Baulandumlegung im unbeplanten Innenbereich
letzte Aktualisierung: 11.5.2022
BGH, Urt. v. 17.2.2022 – III ZR 46/20
Baulandumlegung im unbeplanten Innenbereich
a) Hat das Berufungsgericht im gerichtlichen Verfahren in Baulandsachen einen
Umlegungsbeschluss als rechtswidrig aufgehoben, können dagegen sowohl die betroffene Gemeinde
als auch deren Umlegungsausschuss Revision einlegen (Fortführung von Senat, Urteile vom
13. Dezember 1990 – III ZR 240/89, BGHZ 113, 139 und vom 10. März 2005 – III ZR 224/04).
b) Zur Prüfung der materiellen Voraussetzungen einer Baulandumlegung im unbeplanten
Innenbereich (insbesondere: Fortsetzung des Bebauungszusammenhangs durch Baulücke,
maßstabsbildende Wirkung der Umgebungsbebauung).
Entscheidungsgründe
Das Rechtsmittel führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur
Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I.
Die Revision ist zulässig. Insbesondere sind sowohl der Beteiligte zu 2 als
auch die Beteiligte zu 22 rechtsmittelbefugt.
1. Der Umlegungsausschuss kann selbst Revision einlegen, ohne dass er
beschwert, also in einem eigenen Recht oder in seiner materiellen Verwaltungsfunktion
beeinträchtigt sein müsste. Dies folgt aus § 222 Abs. 1 Satz 2 BauGB
(früher: § 162 Abs. 1 Satz 2 BBauG), wonach im gerichtlichen Verfahren in Baulandsachen
auch die Stelle beteiligt ist, die den Verwaltungsakt - hier den angefochtenen
Umlegungsbeschluss - erlassen hat, und der im Gegensatz zu § 222
Abs. 1 Satz 1 BauGB (früher: § 162 Abs. 1 Satz 1 BBauG) keine Rechtsbeeinträchtigung
voraussetzt (vgl. Senat, Urteile vom 5. Mai 1975 - III ZR 17/73, NJW
1975, 1658, 1659 f [Enteignungsbehörde]; vom 19. Januar 1984 - III ZR 185/82,
BGHZ 89, 353, 356 f; vom 13. Dezember 1990 - III ZR 240/89, BGHZ 113, 139,
141 f und vom 10. März 2005 - III ZR 224/04, NVwZ 2006, 734 [Umlegungsausschuss]).
Diese eigenständige verfahrensrechtliche Stellung des Umlegungsausschusses
entspricht seiner Funktion und seinem Charakter als gemeindlicher
Ausschuss besonderer Art (vgl. Senat, Urteil vom 12. März 1987 - III ZR 29/86,
BGHZ 100, 148, 149), der überwiegend organisatorisch verselbständigt ist. So
ist er nach § 46 Abs. 2 BauGB in Verbindung mit § 4 Abs. 1 und § 6 Abs. 1 der
hier maßgeblichen Verordnung zur Durchführung des Baugesetzbuches des
nordrhein-westfälischen Ministers für Stadtentwicklung, Wohnen und Verkehr
vom 7. Juli 1987 (GV. NRW. S. 220, zuletzt geändert durch Verordnung vom
14. Dezember 2021, GV. NRW. S. 1473, im Folgenden: BauGBDV NW) in personeller
und sachlicher Hinsicht weitgehend unabhängig und insbesondere an
Weisungen des Gemeinderates oder der Gemeindeverwaltung nicht gebunden.
Sinn dieser Verselbständigung ist es, objektive und interessensneutrale Entscheidungen
bei der Durchführung des Umlegungsverfahrens sicherzustellen
(vgl. Dieterich, Baulandumlegung, 5. Aufl., Rn. 71).
2. Die kraft Gesetzes im Umlegungsverfahren beteiligte Stadt Köln (vgl. § 48
Abs. 1 Nr. 4 BauGB) ist gemäß § 222 Abs. 1 Satz 1 BauGB auch Beteiligte im
gerichtlichen Verfahren und als solche rechtsmittelbefugt, weil sie durch das angefochtene
Berufungsurteil beschwert ist. Durch die Aufhebung des Umlegungsbeschlusses
ist sie in ihrer kommunalen Planungshoheit beeinträchtigt (vgl.
Scharmer in: Brügelmann, BauGB, Stand Oktober 2009, § 222 Rn. 7; Kalb/Külpmann
in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Stand Mai 2020, § 222
Rn. 13). Denn die Umlegung ist als Angelegenheit der kommunalen Selbstverwaltung
gemäß § 46 Abs. 1 BauGB von den Gemeinden (Umlegungsstellen) in
eigener Verantwortung anzuordnen und durchzuführen (vgl. Senat, Urteil vom
26. Oktober 1970 - III ZR 33/70, BGHZ 54, 364, 370; Reidt in: Battis/Krautzberger/
Löhr, BauGB, 15. Aufl., § 46 Rn. 1) und dient nach § 45 Satz 1 BauGB der
Schaffung von nach Lage, Form und Größe für die bauliche oder sonstige Nutzung
zweckmäßig gestalteten Grundstücken im Gemeindegebiet.
Dies gilt nicht nur für die Umlegung zur Verwirklichung eines vorhandenen
Bebauungsplans gemäß § 45 Satz 2 Nr. 1 BauGB (vgl. Senat, Urteil vom
10. März 2005 aaO), sondern auch für die hier in Rede stehende Umlegung im
unbeplanten Innenbereich nach § 45 Satz 2 Nr. 2 BauGB. Denn die Planungshoheit
der Gemeinde umfasst die Befugnis, nach pflichtgemäßem Ermessen darüber
zu entscheiden, ob sie ein Umlegungsverfahren nach der einen oder anderen
Gesetzesvariante durchführt. Von diesem Ermessen hat die Beteiligte zu 22,
die ausweislich des - in der Beweiswirkung einem Verhandlungsprotokoll gleichkommenden
(vgl. Senat, Urteil vom 2. Oktober 2008 - III ZR 117/07, juris Rn. 9;
BGH, Urteil vom 11. Oktober 2010 - V ZR 173/09, NJW 2010, 3774 Rn. 6; jeweils
mwN) - Berichterstattervermerks (S. 3, GA II 297) in der Berufungsverhandlung
unwidersprochen vorgetragen hat, dass die Aufstellung eines Bebauungsplans
für das Umlegungsgebiet aufgrund fehlender Kapazitäten Jahre dauern würde,
in jedenfalls nicht erkennbar fehlerhafter Weise Gebrauch gemacht.
