Kammergericht 25. Februar 2020
1 W 296/19
BGB §§ 1018, 1090, 1105

Zulässigkeit einer beschränkt persönlichen Dienstbarkeit zur dinglichen Absicherung des Wärmecontracting-Vertrags

letzte Aktualisierung: 8.4.2021
KG, Beschl. v. 25.2.2020 – 1 W 296/19

BGB §§ 1018, 1090, 1105
Zulässigkeit einer beschränkt persönlichen Dienstbarkeit zur dinglichen Absicherung des
Wärmecontracting-Vertrags

Soll zur dinglichen Absicherung eines Wärmecontracting-Vertrages dem Energieunternehmen
gestattet werden, auf dem Grundstück eine Heizungsanlage zur Versorgung der dort befindlichen
Gebäude zu betreiben, und dem Grundstückseigentümer verboten werden, zu demselben Zweck
Anlagen zur Erzeugung von Wärme zur Raumheizung und Warmwasserbereitung zu betreiben oder
durch Dritte errichten und betreiben zu lassen oder diese Nutzenergien von Dritten zu beziehen, so
stellt dies keine als beschränkte persönliche Dienstbarkeit unzulässige Bezugsbindung dar.

Gründe

I.
Durch öffentlich beglaubigte Erklärung vom 10. September 2018 bewilligte die eingetragene
Eigentümerin zugunsten der Beteiligten eine Dienstbarkeit mit u.a. folgendem Inhalt:

1. Die G… S… P… GmbH ist berechtigt, auf den dienenden Grundstücken eine
Energiezentrale, bestehend aus der Heizungsanlage und allen dafür erforderlichen
technischen Komponenten zur zentralen entgeltlichen Belieferung sämtlicher auf dem
genannten Grundstück vorhandenen Gebäude mit den in der Energiezentrale erzeugten
Nutzenergien zu errichten, zu unterhalten und zu betreiben.

2. …

3. …

4. Dem jeweiligen Eigentümer und den Nutzern des dienenden Grundstücks ist es
verboten, auf dem dienenden Grundstück zur Versorgung der auf dem Grundstück
befindlichen Gebäude Anlagen zur Erzeugung von Wärme zur Raumheizung und
Warmwasserbereitung zu betreiben oder durch Dritte errichten und betreiben zu lassen
oder diese Nutzenergien von Dritten zu beziehen.

5. …(Befristung)…

6. Für den Eintragungstext im Grundbuch wird folgende stichwortartige Formulierung zur
Beschreibung der beschränkten persönlichen Dienstbarkeit vorgeschlagen: „Energiezentrale
nebst Ver- und Entsorgungsleitungen, Betretungsrecht, Heizverbot“.

Das Grundbuchamt hat mit Zwischenverfügung vom 21. September 2018 beanstandet, die
Einschränkung des Warenbezugs von Dritten könne nicht Inhalt einer beschränkten
persönlichen Dienstbarkeit sein. Mit Beschluss vom 18. September 2019 hat es aus
demselben Grunde den Antrag zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die Beschwerde der
Beteiligten, der das Grundbuchamt nicht abgeholfen hat.

II.
Das Rechtsmittel ist zulässig (§§ 71 ff. GBO) und begründet. Auf den Antrag der
eingetragenen Eigentümerin und der Beteiligten (§ 13 GBO) ist die beschränkte persönliche
Dienstbarkeit einzutragen, weil die Eintragung von der eingetragenen Eigentümerin
bewilligt worden ist (§ 19 GBO) und Eintragungshindernisse nicht vorliegen.

Die bewilligte Dienstbarkeit hat einen eintragungsfähigen Inhalt.

Gemäß § 1090 BGB kann ein Grundstück in der Weise belastet werden, dass derjenige, zu
dessen Gunsten die Belastung erfolgt, berechtigt ist, das Grundstück in einzelnen
Beziehungen zu benutzen, oder dass ihm eine sonstige Befugnis zusteht, die den Inhalt
einer Grunddienstbarkeit bilden kann (beschränkte persönliche Dienstbarkeit). Gemäß
§ ş1018 BGB kann ein Grundstück zugunsten des jeweiligen Eigentümers eines anderen
Grundstücks in der Weise belastet werden, dass dieser das Grundstück in einzelnen
Beziehungen benutzen darf oder dass auf dem Grundstück gewisse Handlungen nicht
vorgenommen werden dürfen oder dass die Ausübung eines Rechts ausgeschlossen ist, das
sich aus dem Eigentum an dem belasteten Grundstück dem anderen Grundstück gegenüber
ergibt (Grunddienstbarkeit).

