BGH 04. September 2024
IV ZB 37/23
BGB § 1643 Abs. 3 S. 1; BGB a. F. § 1643 Abs. 2 S. 2

Lenkende Ausschlagung; keine Genehmigungsbedürftigkeit der Ausschlagung durch Elternteil, der nicht gewillkürter, aber gesetzlicher Erbe sein will

letzte Aktualisierung: 30.9.2024
BGH, Beschl. v. 4.9.2024 – IV ZB 37/23

BGB § 1643 Abs. 3 S. 1; BGB a. F. § 1643 Abs. 2 S. 2
Lenkende Ausschlagung; keine Genehmigungsbedürftigkeit der Ausschlagung durch Elternteil,
der nicht gewillkürter, aber gesetzlicher Erbe sein will

Eine teleologische Reduktion des Anwendungsbereichs des § 1643 Abs. 2 Satz 2 BGB a. F., § 1643
Abs. 3 Satz 1 BGB n. F. kommt für den Fall, dass ein als gewillkürter Erbe berufener Elternteil für
sich im eigenen Namen und als vertretungsberechtigter Elternteil für das als Ersatzerbe eingesetzte
Kind die gewillkürte Erbschaft bei werthaltigem Nachlass ausschlägt, um die gesetzliche Erbfolge zu
ermöglichen und das gesetzliche Erbe für sich anzunehmen (sog. lenkende Ausschlagung), nicht in
Betracht.

Gründe:

I. Der Beteiligte zu 1 erstrebt eine Klärung der Erbfolge im Verfahren
über die Erteilung eines Europäischen Nachlasszeugnisses.
Der Beteiligte zu 1 ist der Witwer der am 19. April 2022 verstorbenen
Erblasserin, die Beteiligten zu 2 und 3 sind die gemeinsamen Kinder. Zum
Zeitpunkt des Todes der Erblasserin erwartete der Beteiligte zu 3 mit seiner
Ehefrau ein Kind (im Folgenden: Beteiligter zu 4), das am 3. Oktober
2022 geboren worden ist. Die Erblasserin und der Beteiligte zu 1 hatten
unter dem 12. Dezember 2014 einen notariell beurkundeten Erbvertrag
geschlossen, der unter anderem folgende Regelungen enthält:

"§ 3
Gegenseitige Erbeinsetzung
Wir setzen uns gegenseitig, der Erstversterbende den Überlebenden,
zum alleinigen und unbeschränkten Erben ein, unabhängig
davon, ob und welche Pflichtteilsberechtigte beim
Tode des Erstversterbenden von uns vorhanden sind.

§ 4
Erbfolge nach dem Längstlebenden
1. Jeder von uns beruft sowohl für den Fall, dass er der
Längstlebende von uns ist, als auch für den Fall, dass wir
gleichzeitig versterben, zu seinen Erben unsere gemeinschaftlichen
Kinder, welche zur Zeit sind:

a) Felix Léon Oliver Christian F , geboren am
01.08.1997,
b) Jeanette Chloé Carlotta F , geboren am
25.04.2000,

- zu gleichen Teilen -.

2. Sollte eines unserer gemeinschaftlichen Kinder vor dem
Längstlebenden sterben oder aus einem sonstigen
Grunde nicht Erbe werden und Abkömmlinge hinterlassen,
sollen diese an seine Stelle treten. Sind Abkömmlinge
nicht vorhanden, tritt Anwachsung im Verhältnis der Erbeinsetzung
ein."

Die Beteiligten zu 1 bis 3 schlugen für sich sowie der Beteiligte zu 3
und seine Ehefrau für den damals gezeugten, aber noch ungeborenen Beteiligten
zu 4 durch notariell beglaubigte Erklärungen gegenüber dem
Nachlassgericht die Erbschaft aus dem Berufungsgrund der gewillkürten
Erbenstellung aus. Ferner erklärten die Beteiligten zu 1 bis 3, die Erbschaft
aus dem Berufungsgrund der gesetzlichen Erbenstellung anzunehmen.
Hintergrund der Ausschlagungen sei, dass der Anfall der E rbschaft
mit einem Nachlasswert von 1.255.873,40 allein bei dem Beteiligten zu 1
zu einer enormen Erbschaftssteuerbelastung geführt hätte, weshalb es im
Interesse aller Beteiligten liege, das Vermögen im Wege der gesetzlichen
Erbfolge möglichst für die Familie zu erhalten. Andererseits wolle der Beteiligte
zu 1 die gemeinsamen Kinder bereits am Nachlass ihrer Mutter
teilhaben lassen.

Am 25. Oktober 2022 beantragte der Beteiligte zu 1 die Erteilung
eines Europäischen Nachlasszeugnisses, das auf der Grundlage der gesetzlichen
Erbfolge ihn als Erben zu ½ und die Beteiligten zu 2 und 3 als
Erben zu je ¼ nach der Erblasserin ausweisen sollte. Nachdem das Nachlassgericht
darauf hingewiesen hatte, dass es die für den Beteiligten zu 4
erklärte Ausschlagung als nicht wirksam erachte, hat es den Antrag auf
Ausstellung eines Europäischen Nachlasszeugnisses zurückgewiesen.

Eine daraufhin beantragte familiengerichtliche Genehmigung der Ausschlagungserklärung
hat das Amtsgericht nicht erteilt, da der Nachlasswert
für den Beteiligten zu 4 einen wirtschaftlichen Vorteil bedeute. Die
Beschwerde des Beteiligten zu 1 gegen den Beschluss des Nachlassgerichts
hat das Oberlandesgericht zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich
die zugelassene Rechtsbeschwerde des Beteiligten zu 1, mit der er seinen
Antrag auf Ausstellung eines Europäischen Nachlasszeugnisses weiterverfolgt.