Dass die Durchführung der Umlegung nach § 46 Abs. 2 BauGB in Verbindung
mit § 3 BauGBDV NW dem zu 2 beteiligten Umlegungsausschuss übertragen
ist, der als Gemeindeorgan mit der Beteiligten zu 22 rechtlich eine Einheit
bildet (vgl. Schriever in: Brügelmann, BauGB, Stand September 2006, § 46 Rn.
96; Dieterich, aaO) und, wie ausgeführt, eine eigene Rechtsmittelbefugnis besitzt,
hindert diese nicht, neben ihrem Umlegungsausschuss als weitere Revisionsführerin
ihre Interessen selbst gerichtlich zu vertreten (vgl. Senat, Urteile vom
13. Dezember 1990, aaO S. 142 und vom 10. März 2005 aaO).
II.
Die Revision hat auch in der Sache Erfolg.
1. Das Berufungsgericht hat den angefochtenen Umlegungsbeschluss mit
der Begründung für rechtswidrig gehalten, dass der überwiegende Teil des Umlegungsgebiets
entgegen § 45 Satz 2 Nr. 2 Halbsatz 1 BauGB nicht an dem Bebauungszusammenhang
des Stadtteils Dellbrück teilnehme, sondern in einem
Außenbereich liege, der von einem im Zusammenhang bebauten Ortsteil umschlossen
sei (sogenannter "Außenbereich im Innenbereich"). Zwar stünden unstreitig
die entlang des Straßengevierts sowie des Pfarrer-Hillmann-Weges errichteten
Wohngebäude in einem Bebauungszusammenhang mit Ortsteilqualität.
Diesem Bebauungszusammenhang gehörten aber die - hinter dem Ende des
Pfarrer-Hillmann-Weges in nordöstlicher Richtung liegenden - Flurstücke 1026,
758, 2245/8, 2244/8, 8/36, 2467/8 sowie die südlichen Teile der Flurstücke 1812
und 1480 und damit der größte Teil der Umlegungsfläche nicht mehr an. Bei dieser
weitläufigen, überwiegend mit Bäumen und Sträuchern bewachsenen und
gärtnerisch genutzten Freifläche handele es sich offenkundig nicht um eine bloße
Baulücke, wie bereits der Umstand belege, dass letztlich Ziel der Umlegung eine
Baureifmachung von mindestens zehn Bauplätzen sei.
Außerdem fehle es an der weiteren Voraussetzung des § 45 Satz 2 Nr. 2
Halbsatz 2 (1. Alternative) BauGB, wonach sich aus der Eigenart der näheren
Umgebung hinreichende Kriterien für die Neuordnung der Grundstücke ergeben
müssten. Die inhomogene Straßenrandbebauung lasse "ohne gemeindliche
Steuerung" Wohngebäude mit zwei, drei, vier oder sogar fünf Geschossen in einem
bisher ersichtlich dem Ruhe- und Erholungsbedürfnis der Bewohner dienenden
Bereich zu. Auch gebe es keine Vorgaben für die Lage künftiger Wohnhäuser
im Blockinneren.
2. Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Denn die
im Berufungsurteil getroffenen Feststellungen tragen die Würdigung, das Umlegungsgebiet
liege größtenteils im Außenbereich, nicht.
a) Ein Grundstück gehört nach § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB zum Innenbereich,
wenn es innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils liegt, sich
also in einem Bebauungszusammenhang befindet, der zudem einem Ortsteil angehört
(Mitschang/Reidt in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 15. Aufl., § 34
Rn. 2 mwN). Ein "Ortsteil" im Sinne der Vorschrift ist jeder Bebauungskomplex
im Gebiet einer Gemeinde, der nach der Zahl der vorhandenen Bauten ein gewisses
Gewicht besitzt und Ausdruck einer organischen Siedlungsstruktur ist. Ein
"Bebauungszusammenhang" ist gegeben, soweit die aufeinanderfolgende Bebauung
trotz (etwaig) vorhandener Baulücken den Eindruck der Geschlossenheit
und Zusammengehörigkeit vermittelt (vgl. BVerwGE 152, 275 Rn. 11 mwN).
Ein Grundstück setzt den Bebauungszusammenhang nicht schon dann
fort, wenn es von einer zusammenhängenden Bebauung umgeben ist. Erforderlich
ist vielmehr, dass es selbst als deren Bestandteil an dem Eindruck der Geschlossenheit
und Zusammengehörigkeit teilnimmt. Fehlt es hieran, so liegt das
Grundstück zwar geographisch, nicht jedoch auch im Sinne des § 34 Abs. 1
BauGB "innerhalb" eines Bebauungszusammenhangs. Mögliche Bestandteile eines
Bebauungszusammenhangs sind erstens bebaute Grundstücke, soweit die
darauf befindliche Bebauung geeignet ist, den Bebauungszusammenhang selbst
herzustellen oder an seiner Entstehung mitzuwirken. Zweitens können auch unbebaute
Grundstücke dem Bebauungszusammenhang angehören, wenn es sich
um eine Baulücke im engeren Sinne des Wortes handelt, also um ein zwar unbebautes,
aber bebauungsfähiges Grundstück, das trotz der fehlenden Bebauung
den Eindruck der Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit der umgebenden
Bebauung nicht stört; dem gleichzustellen sind Grundstücke mit baulichen
Anlagen, die selbst nicht geeignet sind, den Bebauungszusammenhang herzustellen
oder an seiner Entstehung mitzuwirken. Bestandteil des Bebauungszusammenhangs
können drittens auch freie Flächen sein, die wegen ihrer natürlichen
Beschaffenheit (stehendes oder fließendes Gewässer) oder wegen ihrer
besonderen Zweckbestimmung (Sportplätze, Erholungsflächen) einer Bebauung
entzogen sind (BVerwGE 41, 227, 233; 152 aaO Rn. 13 mwN).
b) Zwar nimmt die Revision hin, dass das Berufungsgericht weder von der
ersten noch der dritten Möglichkeit in Bezug auf die in Rede stehende Frage ausgegangen
ist, ob die teilweise bebauten Flurstücke 1026, 758, 2245/8, 2244/8,
8/36, 2467/8 sowie die unbebauten südlichen Teile der Flurstücke 1812 und 1480
den Bebauungszusammenhang der Straßenrandbebauung des Gevierts Von-
Quadt-Straße/Marthastraße/Idastraße/Grafenmühlenweg und des Pfarrer-Hillmann-
Weges noch fortsetzen. Sie wendet sich auch nicht dagegen, dass das
Berufungsgericht die auf den rückwärtigen Freiflächen dieser Grundstücke teilweise
vorhandenen baulichen Anlagen (in erster Linie Gartenhäuser, Geräteschuppen,
Garagen und ein Anbau auf dem Grundstück der Beteiligten zu 1 sowie
ein Wohnzwecken dienendes zweigeschossiges Hinterhaus mit Anbau auf
dem Grundstück Von-Quadt-Straße 41) als ungeeignet angesehen hat, den Bebauungszusammenhang
insbesondere zur Blockrandbebauung herzustellen. Zu
Recht beanstandet sie jedoch, dass die Vorinstanz das Vorhandensein einer den
Bebauungszusammenhang nicht unterbrechenden Baulücke verneint hat. Tatsächlich
tragen deren Urteilsfeststellungen diese Würdigung nicht.
