BayObLG 27. Mai 2003
2Z BR 104/03
BGB §§ 181, 566, 567, 748, 1056, 1629, 1795

Schenkung vermieteten Grundstücks nicht lediglich rechtlich vorteilhaft

DNotIDeutsches Notarinstitut
Dokumentnummer: 10308
letzte Aktualisierung: 01.07.2003
2zbr104_03
BayObLG
2Z BR 104/03
27.05.2003
BGB §§ 181, 566, 567, 748, 1056, 1629, 1795
Schenkung vermieteten Grundstücks nicht lediglich rechtlich
vorteilhaft
Die schenkweise Übertragung eines Grundstücks ist nicht lediglich rechtlich vorteilhaft, wenn das Grundstück vermietet ist. Dies gilt
auch dann, wenn der Schenken Vermieter ist und zugleich mit der Übertragungsverpflichtung die Verpflichtung zur Bestellung eines Vorbehaltsnießbrauchs begründet wird.
2. Die Grundstücksschenkung ist unter diesen Voraussetzungen auch
dann nicht rechtlich vorteilhaft, wenn der Beschenkte bereits Miteigentümer des Grundstücks ist, da durch die Erhöhung der Miteigentumsanteile auch eine Erhöhung der Haftung im Innenverhältnis erfolgt.
Gründe
I.
Die Beteiligte zu 2 ist im Grundbuch als Miteigentümerin zu 1/6 eingetragen. Als Miteigentümerin zu 1/12 ist die Beteiligte zu 4 eingetragen. Der Miteigentumsanteil der Beteiligten zu 4 ist
belastet mit einem Nießbrauch zugunsten der Beteiligten zu 2.
Die Beteiligte zu 2 schloss mit den übrigen Beteiligten am 16.12.2002 einen Vertrag, in dem sie
sich unter anderem verpflichtete, ihren ideellen Miteigentumsanteil zu 1/6 an die Beteiligten zu 3
und 4 zu Miteigentum zu je 1/2 zu überlassen. Die Beteiligte zu 2 behielt sich einen lebenslänglichen Nießbrauch vor. Mit dem Ableben der Beteiligten zu 2 soll dieser Nießbrauch in gleicher
Weise auf dessen schriftliches Verlangen dem Beteiligten zu 1 für dessen Lebensdauer zustehen.
Die minderjährige Beteiligte zu 4 wurde bei diesem Vertrag von ihren Eltern, den Beteiligten zu
1 und 2, vertreten. Beteiligte zu 2 hat in dem Vertrag erklärt, dass der Vertragsbesitz derzeit
vermietet sei.
Der Verfahrensbevollmächtigte der Beteiligten hat unter anderem beantragt, die Beteiligte zu 4
als Miteigentümerin zu einem weiteren 1/12, insgesamt also zu 1/6, im Grundbuch einzutragen.
Das Grundbuchamt hat mit Zwischenverfügung vom 10.2.2003 den Vollzug der Eintragung von
der Genehmigung des Rechtsgeschäfts durch einen für die Beteiligte zu 4 zu bestellenden Ergänzungspfleger abhängig gemacht.
Die gegen diese Zwischenverfügung eingelegte Beschwerde hat das Landgericht München 1 am
2.4.2003 zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die weitere Beschwerde der Beteiligten.
II.