II. Das Beschwerdegericht ist der Ansicht, dass die gesetzliche Erbfolge
nicht eingreife, weil die Eheleute in dem Erbvertrag eine wirksame
Ersatzerbenbestimmung zugunsten des Beteiligten zu 4 getroffen und
dessen Eltern das diesem angefallene Erbe nicht wirksam ausgeschlagen
hätten, weil die Ausschlagungserklärung nicht familiengerichtlich genehmigt
worden sei. Die Eheleute hätten zwar nicht den Fall, dass nach dem
Tod des Erstversterbenden der Längerlebende von ihnen das Erbe (als
gewillkürter Erbe) ausschlagen würde, ausdrücklich geregelt. Jedoch
könne aus der vorgenommenen Einsetzung der gemeinschaftlichen Kinder
als Schlusserben des Längstlebenden sowie auch als jeweilige Erben der
Ehepartner im Falle eines gleichzeitigen Versterbens eindeutig der
Schluss gezogen werden, dass die Eheleute dann, wenn sie den Fall bedacht
hätten, dass der Längerlebende von ihnen das ihm zugewandte Erbe
nach dem Tod des Erstversterbenden ausschlage, ihre gemeinschaftlichen
Kinder auch schon zu Ersatzerben des Erstversterbenden bestimmt
hätten und dass die weiterhin (unter § 4 Ziff. 2 des Erbvertrags) verfügte
Ersatzerbenregelung für den Erbfall nach dem Längstlebenden auch für
den Erbfall nach dem Erstversterbenden gelten sollte. Diese Auslegung
erfasse auch den Fall einer "lenkenden" Ausschlagung. Die Bestimmung
der möglichen Abkömmlinge der Kinder der Eheleute zu Ersatzerben sei
umfassend erfolgt.

Die durch den Beteiligten zu 3 und dessen Ehefrau für den Beteiligten
zu 4 erklärte Ausschlagung des Erbes sei nicht wirksam erfolgt, weil
sie nicht familiengerichtlich genehmigt worden sei. Die Ausnahme von der
Grundregel der Erforderlichkeit der familiengerichtlichen Genehm igung in
§ 1643 Abs. 2 Satz 2 BGB in der bis zum 31. Dezember 2022 geltenden
Fassung bzw. § 1643 Abs. 3 Satz 1 BGB in der derzeit geltenden Fassung
sei zwar seinem Wortlaut nach gegeben, jedoch entspreche es der herrschenden
Meinung, diese Ausnahmevorschrift im Wege der teleologischen
Reduktion nicht anzuwenden, wenn die von den Eltern für das minderjährige
Kind erklärte Ausschlagung dazu führe, dass die Erbschaft
dann wieder dem Elternteil, der vorher die Erbschaft nur unter dem Gesichtspunkt
einer gewillkürten Erbenstellung ausgeschlagen hat, als gesetzlicher
(Mit-)Erbe anfalle. Jedenfalls in diesem Fall bestehe bei dem
Elternteil ein Interessenkonflikt, weil der für das Kind erklärte Erbverzicht
dazu führe, dass sein - des Elternteils - Vermögen gemehrt werde.
III. Das hält rechtlicher Überprüfung nicht stand.

Die statthafte (§ 44 IntErbRVG) und auch im Übrigen zulässige
(§§ 44 Satz 3, 43 Abs. 3 IntErbRVG) Rechtsbeschwerde ist begründet.
Das Beschwerdegericht hat zu Unrecht angenommen, dass die Beteiligten
zu 1 bis 3 nicht gesetzliche Erben nach der Erblasserin geworden sind.
Dementsprechend ist dem Antrag des Beteiligten zu 1 auf Ausstellung
eines Europäischen Nachlasszeugnisses stattzugeben.

1. Die Beteiligten zu 1 bis 3 haben - wie das Beschwerdegericht zu
Recht unterstellt hat - ihr Erbe aus dem Berufungsgrund der gewillkürten
Erbeinsetzung wirksam ausgeschlagen, ohne dass es darauf ankommt, ob
die - von der Rechtsbeschwerde insoweit nicht angegriffene - Auslegung
des Erbvertrags vom 12. Dezember 2014 durch das Beschwerdegericht
der Überprüfung durch das Rechtsbeschwerdegericht standhält. Denn die
tatbestandlichen Voraussetzungen für eine wirksame Ausschlagung der
- zugunsten der Beteiligten zu 2 und 3 unterstellt - gewillkürten Erbenstellung
durch die Beteiligten zu 1 bis 3 liegen vor.

a) Ursprünglich ist der Beteiligte zu 1 Alleinerbe aufgrund des notariellen
Erbvertrags vom 12. Dezember 2014 (§ 1941 BGB) geworden.

Seine Stellung als gewillkürter Erbe hat der Beteiligte zu 1 jedoch rückwirkend
verloren (§ 1953 Abs. 1 BGB), indem er gegenüber dem Nachlassgericht
form- und fristgerecht die Ausschlagung der Erbschaft gemäß
§§ 1944 Abs. 1, 1945 Abs. 1 BGB aus dem Berufungsgrund der gewillkürten
Erbeinsetzung erklärt hat. Damit sind - die von dem Beschwerdegericht
angenommene Auslegung des Erbvertrags zugrunde gelegt - zunächst
die Beteiligten zu 2 und 3 als Nächstberufene (§ 1953 Abs. 2 BGB)
gewillkürte Ersatzerben geworden, die ihrerseits gegenüber dem Nachlassgericht
form- und fristgerecht die Ausschlagung der Erbschaft nach
§§ 1944 Abs. 1, 1945 Abs. 1 BGB aus dem Berufungsgrund der gewillkürten
Erbeinsetzung erklärt haben.