Bei der Subsumtion des festgestellten Sachverhalts unter einen unbestimmten
Rechtsbegriff - hier den der Baulücke - hat das Revisionsgericht den
tatrichterlichen Beurteilungsspielraum zu respektieren und ist darauf beschränkt
zu prüfen, ob der rechtliche Rahmen verkannt, Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze
verletzt und ob alle für die Beurteilung wesentlichen Umstände
berücksichtigt und angemessen abgewogen worden sind (vgl. Senat, Urteil vom
6. Mai 2021 - III ZR 72/20, juris Rn. 20; BGH, Urteil vom 22. Mai 2019 - VIII ZR
180/18, BGHZ 222, 133 Rn. 26; jeweils mwN). Auch unter Beachtung dieses eingeschränkten
Prüfungsmaßstabs ist die Beurteilung des Berufungsgerichts
rechtsfehlerhaft, weil es nicht alle ausschlaggebenden Umstände gewürdigt hat.
Seine Begründung beschränkt sich auf die Beschreibung des Umlegungsgebiets
- einer "weitläufige[n] Freifläche", die "nahezu unbebaut und von umfangreichem
Baum- und Strauchbewuchs sowie gärtnerischer Nutzung gekennzeichnet" ist -
sowie die auf die Größe des Umlegungsgebiets abzielende Feststellung, dass
die Umlegung der Baureifmachung von mindestens zehn Bauplätzen dienen soll.
Dies genügt nicht, um einzuschätzen, ob eine Baulücke vorliegt, also ein unbebautes,
aber bebauungsfähiges Grundstück, das trotz fehlender Bebauung nach
der Verkehrsauffassung den Eindruck der Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit
der umgebenden Bebauung nicht stört, sondern diesem Bebauungszusammenhang
noch angehört. Wie eng die Aufeinanderfolge von Baulichkeiten
sein muss, um sich als zusammenhängende Bebauung darzustellen, ist nämlich
aufgrund einer - hier fehlenden - umfassenden, die gesamten örtlichen Gegebenheiten
erschöpfend würdigenden Betrachtung im Einzelfall zu entscheiden (vgl.
nur BVerwGE 31, 20, 21; 35, 256, 257; 41 aaO S. 234; 152 aaO Rn. 16;
NVwZ-RR 1992, 227; ZfBR 2019, 796 Rn. 8; jeweils mwN).
Danach verbietet es sich, allein von der Größe einer bebauungsfreien Fläche
auf eine Unterbrechung des Bebauungszusammenhanges zu schließen. Es
lässt sich nichts Allgemeingültiges darüber sagen, wie sich die Größe einer unbebauten
Fläche auf die Anwendbarkeit des § 34 BauGB auswirkt. Zwar entspricht
es einer aus der Erfahrung abzuleitenden Faustformel, dass die wachsende
Größe einer unbebauten Fläche als Indiz gegen einen Bebauungszusammenhang
spricht; ein absoluter Grenzwert lässt sich insoweit jedoch nicht angeben.
Eine Faustformel bezeichnet lediglich einen gedanklichen Ausgangspunkt
für den Tatrichter, der von einer Würdigung der tatsächlichen Verhältnisse im
Einzelfall nicht entbindet (BVerwGE 35 aaO; 41 aaO; ZfBR 2019 aaO Rn. 9
mwN). Damit ist ein geografisch-mathematischer Maßstab, der die Zahl der Bauplätze
für ausschlaggebend hält, nicht vereinbar (vgl. BVerwG, ZfBR 2019 aaO
Rn. 8). Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts lässt sich daher aus dem
Umstand, dass das Umlegungsgebiet der Baureifmachung von zehn Bauplätzen
dienen soll, nicht ableiten, dass es sich dabei "offenkundig nicht um eine Baulücke"
handelt. Ebenso wenig reicht als Begründung dafür die bloße Beschreibung
der Umlegungsfläche aus.
Erforderlich ist vielmehr, das Umlegungsgebiet in Beziehung zur Umgebungsbebauung
zu setzen. Die Annahme, dass dessen unbebaute Gartenfläche
keine Baulücke darstellt, erfordert die Feststellung, dass diese Fläche von der
Umgebungsbebauung nicht mehr geprägt wird. Denn bei Baulücken handelt es
sich um unbebaute Grundstücke innerhalb eines Bebauungszusammenhangs,
die nach der Verkehrsanschauung Bauland sind und bei denen die umgebenden
Grundstücke einen derart prägenden Einfluss auf die Art und Weise der Bebauung
ausüben, dass dadurch die städtebauliche Ordnung gewährleistet wird. Folglich
liegt keine Baulücke mehr vor, wenn die Fläche so groß ist, dass sie in den
Möglichkeiten ihrer Bebauung von der bereits vorhandenen Bebauung nicht mehr
geprägt wird (vgl. BVerwGE 41 aaO S. 235; NJW 1984, 1576; ZfBR 2006, 54;
Dürr in: Brügelmann, BauGB, Stand April 2019, § 34 Rn. 19 mwN). Eine ringsum
von Bebauung umgebene Freifläche, die so groß ist, dass sie einer eigenen und
von der Umgebung unabhängigen städtebaulichen Planung und Entwicklung zugänglich
ist, so dass sich ihre Bebauung nicht mehr als zwanglose Fortsetzung
der vorhandenen aufdrängt, unterbricht den Bebauungszusammenhang und ist
als Außenbereich zu qualifizieren (vgl. BVerwGE 41 aaO S. 228, das einen solchen
"Außenbereich im Innenbereich" angenommen hat bei einem etwa
19.000 qm großen Grundstück, das mit zehn Wohnhochhäusern mit bis zu 19
Geschossen bebaut werden sollte; NJW 1984 aaO, ebenso bejahend bei einer
Kleingartenanlage mit mehreren hundert, nahezu sämtlich mit Gartenhäusern bebauten
Einzelgärten).
