BayObLG 17. Dezember 1979
BReg. 2 Z 11/79
GBO §§ 13, 19; AGBG § 10 Nr. 6

Zur Inhaltskontrolle des Grundbuchamts nach dem AGBG

vom 11. Juni 1971 - entsprechend seinem ausdrücklichen
Wortlaut - gerade im gegenteiligen Sinn verstanden und
dies in anderem Zusammenhang ausdrücklich hervorgehoben. Unabhängig davon war § 1 Abs. 3 des erwähnten Vertrages als Teil des Grundstückskaufvertrages formbedürftig,
denn beurkundet werden müssen alle Vereinbarungen, aus
denen sich nach dem Willen der Vertragsparteien der Grundstückskaufvertrag zusammensetzt.
Vergeblich verweist die Revision auf das Senatsurteil vom
26. Februar 1964 (WM 1964, 509). Sie meint, die „Teilaufhebung" eines Vertrages könne nicht anders behandelt werden als die vollständige Aufhebung eines Grundstückskaufvertrages. Dabei übersieht sie, daß es hier um eine Vertragsabänderung in einem wesentlichen Punkt, unter Herabsetzung des für die Gesamtleistung geschuldeten Kaufpreises geht. Auch nach der vor dem 1. Juli 1973 geltenden
Fassung von § 313 BGB war eine solche Änderung formbedürftig (vgl. BGH, NJW 1973, 37; NJW 1974, 271).
Zwar sind Vertragsänderungen, die der Auflassung zeitlich
nachfolgen, nicht formbedürftig (LM BGB § 313 Nr. 49;
BGH, WM 1973, 576; Betrieb 1975, 1983). Soweit die Revision
aber in diesem Zusammenhang auf die Auflassung der
Wegeparzelle am 20. Dezember 1971 zwischen der Klägerin und der Gemeinde H. verweist, kann ihr dies nicht
zum Erfolg verhelfen. Unabhängig davon, ob diese nicht
zwischen den Parteien erklärte Auflassung im oben erwähnten Sinne von Bedeutung sein kann, wurde sie nach
einem ausdrücklichen Vorbehalt erst mit Zustimmung des
Rates der Gemeinde wirksam. Der entsprechende Ratsbeschluß erging am 20. Dezember 1973. Darüber hinaus kann
es mit Rücksicht auf die in der Vereinbarung vom 20. Dezember 1971 enthaltene Herabsetzung des Gesamtkaufpreises nicht auf die Auflassung der Wegeparzelle, sondern
nur auf die Auflassung der übrigen Grundstücke ankommen, die am 11. Oktober 1972 erklärt wurde.
2. Mit Recht rügt die Revision aber die Ausführungen des
Berufungsgerichts, mit denen es eine Heilung des Formmangels (§ 313 Satz 2 BGB) verneint.
Soll eine formunwirksame Vereinbarung geheilt werden, so
genügt es, daß die entsprechende Willensübereinstimmung
zwischen den Parteien jedenfalls bei der Auflassung bestand (vgl. RGZ 109, 351, 354; BGH, NJW 1978, 1577 m. w. N.).
Das Berufungsgericht entnimmt aus einem Schreiben vom
30. Oktober 1972, daß nicht nur zur Zeit der Eintragung,
sondern schon bei der am 11. Oktober 1972 durch eine bevollmächtigte Notariatsangestellte erklärten Auflassung eine
Willensübereinstimmung zwischen den Parteien nicht mehr
bestanden habe. Insoweit verweist das Berufungsgericht
ohne weitere Ausführungen nur auf das erwähnte Schreiben, in dem der Anwalt der Klägerin die Beklagte auf
die übernommene, bisher aber nicht erfüllte Verschaffungspflicht hinsichtlich der Wegeparzelle hinweist und dann
Frist zur Erfüllung dieser Verpflichtung bis zum 5. November 1972 setzt. Da die Auflassung am 11. Oktober 1972
wäre eine ab 30. Oktober 1972 fehlende Willensübereinstimmung ohne Bedeutung. Den Ausführungen des Berufungsgerichts ist nicht zu entnehmen, aufgrund welcher,
dem Schreiben zu entnehmender Anhaltspunkte es feststellen will, daß eine Willensübereinstimmung zwischen den
Parteien im Sinne der Vereinbarung vom 20. Dezember 1971
auch schon am 11. Oktober 1972 gefehlt haben soll.
