Bestellung eines angestellten Rechtsanwalts zum Notar; fehlende persönliche Unabhängigkeit
letzte Aktualisierung: 13.5.2024
KG, Urt. v. 23.1.2024 – AR 3/23 Not
BNotO §§ 1, 5, 5a
Bestellung eines angestellten Rechtsanwalts zum Notar; fehlende persönliche
Unabhängigkeit
Die zur Bestellung als (Anwalts-)Notar erforderliche persönliche Eignung erfordert nicht nur eine
fachliche, sondern auch eine persönliche Unabhängigkeit des Bewerbers um eine Notarstelle. Ein bei
anderen Rechtsanwälten im Angestelltenverhältnis beschäftigter Rechtsanwalt besitzt diese
persönliche Unabhängigkeit regelmäßig nicht. Daran ändert es nichts, wenn der angestellte
Rechtsanwalt bereits eine herausgehobene Stellung erlangt hat (hier sog. „Counsel“).
Gründe
1. Die Klage ist als Verpflichtungsklage statthaft, § 42 Abs. 1 Alt. 2 VwGO. Der Kläger strebt
mit seinem Hauptantrag die Verpflichtung des Beklagten an, ihn zum Notar zu bestellen. Wie
bei der Ernennung eines Beamten (hierzu BVerwG, VerwRsprs 1970, 422, 445) erfolgt die
Bestellung zum Notar durch formgebundenen und mitwirkungsbedürftigen Verwaltungsakt der
jeweiligen Landesjustizverwaltung, vgl.
BNotO, 5. Aufl.,
Das gerichtliche Verfahren vor dem Senat richtet sich nach den Vorschriften der
Verwaltungsgerichtsordnung soweit die Bundesnotarordnung keine abweichenden
Bestimmungen enthält,
2. Die Klage ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht nach Zustellung des Bescheids des
Beklagten gegen diesen erhoben worden,
Abs. 2 BGB, 111c Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BNotO. Der Durchführung eines Vorverfahrens bedurfte es
nicht,
3. In der Sache hat die Klage keinen Erfolg. Die mit dem Bescheid des Beklagten vom 28.
Februar 2023 erfolgte Ablehnung, den Kläger zum Notar zu bestellen, ist nicht rechtswidrig und
verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Senat kann deshalb den Beklagten nicht
verpflichten, den Kläger zum Notar zu bestellen, vgl.
a) Zum Notar darf nur bestellt werden, wer persönlich und fachlich für das Amt geeignet ist, § 5
Abs. 1 BNotO (zuvor im Ergebnis ebenso
geltenden Fassung; vgl. BT-Drs. 19/26828, S. 111). Die persönliche Eignung ist zu bejahen,
wenn die inneren und äußeren Eigenschaften des Bewerbers, wie sie sich insbesondere in
seinem äußeren Verhalten offenbaren, keinen begründeten Zweifel daran aufkommen lassen,
dass er die Aufgaben und Pflichten eines Notars gewissenhaft erfüllen werde. Mit Rücksicht auf
die Bedeutung und Schwierigkeit der Aufgaben, die der Notar als unabhängiger Träger eines
öffentlichen Amtes auf dem Gebiet der vorsorgenden Rechtspflege zu erfüllen hat,
darf der an die persönlichen Eigenschaften des Bewerbers anzulegende Maßstab nicht zu milde
sein (std. Rspr. des BGH, z. B.
Wenn die Justizverwaltung bei der pflichtgemäßen Prüfung aller Umstände begründete Zweifel
daran hat, ob der Bewerber diese Eigenschaften besitzt, darf sie ihn nicht oder noch nicht zum
Notar bestellen (BGH,
Während die Interpretation der persönlichen Eignung für das Amt des Notars durch die
Justizverwaltung gerichtlich voll überprüfbar ist, steht der Justizverwaltung bei der Prognose, ob
ein Bewerber aufgrund seiner richtig festgestellten und rechtlich zutreffend bewerteten
persönlichen Umstände für das Amt des Notars geeignet ist, ein Beurteilungsspielraum zu (BGH
Umstand überhaupt für die Eignung von Bedeutung ist und welches Gewicht ihm im Einzelfall
zukommt (Senat, Urteil vom 16. September 2013 - Not 7/13,
20. Februar 2013 - Not 12/12 -
b) Gemessen hieran ist die Entscheidung des Beklagten nicht zu beanstanden.