Das Berufungsgericht hat keine Feststellungen dazu getroffen, ob und gegebenenfalls
inwieweit das Umlegungsgebiet von der Umgebungsbebauung geprägt
wird oder nicht. Dabei ist es keineswegs "offenkundig", sondern durchaus
fraglich und besonders begründungsbedürftig, dass das an allen Seiten mit Ortsteilcharakter
umbaute Umlegungsgebiet so groß ist, dass es einer eigenen und
von der Umgebung unabhängigen städtebaulichen Planung und Entwicklung zugänglich
ist (vgl. dazu BVerwGE 152 aaO in Verbindung mit ZfBR 2017, 471
Rn. 15 f, das in Bezug auf eine vergleichbare Örtlichkeit eine Baulücke jedenfalls
nicht für ausgeschlossen gehalten hat [zur Bebauung mit zwei Einfamilienhäusern
und zehn Doppelhaushälften vorgesehene Freifläche im Inneren eines Gevierts
im Stadtgebiet von Düsseldorf, das durch jeweils etwa 300 bis 400 m lange
Straßenabschnitte mit ein- bis dreigeschossigen Wohnhäusern, landwirtschaftlichen
Hofstellen sowie gartenbaulich oder gewerblich genutzten Gebäuden begrenzt
sowie im Blockinneren teilweise mit großen Gewächshäusern bebaut und
gartenbaulich oder landwirtschaftlich genutzt wurde]).
Ebenso fraglich ist, ob die unbebaute Fläche des Umlegungsgebiets dem
Eindruck der Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit zur Umgebungsbebauung
derart entgegensteht, dass sie den Bebauungszusammenhang unterbricht.
Das gilt umso mehr, als die überwiegend als Hof- und Gartenland genutzten Freiflächen
der Parzellen 1026, 758, 2245, 2244, 8, 2467, 1812 und 1480 zu den
ebenfalls von der Umlegung betroffenen Wohnhäusern an der Von-Quadt-Straße
und dem Pfarrer-Hillmann-Weg gehören. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass
die typische wohnakzessorische Nutzung bebauter Grundstücke, insbesondere
ein angemessener Hausgarten, regelmäßig noch zum Innenbereich gehört
(BVerwG, NVwZ 2015, 298, 301 Rn. 25 f mwN; OVG Saarlouis, BauR 1989, 56 f;
OVG Bautzen, LKV 1999, 325, 328; OVG Schleswig, NVwZ-RR 2002, 485, 486;
OVG Magdeburg, Beschluss vom 8. September 2006 - 4 L 288/06, juris Rn. 4;
Dürr aaO Rn. 27, 29; Seckel, NJW-Spezial 2021, 108; Spannowsky, ZfBR 2014,
738, 742). Im Hinblick darauf wird insbesondere zu prüfen sein, ob die von der
Umlegung betroffenen langgestreckten Gartenbereiche der Flurstücke 1026,
758, 2245, 2244, 8 und 2467 erkennbar den an der Von-Quadt-Straße gelegenen
Wohnhäusern zuzuordnen sind und sich der durch diese vermittelte optische Eindruck
der Geschlossenheit auch auf die rückwärtigen Gärten erstreckt. Soweit es
den dortigen, anhand der in der Akte befindlichen Lichtbilder (GA I 9 f) erkennbaren,
für eine Gartennutzung nicht unbedingt typischen dichten Baumbestand betrifft,
könnte zu berücksichtigen sein, dass sich auch an die Wohngebäude der
umliegenden Straßengevierte jeweils mit Bäumen bewachsene Flächen anschließen
(so im Innern der im Westen an den Grafenmühlenweg und im Norden
an die Idastraße angrenzenden Blocks) und ein solcher Baumbestand damit
möglicherweise zum üblichen Erscheinungsbild von Gartenland im Stadtteil Dellbrück
gehört. Zu Recht macht die Revision daher geltend, dass für eine solche
Beurteilung der gesamte Stadtteil Dellbrück und nicht nur die unmittelbare Örtlichkeit
in den Blick zu nehmen ist, und insoweit die von ihr mit Schriftsatz vom
27. September 2018 zur Akte gereichten Lichtbilder (Anlagen 2 der Anlagenheftung)
und die großformatige Katasterkarte (Anlage 3 der Anlagenheftung) zu berücksichtigen
sind, die teilweise auch in den umliegenden Straßenblocks größere
Gartenflächen mit Baumbestand erkennen lassen.
3. Das angefochtene Berufungsurteil ist auch nicht aus anderen Gründen
richtig (§ 561 ZPO) mit der Folge, dass sich die rechtsfehlerhafte Verneinung der
Umlegungsvoraussetzungen nach § 45 Satz 2 Nr. 2 Halbsatz 1 BauGB durch die
Vorinstanz nicht entscheidungserheblich ausgewirkt hätte. Deren Urteilsfeststellungen
lassen nämlich nicht erkennen, dass der Umlegungsbeschluss deshalb
rechtswidrig wäre, weil die übrigen gesetzlichen Voraussetzungen für die streitgegenständliche
Umlegung nicht vorliegen würden (vgl. Senat, Urteil vom
23. April 2015 - III ZR 195/14, NVwZ-RR 2015, 630 Rn. 12).
a) Insbesondere ist der Umlegungsbeschluss nicht (auch) deshalb rechtswidrig,
weil sich aus der Eigenart der näheren Umgebung entgegen § 45 Satz 2
Nr. 2 Halbsatz 2 (1. Alternative) BauGB keine hinreichenden Kriterien für die Neuordnung
der Grundstücke ergäben. Zwar geht das Berufungsgericht im Ansatz
zutreffend davon aus, dass als Kriterien für die Bestimmung der Eigenart der näheren
Umgebung die Art und das Maß der baulichen Nutzung, die Bauweise und
die überbaubaren Grundstücksflächen in Betracht kommen (vgl. Entwurf der
Fraktionen der CDU/CSU und F.D.P. eines Gesetzes zur Erleichterung von Investitionen
und der Ausweisung und Bereitstellung von Wohnbauland, BT-Drs.
12/3944, S. 28; OLG Hamm, Urteil vom 16. Juni 2014 - 16 U 7/13, juris Rn. 42;
OLG Frankfurt a.M., Urteil vom 25. März 2010 - 100 U 2/09 (Baul), juris Rn. 41;
Otte in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Stand Juni 2009, § 45
Rn. 15a; Reidt in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 15. Aufl., § 45 Rn. 3). Jedoch
hat es seine Auffassung, dass danach keine hinreichenden Kriterien für die Neuordnung
der Grundstücke vorlägen, nur unzureichend begründet.
