BGH 24. August 2022
XII ZB 268/19
FamFG § 113; ZPO § 293

Vollstreckbarerklärung eines ausländischen Unterhaltstitels

letzte Aktualisierung: 18.1.2023
BGH, Beschl. v. 24.8.2022 – XII ZB 268/19

FamFG § 113; ZPO § 293
Vollstreckbarerklärung eines ausländischen Unterhaltstitels

a) Wird gegen die erstinstanzliche Entscheidung über einen Antrag auf Vollstreckbarerklärung eines
ausländischen Unterhaltstitels Beschwerde eingelegt, hindern die Bestimmungen des HUÜ 2007 das
Beschwerdegericht nicht daran, die Vollstreckbarkeit der Entscheidung im Ursprungsstaat im
Einzelfall auch ohne Beibringung des von Art. 25 Abs. 1 lit. b HUÜ 2007 geforderten formalen
Nachweises festzustellen.
b) Nach § 293 ZPO hat der Tatrichter ausländisches Recht, das für die Entscheidung eines
Rechtsstreits maßgebend ist, von Amts wegen zu ermitteln. Da ausländische Rechtsnormen
Rechtssätze und keine Tatsachen sind, finden insoweit die Grundsätze über die Darlegungs- und
Beweislast keine Anwendung (im Anschluss an Senatsbeschluss vom 12. Dezember 2007 – XII ZB
240/05, FamRZ 2008, 586).

Gründe:

I.
Die Rechtsbeschwerde betrifft die Vollstreckbarerklärung einer von einem
Gericht im US-Bundesstaat Oregon erlassenen Entscheidung über nachehelichen
Unterhalt.

Die Beteiligten lebten während ihrer Ehe gemeinsam in Oregon. Mit Urteil
des Bezirksgerichts des Bundesstaats Oregon im und für den Bezirk Washington
(im Folgenden: Bezirksgericht) vom 26. September 2014 wurde die Ehe der Beteiligten
geschieden und der Antragsgegner zur Zahlung eines monatlichen nachehelichen
Unterhalts in Höhe von 4.000 US$ für einen Zeitraum von vier Jahren,
danach unbefristet in Höhe von 3.000 US$, verpflichtet. Nach der Scheidung verzog
der Antragsgegner nach Deutschland. Die Antragstellerin verblieb in Oregon
und heiratete im Januar 2018 erneut.

Das Amtsgericht hat mit Beschluss vom 10. September 2018 dem Antrag
der Antragstellerin auf Vollstreckbarerklärung des Urteils vom 26. September
2014 hinsichtlich des Unterhalts für einen Zeitraum ab Mai 2018 stattgegeben.
Auf Antrag des Antragsgegners setzte das Bezirksgericht mit rechtskräftigem
Urteil vom 2. Oktober 2018 den monatlich zu zahlenden Unterhalt für die
Zeit ab Mai 2018 auf 2.200 US$ herab.

Auf die gegen die amtsgerichtliche Vollstreckbarerklärung gerichtete, im
Wesentlichen auf die zwischenzeitliche Abänderung gestützte Beschwerde des
Antragsgegners hat die Antragstellerin ihre Anträge im Beschwerdeverfahren dahin
geändert, dass das Urteil vom 26. September 2014 für den Zeitraum ab Mai
2018 in Höhe von nur noch 2.200 US$, hilfsweise das Urteil vom 2. Oktober 2018
für vollstreckbar erklärt wird. Das Oberlandesgericht hat die Anträge abgewiesen.
Hiergegen wendet sich die Antragstellerin mit ihrer Rechtsbeschwerde, mit der
sie nur noch die Vollstreckbarerklärung der Entscheidung vom 2. Oktober 2018
erstrebt.

II.
Die Rechtsbeschwerde ist nach §§ 46, 57 AUG zulassungsfrei statthaft
und auch sonst zulässig. Sie ist auch begründet und führt zur teilweisen Aufhebung
des angefochtenen Beschlusses und insoweit zur Zurückverweisung der
Sache an das Beschwerdegericht.