b) Indem die Beteiligten zu 1 bis 3 zugleich mit der Ausschlagung
des gewillkürten Erbes das gesetzliche Erbe angenommen haben, stehen
die Ausschlagungen - anders als die Rechtsbeschwerde zu bedenken
gibt - weder unter einer Bedingung im Rechtssinne (§ 1947 BGB), noch
folgt ihre Unwirksamkeit aus den Grundsätzen der Perplexität.

aa) Die insoweit gleichlautenden Erklärungen, dass die Ausschlagung
auf den Berufungsgrund der gewillkürten Erbeinsetzung beschränkt
sei (vgl. nur Najdecki in Burandt/Rojahn, Erbrecht 4. Aufl. BGB § 1947
Rn. 5 m.w.N.) und die zugleich erfolgte - überobligatorische (vgl.
Heinemann in BeckOGK-BGB, § 1948 Rn. 13 [Stand: 1. Mai 2024]) - Erklärung,
die Erbschaft aus dem Berufungsgrund der gesetzlichen Erbenstellung
annehmen zu wollen, sowie die darin enthaltene Erwartung, dass
der Nachlass nach den Bestimmungen der gesetzlichen Erbfolge an die
Beteiligten zu 1 bis 3 fallen würde (vgl. Senatsbeschluss vom 22. März
2023 - IV ZB 12/22, BGHZ 236, 358 Rn. 11; OLG Düsseldorf ZEV 2019,
469 Rn. 14; ZEV 2018, 85, 86 [juris Rn. 20]; Staudinger/Otte, BGB (2017)
§ 1954 Rn. 5 [Stand: 15. Februar 2021] m.w.N.; Eickelberg, ZEV 2018,
489, 490 f.), ist unbedenklich (§ 1948 Abs. 1 BGB). Die Beteiligten haben
die Ausschlagung jeweils aus dem Berufungsgrund der gewillkürten Erbeinsetzung
vorbehaltlos erklärt und sind lediglich - zu Recht - davon ausgegangen,
aus dem Berufungsgrund der gesetzlichen Erbfolge als Erbe
berufen zu sein. Dadurch haben sie keinen von ihrem Belieben abhängenden
Schwebezustand geschaffen (vgl. Heinemann in BeckOGK-BGB,
§ 1947 Rn. 14, 24 [Stand: 1. Mai 2024]; Masloff in Praxiskommentar Erbrecht
4. Aufl. § 1947 Rn. 3; Schmidt in Erman, BGB 17. Aufl. § 1947 Rn. 3;
Siegmann/Höger in BeckOK-BGB, § 1947 Rn. 4 [Stand: 1. Februar 2024];
Leipold in MünchKomm-BGB, 9. Aufl. § 1947 Rn. 5; Gothe,
MittRhNotK 1998, 194, 196). Der Eintritt der gesetzlichen Erbschaft stellt
kein in der Zukunft liegendes ungewisses Ereignis dar.

Der Rechtsbeschwerde ist zwar darin zuzustimmen, dass die Auslegung
einer Erklärung ergeben kann, sie solle nur wirksam sein, wenn
bestimmte - auch im Rechtlichen liegende (vgl. Frohn, Rpfleger 1982, 56,
57) - Erwartungen des Erklärenden zutreffen (vgl. OLG Düsseldorf
NJW-RR 1998, 150, 151 [juris Rn. 42]; Staudinger/Bork, BGB (2020) Vorbemerkung
§§ 158 ff. Rn. 29 [Stand: 30. April 2022]; Ivo in NK-BGB,
6. Aufl. § 1947 Rn. 5). Der Wortlaut der hier zu beurteilenden notariell beglaubigten
Ausschlagungserklärungen trägt eine solche Auslegung aber
nicht, weil darin mit der Erklärung der Annahme der Erbschaft aus dem
Berufungsgrund der gesetzlichen Erbfolge deren Eintritt lediglich als
sicher eintretende Folge der Ausschlagung festgestellt wird. Aus Sicht der
Beteiligten zu 1 bis 3 bestand kein Anlass, ihre Erklärung konditional mit
dieser Feststellung zu verknüpfen.

bb) Die Erklärung der Ausschlagung aus dem Berufungsgrund der
gewillkürten Erbfolge und die Annahme der Erbschaft als gesetzlicher
Erbe sind auch nicht als einheitliches Ganzes im Sinne einer Erklärung
anzusehen, die wegen offensichtlichen inneren Widerspruchs keine Wirkung
entfalten kann, und daher nicht nach den Grundsätzen der Perplexität
unwirksam. Es handelt sich um die Zusammenfassung zweier Erklärungen
in einer Urkunde allein aus praktischen Gründen, die entsprechend
dem Rechtsgedanken des § 1948 Abs. 2 BGB zulässig ist (vgl. OLG
Frankfurt NJW 1955, 466).

2. Entgegen der Ansicht des Beschwerdegerichts steht dem Eintritt
der gesetzlichen Erbfolge nicht entgegen, dass das Erbe aufgrund der
wirksamen Ausschlagungen aus dem Berufungsgrund der gewillkürten
Erbeinsetzung durch die Beteiligten zu 1 bis 3 dem Beteiligten zu 4 angesichts
eines ihm erbvertraglich zugewendeten Ersatzerbrechts (§ 2096
BGB) angefallen ist.