Unerheblich ist, daß die Auflassung der Wegeparzelle am
20. Dezember 1971 erfolgte, aber erst mit Zustimmung des.
Gemeinderats durch Beschluß vom 20. Dezember 1973 wirksam wurde. Für die Heilung der privatschriftlichen Vereinbarung vom 20. Dezember 1971 ist die Auflassung und Eintragung hinsichtlich der Wegeparzelle ohne jede Bedeutung.
Mit der erwähnten Vereinbarung sollte die Verschaffungspflicht für die Wegeparzelle nach der Auslegung des Berufungsgerichts entfallen. Es kann deshalb im Rahmen von
§ 313 Satz 2 BGB nur darauf ankommen, ob der Kaufvertrag vom 11. Juni 1971 in seiner privatschriftlich geänderten
Form durch Auflassung (am 11. Oktober 1972) und Eintragung (am 30. Januar 1973) vollzogen wurde.
Mit der vorliegenden Begründung läßt sich das Berufungsurteil deshalb nicht halten. Das Berufungsgericht wird der
Frage nachgehen müssen, ob sich eine fehlende Willensübereinstimmung der Parteien zum 11. Oktober 1972 feststellen läßt.
2. GBO §§ 13, 19; AGBG § 10 Nr. 6 (Zur Inhaltskontrolle des
Grundbuchamts nach dem AGBG)
1. Das AGB-Gesetz hat an den hergebrachten Grundsätzen
im Grundbucheintragungsverfahren nichts geändert.
2. Das Grundbuchamt darf nicht dazu mitwirken, daß das
Grundbuch durch eine beantragte Eintragung unrichtig wird.
Es ist deshalb nicht zu beanstanden, wenn das Grundbuchamt die Eintragung einer Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen (Darlehensbedingungen) einer Bank, wonach
die fristlose Kündigung des Darlehens (bzw. der Hypothek)
dem Schuldner (Grundstückseigentümer) gegenüber auch
dann als zugegangen gilt, wenn sie bei einer Änderung der
Anschrift an die letzte dem Gläubiger bekannte Adresse
versandt worden ist (Zugangsfiktion), wegen Verstoßes gegen § 10 Nr. 6 AGBG ablehnt.
mitgeteilt von Dr. Martin Pfeuffer, Richter am BayObLG, und
Notar Dr. Dietrich Reuter, Schwabach
Aus dem Tatbestand:
1.Die Beteiligte zu 1) ist Eigentümerin des im Grundbuch von S.
Band 230 Blatt 7747 eingetragenen Grundstücks.
bestellte die Beteiligte zu 1) der Beteiligten zu 2) eine Buchhypothek über 25 000 DM und bewilligte und beantragte die Eintragung
im Grundbuch. In Abschnitt 1 der notariellen Urkunde, in der lediglich die individuellen Daten (Person der Erwerber und des Gläubigers, Höhe und Art des Grundpfandrechts) nachträglich ergänzt
worden sind, heißt es, der Erschienene nehme gemäß § 14 des Beurkundungsgesetzes auf die Anlage Bezug, auf deren Vorlesung
er verzichte. Bei der genannten Anlage handelt es sich um eine von
der Beteiligten zu 2) vorgefertigte Urkunde mit der Überschrift
„Schuldbekenntnis und Hypothekbestellung', in der ihrerseits wiederum auf die anliegenden „Darlehensbedingungen" Bezug genommen ist. In Abschnitt XIV der „Darlehensbedingungen" ist unter
Buchstabe a eine Reihe von Fällen aufgezählt, in denen die Beteiligte zu 2) zur sofortigen Kündigung des Darlehens berechtigt sein
soll. Unter Buchstabe b heißt es sodann: „Die Kündigung erfolgt
schriftlich an die letzte der Anstalt bekannte Anschrift des Darlehensnehmers (bzw. des Grundstückseigentümers) oder seines
Bevollmächtigten; hat sich die Anschrift zwischenzeitlich geändert,
so bewirkt die Kündigung die sofortige Fälligkeit des gekündigten
Darlehensbetrags (bzw. der Hypothek) in dem Zeitpunkt, in welchem sie ohne die Anschriftenänderung bei regelmäßiger Beförderung zugegangen wäre ..."