1. Nach Auffassung des Beschwerdegerichts scheidet eine Vollstreckbarerklärung
nach dem Haager Unterhaltsübereinkommen 2007 aus. Die Beschwerde
könne auf sämtliche Gründe für die Verweigerung der Anerkennung und Vollstreckung
gestützt werden. Während eine Vollstreckbarerklärung der Entscheidung
vom 26. September 2014 durch die rechtskräftige Abänderungsentscheidung
vom 2. Oktober 2018 gehindert werde, könne auch diese mangels Nachweises
der Vollstreckbarkeit im Ursprungsstaat nicht für vollstreckbar erklärt werden.
Soweit nach einem von der Antragstellerin vorgelegten Schreiben ihres
amerikanischen Anwalts die Gerichte in Oregon keine Rechtskraftvermerke ausstellten,
werde dies vom Antragsgegner bestritten. Trotz Aufforderung des Beschwerdegerichts
habe die Antragstellerin weder eine gerichtliche Bescheinigung
für die Vollstreckbarkeit des Abänderungsurteils noch einen gerichtlichen Nachweis
vorgelegt, dass in Oregon rechtskräftige Urteile auch ohne ausdrückliche
Vollstreckbarerklärung vollstreckbar seien. Deshalb sei ihr Antrag insgesamt abzuweisen.

2. Dies hält einer rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Eine Vollstreckbarerklärung
des Urteils vom 2. Oktober 2018 kann nicht mit der vom Beschwerdegericht
gegebenen Begründung versagt werden.

a) Die Vollstreckbarerklärung dieser Entscheidung richtet sich nach
Art. 19 ff. des Haager Übereinkommens über die internationale Geltendmachung
der Unterhaltsansprüche von Kindern und anderen Familienangehörigen vom
23. November 2007 (Haager Unterhaltsübereinkommen 2007 - HUÜ 2007;
ABl. 2011 Nr. L 192 S. 51), welches im Verhältnis zwischen der Europäischen
Union und den Vereinigten Staaten von Amerika seit 1. Januar 2017 in Kraft ist
(vgl. Senatsbeschluss vom 27. Mai 2020 - XII ZB 102/20 - FamRZ 2020, 1293
Rn. 5 mwN). Der Anwendung des Übereinkommens stehen auch nicht die Über-
gangsbestimmungen des Art. 56 Abs. 1 lit. b, Abs. 3 HUÜ 2007 entgegen. Sowohl
die Stellung des Antrags auf Anerkennung und Vollstreckung als auch die
Fälligkeit der hiermit verfolgten Unterhaltsrückstände liegen nach dem genannten
Zeitpunkt des Inkrafttretens.

b) Die Rechtsbeschwerde rügt mit Erfolg, dass das Beschwerdegericht die
Voraussetzungen einer Vollstreckbarerklärung rechtsfehlerhaft verneint hat.

aa) Im Anwendungsbereich des HUÜ 2007 setzt die Vollstreckung einer
in einem anderen Vertragsstaat ergangenen Entscheidung ein Verfahren der
Vollstreckbarerklärung (Exequatur) voraus, das sich für Deutschland nach Art. 23
HUÜ 2007 richtet. Gemäß Art. 20 Abs. 6 HUÜ 2007 wird eine Entscheidung nur
dann anerkannt, wenn sie im Ursprungsstaat wirksam ist, und nur dann vollstreckt,
wenn sie im Ursprungsstaat vollstreckbar ist. Einem Antrag auf Anerkennung
und Vollstreckung sind der vollständige Wortlaut der Entscheidung und ein
Schriftstück mit dem Nachweis der Vollstreckbarkeit im Ursprungsstaat beizufügen
(Art. 25 Abs. 1 lit. a und b HUÜ 2007).

bb) Wird gegen die erstinstanzliche Entscheidung über einen Antrag auf
Vollstreckbarerklärung Beschwerde eingelegt, hindern die Bestimmungen des
HUÜ 2007 das Beschwerdegericht allerdings nicht daran, die Vollstreckbarkeit
der Entscheidung im Ursprungsstaat im Einzelfall auch ohne Beibringung des
von Art. 25 Abs. 1 lit. b HUÜ 2007 geforderten formalen Nachweises festzustellen.