aa) Der Notar ist unabhängiger Träger eines öffentlichen Amts,
nicht Vertreter einer Partei, sondern unabhängiger und unparteiischer Betreuer der Beteiligten,
Prinzipien des notariellen Berufsrechts und rechtfertigen überhaupt erst das Vertrauen, dass
dem Notar entgegengebracht wird; sie bilden mithin das Fundament des Notarberufs
unabhängig davon, ob das Amt hauptberuflich,
Anwaltsnotar,
Zur Wahrung seiner Unabhängigkeit und um ihrer Gefährdung von vornherein
entgegenzutreten, darf der Notar neben seinem Amt grundsätzlich nicht Inhaber eines
besoldeten Amts sein oder einen weiteren Beruf ausüben,
Der Anwaltsnotar darf außer seiner anwaltlichen Tätigkeit zugleich nur den Beruf des
Patentanwalts, Steuerberaters, Wirtschaftsprüfers und vereidigten Buchprüfers ausüben, § 8
Abs. 2 S. 2 BNotO. Die Übernahme einer Nebenbeschäftigung gegen Vergütung oder eine
Tätigkeit als Organmitglied eines wirtschaftlichen Unternehmens bedarf der Genehmigung der
Aufsichtsbehörde,
Vertrauen in seine Unabhängigkeit gefährden kann,
Aus denselben Gründen hat der Gesetzgeber die Möglichkeiten der Notare, sich miteinander
bzw. mit anderen Berufsträgern zur gemeinsamen Berufsausübung zu verbinden, beschränkt
(vgl. BT-Drs. 19/27670, 311). Während sich Notare nur mit am selben Amtssitz bestellten
Notaren zur gemeinsamen Berufsausübung verbinden oder mit ihnen gemeinsame
Geschäftsräume haben dürfen,
hinaus lediglich mit anderen im Gesetz ausdrücklich bestimmten Berufsträgern zur
gemeinsamen Berufsausübung verbinden oder mit ihnen gemeinsame Geschäftsräume haben,
eigenverantwortliche Amtsführung, Unabhängigkeit und Unparteilichkeit des Notars nicht
beeinträchtigt wird,
Außerdem hat der Notar jedes Verhalten zu vermeiden, das den Anschein eines Verstoßes
gegen die ihm gesetzlich auferlegten Pflichten erzeugt, insbesondere den Anschein der
Abhängigkeit oder Parteilichkeit,
und Unparteilichkeit seiner Amtsführung hat der Notar durch geeignete Vorkehrungen
sicherzustellen,
bb) Vor diesem Hintergrund herrscht die Auffassung vor, eine im Angestelltenverhältnis
ausgeübte anwaltliche Tätigkeit seit mit dem Notaramt grundsätzlich unvereinbar. Einem
angestellten Rechtsanwalt fehle wegen des arbeitsrechtlichen Weisungsrechts seines
Arbeitgebers, vgl.
Unabhängigkeit (Sandkühler, in: Beck´sches Notar-Handbuch, 8. Aufl., § 33, Rdn. 37; Bischoff,
in: Würzburger Notarhandbuch, 6. Aufl., Teil 1 Kap. 1, Rdn. 57; Baumann, in:
Frenz/Miermeister, BNotO, 5. Aufl., § 8, Rdn. 12, 12a; Frisch, in: BeckOK BNotO, Stand
8/2023,
Aufl., § 8, Rdn. 6; Außner, in: Schönenberg-Wessel/Plottek/Sikora, BNotO, § 8, Rdn. 17; Wolf,
in: Gaier/Wolf/Göcken, Anwaltliches Berufsrecht, 3. Aufl.,
Mit dieser Begründung hat auch das Oberlandesgericht Celle die Klage einer angestellten
Rechtsanwältin gegen die Versagung der Übertragung eines Notarsamts zurückgewiesen (OLG
Celle, NdsRpfl, 1995, 246).