2. Auf den vom Urkundsnotar gemäß § 15 GBO eingereichten Vollzugsantrag beanstandete der Grundbuchrechtspfleger mit Zwischenverfügung vom 25.10.1978 die vorgenannte Bestimmung. Diese
verstoße gegen § 10 Nr. 6 AGB-Gesetz und sei deshalb unzulässig.
Dem Antragsteller werde daher aufgegeben, die beanstandete
Klausel durch eine Nachtragsbeurkundung zu streichen.
MittBayNot 1980 Heft 1


Hiergegen richtete sich die vom Urkundsnotar namens der Beteiligten zu 2) eingelegte Erinnerung.
3. Der Grundbuchrechtspfleger half der Erinnerung nicht ab; auch
der Grundbuchrichter erachtete sie für nicht begründet und legte
sie dem Landgericht zur Entscheidung als Beschwerde vor. Mit
Beschluß vom 14. 12. 1978 wies das Landgericht die Beschwerde
als unbegründet zurück.
Hiergegen richtet sich die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 2).
Aus den Gründen:
1. Die weitere Beschwerde ist zulässig eingelegt (§§ 78, 80
Abs. 1 Satz 3 GBO). Die weitere Beschwerde ist aber jedenfalls im Ergebnis nicht begründet.
2. Die Entscheidung des Landgerichts hält der rechtlichen
Nachprüfung jedenfalls im Ergebnis stand.
a) Im Verfahren auf Vornahme einer Eintragung im Grundbuch auf Antrag eines Beteiligten (§ 13 Abs. 1 Satz 1 GBO)
haben sich folgende Grundsätze herausgebildet: Auszugehen
ist, soweit — wie hier bei Eintragung einer Hypothek — ein
Fall des § 20 GBO nicht gegeben ist, vom formellen Konsensprinzip des § 19 GBO. Das Grundbuchamt hat mithin in diesem Zusammenhang grundsätzlich lediglich das Vorliegen
einer (rechtswirksamen) Bewilligung des Betroffenen, nicht
aber die nach materiellem Recht erforderliche Einigung
(§ 873 Abs. 1 BGB) oder gar das zugrunde liegende Kausalgeschäft zu prüfen (vgl. statt vieler Haegele, Rdnrn. 56 ff.,
Kuntze-Ertl-Herrmann-Eickmann - KEHE —, Grundbuchrecht
2. Aufl. Einl. A 40 ff., § 19 Rdnrn. 6ff., jew. m. Nachw.). Im
Antragsverfahren kann das Grundbuchamt dem Antragsteller
durch Zwischenverfügung lediglich aufgeben, noch fehlende
Eintragungsunterlagen beizubringen oder den Antrag einzuschränken; zur Anstellung eigener Ermittlungen und Beweiserhebungen ist es, da § 12 FGG hier nicht gilt, weder
berechtigt noch verpflichtet (BGHZ 35, 135/139; BayObLGZ
1971, 252/257; KEHE, Einl. C 54; Horber, § 13 Anm. 2 B; jew.
m. Nachw.). Der Grundbuchverkehr ist auf möglichst rasche
und eindeutige Eintragungen ausgerichtet; eine irgendwie
geartete Rechtskraftwirkung kommt der Eintragung (oder
deren Ablehnung) nicht zu.
Aus diesen Grundsätzen wird gefolgert, es sei regelmäßig
nicht Aufgabe des Grundbuchamts zu überprüfen, ob das
zur Eintragung bewilligte Grundstücksrecht generell oder
in einzelnen Auswirkungen (Ausübung) gegen tragende
Grundsätze des materiellen Rechts, insbesondere gegen
§ 138 oder § 242 BGB, verstoße. Die Ermittlung und Auslegung allgemeiner Rechtsbegriffe wie „Sittenwidrigkeit",
„Treu und Glauben", „Unzumutbarkeit" usw. komme wegen
der formalen Struktur des Grundbucheintragungsverfahrens
dem Grundbuchamt nicht zu (vgl. Schöner, DNotZ 1979, 624/
625; Schmidt, BB 1979, 698; OLG Hamm Vorlagebeschluß
vom 4. 9. 1979, MittBayNot 1979, 173/176).