(1) Für ein solches Verständnis spricht bereits eine systematische Betrachtung
des im HUÜ 2007 teilweise geregelten Rechtsbehelfsverfahrens. Während
im erstinstanzlichen Verfahren weder der Antragsteller noch der Antragsgegner
Einwendungen vorbringen können und der Antrag nur aus dem in Art. 22
lit. a HUÜ 2007 genannten Grund (ordre public) abgelehnt werden kann, kann
ein Rechtsmittel auf die in Art. 23 Abs. 7 HUÜ 2007 genannten Gründe, unter
anderem auf die Grundlagen für die Anerkennung und Vollstreckung nach Art. 20
HUÜ 2007, gestützt werden. Auch wenn für das Rechtsmittelverfahren gleichfalls
das in Art. 23 Abs. 11 HUÜ 2007 genannte Beschleunigungsgebot gilt, ist es
durch seine kontradiktorische Ausgestaltung und seine Ausdehnung auf die
durch Art. 23 Abs. 7 HUÜ 2007 erheblich erweiterte Entscheidungsgrundlage
vom einseitigen, stärker formalisierten erstinstanzlichen Verfahren deutlich abgesetzt.
Dies legt nahe, dass Gerichte der Vertragsstaaten die für die Vollstreckbarerklärung
bestehende Grundvoraussetzung der Vollstreckbarkeit im Rechtsmittelzug
nicht nur anhand des in Art. 25 Abs. 1 lit. b HUÜ 2007 bestimmten
Nachweiserfordernisses, sondern ergänzend auch in Anwendung des gemäß
Art. 23 Abs. 1 HUÜ 2007 geltenden Prozessrechts des Vollstreckungsstaats feststellen
können.

(2) Der mit dem HUÜ 2007 verfolgte Zweck stützt diese Annahme. Das
Übereinkommen zielt auf eine Vereinfachung, Beschleunigung und Kosteneffektivität
grenzüberschreitender Geltendmachung und Durchsetzung von Unterhaltsforderungen.
Die Anerkennung und Vollstreckbarerklärung soll möglichst
weitgehend gewährleistet sein (Borrás/Degeling Explanatory Report on the
Convention on the International Recovery of Child Support and Other Forms of
Family Maintenance Rn. 428 und 477, veröffentlicht bei www.hcch.net). Vor
diesem Hintergrund ist das in Art. 25 Abs. 1 lit. b HUÜ 2007 bezeichnete Schriftstück
in erster Linie als ein im Interesse des Unterhaltsgläubigers eingerichteter
Weg der vereinfachten und beschleunigten Durchsetzung seiner Forderung zu
verstehen. Im einseitig ausgestalteten Verfahren des ersten Rechtszugs nach
Art. 23 HUÜ 2007 kann der Gläubiger damit - unter Erfüllung der weiteren Antragsvoraussetzungen
- zügig die Vollstreckbarkeit im anderen Vertragsstaat erwirken.
Kann allerdings die Voraussetzung der Vollstreckbarkeit im kontradiktorischen
Beschwerdeverfahren auf andere Weise festgestellt werden, wäre es ein
nicht mit der Intention des Übereinkommens zu vereinbarender Formalismus,
den Antrag lediglich daran scheitern zu lassen, dass der Gläubiger die Bescheinigung
nicht beizubringen vermag.

(3) Im Einklang damit hat der Bundesgerichtshof bereits zum Vertrag zwischen
der Bundesrepublik Deutschland und dem Staat Israel über die gegenseitige
Anerkennung und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und
Handelssachen vom 20. Juli 1977 (BGBl. 1980 II S. 925) entschieden, dass das
Gericht im Beschwerdeverfahren auch ohne Beibringung des von Art. 15 Abs. 1
dieses Vertrags geforderten formalen Nachweises eine Entscheidung zur
Zwangsvollstreckung zulassen kann, wenn es sich aufgrund anderweitiger tragfähiger
Feststellungen die Überzeugung davon verschafft, dass die Zulassungsvoraussetzungen
nach Art. 10 des Vertrags vorliegen (BGH Beschluss vom
12. Oktober 2017 - IX ZB 64/14 - juris Rn. 12 ff.).