Das zulässige Rechtsmittel ist nicht begründet. Das Landgericht hat ausgeführt:
Der Erwerb der minderjährigen Beteiligten zu 4 sei für die Beteiligte zu 4 nicht lediglich rechtlich vorteilhaft im Sinne von § 181 BGB. Die Beteiligten zu 1 und 2 seien deshalb gemäß §§
1629 Abs. 2‚ 1795 Abs. 2‚ 181 BGB von der Vertretung ausgeschlossen gewesen. Der Erwerb
eines vermieteten Grundstücks sei nicht lediglich rechtlich vorteilhaft. Dies auch, wenn der Vertragsbesitz derzeit durch die Nießbraucher vermietet sei, da im Falle der Beendigung des Nießbrauchs der Grundstückseigentümer in entsprechender Anwendung des § 566 BGB in das Mietverhältnis eintrete. Unerheblich sei, dass die Beteiligte zu 4 bereits Eigentümerin eines mit einem
Nießbrauchsrecht belasteten Miteigentumsanteils sei. Hieraus ergebe sich jedenfalls nicht, dass
das Vermögen der Minderjährigen bereits jetzt dadurch belastet sei, dass sie ohnehin in die Vermieterpflichten gemäß der hier vorliegenden notariellen Urkunde einzutreten habe.
2. Die Entscheidung des Landgerichts hält der recht Nachprüfung stand.
a) Das Landgericht hat keine ausdrücklichen Feststellungen dazu getroffen, wer auf Vermieterseite Vertragspartner des oder der Mieter ist. Nach den Erklärungen in der notariellen Urkunde
und dem Vortrag der Beteiligten im Verfahren ist jedoch davon auszugehen, dass die Beteiligte
zu 2 Vermieterin, zumindest Mitvermieterin, ist.
b) Der Erwerb eines vermieteten Grundstücks ist nicht lediglich rechtlich vorteilhaft, da der Erwerber nach Maßgabe der § 566 ff. BGB in das Mietverhältnis eintritt (vgl. Beschluss des Senats
vom 5.12.2002 - 2Z BR 198/02; OLG Oldenburg NJW-RR 1988, 839; Palandt/Heinrichs BGB
62. Aufl. § 107 Rn. 4; a.A. Jerschke DNotZ 1982, 473). Durch den Eintritt in das Mietverhältnis
wird eine persönliche Verpflichtung des Erwerbers begründet. Der schuldrechtliche und der
dingliche Vertrag sind dabei als Einheit zu sehen (BGH NJW 1981, 109).
c) § 566 BGB gilt auch dann, wenn ein Miteigentümer, der (mit)vermietet hat, seinen Miteigentumsanteil veräußert (Palandt/Weidenkaff § 566 Rn. 7). Dass die Beteiligte zu 2 ihre Befugnis
zur Vermietung möglicherweise auch aus einem Nießbrauch herleitet, ist unerheblich, da die
Beteiligte zu 2 als Vermieterin jedenfalls auch Miteigentümerin des Grundstücks ist, so dass §
566 BGB zur Anwendung kommt.
d) An diesem Ergebnis ändert es nichts, dass im gleichen Vertrag auch ein Nießbrauch zugunsten
der Beteiligten zu 2 an dem zu übetragenden Miteigentumsanteil bestellt wurde. Mit dem Übergang des Eigentums tritt nämlich die Beteiligte zu 4 nach § 566 BGB in den Mietvertrag ein. Die
Bestellung des Nießbrauchs führt dann gemäß § 567 Satz 1 BGB i.V.m. § 566 BGB zum Eintritt
des Nießbrauchers in den Mietvertrag. Das Gesetz sieht einen unmittelbaren Übergang des Mietverhältnisses von einem Eigentümer auf den Nießbrauchsberechtigten eines anderen Eigentümers nicht vor. Der neue Eigentümer ist deshalb für eine logische Sekunde Vermieter, was ausreicht, um die Haftung des Eigentümers z.B. für die Rückgewähr der Mietsicherheit nach § 556a
Satz 2 i.V.m. § 567 Satz 1 BGB zu begründen (vgl. BayObLG aaO).
e) Davon abgesehen würde die lediglich rechtliche Vorteilhaftigkeit des Geschäfts auch dadurch
beeinträchtigt, dass im Falle der Beendigung des Nießbrauchs der Eigentümer gemäß § 1056
Abs. 1 BGB in entsprechender Anwendung des § 566 BGB in das Mietverhältnis eintritt
(BayObLG aaO).
f) Unerheblich ist, dass an dem bereits jetzt vorhandenen Miteigentumsanteil der Beteiligten zu 4
ein Nießbrauch der Beteiligten zu 2 bestellt ist. Zwar besteht deshalb bereits jetzt die Möglichkeit, dass die Beteiligte zu 4 gemäß 1056 Abs. 1. BGB auch ohne weiteren Eigentumserwerb in
den Mietvertrag eintritt. Mit dem Erwerb des nunmehrigen Miteigentumsanteils wäre jedoch für
(1) Die Beteiligte zu 4 wäre bereits durch den oben erwähnten Durchgangserwerb belastet.
(2) Davon abgesehen wird durch den höheren Miteigentumsanteil die Beteiligte zu 4 auch mit
einem höheren Haftungsrisiko belastet. Da keine abweichenden Vereinbarungen ersichtlich sind,
bilden die mehreren Miteigentümer eine Gemeinschaft im Sinne der §§ 741 ff. BGB (BGH NJW
1969, 839; Palandt/Weidenkaff § 535 BGB Rn. 6; Lengler in Schmid Miete und Mietprozess 3.
Aufl. Kap. 1 Rn. 35). Die mehreren Vermieter haften dem Mieter als Gesamtschuldner (Lengler
aaO). Im Innenverhältnis haften sie jedoch nicht gemäß § 426 Abs. 1 Satz 1 BGB zu gleichen
Teilen, da § 748 BGB etwas anderes bestimmt. Nach § 748 BGB richtet sich die Verpflichtung
der Miteigentümer untereinander nach dem Verhältnis ihrer Anteile. Mit der Vergrößerung des
Miteigentumsanteils der Beteiligten zu 4 geht deshalb auch eine größere Haftung im Innenverhältnis einher.

Art:

Entscheidung, Urteil

Gericht:

BayObLG

Erscheinungsdatum:

27.05.2003

Aktenzeichen:

2Z BR 104/03

Rechtsgebiete:

Elterliche Sorge (ohne familiengerichtliche Genehmigung)
Miete
Vormundschaft, Pflegschaft (familien- und vormundschaftsgerichtliche Genehmigung)
Sachenrecht allgemein
Dienstbarkeiten und Nießbrauch
In-sich-Geschäft

Erschienen in:

DNotZ 2003, 711-713
Rpfleger 2003, 579-580
ZNotP 2003, 307-308

Normen in Titel:

BGB §§ 181, 566, 567, 748, 1056, 1629, 1795