Nach anderer Ansicht soll die Tätigkeit als angestellter Rechtsanwalt in einer Kanzlei der
Bestellung zum Notar nicht grundsätzlich entgegenstehen. So werde in größeren Kanzleien mit
mehreren Rechtsanwälten die Arbeitszeit in der Regel flexibel gestaltet (Lerch, in:
Arndt/Lerch/Sandkühler, BNotO, 8. Aufl., § 8, Rdn. 50).
cc) Der Senat erachtet die herrschende Auffassung für vorzugswürdig.
Die von dem Gesetzgeber in der Bundesnotarordnung getroffenen Regelungen zum notariellen
Berufsrecht haben zum Ziel, die Unabhängigkeit des Notaramts soweit wie irgend möglich zu
sichern und jeder Beeinflussung der Unparteilichkeit durch wirtschaftliche Interessen
entgegenzuwirken. Der Notar ist verpflichtet, selbst den Anschein einer Abhängigkeit oder
Parteilichkeit zu vermeiden,
aber durch eine anwaltliche Tätigkeit im Angestelltenverhältnis zu anderen Rechtsanwälten
letztlich nicht vermieden werden.
Allerdings übt auch der angestellte Rechtsanwalt einen freien Beruf aus,
ist ein unabhängiges Organ der Rechtspflege,
Fachlich ist er freiberuflich tätigen Rechtsanwälten gleichgestellt (Prütting, in: Henssler/Prütting,
BRAO, 5. Aufl., § 46, Rdn. 2).
Von dieser fachlichen Unabhängigkeit ist hingegen die persönliche Abhängigkeit des
angestellten Rechtsanwalts von seinem - vorliegend anwaltlichen - Arbeitgeber zu unterscheiden.
Ein angestellter Rechtsanwalt erbringt seine vertraglich geschuldete Leistung wie andere
Arbeitnehmer auch im Rahmen einer von Dritten bestimmten Arbeitsorganisation (BAG, ZIP
1998, 1761, 1762). Grundlage seiner Tätigkeit ist der mit seinem Arbeitgeber geschlossene
Arbeitsvertrag, der ihn zur Leistung weisungsgebundener, fremdbestimmter Arbeit in
persönlicher Abhängigkeit verpflichtet,
Durchführung, Zeit und Ort der Tätigkeit betreffen,
wer nicht im Wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann,
Neben dem damit verbundenen Verlust an persönlicher Autonomie verzichtet der
Arbeitnehmer mit Eingehung des Arbeitsverhältnisses auch auf die unternehmerische
Verwertung seiner Arbeitskraft. Die Chance, einen mit seiner Tätigkeit verbundenen
unternehmerischen Gewinn zu erzielen, hat lediglich der Arbeitgeber (Wolf, a.a.O. Rdn. 33).
Wegen des Widerspruchs zwischen fachlicher und persönlicher Unabhängigkeit ist die
Anstellung eines Rechtsanwalts nur bei einem anwaltlichen Arbeitgeber zulässig, § 46 Abs. 1
BRAO (BGH, a.a.O.).
cc) Der Beklagte hat diesen rechtlichen Rahmen erkannt und seiner Entscheidung vom 28.
Februar 2023 zutreffend zugrunde gelegt.
(1) Der Kläger steht auch in seiner Eigenschaft als „Counsel“ in einer persönlichen
Abhängigkeit seiner Arbeitgeberin. Daran ändern seine wirtschaftlichen Verhältnisse nichts.
Auch ein vermögender Arbeitnehmer ist nicht in der Lage, seine Arbeitskraft unternehmerisch
zu verwerten (Wolf, a.a.O.).