1.
Eine positive Leistungspflicht kann, wie sich aus dem Wortlaut der vorgenannten Normen
ergibt, nicht Gegenstand einer Dienstbarkeit, sondern nur derjenige einer Reallast (§ 1105
BGB) sein. Eine unmittelbare Abnahme- oder Bezugspflicht für die von der Beteiligten
bereitzustellende Nutzenergie (Wärme zur Raumheizung und Warmwasserbereitung) soll
durch die Dienstbarkeit jedoch auch nicht begründet werden. Die Eintragungsbewilligung
besagt nur, dass die Beteiligte berechtigt ist, auf dem dienenden Grundstück eine
Energiezentrale zur entgeltlichen Belieferung der vorhandenen Gebäude mit der dort
erzeugten Nutzenergie zu errichten, zu unterhalten und zu betreiben, und dass der
Eigentümerin verboten ist, Nutzenergie zur Raumheizung und Warmwasserbereitung auf
dem Grundstück selbst zu erzeugen, erzeugen zu lassen oder von Dritten zu beziehen.
Auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass in Deutschland der ganzjährige
Aufenthalt in unbeheizten Räumen nicht möglich ist, weshalb die Eigentümerin ihr
Grundstück wird beheizen müssen und hierzu mangels zulässiger Alternativen auf die
Leistung der Beteiligten angewiesen ist, begründet dies keine als Dienstbarkeit unzulässige
positive Leistungspflicht. Denn jede Pflicht zum Unterlassen führt notwendigerweise zu
einer mehr oder weniger starken Einengung des Handlungsspielraums des Verpflichteten.
Eine Grenzziehung danach, ob dem Eigentümer des dienenden Grundstücks noch
ausreichende Entscheidungsmöglichkeiten verbleiben, oder ob sein Tun zwangsläufig –
gewollt oder ungewollt – in eine bestimmte Richtung gedrängt wird, brächte ganz erhebliche
Abgrenzungsschwierigkeiten mit sich und wäre praktisch kaum durchführbar (vgl. BGH,
MittBayNot 1984, 126 zur mittelbaren Absicherung von Fernwärmebezugspflichten durch
eine Grunddienstbarkeit; BGH, NJW 2013, 1963; OLG Frankfurt, CuR 2017, 150, OLG
München, NJW-RR 2005, 603). Unterlassungsdienstbarkeiten sind ferner selbst dann
zulässig, wenn sie eine schuldrechtliche Bezugsverpflichtung erreichen oder absichern
sollen, und zwar unabhängig davon, ob der schuldrechtliche Bezugsvertrag zustande kommt
(BGH, NJW-RR 1992, 593; NJW 1985, 2474).

2.
Dienstbarkeiten haben eine Einschränkung der Rechte des Grundstückseigentümers zum
Ziel. Deshalb besteht Einigkeit darüber, dass es sich bei den Handlungen, die der
Eigentümer nicht vornehmen darf, um Maßnahmen tatsächlicher Art handeln muss, die der
Eigentümer als Ausfluss des Eigentumsrechts am Grundstück vornehmen könnte (BGHZ
29, 244). Es darf sich nicht um eine bloße Beschneidung der rechtsgeschäftlichen Freiheit
des Grundstückseigentümers handeln (BGH, MittBayNot 1984, 126). Insbesondere kann
nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs eine Bezugsbindung mit dem Inhalt, dass
der Grundstückseigentümer auf dem Grundstück keine anderen Waren als die eines
bestimmten Herstellers oder Lieferanten vertreiben darf, nicht Gegenstand einer
Dienstbarkeit sein (BGHZ 29, 244, 249; BGH, NJW 1981, 343, 344; WM 1985, 808). Dieser
Rechtsprechung liegt der Gedanke zugrunde, dass das Institut der Dienstbarkeit nicht zu
einer persönlichen Bindung des jeweiligen Eigentümers missbraucht werden soll, die zwar
durch seine Eigentümerstellung rechtlich möglich wird, aber mit ihr in keinem inneren
Zusammenhang steht (BGHZ 29, 244; OLG Stuttgart, MDR 1956, 679).