Ferner soll sich der Anerkennungsrichter im Zusammenhang mit Art. 17
des Vorgängerüberkommens des HUÜ 2007, des Haager Übereinkommens über
die Anerkennung und Vollstreckung von Unterhaltsentscheidungen vom 2. Oktober
1973 (HUVÜ 73; BGBl. 1986 II S. 826), bereits im erstinstanzlichen Verfahren
mit weniger als den in dieser Vorschrift genannten Antragsunterlagen begnügen
können (MünchKommFamFG/Lipp 3. Aufl. HUntVÜbk 1973 Art. 17 Rn. 1
mwN; Geimer/Schütze/Hau/Baumann Internationaler Rechtsverkehr in Zivil- und
Handelssachen [Stand: Oktober 2021] Band V Art. 17 HUVÜ 73 S. 150 mwN).
Schon dieses Übereinkommen verfolgte das Ziel, die rechtlichen und verwaltungsmäßigen
Hindernisse der Anerkennung und Vollstreckung soweit wie möglich
abzubauen (Verwilghen-Bericht BT-Drucks. 10/258 S. 40 Rn. 45). Gründe,
für das eine weitere Verbesserung der Vollstreckungsmöglichkeiten anstrebende
HUÜ 2007 strengere Nachweisanforderungen im Rechtsmittelzug zu stellen, bestehen
nicht.

(4) Dies erhellt schließlich auch ein vergleichender Blick auf die unionsrechtlichen
Regelungen über die grenzüberschreitende Vollstreckung.

Gemäß Art. 17 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 4/2009 des Rates vom
18. Dezember 2008 über die Zuständigkeit, das anwendbare Recht, die Anerkennung
und Vollstreckung von Entscheidungen und die Zusammenarbeit in Unterhaltssachen
(EuUntVO; ABl. 2009 Nr. L 7 S. 1) ist eine in einem Mitgliedsstaat,
der durch das Haager Protokoll von 2007 gebunden ist, ergangene Entscheidung,
die in diesem Staat vollstreckbar ist, in einem anderen Mitgliedsstaat vollstreckbar,
ohne dass es einer Vollstreckbarerklärung bedarf. Die Vorlage des unter
anderem die Vollstreckbarkeit der Entscheidung bestätigenden Formblatts
nach Art. 20 Abs. 1 lit. b iVm Anhang I EuUntVO wird im Hinblick auf seine durch
die Abschaffung des Exequaturverfahrens gesteigerte Bedeutung teilweise
als zwingend angesehen (Geimer/Schütze/Hau/Peiffer/Peiffer Internationaler
Rechtsverkehr in Zivil- und Handelssachen [Stand: Oktober 2021] Band I Art. 42
Brüssel Ia-VO Rn. 14 mwN; a.A. Geimer/Schütze/Hau/Hilbig Internationaler
Rechtsverkehr in Zivil- und Handelssachen [Stand: Oktober 2021] Band III Art. 20
EuUntVO Rn. 31; Zöller/Geimer ZPO 34. Aufl. Art. 42 EuGVVO Rn. 5 mwN).
Nach der bei Erlass des Gesetzes zur Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen
im Verkehr mit ausländischen Staaten vom 23. Mai 2011 (Auslandsunterhaltsgesetz
- AUG; BGBl. I S. 898) geäußerten Vorstellung des Gesetzgebers ist
das Formblatt in diesen Fällen zusammen mit dem Titel unmittelbare Grundlage
der Vollstreckung (BT-Drucks. 17/4887 S. 43 und 50).