Es kann offenbleiben, ob - wovon sowohl das Beschwerdegericht
als auch die Beteiligten zu 1 bis 3 ausgehen - dem Erbvertrag zu entnehmen
ist, dass auch die weiterhin verfügte Ersatzerbenregelung in § 4
Abs. 2 des Erbvertrages zugunsten etwaiger Abkömmlinge der Kinder für
den Erbfall nach dem Erstversterbenden und auch für den Fall einer "lenkenden"
Ausschlagung gelten sollte. Eine solche Auslegung unterstellt,
haben die Eltern des Beteiligten zu 4 für diesen wirksam die Ausschlagung
der Erbschaft erklärt. Einer familiengerichtlichen Genehmigung bedurfte
es dafür nicht.

a) Gemäß §§ 1643 Abs. 2 Satz 1, 1822 Nr. 2 BGB in der bis zum
31. Dezember 2022 geltenden und hier noch maßgeblichen Fassung (im
Folgenden a.F.) bzw. § 1643 Abs. 1, 1851 Nr. 1 BGB in der derzeit geltenden
Fassung bedürfen die Eltern für die Ausschlagung einer Erbschaft für
das Kind einer Genehmigung des Familiengerichts, wobei Maßstab für
deren Erteilung das Kindeswohl ist (§ 1697a BGB). § 1643 Abs. 2
Satz 2 BGB a.F. bzw. § 1643 Abs. 3 Satz 1 BGB trifft eine hiervon abweichende
Regelung für den Fall, dass die Erbschaft dem Minderjährigen erst
infolge der Ausschlagung seines sorgeberechtigten Elternteils anfällt und
dieser Elternteil nicht neben dem Kind berufen war. Das gilt auch für ein
zum Ausschlagungszeitpunkt noch ungeborenes Kind (§ 1912 Abs. 2 BGB
in der bis zum 31. Dezember 2022 geltenden und hier noch maßgeblichen
Fassung bzw. § 1810 BGB in der derzeit geltenden Fassung), wie hier für
den Beteiligten zu 4. Die tatbestandlichen Voraussetzungen dieser Ausnahmeregelung
von der Genehmigungspflicht sind ihrem Wortlaut nach
erfüllt. Denn - eine im Erbvertrag geregelte Ersatzerbenstellung zugunsten
des Beteiligten zu 4 unterstellt - ist die Erbschaft diesem erst durch
die Ausschlagung des Beteiligten zu 3 und sorgeberechtigten Elternteils
angefallen, welcher nicht neben diesem berufen war (vgl. § 1643 Abs. 2
Satz 2 a.E. BGB a.F. bzw. § 1643 Abs. 3 Satz 1 a.E. BGB).

b) Entgegen der Auffassung des Beschwerdegerichts kommt eine
teleologische Reduktion des Anwendungsbereichs des § 1643 Abs. 2
Satz 2 BGB a.F. bzw. § 1643 Abs. 3 Satz 1 BGB für den Fall, dass - wie
hier - ein als gewillkürter Erbe berufener Elternteil für sich im eigenen Namen
- beschränkt auf diesen Berufungsgrund gemäß § 1948 Abs. 1 BGB -
und als vertretungsberechtigter Elternteil für das - hier unterstellt - als Ersatzerbe
(§ 2096 BGB) eingesetzte Kind die gewillkürte Erbschaft bei
werthaltigem Nachlass ausschlägt, um die gesetzliche Erbfolge zu ermöglichen,
bei welchem er selbst, nicht jedoch sein Kind - hier der Beteiligte
zu 4 - als Erbe zum Zuge kommt, und um sodann das gesetzliche Erbe für
sich anzunehmen (sog. lenkende Ausschlagung), nicht in Betracht
(ebenso OLG Hamm ZEV 2018, 645 Rn. 24 ff. mit zustimmenden Anmerkungen
Podewils, jurisPR-FamR 6/2019 Anm. 8; Sagmeister,
MittBayNot 2019, 36; Eitzinger in BeckOGK-BGB, § 1643 Rn. 47
[Stand: 1. Juli 2024]; Hähn in Burandt/Rojahn, Erbrecht 4. Aufl. § 1643
BGB Rn. 6; Ivo in Keim/Lehmann, Erbrecht 5. Aufl. J.IV.4. Rn. 2;
Kössinger/Najdecki in Nieder/Kössinger, Handbuch der Testamentsgestaltung
6. Aufl. § 25 Rn. 1a; Münch in Beck´sches Notarhandbuch 8. Aufl.
§ 16a Rn. 106; Grüneberg/Weidlich, BGB 83. Aufl. § 1945 Rn. 6;
Baumann, DNotZ 2012, 803, 807; Keim, ZEV 2020, 393, 397; Sagmeister,
ZEV 2012, 121, 124 f.; a.A. OLG Frankfurt ZEV 2011, 597 [juris Rn. 25];
OLG Frankfurt NJW 1955, 466; Döll in Erman, BGB 17. Aufl. § 1643
Rn. 14; Fröhler in Langenfeld/Fröhler, Testamentsgestaltung 5. Aufl.
8. Kapitel Rn. 39; Gernhuber/Coester-Waltjen, FamR 7. Aufl. § 64 Rn. 48;
Grziwotz/Fröhler in Groll/Steiner, Praxis-Handbuch Erbrechtsberatung
6. Aufl. § 14 Rn. 14.124; Staudinger/Heilmann, BGB (2020) § 1643 Rn. 39
[Stand: 31. März 2024]; Huber in MünchKomm-BGB, 9. Aufl. § 1643
Rn. 14; Pawlytta in Scherer, Münchener Anwaltshandbuch Erbrecht
6. Aufl. § 42 Rn. 32; Rakete-Dombek/Berning in NK-BGB, Familienrecht
4. Aufl. § 1643 Rn. 5; Stahl in Klinger, Münchener Prozessformularbuch:
Erbrecht 5. Aufl. E. I. 3. Anm. 2; Thormeyer in jurisPK-BGB, 10. Aufl.
§ 1643 Rn. 12 [Stand: 14. April 2023]; Tschichoflos in Fachanwaltskommentar
Erbrecht 4. Aufl. § 1643 Rn. 5; Veit in BeckOK-BGB, § 1643 BGB
Rn. 13, 14.2 [Stand: 1. Januar 2023]; Demirci/Rose, ZAP 2024, 649, 654;
Engler, FamRZ 1972, 7, 8; Fröhler, BWNotZ 2013, 88, 89; Ivo, ZEV 2002,
309, 313; wohl auch LG Osnabrück, NotBZ 2007, 419; auf den Erblasserwillen
abstellend Mensch, BWNotZ 2013, 144, 145; eine Genehmigungspflicht
allein wegen der Werthaltigkeit des Nachlasses ablehnend OLG
Hamm, Beschluss vom 20. August 2021 - 10 W 49/21, juris Rn. 24 ff.; OLG
Köln FamRZ 2012, 1832 [juris Rn. 13 f.]; Döll in Erman, BGB 17. Aufl.
§ 1643 Rn. 13; a.A. Eue, ZEV 2018, 624, 626).

