OLG Düsseldorf 09. April 2021
3 Wx 63/20
FamFG § 375 Nr. 15; PartGG § 10 Abs. 1; HGB §§ 145 Abs. 1 Var. 1, 146 Abs. 1 S. 1, 147 Hs. 2

PartG: Abberufung als Liquidator aus wichtigem Grund

letzte Aktualisierung: 28.7.2021
OLG Düsseldorf, Beschl. v. 9.4.2021 – 3 Wx 63/20

FamFG § 375 Nr. 15; PartGG § 10 Abs. 1; HGB §§ 145 Abs. 1 Var. 1, 146 Abs. 1 S. 1, 147 Hs. 2
PartG: Abberufung als Liquidator aus wichtigem Grund

Hat das Registergericht gegenläufige Anträge zur Abberufung der zu Liquidatoren bestellten
früheren alleinigen Gesellschafter einer im Partnerschaftsregister des Amtsgerichts eingetragenen
Partnerschaftsgesellschaft zurückgewiesen, weil es rechtsirrtümlich angenommen hat, es könne die
gegenseitigen und widersprüchlichen Darstellungen im registerrechtlichen Verfahren nicht
abschließend als richtig oder falsch prüfen und feststellen und kommt der Senat bei seiner
Bewertung zur Annahme des Vorliegens eines wichtigen Grundes für die Abberufung (wenn z. B. –
so hier – schwerwiegende Meinungsverschiedenheiten der vorhandenen, heillos miteinander
zerstrittenen bzw. verfeindeten Abwickler eine ordnungsgemäße Abwicklung nicht erwarten lassen), so
führt dies zum Erfolg des Rechtsmittels im Sinne einer Abberufung als Liquidator und
Zurückverweisung an das Registergericht zur Bestellung eines neuen Liquidators.

Gründe:

I.
Die Beteiligten waren – zuletzt alleinige – Gesellschafter der im Partnerschaftsregister des
Amtsgerichts Essen unter PR … eingetragenen Partnerschaftsgesellschaft …
Steuerberater. Nach § 31 des Partnergesellschaftsvertrages erfolgt bei Auflösung der
Partnerschaft die Liquidation, „soweit in diesem Vertrag nichts anderes bestimmt ist,
gemäß in entsprechender Anwendung der §§ § 10 PartGG § 145 – 157 HGB“.
Die Beteiligten haben in der Gesellschafterversammlung vom 19. Mai 2017 gem. Protokoll
vom 31. Mai 2017 beschlossen, dass die Gesellschaft zum 30. Juni 2017 liquidiert werde,
verschiedene Auseinandersetzungsregelungen getroffen und außerdem vereinbart, dass
sämtliche fertig gestellten Leistungen, die bis zum 30. Juni 2017 durch die Gesellschaft
erbracht wurden, in näher bezeichneter Weise abgerechnet werden sollten.
Am 9. Sept. 2019 hat der Beteiligte zu 1 u.a. beantragt, den Beteiligten zu 2 als Liquidator
abzuberufen. Die Geschäftskonten der Gesellschaft befänden sich mit insgesamt ca.
100.000 € im Soll, die Gesellschaft habe aufgrund dessen bis zum 31. Dez. 2018 ca.
15.000 € an Zinsen zahlen müssen; der Beteiligte zu 2 komme seiner Pflicht nicht nach,
die ausstehenden Forderungen der Gesellschaft zeitnah einzutreiben. Dazu hat er näher
vorgetragen.

Der Beteiligte zu 2 ist dem entgegengetreten, hat seinerseits am 22. Nov. 2019
„gegenläufig“ beantragt, dass der Beteiligte zu 1 als Liquidator abberufen werde, weil „die
Beteiligten sich mittlerweile in einer höchst streitigen und einseitig konfrontativen
Auseinandersetzung über die Partnerschaftsgesellschaft“ befänden. Alleinige Motivation
des Beteiligten zu 1 sei es, Druck auszuüben und eigene Verbindlichkeiten gegenüber der
Partnerschaftsgesellschaft zu verschleiern. Dazu hat er seinerseits näher vorgetragen.
Das Registergericht hat mit Beschlüssen vom 25. Febr. 2020 beide Abberufungsanträge
zurückgewiesen. Die ausführlichen gegenseitigen und widersprüchlichen Darstellungen
könnten im vorliegenden registerrechtlichen Verfahren nicht abschließend als richtig oder
falsch geprüft und festgestellt werden. Zweckmäßig wäre es, wenn die Beteiligten sich auf
zwei neutrale Liquidatoren – gegebenenfalls vorgeschlagen von der IHK – einigten und
diese gemeinsam bestellen würden.