Ein derart erhöhter Stellenwert ist dem Formblatt indes im herkömmlichen
System des Exequaturverfahrens - sei es auch auf völkerrechtlicher Grundlage -
nicht beizumessen (vgl. Art. 29 Abs. 1 EuUntVO sowie Art. 55 Brüssel I-VO).
Denn hier beruht die Vollstreckbarkeit nicht auf einer Wirkungserstreckung der
ursprünglichen Entscheidung kraft Gesetzes, sondern auf einer nach gerichtlicher
Prüfung auszusprechenden Wirkungsverleihung (vgl. Geimer Internationales
Zivilprozessrecht 8. Aufl. Rn. 3100 f.).

(5) Die Sache ist nicht gemäß Art. 267 AEUV dem Europäischen Gerichtshof
vorzulegen (vgl. dazu Senatsurteil vom 26. Juni 2013 - XII ZR 133/11 -
FamRZ 2013, 1366 Rn. 37 mwN). Denn die Beantwortung der vorstehend behandelten
Auslegungsfrage im Zusammenhang mit dem HUÜ 2007 ist derart offenkundig,
dass für einen vernünftigen Zweifel kein Raum bleibt und mithin für
eine Verfahrensweise nach Art. 267 Abs. 3 AEUV kein Anlass besteht ( acte
clair , vgl. Senatsbeschluss vom 27. November 2019 - XII ZB 311/19 - FamRZ
2020, 272 Rn. 11 mwN).

cc) Die vom HUÜ 2007 offen gelassene Frage, auf welche Weise die tatsächlichen
Voraussetzungen einer Vollstreckbarerklärung im Rechtsmittelzug
festzustellen sind, sofern kein Nachweis nach Art. 25 Abs. 1 lit. b HUÜ 2007 beigebracht
wird, ist gemäß Art. 23 Abs. 1 HUÜ 2007 maßgeblich unter Rückgriff
auf das nationale Verfahrensrecht zu beantworten.

(1) Wie der Senat bereits entschieden hat, ist das vereinfachte Klauselerteilungsverfahren
nach dem Auslandsunterhaltsgesetz kraft verfahrensrechtlichen
Zusammenhangs Unterhaltssache und damit Familienstreitsache (Senatsbeschluss
vom 31. Mai 2017 - XII ZB 122/16 - FamRZ 2017, 1705 Rn. 12 mwN).
Während das Gericht im erstinstanzlichen Verfahren gemäß § 58 AUG in der Regel
ohne Anhörung des Antragsgegners entscheidet, ist das Verfahren ab dem
Beschwerderechtszug kontradiktorisch ausgestaltet (vgl. §§ 43 Abs. 5, 59 a AUG
sowie Senatsbeschluss vom 31. März 2021 - XII ZB 102/20 - FamRZ 2021, 970
Rn. 10 mwN). Das Rechtsbehelfsgericht darf grundsätzlich all diejenigen Voraussetzungen
der Vollstreckbarerklärung prüfen, die schon die erste Instanz hätte
prüfen dürfen (Senatsbeschluss vom 12. Dezember 2007 - XII ZB 240/05 -
FamRZ 2008, 586 Rn. 15 mwN). Mangels entgegenstehender Regelungen richtet
sich die Feststellung der entscheidungserheblichen Tatsachen gemäß §§ 2
AUG, 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG nach den Vorschriften der Zivilprozessordnung.
Danach trifft das Gericht die erforderlichen Feststellungen nach freier Überzeugung
(§ 286 Abs. 1 ZPO).

(2) Dass auch nach der Konzeption des in den §§ 36 ff., 57 AUG geregelten
Klauselerteilungsverfahrens grundsätzlich kein Hindernis besteht, im Beschwerdeverfahren
die Voraussetzung der Vollstreckbarkeit im Einzelfall unter
Verzicht auf eine vom Ursprungsgericht ausgestellte Bescheinigung im Sinne des
Art. 25 Abs. 1 lit. b HUÜ 2007 festzustellen, wird durch die Regelung des § 39
AUG verdeutlicht. Kann der Nachweis für die in § 39 Abs. 1 Satz 1 AUG bezeichneten
besonderen Voraussetzungen durch Urkunden nicht geführt werden, stehen
dem Antragsteller gemäß § 39 Abs. 2 Satz 2 AUG alle Beweismittel offen.
Durch diese Regelung soll bereits im Verfahren erster Instanz eine Antragsablehnung
für den Fall vermieden werden, dass der Gläubiger einen Urkundennachweis
nicht erbringen kann (BT-Drucks. 17/4887 S. 46). Erst recht muss dieser
Weg in der hier vorliegenden Fallgestaltung eröffnet sein; der Gesetzgeber
hat ein möglichst einfaches und formloses Beschwerdeverfahren bezweckt
(BT-Drucks. 17/4887 S. 42 f., 47).