Soweit es die angeführte Inhomogenität der Straßenrandbebauung betrifft,
ist bereits unklar, ob damit der Umgebungsbebauung mit zwei- bis fünfgeschossigen
Wohnhäusern eine maßstabsbildende Wirkung für die Grundstücksneuordnung
abgesprochen werden soll, im Folgenden dazu aa), oder gemeint ist, dass
die durch die beabsichtigte Bebauung einer vorhandenen Ruhelage hervorgerufenen
bodenrechtlichen Spannungen nur unter Einsatz der Mittel der Bauleitplanung
zu bewältigen seien, wie der im Berufungsurteil enthaltene Hinweis auf eine
erforderliche "gemeindliche Steuerung" andeutet und im Parallelverfahren III ZR
65/20 geltend gemacht worden ist, im Folgenden dazu b), bb), (3).
aa) Die Einschätzung, dass sich aus der Umgebungsbebauung keine hinreichenden
Kriterien hinsichtlich des Maßes der baulichen Nutzung ergäben, weil
sich die Blockrandbebauung mit zwei- bis fünfgeschossigen Wohngebäuden als
inhomogen darstelle, lässt wesentliche Umstände außer Acht.
Allerdings kann das Berufungsgericht entgegen der Meinung der Revision
seine - zutreffende - Feststellung, dass die Blockrandbebauung zwei- bis fünfgeschossig
sei, auf den unstreitig gebliebenen Sachvortrag der Beteiligten zu 2 und
22 selbst gründen. Denn in der von ihnen mit Schriftsatz vom 27. September
2018 zur Akte gereichten großformatigen Liegenschaftskarte (Anlage 3 der Anlagenheftung),
auf die das Berufungsgericht ausdrücklich verwiesen hat, ist die
Anzahl der oberirdischen Vollgeschosse der Umgebungsbebauung gemäß den
amtlichen Vorgaben des nordrhein-westfälischen Innenministeriums durch gut
erkennbare römische Ziffern angegeben (vgl. Objektschlüssel [OS] 1033 auf
S. 22 der Vorschriften für das automatisierte Zeichnen der Liegenschaftskarte in
Nordrhein-Westfalen - Zeichenvorschrift-Aut NRW - [ZV-Aut], RdErl. des Innenministeriums
vom 19. März 2004, MBl. NRW S. 404 i.d.F.d. RdErl. vom 14. Juli
2005, MBl. NRW S. 861). Danach besteht die Randbebauung des Straßengevierts
überwiegend aus zwei- und dreigeschossigen und nur vereinzelt aus viergeschossigen
Gebäuden (die Eckhäuser Marthastraße 16 und Grafenmühlenweg
39, das Haus Von-Quadt-Straße 7 und, falls als eigenständiges Gebäude
anzusehen, der Vorbau des Hauses Von-Quadt-Straße 15) und einem fünfgeschossigen
Gebäude (das Haus Von-Quadt-Straße 15).
Die Würdigung des Berufungsgerichts, diese Bebauung sei hinsichtlich
der Anzahl der Vollgeschosse inhomogen und biete deshalb keine hinreichenden
Kriterien für die Grundstücksneuordnung, beruht auf einer unzureichenden Auseinandersetzung
mit den örtlichen Gegebenheiten. Maßgeblich ist gemäß § 45
Satz 2 Nr. 2 BauGB die nähere Umgebung des Umlegungsgebiets und damit die
Bebauung entlang des Straßengevierts und des Pfarrer-Hillmann-Weges (vgl.
BVerwGE 157, 1 Rn. 9 [nähere Umgebung im Sinne des Einfügegebots gemäß
§ 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB]), bei der eine zwei- bis dreigeschossige Bauweise
vorherrscht. So ist die Blockrandbebauung an der Idastraße mit Ausnahme eines
viergeschossigen Eckhauses (Marthastraße 16) durchgängig zweigeschossig
und die an der Marthastraße mit Ausnahme wiederum dieses Eckhauses sowie
eines weiteren zweigeschossigen Gebäudes (Marthastraße 28) dreigeschossig.
Der Pfarrer-Hillmann-Weg ist ein- und größtenteils zweigeschossig bebaut. Die
unmittelbar im Umlegungsgebiet liegende oder daran angrenzende Blockrandbebauung
an der Von-Quadt-Straße ist zwei- und dreigeschossig. Dagegen grenzen
die vier- und fünfgeschossigen Gebäude nicht direkt an die Umlegungsfläche
an, sondern sind nach der maßstabsgerechten Liegenschaftskarte (Anlage 3 der
Anlagenheftung) etwa 40 m (Von-Quadt-Straße 15), 60 m (Von-Quadt-Straße 7)
und 80 m (Grafenmühlenweg 39) davon entfernt. Die Bebauung des ebenfalls
weiter von der Umlegungsfläche entfernten Grafenmühlenwegs ist, wiederum mit
Ausnahme des zuletzt genannten Eckhauses, zwei- und dreigeschossig. Insgesamt
verfügen also nur vier Gebäude in der näheren Umgebung über mehr als
drei Geschosse. Sie befinden sich damit in deutlicher Unterzahl gegenüber den
dominierenden zwei- und dreigeschossigen Häusern. Im Hinblick darauf könnten
sie als vereinzelte "Ausreißer" zu würdigen sein, denen keine prägende Wirkung
auf das Umlegungsgebiet zukommt, zumal auch die jeweils gegenüberliegende
Randbebauung an den vier Blockstraßen nach der Katasterkarte (Anlage 3 der
Anlagenheftung) durchgängig nicht mehr als drei Geschosse aufweist. Nicht jede
vorhandene Bebauung in der näheren Umgebung bestimmt auch ihren Charakter.
Deshalb ist die Betrachtung auf das Wesentliche zu beschränken und hat
alles außer Acht zu bleiben, was die vorhandene Bebauung nicht prägt oder in
ihr gar als Fremdkörper erscheint (vgl. BVerwGE 55, 369, 380; 84, 322, 325 [nähere
Umgebung im Sinne des Einfügegebots gemäß § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB]).