Eine ausnahmsweise zulässige richterliche Rechtsfortbildung im
Wege der teleologischen Reduktion setzt eine verdeckte Regelungslücke
im Sinne einer planwidrigen Unvollständigkeit des Gesetzes voraus ( vgl.
Senatsurteil vom 25. Januar 2023 - IV ZR 133/21, VersR 2023, 373
Rn. 27; Senatsbeschluss vom 11. Oktober 2023 - IV ZB 26/22, ZEV 2023,
828 Rn. 17). Ob eine derartige Lücke besteht, ist vom Standpunkt des Gesetzes
und der ihm zugrundeliegenden Regelungsabsicht zu beurteilen
(BGH, Urteil vom 21. Februar 2022 - VIa ZR 8/21, BGHZ 233, 16 Rn. 57
m.w.N.). Das Gesetz muss, gemessen an seiner eigenen Regelungsabsicht,
unvollständig sein (BGH, Urteil vom 1. Juli 2020 - VIII ZR 323/18,
WuM 2020, 499 Rn. 31 m.w.N.). Nach diesem Maßstab gebieten weder
der Gesetzgeberwille und die Entstehungsgeschichte der Norm noch Sinn
und Zweck der Regelung zur Befreiung vom Genehmigungserfordernis für
den Fall, dass die Erbschaft dem Minderjährigen erst infolge der Ausschlagung
seines sorgeberechtigten Elternteils eintritt, eine Beschränkung ihres
Anwendungsbereichs, wie sie das Beschwerdegericht vorgenommen
hat.

aa) Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber übersehen hätte,
eine Regelung für den Fall der "lenkenden" Ausschlagung eines werthaltigen
Nachlasses zu treffen, liegen nicht vor (vgl. Sagmeister, ZEV 2012,
121, 124 f.).

(1) Die Entstehungsgeschichte belegt, dass sich der Gesetzgeber
bewusst gegen ein Genehmigungserfordernis in Fällen der hier in Rede
stehenden Art entschieden hat.

Bereits in den Motiven zum BGB (Band 5, S. 515 zu § 2044 des Entwurfs)
wurde es grundsätzlich für angemessen erachtet, "die Verbindung
der beiden eigentlich sukzessiven Ausschlagungen in einer und derselben
Erklärung zuzulassen", wobei der Umstand, dass die eine Erklärung von
dem Inhaber der elterlichen Gewalt für sich selbst, die andere Erklärung
von demselben in seiner Eigenschaft als gesetzlicher Vertreter des Kindes
abzugeben sei, daran nichts ändere. Anders wurde die Interessenlage beurteilt,
wenn der Inhaber der elterlichen Gewalt Miterbe des Kindes war.
Die Prüfung der Ausschlagung seitens des Inhabers der Gewalt für sich
gehe nicht voraus, sondern die Prüfung im Interesse beider stehe in gleicher
Linie. Von vornherein sei zu entscheiden, ob die Ausschlagung für
das Kind angemessen sei, und es sei in Betracht zu ziehen, dass sich die
Wirkung der Annahme bei dem Wegfall von Miterben erweitere. Ein Widerstreit
des Interesses beider sei naheliegend (vgl. Motive aaO). Demnach
hielt der historische Gesetzgeber einen Interessenkonflikt nur dann
für möglich, wenn der vertretungsberechtigte Elternteil und das minderjährige
Kind als Miterben auf einer Ebene stehen, nicht aber für den - auch
hier in Rede stehenden - Fall, in dem zunächst der Elternteil die ihm zugefallene
Erbschaft auf den Berufungsgrund der gewillkürten Erbfolge beschränkt
ausschlägt und anschließend als gesetzlicher Vertreter seines
als Ersatzerbe berufenen minderjährigen Kindes für dieses die Erbschaft
ausschlägt.

Bei der Anpassung der später in § 1643 Abs. 2 Satz 2 BGB a.F. enthaltenen
Ausnahmeregelung an das neue Gesamtvertretungsrecht im Jahr
1979 hat der Gesetzgeber ein Genehmigungserfordernis ausdrücklich mit
folgender Begründung abgelehnt: "Schlagen beide Elternteile für das Kind
aus, so kann davon ausgegangen werden, daß eine Benachteiligung des
Kindes auch dann nicht zu besorgen ist, wenn die Erbschaft dem Kind
lediglich durch die Ausschlagung eines der Elternteile anfällt "
(BT-Drucks. 8/2788 S. 57 re. Spalte).