(3) Der Tatrichter hat ausländisches Recht, das für die Entscheidung eines
Rechtsstreits maßgebend ist, von Amts wegen zu ermitteln (§ 293 ZPO). Da ausländische
Rechtsnormen Rechtssätze und keine Tatsachen sind, finden insoweit
die Grundsätze über die Darlegungs- und Beweislast keine Anwendung (Senatsbeschluss
vom 12. Dezember 2007 - XII ZB 240/05 - FamRZ 2008, 586 Rn. 37
mwN).

dd) Gemessen an diesen Grundsätzen hält die im angefochtenen Beschluss
gegebene Begründung, es fehle im vorliegenden Fall an einem Nachweis
der Vollstreckbarkeit des Urteils vom 2. Oktober 2018, den Angriffen der Rechtsbeschwerde
nicht stand.

Das Beschwerdegericht begründet nicht rechtsfehlerfrei, aus welchem
Grund es sich unter den hier gegebenen Umständen an der Feststellung der Vollstreckbarkeit
der Entscheidung gehindert sieht. Dass die Antragstellerin das in
Art. 25 Abs. 1 lit. b HUÜ 2007 genannte Schriftstück nicht beizubringen vermag,
steht anderweitigen tragfähigen Feststellungen grundsätzlich nicht entgegen. Da
die Entscheidung vom 2. Oktober 2018 nach übereinstimmendem Vortrag der
Beteiligten rechtskräftig ist und sie eine Vollstreckbarerklärung des Urteils vom
26. September 2014 ausschließt (vgl. Senatsbeschluss vom 23. September 2015
- XII ZB 234/15 - FamRZ 2015, 2144 Rn. 11 mwN), bedürfte es konkreter Anhaltspunkte
für die Annahme, aus ihr könne dennoch nicht vollstreckt werden
(vgl. Art. 4 Abs. 1 Nr. 2 HUVÜ 73 sowie Senatsbeschluss vom 12. Dezember
2007 - XII ZB 240/05 - FamRZ 2008, 586 Rn. 20). Ob ein Rechtskraftvermerk
beigebracht werden kann, ist bei unstreitig gegebener Rechtskraft nicht maßgeblich.
Soweit das Beschwerdegericht offenbar davon ausgeht, dass es nach
dem Verfahrensrecht des Bundesstaats Oregon zur Herstellung der Vollstreckbarkeit
eines rechtskräftigen Urteils möglicherweise einer zusätzlichen, durch
das Bezirksgericht auszusprechenden Vollstreckbarerklärung bedürfe, sind zu
dieser Annahme entsprechende - hier nicht vorhandene - Feststellungen notwendig.
Sollte in diesem Punkt ein Bedarf für die Aufklärung des ausländischen
Rechts bestehen, hätte das Beschwerdegericht von Amts wegen entsprechende
Ermittlungen selbst zu veranlassen. Ist dies nicht der Fall, so ist dem Antrag der
Antragstellerin zu entsprechen, sofern keine sonstigen Hindernisse entgegenstehen.
Nicht aber durfte das Beschwerdegericht eine Vollstreckbarerklärung mit der
Begründung verweigern, die Antragstellerin habe keine Bestätigung für den Inhalt
des ausländischen Verfahrensrechts vorgelegt. Hierfür ist sie nicht beweispflichtig.