Dazu zählen auch solche baulichen Anlagen, die von ihrem quantitativen Erscheinungsbild
(Ausdehnung, Höhe, Zahl usw.) nicht die Kraft haben, die Eigenart
der näheren Umgebung zu beeinflussen, die der Betrachter also nicht oder
nur am Rande wahrnimmt (vgl. BVerwGE 84 aaO S. 325 f). Im Hinblick darauf ist
zu erwägen, vorliegend nur die zwei- und dreigeschossigen Gebäude als prägend
anzusehen, woraus sich hinreichende Kriterien für die Neuordnung der
Grundstücke ergeben können. Davon sind - jedenfalls im Verwaltungsverfahren
- offenbar auch die von der Umlegung betroffenen Eigentümer ausgegangen, die
bei ihrer Anhörung durch den Beteiligten zu 2 ausweislich der Besprechungsniederschrift
vom 7. Oktober 2016 (S. 14 Rs. des Verwaltungsvorgangs) lediglich
die Befürchtung geäußert haben, das Umlegungsgebiet könne mit dreigeschossigen
(nicht aber mit vier- oder gar fünfgeschossigen) Mietshäusern bebaut werden.
bb) Die weitere Annahme des Berufungsgerichts, dass Vorgaben für die
Lage künftiger Wohnhäuser im Blockinneren gänzlich fehlten, weil mit Ausnahme
des Wohnhauses auf dem Grundstück Von-Quadt-Straße 41 keine Hinterlandbebauung
existiere, lässt ebenfalls die erforderliche Auseinandersetzung mit den
örtlichen Gegebenheiten und zudem auch mit dem Beteiligtenvorbringen vermissen.
Zwar kommt es für die Frage der maßstabsbildenden Wirkung der näheren
Umgebung für die Grundstücksneuordnung im Sinne des § 45 Satz 2 Nr. 2 Halbsatz
2 (1. Alternative) BauGB auch auf das Vorhandensein von Kriterien für die
räumliche Lage künftiger Gebäude auf den neu zu schaffenden Grundstücken an
(vgl. dazu BVerwG, NVwZ 1987, 1080 mwN [zur zu überbauenden Grundstücksfläche
im Sinne des Einfügegebots gemäß § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB]). Solche
Kriterien sind jedoch aus der gesamten Umgebungsbebauung abzuleiten und
nicht aus der neu zu ordnenden (und hier weitgehend unbebauten) Umlegungsfläche
selbst. Dies hat das Berufungsgericht bezüglich der Anzahl der Vollgeschosse
im Ausgangspunkt noch beachtet, siehe oben aa), im hier vorliegenden
Zusammenhang indes außer Acht gelassen und dementsprechend keine Feststellungen
dazu getroffen, ob und inwieweit die Umgebungsbebauung Vorgaben
für eine Positionierung von Gebäuden auf den neu zu schaffenden Baugrundstücken
bietet. Denkbare, aus der Umgebungsbebauung ableitbare Kriterien sind
insoweit die Ausrichtung und die Grundflächen der vorhandenen Häuser an der
Idastraße, Marthastraße, Von-Quadt-Straße und am Pfarrer-Hillmann-Weg und
- worauf die Revision zutreffend hinweist - deren Abstände zu den für eine Neubebauung
zur Verfügung stehenden Flächen sowie die aus der erkennbaren
Nichtvollendung des Pfarrer-Hillmann-Weges folgende Notwendigkeit, diesen zu
verlängern und mit einer Wendemöglichkeit abzuschließen. Zu letzterem hat der
Beteiligte zu 2 bereits vorinstanzlich vorgetragen, dass die Fortführung des Straßenprofils
des Pfarrer-Hillmann-Weges als qualifizierter Anhaltspunkt aufgrund
der örtlichen Situation ein hinreichendes Kriterium für die Ergänzung von Verkehrsflächen
im Umlegungsgebiet liefere (vgl. dazu S. 57 der Begründung des
Regierungsentwurfs eines Gesetzes zur Anpassung des Baugesetzbuchs an
EU-Richtlinien, BT-Drs. 15/2250; Schriever/Linke in: Brügelmann, BauGB, Stand
April 2019, § 45 Rn. 96). Danach erscheint der Standpunkt der Revision nicht
unplausibel, dass sich die Lage einer möglichen Bebauung entlang der neu zu
schaffenden Verkehrsflächen unter Berücksichtigung auch der übrigen Parameter
gleichsam von selbst ergibt. Damit hat sich das Berufungsgericht nicht auseinandergesetzt.
b) Die Urteilsfeststellungen lassen auch nicht darauf schließen, dass der
Umlegungsbeschluss deshalb rechtswidrig ist, weil der darin angegebene Zweck
der Baulanderschließung zur Befriedigung des hohen Wohnbedarfs in der Stadt
Köln nicht angestrebt wird oder nicht erreicht werden könnte (vgl. Senat, Urteil
vom 27. April 1981 - III ZR 71/79, NJW 1981, 2122, 2123 mwN; Beschluss vom
12. Juli 1990 - III ZR 141/89, BGHR
aa) Dass das vorliegende Umlegungsverfahren gar nicht den Zweck der
Baulanderschließung verfolgt, sondern - wie die Beteiligte zu 1 vorinstanzlich behauptet
hat - ausschließlich oder zumindest vorrangig dazu dienen soll, den in
der fehlenden Wendemöglichkeit für Müll- oder Feuerwehrfahrzeuge im Pfarrer-
Hillmann-Weg bestehenden städtebaulichen Missstand zu beseitigen, ist nicht
erkennbar. Zwar darf die Umlegung nicht allein dem Zweck dienen, der öffentlichen
Hand unentgeltlich Verkehrsflächen zu verschaffen (vgl. Senat, Beschluss
vom 12. Juli 1990 aaO mwN). Jedoch ist hier die Fortführung des Pfarrer-Hillmann-
Weges eine notwendige Voraussetzung für die Erschließung der rückwärtigen,
bisher unbebauten Grundstücke im Umlegungsgebiet. Daraus folgt auch
der von der Beteiligten zu 1 vermisste privatnützige Charakter der Umlegung.
Dieser ergibt sich im Regelfall schon aus dem Zweck, zur Erschließung oder
Neugestaltung bestimmter Gebiete bebaute und unbebaute Grundstücke in der
Weise neu zu ordnen, dass nach Lage, Form und Größe für die bauliche oder
sonstige Nutzung zweckmäßig gestaltete Grundstücke entstehen (vgl. Senat, Urteil
vom 13. Dezember 1990 - III ZR 240/89, BGHZ 113, 139, 144). Dass die
Umlegung daneben auch der Behebung eines städtebaulichen Missstandes und
damit zugleich dem Wohl der Allgemeinheit dient, schließt ihre Privatnützigkeit
nicht aus (Senat aaO S. 146).
bb) Es steht auch nicht schon fest, dass der Umlegungszweck deshalb
nicht erreicht werden kann, weil sich neu zu errichtende Wohngebäude - unter
anderem nach Art und Maß der baulichen Nutzung - nicht gemäß § 34 Abs. 1
BauGB in die Eigenart der näheren Umgebung einfügen würden.