Eine solche verbotene Bezugsbindung ist in der bewilligten Dienstbarkeit indessen nicht
enthalten.

a) Dies hat das Grundbuchamt im Hinblick auf das Verbot an den Eigentümer, selbst
Wärmebereitungsanlagen auf dem Grundstück zu betreiben oder von Dritten betreiben zu
lassen, mit Recht auch nicht beanstandet. Die Auslegung der Bewilligung nach Wortlaut und
Sinn, wie er sich für einen unbefangenen Betrachter als nächstliegende Bedeutung darstellt,
ergibt, dass der Beteiligten das alleinige Recht zur Beheizung der Gebäude auf dem
dienenden Grundstück eingeräumt werden soll. Die Einräumung von exklusiven
Benutzungsrechten ist zulässig (BGH, NJW 1985, 2474; BGHZ 29, 244). Die
Ausschließlichkeit des eingeräumten Rechts kann sowohl durch entsprechende
Formulierung des Nutzungsrechts als auch durch Hinzufügen eines Verbots von
Konkurrenzhandlungen ausgedrückt werden (OLG Düsseldorf, FGPrax 2010, 272). Im
letzteren Fall handelt es sich nicht um zwei selbständige Dienstbarkeiten, sondern um ein
einheitliches Recht, das lediglich zwei Arten der Belastung – Einräumung eines
Benutzungsrechts und Verpflichtung zur Unterlassung gewisser Handlungen – enthält
(BGHZ 29, 244).

b) Eine unzulässige Bezugsbindung wird allerdings auch durch den letzten Halbsatz („oder
diese Nutzenergien von Dritten zu beziehen“) nicht begründet. Es kann dahingestellt
bleiben, ob dies schon deshalb gilt, weil die Entscheidung, von wem das eigene Grundstück
beheizt wird, in einem unmittelbaren Zusammenhang mit den Eigentümerrechten aus § 903
BGB steht.

Jedenfalls kann auch das Verbot, „diese Nutzenergien von Dritten zu beziehen“, nicht
isoliert von den sonstigen Unterlassungspflichten aus Nr. 4 der Dienstbarkeit gesehen
werden. Es stellt vielmehr die letzte Facette einer umfassenden Unterlassungspflicht als
Konkurrenzschutz dar, die die Eigentümerin in der Bewilligung bei dem
Formulierungsvorschlag für die Beschreibung im Grundbuch anschaulich als „Heizverbot“
bezeichnet hat: Während die Beteiligte zum Errichten und Betreiben einer Heizungsanlage
für die auf dem Grundstück befindlichen Gebäude berechtigt ist, soll die Eigentümerin die
eigene Beheizung des Grundstücks unterlassen, und zwar sowohl das Beheizen durch
Betreiben einer eigenen Heizungsanlage, als auch durch Bezug der Heizwärme von Dritten
– sei sie durch deren Anlagen auf dem Grundstück produziert oder von außerhalb des
Grundstücks geliefert. Dieser Zusammenhang (Verbot als bloße Kehrseite für ein gewährtes
ausschließliches Benutzungsrecht) wird auch dadurch verdeutlicht, dass die Worte „durch
Dritte“ in dem Verbot nicht gestrichen werden könnten. Denn die Eigentümerin „bezieht“
von der Beteiligten gerade dadurch Nutzenergien, dass diese sie in Ausübung des
Nutzungsrechts in der Heizungsanlage auf dem Grundstück produziert.

Art:

Entscheidung, Urteil

Gericht:

Kammergericht

Erscheinungsdatum:

25.02.2020

Aktenzeichen:

1 W 296/19

Rechtsgebiete:

Reallast
Dienstbarkeiten und Nießbrauch

Erschienen in:

FGPrax 2020, 107-108
NJW-RR 2020, 660-661

Normen in Titel:

BGB §§ 1018, 1090, 1105