Nichts Anderes gilt für die von ihm vorgetragene grundsätzliche Flexibilität bei der Auswahl des
Arbeitsortes. Es erscheint nicht ungewöhnlich, wenn erfahrenen - angestellten - Rechtsanwälten
insoweit mehr Freiheiten zugestanden werden als etwa Berufsanfängern. Gleichwohl ändert sich
ihre rechtliche Bindung zum Arbeitgeber damit nicht so grundlegend, dass sie deren Partnern
damit gleichstünden. Ohnehin hängt der Grad der persönlichen Abhängigkeit auch von der
Eigenart der jeweiligen Tätigkeit ab,
ausschlaggebendes Kriterium sein, wenn ein angestellter Rechtsanwalt seine Arbeitszeiten
grundsätzlich frei bestimmen kann.
Dessen ungeachtet sind den Rechtssuchenden die rechtlichen Beziehungen zwischen dem
angestellten Rechtsanwalt und seinem Arbeitgeber in der Regel unbekannt. Hingegen bedarf es
keiner vertieften rechtlichen Kenntnisse, um zwischen einem Angestellten und dem Partner
einer anwaltlichen Sozietät unterscheiden zu können. Daran ändert es nichts, wenn der
Angestellte eine nicht selbst erklärende und zudem fremdsprachliche Bezeichnung für sich in
Anspruch nimmt (hier „Counsel“).
Der Senat übersieht nicht, dass auch die Partner einer anwaltlichen Sozietät nicht völlig frei
handeln können, sondern im Rahmen ihrer gesellschaftsrechtlichen Vereinbarungen gewissen
Bindungen unterliegen. Gleichwohl besteht zwischen den Partnern aber kein Über-
/Unterordnungsverhältnis, wie es dies bei angestellten Rechtsanwälten der Fall ist. Anders als
der angestellte Rechtsanwalt vermittelt die Stellung als Partner gerade nicht den Anschein einer
persönlichen Abhängigkeit.
(2) Der Beklagte hat auch die von dem Kläger vorgelegten schriftlichen Vereinbarungen
zwischen ihm und ... gesehen. Dass er sie nicht für ausreichend erachtet hat, eine persönliche
Eignung des Klägers für das Notaramt zu begründen, begegnet keinen Bedenken. Anlass zu
weiteren Ermittlungen bestanden weder für den Beklagten noch für den Senat. Insbesondere
bestand kein Anlass, über die von dem Kläger vorgelegten schriftlichen Vereinbarungen
mit ... hinaus weitere anzufordern.
Der Aufstieg des Klägers vom Associate zum Counsel hat an seiner rechtlichen Stellung als
Angestellter bei ... im Grundsatz nichts geändert. Außer den wenigen Bestimmungen zum
Gehalt, einer dreimonatigen Kündigungsfrist und der Befristung des Arbeitsverhältnisses bis
zum 60. Lebensjahr des Klägers sollten die „sonstigen Bedingungen“ des
Angestelltenverhältnisses ausdrücklich unverändert bleiben.
Ebenfalls ungeeignet, eine persönliche Unabhängigkeit des Klägers gegenüber ... herzustellen, ist
die Vereinbarung vom 25. Januar 2021. Dabei muss nicht entschieden werden, ob dies durch
umfassende Freistellungsregelungen - ohne Perspektive einer Partnerschaft - überhaupt möglich
wäre (verneinend Koch, a.a.O., 95). Die Vereinbarung vom 25. Januar 2021 enthält schon keine
umfassende Freistellung des Klägers. Im Gegenteil wird das Weisungsrecht,
von ... gegenüber dem Kläger bei der Bearbeitung anwaltlicher Mandate dort unter Nr. 3
letztlich vorausgesetzt. Bestünde es nicht, müsste sich ... nicht verpflichten, in den dort
benannten Situationen von seinem Gebrauch abzusehen. Vor allem ist dieser Regelung aber
schon nicht zu entnehmen, wer - der Kläger, ... oder beide gemeinsam? - schließlich bestimmt,
wann eine Weisung die notarielle Amtsführung beeinträchtigen könnte.
(3) Ohnehin sind die eingereichten schriftlichen Vereinbarungen des Klägers mit ... zum
Nachweis seiner erforderlichen persönlichen Unabhängigkeit nicht ausreichend.