(1) Nach der Art der baulichen Nutzung genügt die vorgesehene Wohnbebauung
dem Einfügegebot, da die Eigenart der näheren Umgebung (nach den
insoweit unterschiedlichen Auffassungen der Vorinstanzen) als reines oder allgemeines
Wohngebiet zu beurteilen ist, in dem jeweils die Errichtung von Wohngebäuden
zulässig wäre (vgl. § 3 Abs. 2 Nr. 1 bzw. § 4 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO).
(2) In Bezug auf das Maß der baulichen Nutzung ergibt sich aus der vom
Berufungsgericht in Bezug genommenen Liegenschaftskarte (Anlage 3 der Anlagenheftung),
dass die Umgebungsbebauung überwiegend eine - die prozentuale
Überbauung bzw. Überbaubarkeit der Grundstücksfläche angebende - Grundflächenzahl
(GRZ) von 0,4 aufweist. Soweit die Beteiligte zu 1 vorinstanzlich bezweifelt
hat, dass die Erschließung von zehn Baugrundstücken erreicht werden
könne, weil dabei einige der nach dem Bebauungsvorschlag neu zu bildenden
Grundstücke eine höhere Grundflächenzahl als 0,4 aufweisen würden, hat der
Beteiligte zu 2 zutreffend darauf hingewiesen, dass der Zweck der Umlegung
nicht in der Schaffung von genau zehn Baugrundstücken, sondern in der generellen
Erschließung von Bauland besteht, was auch aus der Begründung des
Umlegungsbeschlusses folgt. Die Revision hat daher zu Recht geltend gemacht,
dass die Baurechtskonformität der Grundflächenzahl einer künftigen Bebauung
erst beim Neuzuschnitt der Grundstücke mit Aufstellung des Umlegungsplans
nach § 66 BauGB zu beachten sein wird, die Rechtmäßigkeit des Umlegungsbeschlusses
dagegen nicht berührt.
(3) Darüber hinaus fügt sich ein Vorhaben nicht im Sinne des § 34 Abs. 1
BauGB in die Eigenart der näheren Umgebung ein, wenn es, bezogen auf die in
dieser Vorschrift genannten Kriterien, den aus der Umgebung ableitbaren Rahmen
überschreitet und geeignet ist, bodenrechtliche Spannungen zu begründen
oder zu erhöhen (vgl. BVerwG, ZfBR 2000, 68 mwN). Ein solcher Fall ist gegeben,
wenn das Vorhaben die vorhandene Situation in bauplanungsrechtlich relevanter
Weise verschlechtert, stört oder belastet. Stiftet es in diesem Sinne Unruhe,
so lassen sich die Voraussetzungen für seine Zulassung nur unter Einsatz
der Mittel der Bauleitplanung schaffen. Ein Planungsbedürfnis besteht, wenn
durch das Vorhaben schutzwürdige Belange Dritter mehr als geringfügig beeinträchtigt
werden. Eine nur im Wege der Planung auffangbare Beeinträchtigung
kommt etwa in Betracht, wenn bei einer Hinterlandbebauung eine vorhandene
Ruhelage gestört wird (vgl. BVerwG aaO; BauR 1981, 170, 171 f). Wann insoweit
die bauplanungsrechtliche Relevanzschwelle im Einzelnen erreicht ist, lässt sich
nicht anhand von verallgemeinerungsfähigen Maßstäben feststellen, sondern
hängt von den jeweiligen konkreten Gegebenheiten ab (BVerwG, ZfBR 2000 aaO
mwN).
Zwar hat die Beteiligte zu 1 vorinstanzlich eingewandt, dass durch die geplante
bauliche Nachverdichtung bodenrechtliche Spannungen drohten und zudem
die ökologische Bedeutung und der Erholungswert der vorhandenen Gärten
nicht ausreichend berücksichtigt worden seien, während im Parallelverfahren
III ZR 65/20 vorgebracht worden ist, dass diese zu erwartenden Spannungen nur
in einem Verfahren zur Aufstellung eines Bebauungsplans zu lösen seien. Allerdings
hat das Berufungsgericht weder festgestellt, dass eine Wohnbebauung im
Blockinnenbereich entlang des fortgeführten Pfarrer-Hillmann-Weges den aus
der Umgebung ableitbaren Bebauungsrahmen im Sinne des § 34 Abs. 1 BauGB
überschreiten würde, noch hat es konkrete Anhaltspunkte dafür aufgezeigt, dass
dadurch eine vorhandene Ruhelage gestört würde und daraus folgende bodenrechtliche
Spannungen sich nur mittels einer Bauleitplanung bewältigen ließen.
Auch hat es sich nicht mit dem Vortrag des Beteiligten zu 2 auseinandergesetzt,
dass das Amt für Straßen und Verkehrstechnik der Beteiligten zu 22 hinsichtlich
der Fortführung des Pfarrer-Hillmann-Weges parallel zum Umlegungsverfahren
ein "Planersatzverfahren" nach § 125 Abs. 2 BauGB durchführen werde, das vor
Aufstellung des Umlegungsplans abgeschlossen sein solle (vgl. Schriftsatz vom
29. Juni 2017 S. 7, GA I 40 und Auszug aus der Sitzung des Umlegungsausschusses,
Blatt 42, 43 und 43 Rs. des Verwaltungsvorgangs). Dieser Vortrag ist
bedeutsam, weil im Rahmen eines planersetzenden Beschlusses nach § 125
Abs. 2 BauGB eine fehlerfreie Abwägung der in § 1 Abs. 5 bis 7 BauGB genannten
öffentlichen und privaten Belange zu erfolgen hat, zu denen gemäß § 1 Abs. 5
und 6 Nr. 7 BauGB auch die Belange des Umwelt- und Naturschutzes sowie die
umweltbezogenen Auswirkungen auf den Menschen und seine Gesundheit gehören.
c) Der Umlegungsbeschluss grenzt das Umlegungsgebiet, das nach § 52
Abs. 1 BauGB so zu begrenzen ist, dass sich die Umlegung zweckmäßig durchführen
lässt, auch nicht erkennbar fehlerhaft ab. Die Beurteilung, welche Flächen
zur zweckmäßigen Durchführung der Umlegung einzubeziehen sind, ist eine einen
erheblichen Spielraum gewährende Ermessensentscheidung (vgl. Senat, Urteil
vom 5. Oktober 2000 - III ZR 71/00, NVwZ 2001, 233, 235 mwN).