Hiervon wird nur dann eine Ausnahme zugelassen, wenn
der Verstoß gegen solche unbestimmte Rechtsbegriffe
„offensichtlich", „offenkundig", „zweifellos" oder „eindeutig" ist. Dies wird damit begründet, daß das Grundbuchamt
nach dem allgemein geltenden Legalitätsprinzip die Pflicht
habe, das Grundbuch inhaltlich möglichst richtig zu halten,
damit dieses seinen Zweck erfüllen könne. Sofern zur Überzeugung des Grundbuchamts (also nicht nur bei Vermutungen oder fernliegenden Möglichkeiten) anhand der ihm vorliegenden Unterlagen feststehe, daß die bewilligte Eintragung das Grundbuch unrichtig machen würde, dürfe das
Grundbuchamt hierzu nicht mitwirken und müsse die beantragte Eintragung ablehnen oder durch Zwischenverfügung auf die Beseitigung berechtigter Zweifel hinwirken
(BGHZ 35, 135/139 f.; BayObLGZ 1976, 44/45 f. und 190/193;
OLG Hamm Rpfleger 1973, 137; Horber, Grdz. 7 B vor § 13;
Meikel-Imhof-Riedel, Grundbuchrecht 6. Aufl. § 18 Anh. Rdnr. 141, jew. m. Nachw.).
b) Das Gesetz zur Regelung des Rechts der Allgemeinen
Geschäftsbedingungen (AGB-Gesetz) vom 9. 12. 1976 (BGBl
1 S. 3317) hat in den §§ 9 bis 11 für die praktisch wichtigsten
Fälle die von der Rechtsprechung im Wege der Inhaltskontrolle Allgemeiner Geschäftsbedingungen entwickelten, im
wesentlichen auf einer Anwendung der §§ 138, 242 BGB beruhenden Grundsätze kodifiziert und zum Teil inhaltlich verschärft (näher MünchKomm BGB Vorb. 5 ff., 7, 8, Palandt,
BGB 39. Aufl. Vorb. 1, 4, jeweils zu § 8 AGBG). Sowohl aus
dem Gesetzeswortlaut wie aus dem Zweck und auch aus
der Entstehungsgeschichte des AGB-Gesetzes ergibt sich
aber nichts dafür, daß — abgesehen von den besonderen
verfahrensrechtlichen Bestimmungen (§§ 13 ff. AGBG) — das
Gesetz (mittelbar) weitere verfahrensrechtliche Regelungen
treffen wollte. Es ist mithin davon auszugehen, daß das
AGB-Gesetz an den oben dargestellten Grundsätzen des
Verfahrensrechts im Grundbucheintragungsverfahren (hier
also des Prüfungsrechts oder der Prüfungspflicht des Grundbuchamts) nichts geändert hat (OLG Hamm a. a. O. S. 175;
Schmidt, MittBayNot 1978, 89/93 ff., 97; LG Aschaffenburg BB
1979, 697; KEHE, Einl. C 77; ebenso — trotz anderer Ergebnisse — auch Schmid, BB 1979, 1639/1642; a. A. Eickmann,
Rpfleger 1978, 1/6 f.).
Dem steht auch nicht die vielfach vertretene Auffassung entgegen, das Grundbuchamt habe „das AGB-Gesetz anzuwenden" bzw. „die Nichtigkeit (einer Klausel nach dem AGBGesetz) zu beachten" (vgl. Palandt, Vorb. 3 a vor § 8 AGBG;
Ulmer-Brandner-Heusen, AGBG-Kommentar 3. Aufl. § 9 Rdnr. 92; eingeschränkt Löwe-Graf von Westphalen-Trinkner,
Kommentar zum AGB-Gesetz Rdnr. 52 vor §§ 8-11; weitergehend SchlosserlCoester-Waltjen/Graba, AGB-Gesetz Rdnr.
