleichs
beanspruchen können; vielmehr steht ihnen ein Anspruch auf
Erstellung einer neuen Jahresabrechnung für das betroffene Jahr und eine Beschlussfassung
hierüber zu. Der Grund hierfür ist darin zu sehen, dass die in den
Einzelabrechnungen enthaltenen und aus der Gesamtabrechnung abgeleiteten
Rechnungsposten fehlerfrei auf die Wohnungseigentümer zu verteilen sind. Ist
die Kostenverteilung in der Jahresabrechnung fehlerhaft, lässt sich dies aber nur
durch die Erstellung einer neuen Jahresabrechnung und eine erneute Beschlussfassung
erreichen. Die Anpassung der Einzelabrechnung eines Wohnungseigentümers
hat nämlich notwendigerweise Auswirkungen auf die Einzelabrechnungen
der übrigen Wohnungseigentümer, so dass aus dem auf alle Einheiten bezogenen
Abrechnungssystem nicht einzelne Forderungen herausgelöst werden
können (vgl. zum Ganzen Senat, Urteil vom 10. Juli 2020 - V ZR 178/19, ZfIR
2020, 718 Rn. 23 f.). Seit dem 1. Dezember 2020 ist der Anspruch der einzelnen
Wohnungseigentümer auf Erstellung einer neuen bzw. korrigierten Abrechnung
gegen die GdWE gerichtet (vgl. BeckOGK/G. Hermann, WEG [1.3.2023], § 28
Rn. 114 mwN), und der Beschluss der Wohnungseigentümer hat nach § 28
Abs. 2 Satz 1 WEG allein die Einforderung von Nachschüssen oder die Anpassung
der Vorschüsse zum Gegenstand; gegenüber der GdWE ist der Verwalter
verpflichtet, die neue bzw. korrigierte Abrechnung zu erstellen (§ 28 Abs. 2 Satz 2
WEG; vgl. auch Senat, Urteil vom 26. Februar 2021 - V ZR 290/19, ZWE 2021,
282 Rn. 21).

(bb) Ein solcher Anspruch auf Erstellung einer neuen Jahresabrechnung
und eine Beschlussfassung auf dieser Grundlage besteht gleichermaßen, wenn,
wie hier, ein der Abrechnung zugrunde liegender Beschluss über die Kostenverteilung
rechtskräftig für ungültig erklärt wird. Auch in diesem Fall erweist sich die
Abrechnung als fehlerhaft, sodass das Problem dort zu beheben ist, wo es entstanden
ist (vgl. Senat, Urteil vom 10. Juli 2020 - V ZR 178/19, ZfIR 2020, 718
Rn. 21). Wird ein der Jahresabrechnung zugrunde liegender Beschluss über eine
von dem Gesetz oder einer Vereinbarung abweichende Kostenverteilung rechtskräftig
für ungültig erklärt, ist die GdWE zu der Erstellung einer korrigierten Jahresabrechnung
verpflichtet und kann deshalb jeder Wohnungseigentümer eine
solche verlangen; über die Einforderung von Nachschüssen oder die Anpassung
der beschlossenen Vorschüsse haben die Wohnungseigentümer auf der Grundlage
der korrigierten Abrechnung neu zu beschließen. Der Verwalter ist gegenüber
der GdWE verpflichtet, zur Beschlussvorbereitung eine neue beziehungsweise
korrigierte Abrechnung zu erstellen (§ 28 Abs. 2 Satz 2 WEG).

(cc) Bei der Erstellung der korrigierten Jahresabrechnung sind allein die
Kosten abweichend zu verteilen, die auf dem für ungültig erklärten Umlageschlüssel
beruhen. Der entsprechend zu korrigierende Rechnungsposten (hier:
in den Einzelabrechnungen auf alle zur Kostentragung verpflichteten Wohnungseigentümer
zu verteilen. In den jeweiligen Einzelabrechnungen ist sodann die
Abrechnungsspitze unter Berücksichtigung der übrigen Rechnungsposten neu zu
berechnen. Das Ergebnis muss mit etwaigen auf die fehlerhafte Jahresabrechnung
geleisteten Zahlungen bzw. Erstattungen verrechnet werden, auch wenn
diese nicht in dem Abrechnungsjahr geleistet worden sind; es handelt sich insoweit
um schlichte Rechnungsposten, die zwangsläufig berücksichtigt werden
müssen, wenn die auf dem fehlerhaften Verteilungsschlüssel beruhende Einzelposition
anders als zuvor auf die einzelnen Wohnungseigentümer verteilt werden
soll (vgl. dazu Senat, Urteil vom 10. Juli 2020 - V ZR 178/19, ZfIR 2020, 718
Rn. 22).