Eine Verbindung zur gemeinsamen Berufsausübung oder zur gemeinsamen Nutzung der
Geschäftsräume hat der Notar unverzüglich der Aufsichtsbehörde und der Notarkammer
anzuzeigen,
der Notarkammer die Vereinbarung über die gemeinsame Berufsausübung oder die gemeinsame
Nutzung der Geschäftsräume vorzulegen,
Vereinbarungen schriftlich zu treffen sind (Strauß, in: BeckOK BNotO, a.a.O., RLEmBNotK
V., Rdn. 6; Bremkamp, in: Beck´sches Notar-Handbuch, a.a.O., § 32, Rdn. 91). Zu Punkt II.
Abs. 2 der Richtlinien für die Amtspflichten und sonstigen Pflichten der Mitglieder der
Notarkammer Berlin ist dies entsprechend näher konkretisiert worden, vgl. § 67 Abs. 2 S. 3
Nr. 6 BNotO.
Durch die Anzeigepflicht soll den Aufsichtsbehörden die Erfüllung ihrer Aufgaben bei der
Überwachung der Pflichten der Notare, die eine berufliche Verbindung eingegangen sind,
erleichtert werden (BT-Drs. 13/4184, S. 26). Um dies zu erreichen, muss aus der schriftlichen
Vereinbarung ersichtlich sein, dass die persönliche und eigenverantwortliche Amtsführung des
Notars, seine Unabhängigkeit und Unparteilichkeit durch die Verbindung zur gemeinsamen
Berufsausübung oder der gemeinsamen Nutzung der Geschäftsräume nicht beeinträchtigt wird,
Notar eine eigene Geschäftsstelle betreiben kann,
Mitentscheidungsbefugnis über die der Amtsausübung dienenden Räume und das
entsprechende Personal erfordert (Strauß, a.a.O., Rdn. 85).
Keine anderen Anforderungen können zur Anwendung kommen, wenn sich ein angestellter
Rechtsanwalt um ein Notaramt bewirbt. Zwar hat der Kläger mit ... in den Jahren 2007, 2014
und 2021 schriftliche Vereinbarungen über seine Anstellung bzw. künftige Notartätigkeit
getroffen. Diese regeln die Rechte und Pflichten des Klägers aber letztlich nur rudimentär.
Soweit der Kläger behauptet, nicht nur fachlich, sondern - offenbar weitergehend als selbst die
Partner - persönlich unabhängig seiner anwaltlichen Tätigkeit nachgehen zu können, lässt sich
dies aus den schriftlichen Vereinbarungen jedenfalls nicht herleiten. Dasselbe gilt für die
eigenständige Organisation der Amtsstelle bezüglich deren Örtlichkeit und Personal. Die
Vereinbarung vom 25. Januar 2021 bestimmt unter Nr. 1, dass der Kläger „seine Notarstelle in
den Geschäftsräumen der Sozietät in Berlin“ führt. Dies ist nach Wortlaut und
Sachzusammenhang - der Fortsetzung der Tätigkeit des Klägers in der Kanzlei - als eine den
Kläger verpflichtende Bestimmung zu verstehen. Das von diesem angeführte anderweitige
Verständnis einer Wahlmöglichkeit findet darin keine Grundlage.
dd) Etwas Anderes folgt nicht aus der Bestellung des Klägers zum Notariatsverwalter durch den
Beklagten.
Allerdings ist es zutreffend, dass zum Notariatsverwalter nur bestellt werden darf, wer im Sinne
des
19/26828, S. 155). Der dabei anzulegende Maßstab entspricht jenen des Notars; er darf folglich
nicht zu milde sein (BGH,
Zeitraum seiner Bestellung keine anderen Funktionen der vorsorgenden Rechtspflege war wie
zuvor der Notar (Bosch, in: BeckOK BNotO, a.a.O., § 56, Rdn. 39).