3. Die angegriffene Entscheidung kann aus den genannten Gründen keinen
Bestand haben. Eine eigene Sachentscheidung ist dem Senat verwehrt, weil
die Sache noch nicht entscheidungsreif ist. Die angegriffene Entscheidung ist
daher im Umfang der Anfechtung aufzuheben, und die Sache ist insoweit an das
Beschwerdegericht zurückzuverweisen (§ 74 Abs. 6 Satz 1 und 2 FamFG).

Das Beschwerdegericht wird sich unter Beachtung der Rechtsauffassung
des Senats in tatrichterlicher Verantwortung erneut mit der Frage der Vollstreckbarkeit
der Entscheidung im Ursprungsstaat zu befassen haben. Dabei wird es
auch zu prüfen haben, ob tatsächlich Hinweise für die Annahme bestehen, es
bedürfe zur Erfüllung der allgemeinen Voraussetzungen des Art. 20 Abs. 6
HUÜ 2007 nach dem Recht des Bundesstaats Oregon noch einer zusätzlichen
Vollstreckbarerklärung des Bezirksgerichts. Zwar hat der Antragsgegner mit
Schriftsatz vom 4. April 2019 vorgetragen, eine Vollstreckungsanordnung könne
in Oregon nur dann ergehen, wenn der Schuldner dort Vermögen habe und ansässig
sei, woran es hier fehle. Damit dürften jedoch die Voraussetzungen einzelner
Vollstreckungsmaßnahmen angesprochen sein, welche gemäß Art. 32
Abs. 1 HUÜ 2007 nach dem Recht des Vollstreckungsstaats erfolgen und im Verfahren
der Vollstreckbarerklärung außer Betracht bleiben.

4. Für das weitere Verfahren weist der Senat darauf hin, dass die Wiederverheiratung
der Antragstellerin einer Vollstreckbarerklärung nicht wegen Verstoßes
gegen den ordre public (Art. 22 lit. a HUÜ 2007) entgegenstehen dürfte. Zwar
weicht das Urteil des Bezirksgerichts vom 2. Oktober 2018 insoweit von der
deutschen Rechtslage (§ 1586 Abs. 1 BGB) ab, als der nacheheliche Unterhalt
für die Zeit nach Wiederverheiratung der Antragstellerin tituliert worden ist. Der
Begrenzung der Dauer des nachehelichen Unterhalts bis zur Wiederheirat gemäß
§ 1586 Abs. 1 BGB kommt indes keine so wesentliche Bedeutung zu, als
dass eine auf abweichendem Auslandsrecht beruhende Entscheidung nicht hinnehmbar
erscheint. Grundsätzlich soll dann, wenn das ausländische Recht einen
nachehelichen Unterhalt nicht kennt oder ihn aus nach deutschem Recht unmaßgeblichen
Gründen ablehnt, der ordre public der Anerkennung nicht entgegenstehen
(Rauscher/Andrae EuZPR/EuIPR 4. Aufl. Art. 24 EG-UntVO Rn. 8 mwN).
Ähnliches gilt im Grundsatz, wenn der Unterhalt über die nach deutschem Recht
geltenden Grenzen hinaus zugesprochen wird (vgl. auch Senatsbeschluss vom
17. Juni 2009 - XII ZB 82/09 - FamRZ 2009, 1402 Rn. 11 zum rückwirkenden Unterhalt).
Hinzu kommt, dass die Antragstellerin nach den Gründen des Abänderungsurteils
vom 2. Oktober 2018 ein gemeinsames Kind der Beteiligten betreute,
das noch die Schule besuchte (vgl. auch Schilling FF 2015, 59).

5. Von einer weiteren Begründung der Entscheidung wird abgesehen, weil
sie nicht geeignet wäre, zur Klärung von Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung,
zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung
beizutragen (§§ 57, 48 Abs. 2 Satz 2 AUG iVm § 74 Abs. 7 FamFG).

Art:

Entscheidung, Urteil

Gericht:

BGH

Erscheinungsdatum:

24.08.2022

Aktenzeichen:

XII ZB 268/19

Rechtsgebiete:

Verfahrensrecht allgemein (ZPO, FamFG etc.)

Normen in Titel:

FamFG § 113; ZPO § 293