Im Rahmen der Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts
mit Wirkung zum 1. Januar 2023 hat der Gesetzgeber die bis dahin geltende
Vorschrift des § 1643 Abs. 2 Satz 2 BGB a.F. inhaltlich unverändert
in § 1643 Abs. 3 Satz 1 BGB übernommen. Er hat sich mit der Problematik
der "vereinzelt diskutierten Frage selektiver oder lenkender Erbausschlagungen"
im Anwendungsbereich des § 1643 BGB befasst (BTDrucks.
19/24445, S. 481). Zuvor hatte der Bundesrat in den Empfehlungen
der Ausschüsse vom 27. Oktober 2020 (BR-Drucks. 564/1/20,
S. 13 f.) sowie der Stellungnahme zum Regierungsentwurf
(BT-Drucks. 19/24445, S. 424) darum gebeten, "im weiteren Gesetzgebungsverfahren
zu prüfen, ob und auf welche Weise klargestellt werden
kann, dass Ausschlagungen eines Elternteils für das von ihm vertretene
Kind in den Fällen des § 1643 Abs. 3 Satz 1 BGB auch dann keiner Genehmigung
bedürfen, wenn der Nachlass werthaltig ist und die Ausschlagung
nur selektiv z.B. nur für eines von mehreren Kindern erfolgt oder eine
Umleitung des Nachlasses auf die gesetzlichen Erben bezweckt (selektive
oder lenkende Ausschlagung)". Seine Bitte hat er damit begründet, dass
diese Fragen in der Rechtsprechung umstritten seien. Angesichts dessen
wäre eine explizite Aussage des Gesetzgebers hilfreich, wobei es einer
Genehmigungspflicht in diesen Fällen nicht bedürfe, weil ein der selektiven
Ausschlagung vergleichbares Ergebnis auch über den Weg der genehmigungsfreien
Erbteilübertragung oder der Schenkung von Gegenständen
aus der Erbschaft erreicht werden könne. Die Erbschaftsausschlagung
stelle hier nur eine einfachere und kostengünstigere Alternative
dar, die durch ein Genehmigungserfordernis nicht erschwert werden solle.
Da die Fallgruppe der selektiven oder lenkenden Ausschlagung vom Wortlaut
der Regelung des § 1643 Abs. 3 Satz 1 BGB an sich erfasst sei, könne
eine Klarstellung im Rahmen der Begründung genügen
(BR-Drucks. 564/1/20, S. 14). Für eine gesetzliche Entscheidung des Meinungsstreits
hat die Bundesregierung keine Veranlassung gesehen. In der
Gesetzesbegründung heißt es, dass diese Frage in der Praxis sehr selten
auftreten dürfte und sich mit dem vorhandenen Regelwerk sachgerecht
lösen lasse (BT-Drucks. 19/24445, S. 481; dazu Everts, MittBayNot 2023,
9, 17 f.). Diese Ausführungen beziehen sich zwar auf § 1643 Abs. 3 Satz 1
BGB, bestätigen aber die die bereits für die gleichlautende Vorgängerregelung
geäußerte Auffassung des Gesetzgebers, der bewusst von einer
Klärung des hiesigen Streitstands - und erst recht von einer vom Wortlaut
des § 1643 Abs. 2 Satz 2 BGB a.F. bzw. § 1643 Abs. 3 Satz 1 BGB abweichenden
Regelung - abgesehen hat, so dass sich das Gesetz nicht als
planwidrig unvollständig erweist.

(2) Die Genehmigungsfreiheit im Fall der "lenkenden" Ausschlagung
entspricht zudem den gesetzgeberischen Motiven zur Einführung der Genehmigungsfreiheit
in § 1643 Abs. 2 Satz 2 BGB a.F. bzw. § 1643 Abs. 3
Satz 1 BGB (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 20. August 2021
- 10 W 49/21, juris Rn. 25; ZEV 2018, 645 Rn. 30 ff.; vgl. Sagmeister,
ZEV 2012, 121, 124; Engler, FamRZ 1972, 7, 9). Die Norm sollte der Entlastung
der Gerichte dienen und verhindern, dass diese, um sich der Prüfung
des Nachlassbestandes und der damit verbundenen Verantwortung
zu entziehen, im Zweifel die Genehmigung versagen (vgl. Motive zum
BGB, Band 5, S. 515; OLG Hamm ZEV 2018, 645 Rn. 17; OLG Köln
FamRZ 2012, 1832 [juris Rn. 13]; OLG Frankfurt ZEV 2011, 597 [juris
Rn. 21]; Sagmeister, ZEV 2012, 121, 124 f.). Dass die Ausschlagung für
einen Minderjährigen nicht in seinem Interesse liegen könnte, fand insofern
keine Berücksichtigung.

bb) Auch Sinn und Zweck des § 1643 Abs. 2 Satz 2 BGB a.F. bzw.
§ 1643 Abs. 3 Satz 1 BGB erfordern eine Beschränkung ihres Anwendungsbereichs
im Fall der "lenkenden" Ausschlagung nicht. Anders, als
das Beschwerdegericht meint, rechtfertigt ein möglicher Interessenkonflikt
zwischen dem ausschlagenden Elternteil und dem Kind die Annahme
eines Genehmigungserfordernisses nicht.

