Rechtliche Einheit zwischen Treuhandvertrag und Verpflichtungsgeschäft zur Übertragung von GmbH-Geschäftsanteilen; Beurkundungszusammenhang
BNotO § 19 Abs. 1; GmbHG §§ 15 Abs. 3 u. 4;
Rechtliche Einheit zwischen Treuhandvertrag und Verpflichtungsgeschäft zur Übertragung von GmbH-Geschäftsanteilen; Beurkundungszusammenhang
1. Zu den Amtspflichten eines Notars bei der Beur-kundung eines Vertrags über die Übertragung eines GmbH-Geschäftsanteils an einen Treuhänder.
2. Eine rechtliche Einheit im Sinne von
BGH, Urt. v. 22.9.2016 – III ZR 427/15
Problem
Die Entscheidung betrifft die Formbedürftigkeit von Geschäftsanteilsabtretungen im Zusammenhang mit Treuhandabreden. Ein Treugeber (TG) hatte mit einem Treuhänder (T1) einen Treuhandvertrag abgeschlossen. Nach dem Inhalt des Treuhandvertrags sollte T1 eine GmbH gründen und den Anteil an der GmbH treuhänderisch für TG halten.
Einige Jahre später sollte auf Initiative von TG der Treuhänder vorübergehend ausgewechselt werden. T1 übertrug den Geschäftsanteil auf einen anderen Treuhänder (T2). Bei der Beurkundung war auch TG zugegen. Es wurde „einvernehmlich festgelegt“, dass T2 lediglich den Geschäftsanteil als Treuhänder für TG halten sollte. Der Urkundsnotar wies darauf hin, dass der Treuhandvertrag beurkundungspflichtig sei. TG erklärte hierauf, dass der Treuhandvertrag nicht beurkundet zu werden brauche. Auch der bisherige Vertrag sei nicht beurkundet worden. Aufgrund der langjährigen Zusammenarbeit vertraue er T2. TG und T2 verzichteten auf die Beurkundung des Treuhandvertrags.
T2 übertrug daraufhin wesentliche Vermögensbestandteile der GmbH auf sich selbst und seine Ehefrau. Der BGH musste darüber entscheiden, ob der Notar wegen der Nichtbeurkundung des Treuhandvertrags schadensersatzpflichtig ist. Die Vorinstanz hatte Schadensersatzansprüche abgelehnt.
Entscheidung
Der BGH verneint eine Amtspflichtverletzung des Urkundsnotars. Der Notar dürfe zwar nicht sehenden Auges ein nichtiges Geschäft beurkunden (
Die Treuhandabrede zwischen TG und T2 war laut BGH jedoch nach
Die Nichtigkeit der Treuhandabrede zwischen TG und T2 lässt – so der BGH – „die Wirksamkeit des Vertrags über die Übertragung des Geschäftsanteils […] jedoch unberührt.“ Das Berufungsgericht war der Auffassung, zwischen beiden Verträgen bestehe keine rechtliche Einheit i. S. v.
- Ein einheitliches Rechtsgeschäft i. S. d.
- Die Aufrechterhaltung des Treuhandverhältnisses zu TG war von maßgebender Bedeutung, jedoch fehlte es an einer rechtlichen Verknüpfung.
- Der Notar hatte die Beteiligten auf die Beurkundungspflicht hingewiesen, „woraufhin“ TG und T2 „ausdrücklich auf eine Beurkundung der Abrede verzichteten. Nach den objektiv erkennbaren Umständen handelten sie dabei in dem Bewusstsein, dass die nur mündlich abgeschlossene Treuhandvereinbarung formnichtig und somit rechtlich unverbindlich ist. […] Die Beteiligten waren durchweg geschäftserfahren, so dass bei objektiver Betrachtung davon auszugehen war, sie würden aus dem Hinweis des […] Notars ohne weiteres den – sich aufdrängenden – Schluss ziehen, dass eine ohne Beachtung der notwendigen Form geschlossene Treuhandvereinbarung rechtlich nicht bindend sein werde.“ Zudem erklärte TG, dass er T2 vertraue. „Damit brachte er sinngemäß zum Ausdruck, dass er auf eine rechtliche Verbindlichkeit der Treuhandvereinbarung verzichten könne und ihm eine gleichsam nur ‚moralische‘ Verpflichtung genüge.“
Der Notar war nach Ansicht des BGH auch nicht verpflichtet, die Beteiligten auf die Folgen der Formnichtigkeit der Treuhandabrede hinzuweisen. Es „ergab sich bei objektiver Betrachtung, dass sich die Vertragsbeteiligten darüber im Klaren waren, dass eine ohne Beachtung dieser Form geschlossene Treuhandvereinbarung rechtlich unwirksam ist.“ Hiervon habe auch der Notar ausgehen dürfen.
Selbst wenn man den Geschäftsanteilsübertragungsvertrag als nichtig ansähe, läge laut BGH keine schuldhafte Amtspflichtverletzung vor, denn das Berufungsgericht habe durch einen mit drei Berufsrichtern besetzten Kollegialspruchkörper unter Würdigung der Einzelfall-umstände ein amtspflichtwidriges Verhalten des Beklagten verneint. Es habe auch kein sicherer Weg zur Verfügung gestanden, da die Beteiligten einerseits eine Beurkundung der Treuhandabrede abgelehnt und andererseits die Beurkundung des Geschäftsanteilsübertragungsvertrags gewünscht hätten.
Praxishinweis
Man sollte aus der Entscheidung keine falschen Schlüsse für die Beurkundungspraxis ziehen. Der BGH hat lediglich die tatrichterliche Würdigung der Vorinstanz unbeanstandet gelassen. Diese Würdigung des Parteiwillens ist jedoch keineswegs zwingend. Dass ein Verzicht auf Beurkundung keinen zwingenden Rückschluss auf den Parteiwillen zulässt, verdeutlichen mehrere Entscheidungen im Kontext von
Entscheidung, Urteil
Gericht:BGH
Erscheinungsdatum:22.09.2016
Aktenzeichen:III ZR 427/15
Rechtsgebiete:GmbH
Erschienen in:
DNotI-Report 2016, 177-178
RNotZ 2017, 47-51
BNotO § 19 Abs. 1; GmbHG §§ 15 Abs. 3 u. 4; BGB § 139