Insofern besteht hier durchaus ein Widerspruch zwischen dem angefochtenen Bescheid des
Beklagten vom 28. Februar 2023 und der im folgenden Monat erfolgten Bestellung des Klägers
zum Notariatsverwalter. Gleichwohl folgt daraus keine andere Bewertung der hier
angefochtenen Entscheidung des Beklagten. Wegen der zeitlichen Abfolge konnte die Bestellung
zum Notariatsverwalter bereits nicht präjudiziell für das vorliegende Verfahren sein. Der
Beklagte hat der Bestellung auch keine neuen, abweichenden Erkenntnisse zugrunde gelegt, die
nun hier ebenfalls zu beachten wären.
ee) Es kann dahinstehen, ob der Präsident des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main in der
Vergangenheit - bei ... - angestellte Rechtsanwälte zu Notaren bestellt hat. Es ist bereits nicht
ersichtlich, dass die dortigen Umstände der Bestellung ohne weiteres mit der beruflichen
Stellung des Klägers bei ... ohne weiteres vergleichbar gewesen wären. Der Kläger trägt hierzu
jedenfalls nichts Konkretes vor, was Anlass zu weiteren Ermittlungen gegeben hätte. Letztlich
kommt es darauf aber auch nicht an, weil der Kläger selbst nicht ausreichend dargetan hat,
aufgrund eigener schriftlicher Vereinbarungen mit ... über die erforderliche persönliche
Unabhängigkeit zu verfügen, wie sie
ff) Der Kläger wird durch die Entscheidung des Beklagten nicht in seinen Grundrechten,
insbesondere auf freie Berufswahl,
genannten Voraussetzungen der persönlichen und fachlichen Eignung begegnen für sich keinen
verfassungsrechtlichen Bedenken (BVerfG,
Norm durch den Beklagten ist unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten nicht zu
beanstanden. Das Kriterium der persönlichen Eignung,
eines wichtigen Gemeinschaftsguts in Gestalt der vorsorgenden Rechtspflege (vgl. BVerfG,
a.a.O., 1937), die im Rahmen der notariellen Zuständigkeiten u.a. durch die Unabhängigkeit des
Notars in besonderer Weise gewährleistet wird. Der strenge Maßstab auf den der Beklagte dabei
abgestellt hat, ist geeignet, das gesetzgeberische Ziel zu erreichen und insofern auch erforderlich,
weil mildere Mittel nicht vorhanden, jedenfalls nicht ersichtlich sind. Die Entscheidung ist auch
verhältnismäßig. Der Kläger wird durch die angefochtene Entscheidung zwar von der Bestellung
zum Notar ausgeschlossen. Gleichwohl ist die damit verbundene Belastung im Hinblick auf den
verfolgten Zweck nicht wesentlich. Der Beklagte hat dem Kläger im Bewerbungsverfahren
wiederholt seine - berechtigten - Bedenken an dem Anstellungsverhältnis zu ... aufgezeigt und
ihm Gelegenheit gegeben, dieses auf eine den Anforderungen der persönlichen Unabhängigkeit
entsprechende Weise zu verändern. Dem ist der Kläger nicht nachgekommen, was letztlich seine
freie Entscheidung ist, aber seine Bestellung zum Notar ausschließt.
4. Da die angefochtene Entscheidung rechtmäßig und der Kläger deshalb nicht in seinen
Rechten verletzt worden ist, kann auch der hilfsweise gestellte Bescheidungsantrag, § 113 Abs. 5
S. 2 VwGO, nicht begründet sein. Auch er setzt die Rechtswidrigkeit der ergangenen
Entscheidung der Behörde voraus (vgl. Decker, in: BeckOK VwGO, Stand 10/2023, § 113,
Rdn. 70).
5. Die Kostenentscheidung beruht auf
Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus
Anlass, die Berufung zuzulassen,
VwGO, besteht nicht. Die Sache hat keine grundsätzliche Bedeutung, da es um die Beurteilung
einer individuellen Vereinbarung geht; der Senat weicht mit seiner Entscheidung auch nicht von
Entscheidungen anderer Gerichte ab.
Entscheidung, Urteil
Gericht:Kammergericht
Erscheinungsdatum:23.01.2024
Aktenzeichen:AR 3/23 Not
Rechtsgebiete:Notarielles Berufsrecht
Normen in Titel:BNotO §§ 1, 5, 5a