Gegen den seinen Abberufungsantrag zurückweisenden Beschluss richtet sich die
Beschwerde des Beteiligten zu 1, die u.a. geltend macht, für die Abberufung sei kein
unstreitiger Sachverhalt erforderlich. Das Registergericht habe den Sachverhalt von Amts
wegen selbst zu ermitteln und sich dem zu Unrecht verschlossen.
Der Beteiligte zu 2 seinerseits hat gegen den seinen Abberufungsantrag zurückweisenden
Beschluss kein Rechtsmittel eingelegt.

Das Registergericht hat der Beschwerde des Beteiligten zu 1 nicht abgeholfen und sie mit
weiterem Beschluss vom 8. April 2020 dem Oberlandesgericht zur Entscheidung
vorgelegt.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Registerakte Bezug genommen.

II.
Die Sache ist infolge der mit weiterem Beschluss des Registergerichts vom 8. April 2020
ordnungsgemäß erklärten Nichtabhilfe dem Senat zur Entscheidung angefallen (§ 68 Abs.
1 Satz 1, 2. Halbs. FamFG).

Das Rechtsmittel ist gemäß §§ 375 Nr. 15, 402 Abs. 1, 58 Abs. 1 FamFG als befristete
Beschwerde statthaft und auch sonst zulässig.

Es hat auch in der Sache Erfolg und führt zur Abberufung des Beteiligten zu 2 als
Liquidator und Zurückverweisung an das Registergericht zur Bestellung eines neuen
Liquidators.

Die Beteiligten haben in der Gesellschafterversammlung vom 19. Mai 2017 einstimmig
beschlossen, dass die Gesellschaft zum 30. Juni 2017 liquidiert werde. Für die Liquidation
der Partnerschaft sind nach § 10 Abs. 1 PartGG die Vorschriften über die Liquidation der
offenen Handelsgesellschaft (§§ 145 – 158 HGB) entsprechend anwendbar. Danach findet
nach der Auflösung der Gesellschaft die Liquidation statt. Sofern nicht eine andere Art der
Auseinandersetzung von den Gesellschaftern vereinbart ist, § 145 Abs. 1 1. Alt. HGB,
erfolgt die Liquidation, sofern sie nicht durch Beschluss der Gesellschafter oder durch den
Gesellschaftsvertrag einzelnen Gesellschaftern oder anderen Personen übertragen ist,
durch sämtliche Gesellschafter als Liquidatoren, § 146 Abs. 1 Satz 1 HGB, und kann die
Abberufung von Liquidatoren u.a. auf Antrag eines Beteiligten aus wichtigen Gründen auch
durch das Gericht erfolgen, § 147 2. Halbsatz HGB.

Mithin findet im vorliegenden Fall – mangels anderer Vereinbarung – die Liquidation der
Gesellschaft statt und erfolgt sie – mangels anderen Beschlusses – durch deren frühere
Gesellschafter, die Beteiligten zu 1 und 2, als Liquidatoren.

Nach § 147 2. Halbsatz HGB geschieht die Abberufung der Beteiligten zu 1 und / oder 2
als Liquidatoren durch das Gericht auf Antrag eines Beteiligten bei Vorliegen von wichtigen
Gründen. Solche hat das Registergericht weder geprüft, noch festgestellt und den
Standpunkt vertreten, die gegenseitigen und widersprüchlichen Darstellungen könnten im
registerrechtlichen Verfahren nicht abschließend als richtig oder falsch geprüft und
festgestellt werden.

Dies zu Unrecht mit der Folge, dass auf die Beschwerde des Beteiligten zu 1 der seinen
Antrag auf Abberufung des Beteiligten zu 2 betreffende Beschluss zu ändern und der
Beteiligte zu 2 abzuberufen und die Sache insoweit zur Neubestellung eines Liquidators an
das Registergericht zurückzuverweisen war.