(1) Dem Beschwerdegericht ist zwar darin zuzustimmen, dass hinter
der Befreiung von der Genehmigungspflicht die Grundannahme steht,
dass der sorgeberechtigte Elternteil die zunächst ihm angefallene Erbschaft
im eigenen Interesse nur nach sorgfältiger wirtschaftlicher Prüfung
ausgeschlagen hat und somit auch die Ausschlagung für das minderjährige
Kind nur erklärt, wenn die Annahme wirtschaftlich nachteilig ist oder
sonst ein Grund vorliegt, der die Nichtannahme der Erbschaft rechtfertigt
(vgl. BT-Drucks. 8/2788, S. 57; OLG Frankfurt ZEV 2011, 597 [juris
Rn. 21]; Grüneberg/Götz, BGB 83. Aufl. § 1643 Rn. 4; Staudinger/
Heilmann, BGB (2020) § 1643 Rn. 36 [Stand: 31. März 2024];
Tschichoflos in Fachanwaltskommentar Erbrecht 4. Aufl. § 1643 Rn. 4;
Eue, ZEV 2018, 624) und daher ein Interessenkonflikt nicht bestehe. Weiter
geht das Beschwerdegericht zutreffend davon aus, dass sich die gesetzgeberische
Vermutung eines Interessengleichklangs zwischen Eltern
und Kind nicht bestätigen mag, soweit die Ausschlagung für das Kind erfolgt,
um den gesetzlichen Erbgang (auch) zugunsten des sorgeberechtigten
Elternteils zu ermöglichen, weil diese dann allein dazu dient, die Erbschaft
in eine bestimmte Richtung zu lenken und letztlich dazu führt, dass
das Vermögen des ausschlagenden Elternteils gemehrt wird (vgl. O LG
Hamm NJW-RR 2014, 779 [juris Rn. 9]; KG ZEV 2012, 332 [juris Rn. 18];
Hähn in Burandt/Rojahn, Erbrecht 4. Aufl. § 1643 Rn. 4; Huber in
MünchKomm-BGB, 9. Aufl. § 1643 Rn. 14; Ivo, ZEV 2002, 309, 313). Der
Senat verkennt auch nicht, dass es in Fällen wie dem vorliegenden möglich
erscheint, dass Eltern aus eigennützigen Gründen im Rahmen einer
wirtschaftlich bedeutenden Angelegenheit gegenüber ihren Kindern
pflicht- und treuwidrig handeln könnten.

(2) Ein solcher Interessenkonflikt rechtfertigt es aber nicht, die Wirksamkeit
der "lenkenden" Ausschlagung eines werthaltigen Nachlasses von
einer familiengerichtlichen Genehmigung abhängig zu machen. Dafür
sprechen Gründe der Rechtssicherheit und -klarheit, die Regelung in
§ 1643 Abs. 3 Satz 2 BGB, ein fehlendes über die bestehenden Regelungen
hinausgehendes Schutzbedürfnis des Minderjährigen und der Wille
der Erbvertragsparteien.

(a) Eine von dem Normtext des § 1643 Abs. 2 Satz 2 BGB a.F. bzw.
§ 1643 Abs. 3 Satz 1 BGB abweichende rechtliche Beurteilung verbietet
sich bereits deshalb, weil der Kreis der nach §§ 1848 ff. BGB bzw.
§§ 1821, 1822 BGB a.F. genehmigungsbedürftigen Geschäfte aus Gründen
der Rechtssicherheit formal und nicht nach den jeweiligen Umständen
des Einzelfalles zu bestimmen ist und eine - vom Beschwerdegericht angenommene
- einzelfallbezogene Erweiterung von genehmigungsbedürftigen
Geschäften allein wegen des Inhalts des Rechtsgeschäfts oder der
ihm zugrunde liegenden Interessenbewertung ausgeschlossen ist (vgl. nur
Senatsbeschluss vom 18. Dezember 2013 - IV ZR 207/13, ZEV 2014, 311
Rn. 7 m.w.N.; vgl. auch Ivo, ErbR 2018, 674, 679). Ein Interessenkonflikt
im Einzelfall kann gegebenenfalls nach den Grundsätzen des Rechtsmiss-
brauchs (§ 242 BGB) zu lösen sein, wofür hier indessen keine Anhaltspunkte
bestehen (dazu Eitzinger in BeckOGK-BGB, § 1643 Rn. 49
[Stand: 1. Juli 2024]; Baumann, DNotZ 2012, 803, 808 f.).

(b) Der Ausweitung des Kreises der genehmigungsbedürftigen
Rechtsgeschäfte steht auch das berechtigte Interesse des Rechtsverkehrs
an einer raschen und rechtssicheren Feststellung der Erben entgegen
(vgl. OLG Hamm ZEV 2018, 645 Rn. 44 ff.). Dafür spricht, dass zwar der
Ablauf der Ausschlagungsfrist (§ 1944 Abs. 1 BGB, dazu Senatsbeschluss
vom 24. April 2024 - IV ZB 23/23, ErbR 2024, 612 Rn. 28) während der
Dauer des Genehmigungsverfahrens gehemmt ist (§ 1858 Abs. 3 Satz 3
BGB i.V.m. § 1644 Abs. 3 Satz 1 BGB), nicht aber während der Vorprüfung,
ob eine solche Genehmigung erforderlich ist (vgl. OLG Hamm,
Beschluss vom 20. August 2021 - 10 W 49/21, juris Rn. 27).

(c) Dieses Verständnis wird durch die im Rahmen der Reform des
Vormundschafts- und Betreuungsrechts eingeführte Vorschrift des § 1643
Abs. 3 Satz 2 BGB gestützt, wonach eine Vereinbarung, mit der das Kind
aus der Erbengemeinschaft ausscheidet, genehmigungsfrei ist, unabhängig
von der Vereinbarung einer Gegenleistung (vgl. Everts,
MittBayNot 2023, 9, 18). Diese Regelung, die sich nicht nur auf Nachlässe
bezieht, an denen ein Minderjähriger neben seinen Eltern oder einem Elternteil
beteiligt ist (vgl. Everts aaO), verdeutlicht, dass der Gesetzgeber
grundsätzlich davon ausgeht, dass die Entscheidung, ob ein Kind etwas
von einer Erbschaft erhält bzw. erhalten darf, ohne Kontrolle durch das
Familiengericht den Eltern im Rahmen ihres Rechts der elterlichen Sorge
(Art. 6 Abs. 2 GG; dazu Litzenburger, ZEV 2012, 333) zu überlassen ist.