Die Auffassung der Beteiligten zu 1, die Einbeziehung der bebauten Flächen
ihres Flurstücks 1026 (Von-Quadt-Straße 43) sowie der Flurstücke 2467/8,
8/36, 2244/8, 2245/8 und 758 (Von-Quadt-Straße 27a, 29, 31, 33 und 41) in die
Umlegung sei unzweckmäßig, weil deren Zuschnitt nicht verändert werde, trifft
nicht zu. Zum einen ist es nicht erforderlich, dass der tatsächliche Zuschnitt jedes
einzelnen Grundstücks im Umlegungsgebiet verändert werden soll (vgl. Senat,
Urteile vom 11. Mai 1967 - III ZR 141/66, juris Rn. 14; vom 13. Dezember 1990
aaO S.145 f; Beschluss vom 12. Juli 1990 - III ZR 141/89, BGHR
Abs. 1 Umlegungszweck 1; jeweils mwN). Zum anderen hat der Beteiligte zu 2
die Einbeziehung (auch) dieser bebauten Flächen nachvollziehbar und ermessensfehlerfrei
damit begründet, dass auf diese Weise besser auf Zuteilungswünsche
der Grundstückseigentümer eingegangen werden könne.
Ebenso wenig lässt die Einbeziehung der bebauten Flurstücke 1480,
1812, 1354, 1521 und 1517 (Pfarrer-Hillmann-Weg 14, 16, 19, 21, 23 und 25)
einen Ermessensfehler erkennen, wenngleich diese - worauf im Parallelverfahren
III ZR 62/20 zutreffend hingewiesen worden ist - nach dem Bebauungsvorschlag
keine Änderung ihres tatsächlichen Zuschnitts erfahren sollen. Denn der Beteiligte
zu 2 hat als Grund für die Erstreckung des Umlegungsverfahrens auf diese
Grundstücke unwidersprochen vorgetragen, dass deren Erschließung (über die
ebenfalls in die Umlegung einbezogenen Flurstücke 1330, 1771, 1772 und 1518)
bisher nur über Baulasten und Grunddienstbarkeiten gesichert sei. Bei einzelnen
Grundstücken kann sich die Wirkung eines Umlegungsverfahrens durchaus auf
die Änderung von Rechten nach § 61 Abs. 1 BauGB beschränken (vgl. Senat,
Urteil vom 11. Mai 1967 aaO). Auch können einzelne Grundstücke nur zum
Zweck der Gewinnung von Straßenland im Rahmen einer besseren Neuordnung
des Gesamtgebiets in eine Umlegung einbezogen werden (vgl. Senat, Urteil vom
13. Dezember 1990 aaO mwN). Daraus folgt die Zulässigkeit der Erstreckung der
Umlegung auf die genannten Flurstücke mit dem Ziel, ihre Straßenanbindung
durch Neuordnung der dafür maßgeblichen Rechtsverhältnisse zu sichern und
zu verbessern.
d) Schließlich steht der Rechtmäßigkeit des Umlegungsbeschlusses auch
nicht entgegen, dass durch das Umlegungsverfahren mit der Verlängerung des
Pfarrer-Hillmann-Weges eine Erschließungsanlage erst noch geschaffen werden
soll. Anders als § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB setzt § 45 Satz 2 Nr. 2 BauGB keine
bereits gesicherte Erschließung voraus. Vielmehr gehört zu den durch § 45 Satz
2 Nr. 2 BauGB ermöglichten Maßnahmen der Innenentwicklung (vgl. § 1 Abs. 5
Satz 3 BauGB) auch die Erschließung bisher baulich nicht nutzbarer Flächen innerhalb
eines Baublocks durch neue Erschließungsanlagen. Das wird durch die
Regelung des § 55 Abs. 2 Satz 1 BauGB ausdrücklich bestätigt (vgl. Schriever/
Linke in: Brügelmann, BauGB, Stand April 2019, § 45 Rn. 7, 11). Durch diese
Vorschrift "soll eine städtebaulich sinnvolle Bodenordnung im nicht beplanten Innenbereich
auch dann ermöglicht werden, wenn zugleich die Änderung oder Herstellung
von Erschließungsmaßnahmen erforderlich wird. Dies dient z.B. der behutsamen
Nachverdichtung bereits bebauter Ortsteile" (BT-Drs. 15/2250, S. 57).
4. Danach kommt es nicht mehr darauf an, dass auch die Rüge der Revision
begründet sein dürfte, das Berufungsgericht habe unter Verstoß gegen Art. 103
Abs. 1 GG vor seiner Entscheidung nicht auf seine vom Berichterstatterschreiben
vom 10. August 2018 abweichende Auffassung hingewiesen, dass das Umlegungsgebiet
einen "Außenbereich im Innenbereich" darstelle.
5. Nach alldem ist das angefochtene Urteil aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO)
und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht
zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Der Senat kann nicht selbst
in der Sache entscheiden, da der Rechtsstreit nicht entscheidungsreif ist (§ 563
Abs. 3 ZPO).
Ob die Freifläche der Flurstücke 1026, 758, 2245/8, 2244/8, 8/36 und
2467/8 und der südlichen Teile der Flurstücke 1812 und 1480 den Bebauungszusammenhang
der Umgebung unterbricht oder (noch) als Baulücke anzusehen
ist und damit eine nach § 45 Satz 1 Nr. 2 Halbsatz 1 BauGB zulässige Umlegung
im unbeplanten Innenbereich vorliegt, kann nur aufgrund einer erschöpfenden
tatrichterlichen Würdigung aller maßgeblichen Umstände beurteilt werden, die
das Revisionsgericht nicht vornehmen kann (vgl. BVerwG, NVwZ 1994, 294,
295), wobei ergänzende Feststellungen zu den örtlichen Gegebenheiten insbesondere
im Umfeld des von der Umlegung unmittelbar betroffenen Straßenblocks
zu treffen sein werden. Das Gleiche gilt bezüglich der Frage, ob die Umgebungsbebauung
im Sinne des § 45 Satz 1 Nr. 2 Halbsatz 2 (1. Alternative) BauGB
hinreichende Kriterien für die Neuordnung der Grundstücke im Umlegungsgebiet
bietet. Ergänzende Feststellungen kommen auch in Bezug auf den Stand des
vom Beteiligten zu 2 angeführten "Planersatzverfahrens" nach § 125 Abs. 2
BauGB und die gegebenenfalls in diesem Rahmen bereits getroffenen Abwägungsentscheidungen
in Betracht.
Entscheidung, Urteil
Gericht:BGH
Erscheinungsdatum:17.02.2022
Aktenzeichen:III ZR 46/20
Rechtsgebiete:
Öffentliches Baurecht
Verfahrensrecht allgemein (ZPO, FamFG etc.)
Zwangsvollstreckung (insbes. vollstreckbare Urkunde und Vollstreckungsklausel)
ZPO § 286; BauGB §§ 34 Abs. 1, 45 S. 2 Nr. 2, 222 Abs. 1 S. 1, 222 Abs. 1 S. 2