(dd) Schutzwürdige Belange der übrigen Wohnungseigentümer stehen
dem nicht entgegen, auch wenn die korrigierte Jahresabrechnung dazu führen
kann, dass in deren Einzelabrechnungen statt einer positiven nunmehr eine negative
Abrechnungsspitze ausgewiesen wird bzw. sich eine negative Abrechnungsspitze
erhöht. Denn mit der Korrektur der Jahresabrechnung verwirklicht
sich lediglich das Risiko, das der ursprünglichen Jahresabrechnung aufgrund des
laufenden Beschlussanfechtungsverfahrens zu der Kostenverteilung anhaftete.
Das kann im Fall der Veräußerung des Wohnungseigentums zwar dazu führen,
dass der Erwerber aufgrund einer korrigierten Jahresabrechnung und einer abändernden
Beschlussfassung nach dem Fälligkeitsprinzip für zurückliegende
Kalenderjahre einzustehen hat (vgl. dazu Senat, Urteil vom 15. Dezember 2017
- V ZR 257/16, WuM 2018, 240 Rn. 8 mwN). Derartige Konsequenzen laufender
Beschlussanfechtungsverfahren müssen bei einer Veräußerung aber - wie auch
sonst - gegebenenfalls vertraglich geregelt werden (vgl. Senat, Urteil vom
10. Juli 2020 - V ZR 178/19, WuM 2020, 595 Rn. 24).

cc) Wird ein Beschluss über eine abweichende Kostenverteilung, der einer
bereits beschlossenen Jahresabrechnung zugrunde liegt, rechtskräftig für ungültig
erklärt, muss die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer nach Treu und
Glauben (§ 242 BGB) von der weiteren Durchsetzung der Nachschussforderungen
aus der Jahresabrechnung absehen.

(1) Der abweichenden Auffassung des Berufungsgerichts liegt zwar die
zutreffende Überlegung zugrunde, dass der Anspruch eines Wohnungseigentümers
auf die Fassung eines bestimmten Beschlusses grundsätzlich im Wege der
Beschlussersetzungsklage geltend zu machen ist. Aufgrund des rechtskräftigen
Urteils in dem Vorprozess steht aber bereits fest, dass auf der Grundlage der zu
korrigierenden Jahresabrechnung eine abändernde Beschlussfassung erfolgen
muss (s.o. Rn. 22). Ab Eintritt der Rechtskraft des eine beschlossene Kostenverteilung
für ungültig erklärenden Urteils widerspricht deshalb die weitere Durchsetzung
einer Verpflichtung zur Zahlung von Nachschüssen (negative Abrechnungsspitze),
die sich aus einer auf diesen Beschluss gestützten Jahresabrechnung
ergibt, ordnungsmäßiger Verwaltung und verstößt gegen Treu und Glauben.
Wäre dies anders, würde der Beklagte zu einer Zahlung verurteilt, obwohl
aufgrund des rechtskräftigen Urteils in dem Vorprozess feststeht, dass neu abgerechnet
werden muss.

(2) Der Umstand, dass gegen einen Beschluss über die Verteilung einzelner
Kosten oder bestimmter Arten von Kosten (§ 16 Abs. 2 Satz 2 WEG bzw.
§ 16 Abs. 4 Satz 1 WEG aF) Anfechtungsklage erhoben wird, hindert die GdWE
allerdings weder daran, von dem Verwalter eine Jahresabrechnung erstellen zu
lassen und den Wohnungseigentümern zur Beschlussfassung vorzulegen, noch
ist sie an der Durchsetzung der durch den Beschluss begründeten Zahlungspflichten
gehindert; ein solches Vorgehen wird regelmäßig ordnungsmäßiger
Verwaltung entsprechen. Weil mit der Rechtskraft des Urteils, mit dem ein in der
Abrechnung berücksichtigter Beschluss über eine abweichende Kostenverteilung
für ungültig erklärt wird, der Schuldgrund unberührt bleibt und lediglich die
Durchsetzbarkeit der Nachschussforderung entfällt, müssen auch bis zu diesem
Zeitpunkt entstandene Schäden wegen Zahlungsverzugs von einem säumigen
Wohnungseigentümer ersetzt werden.

(3) Eine bereits erhobene Zahlungsklage kann die GdWE ab diesem Zeitpunkt
für erledigt erklären mit der Folge, dass die Kosten regelmäßig dem säumigen
Wohnungseigentümer aufzuerlegen sind. Hierzu ist es aber vorliegend
nicht gekommen, weil die Klage erst nach Rechtskraft des Urteils, mit dem der in
der Abrechnung berücksichtigte Kostenverteilungsbeschluss für ungültig erklärt
wurde, erhoben worden ist.

III.
Das angefochtene Urteil kann danach, soweit der Beklagte zur Zahlung
der negativen Abrechnungsspitze sowie vorgerichtlicher Anwaltskosten und Zinsen
für den Zeitraum nach Rechtskraft des Urteils in dem Vorprozess verurteilt
worden ist, keinen Bestand haben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Die Sache ist zur Entscheidung
reif (§ 563 Abs. 3 ZPO). Die Klage ist abzuweisen, weil die Klägerin
mit der Rechtskraft des in dem Vorprozess ergangenen Urteils an der Durchsetzung
der Zahlungspflicht des Beklagten aus der beschlossenen Jahresabrechnung
2017 dauerhaft gehindert ist; aus diesem Grund hat die Klägerin auch weder
Anspruch auf die allein für einen Zeitraum nach Rechtskraft des in dem Vorprozess
ergangenen Urteils geltend gemachten Zinsen noch auf Ersatz von erst
in diesem Zeitraum entstandenen außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten.

IV.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 Satz 1, § 97 Abs. 1 ZPO.
Brückner Göbel RiBGH Dr. Malik ist infolge
Urlaubs an der Unterschrift
gehindert.

Art:

Entscheidung, Urteil

Gericht:

BGH

Erscheinungsdatum:

16.06.2023

Aktenzeichen:

V ZR 251/21

Rechtsgebiete:

Allgemeines Schuldrecht
WEG
Verfahrensrecht allgemein (ZPO, FamFG etc.)

Normen in Titel:

WEG §§ 18 Abs. 2, 28 Abs. 2