(d) Der zum Erbe berufene Minderjährige wird überdies auch ohne
Genehmigungserfordernis hinreichend geschützt. Das Beschwerdegericht
übersieht, dass aufgrund der in § 1629 Abs. 1 Satz 2 BGB geregelten Gesamtvertretung
der Kinder durch beide Eltern (hier auch durch die Mutter
des Beteiligten zu 4, die weder gewillkürte Erbin geworden ist, noch gesetzliche
Erbin wird), die der Wahrung der Kindesinteressen dient, ein weiteres
Schutzbedürfnis des Kindes nicht besteht (vgl. OLG Hamm
ZEV 2018, 645 Rn. 17, 42; OLG Köln FamRZ 2012, 1832 [juris Rn. 18];
Baumann, DNotZ 2012, 803, 806; Sagmeister, ZEV 2012, 121, 124 f.).
(e) Durch den Eintritt der gesetzlichen Erbfolge erfährt der minderjährige
Ersatzerbe - wie hier - im Übrigen keine rechtliche oder wirtschaftliche
Benachteiligung gegenüber der erbvertraglichen Regelung (vgl. OLG
Hamm ZEV 2018, 645 Rn. 48 ff.). Eine Ersatzerbenstellung des Beteiligten
zu 4 nach dem vorliegenden Erbvertrag unterstellt, hatte dieser nach
den Kindern der Ehegatten zunächst keine gesicherte Rechtsposition
inne. Als Ersatzerbe stand ihm auch kein Erbanwartschaftsrecht zu. Er ist
nur Erbe geworden, weil sein Vater, der Beteiligte zu 3, - sowie gleichzeitig
seine Tante und vorher der Großvater, die Beteiligten zu 2 und 1 - zuvor
für sich einen allein ihnen zustehenden Erbteil ausgeschlagen haben, um
eine hohe Erbschaftssteuerbelastung zu verhindern und das Nachlassvermögen
möglichst in der Familie zu erhalten. Der Beteiligte zu 3 hätte den
Erbteil ebenso gut annehmen und über diesen anderweitig frei verfügen
können (vgl. § 2033 Abs. 1 BGB), ohne sein Kind zu bedenken (vgl. OLG
Hamm ZEV 2018, 645 Rn. 49; Hähn in Burandt/Rojahn, Erbrecht 4. Aufl.
§ 1643 Rn. 6; Sagmeister, ZEV 2012, 121, 125).

(f) Die Annahme, dass die Eltern des Beteiligten zu 4 frei über die
Ausschlagung eines diesem - unterstellt - zustehenden gewillkürten Erbes
entscheiden konnten, verhilft vorliegend im Übrigen dem Willen der Erbvertragsparteien
nach Übertragung ihres Nachlasses zunächst an den
überlebenden Ehegatten und ihre gemeinsamen Kinder zur Geltung (vgl.
OLG Köln FamRZ 2012, 1832 [juris Rn. 19]). Denn der wirtschaftliche Gehalt
der Erbschaft kommt - wegen der nicht eintretenden Steuerbelastung
möglicherweise sogar in verbesserter Form - nicht einer anderen, nicht im
Erbvertrag genannten Person, zugute, sondern aufgrund des Eintritts der
gesetzlichen Erbfolge mit unterschiedlichen Anteilen den Beteiligten zu 1
bis 3 als im Erbvertrag bedachten Allein- und Schlusserben (vgl.
Baumann, DNotZ 2012, 803, 807). Das entspricht dem Willen der Erbvertragsparteien,
den gesamten Nachlasswert innerhalb der Familie weiterzugeben,
wie sie zum Zeitpunkt des Erbvertragsschlusses bestand. Wenn
die Eltern des Beteiligten zu 4 sich mit den hier weiteren Beteiligten darum
bemühen, einen Weg zu finden, der im Ergebnis dem Willen der Erblasserin
Rechnung trägt, aber die (wirtschaftlichen) Nachteile der unmittelbaren
Umsetzung des Erbvertrags vermeidet, vermag auch ein möglicher Gegensatz
der Interessen des Beteiligten zu 4 und seines Vaters ein entgegen
dem Normtext anzunehmendes Genehmigungserfordernis nicht zu begründen
(vgl. OLG Köln aaO).

3. Die Rechtsbeschwerde hat daher insgesamt Erfolg. Sie führt zur
Aufhebung des Beschlusses des Beschwerdegerichts sowie dazu, dass
das Amtsgericht - Nachlassgericht - das Europäische Nachlasszeugnis
wie beantragt zu erteilen hat (§§ 39 ff. IntErbRVG).

Art:

Entscheidung, Urteil

Gericht:

BGH

Erscheinungsdatum:

04.09.2024

Aktenzeichen:

IV ZB 37/23

Rechtsgebiete:

Vormundschaft, Pflegschaft (familien- und vormundschaftsgerichtliche Genehmigung)
Annahme und Ausschlagung der Erbschaft
Allgemeines Schuldrecht
Erbeinsetzung, Vor- und Nacherbfolge
Erbteilsveräußerung
Elterliche Sorge (ohne familiengerichtliche Genehmigung)

Erschienen in:

NJW 2024, 3722-3727
ZEV 2024, 746-751

Normen in Titel:

BGB § 1643 Abs. 3 S. 1; BGB a. F. § 1643 Abs. 2 S. 2