Gleiches mag sinngemäß gelten für den gegenläufigen Abberufungsantrag des Beteiligten
zu 2; jedoch ist dem Senat das Verfahren insoweit mangels Beschwerde des Beteiligten zu
2 nicht zur Entscheidung angefallen.

Auf die Beschwerde des Beteiligten zu 1 war wie geschehen zu entscheiden, weil ein
wichtiger Grund für die Abberufung und die dann vorzunehmende Neubestellung der
Liquidatoren vorliegt.

Das Registergericht hat zu Unrecht nicht berücksichtigt, dass nach übereinstimmender
Auffassung in der Literatur ein wichtiger Grund iSv § 147 HGB u.a. dann vorliegt, wenn das
Abwicklungsverhältnis, dessen gedeihliche Weiterführung und Beendigung ohne
Eingreifen des Gerichts gefährdet oder erheblich beeinträchtigt wird, z. B. durch
schwerwiegende Meinungsverschiedenheiten, Streitigkeiten oder Verfeindungen der
vorhandenen Abwickler untereinander, wobei jeweils kein Verschulden vorausgesetzt wird
(Kindler, in Koller/Kindler/Roth/Drüen, HGB, 9. Aufl. 2019, § 146 Rdnr. 3;
Keidel/Heinemann, FamFG, 20. Aufl. 2020, § 375, Rdnr. 71; MüKo-Koch, AktG, 5. Aufl.
2021, § 265, Rdnr. 18; Bechmann, in BeckOGK, AktG, Stand 1. Febr. 2021, § 265, Rdnr.
17; Lorscheider, in BeckOGK GmbHG, Stand 1. Febr. 2021, § 66, Rdnr. 24).
Dem entspricht die obergerichtliche Rechtsprechung, nach der auch das eine gedeihliche
Abwicklung hindernde feindselige Verhältnis zwischen mehreren Gesellschaftern oder
Abwicklern jedenfalls dann einen wichtigen Grund zur Abberufung – gegebenenfalls beider
(!) Abwickler – bilden kann, wenn eine gemeinschaftliche Tätigkeit erforderlich ist (KG;
NJW-RR 1999, 831) bzw. ein wichtiger Grund zur Abberufung von Liquidatoren
insbesondere dann gegeben ist, wenn die vorhandenen Liquidatoren eine
ordnungsgemäße Abwicklung nicht erwarten lassen oder ein begründetes Misstrauen
gegen ihre Unparteilichkeit gegeben ist, was der Fall ist, wenn diese heillos miteinander
zerstritten sind, in den zurückliegenden Jahren keine Einigung über die Veräußerung oder
sonstige Verwertung eines verbliebenen Grundstücks herbeizuführen in der Lage waren und
wechselseitig Strafanzeigen bei der Staatsanwaltschaft gegeneinander erstattet haben
(OLG Frankfurt, BeckRS 2006, 12462).

Dem vergleichbar liegen die Dinge hier.

III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 81 FamFG und es entspricht billigem Ermessen,
dass der Beteiligte zu 2 die Gerichtskosten des Verfahrens trägt, andererseits die
Beteiligten die ihnen entstandenen außergerichtlichen Kosten jeweils selbst tragen.
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Rechtsbeschwerde nach § 70 Abs. 2 Satz 1
FamFG liegen nicht vor.

Die Wertfestsetzung findet ihre Grundlage in §§ 61 Abs. 1 Satz 1, 67 Abs. 1 GNotKG.

Art:

Entscheidung, Urteil

Gericht:

OLG Düsseldorf

Erscheinungsdatum:

09.04.2021

Aktenzeichen:

3 Wx 63/20

Rechtsgebiete:

OHG
Kostenrecht
Partnerschaftsgesellschaft (PartGG)
Verfahrensrecht allgemein (ZPO, FamFG etc.)

Normen in Titel:

FamFG § 375 Nr. 15; PartGG § 10 Abs. 1; HGB §§ 145 Abs. 1 Var. 1, 146 Abs. 1 S. 1, 147 Hs. 2