17 vor §§ 9-11). Daß das Grundbuchamt, ein Organ der
staatlichen Rechtspflege, das AGB-Gesetz als geltendes
Recht nicht unberücksichtigt lassen darf, ist selbstverständlich. Dies besagt aber noch nichts darüber, ob die Prüfungsbefugnis des Rechtspflegers im Grundbucheintragungsverfahren durch das AGB-Gesetz erweitert worden ist oder
nicht.
Eine derartige Erweiterung hätte nach Auffassung des Senats angesichts des damit verbundenen nicht unerheblichen
Eingriffs in tragende Prinzipien des Grundbuchverfahrensrechts einer ausdrücklichen diesbezüglichen Regelung bedurft; das Schweigen des Gesetzgebers kann mithin nicht
in diesem Sinn ausgelegt werden. Das OLG Hamm hat a. a.
O. zutreffend darauf hingewiesen, daß auch in allen anderen
Fällen der Novellierung einschlägiger gesetzlicher Vorschriften in jüngster Zeit die genannten Prinzipien für das
Grundbuchverfahren unangetastet geblieben sind. Hiermit
steht auch der Grundsatz in Einklang, daß die Lösung verfahrensrechtlicher Fragen zunächst im Verfahrensrecht gesucht werden muß und daß materielles Recht hierfür nur
ergänzend (und dann höchstens analog) herangezogen werden kann (näher KEHE, Einl. A 66 m. Nachw.).
c) Nach den dargestellten Grundsätzen hat das Grundbuchamt auch bei Berücksichtigung des AGB-Gesetzes (nur) dann
die beantragte Eintragung einer bestimmten Klausel als Inhalt eines Grundpfandrechts im Grundbuch zu versagen,
wenn aus den ihm vorgelegten Eintragungsunterlagen zur
Überzeugung des Grundbuchamts feststeht, das Grundbuch
MittBayNot 1980 Heft 1
decken sich Prüfungspflicht und Prüfungsrecht des Grundbuchamts; ob dies, wie die ganz herrschende Meinung annimmt (vgl. KEHE, Einl. C 42, 43; Meikel-Imhof-Riedel, § 18
Anh. Rdnr. 143; Schmidt, MittBayNot 1978, 89192f.; Schöner,
DNotZ 1979, 624; ausführlich Riedl, Prüfungsrecht und Prüfungspflicht im Grundbuchwesen, Diss. 1962, S. 114ff., 117,
118; für weitergehendes Prüfungsrecht Güthe-Triebel, GBO
6. Aufl. Rdnrn 99, 100 vor § 13; offengelassen OLG Celle
DNotZ 1979, 622/623; vgl. auch Ertl, Rpfleger 1979, 361), stets
der Fall ist, bedarf hier ebensowenig der Entscheidung wie
die Frage, wie sich die Rechtslage im Falle der Anwendung
des § 20 GBO (z. B. bei Bestellung eines mit entsprechenden
Klauseln versehenen Erbbaurechts) darstellt.
d) Nach den dem Grundbuchamt im vorliegenden Fall eingereichten Unterlagen konnte es ohne vernünftige Zweifel
zu der Überzeugung kommen, bei den der bewilligten Hypothek zugrunde liegenden „Darlehensbedingungen" der Beteiligten zu 2) handle es sich um Allgemeine Geschäftsbedingungen im Sinn des § 1 Abs. 1 Satz 1 AGBG.
In einem solchen Fall kann das Grundbuchamt mangels
sonstiger entgegenstehender Anhaltspunkte von dem Vorliegen „Allgemeiner Geschäftsbedingungen" im Sinn des
§ 1 Abs. 1 Satz 1 AGBG ausgehen. Keine berechtigten
Zweifel bestehen auch an der Annahme, daß diese Bedingungen von der Beteiligten zu 2) „gestellt" worden sind.
Dafür, daß die Vertragsbedingungen zwischen den Vertragspartnern im vorliegenden Fall nicht „ausgehandelt" worden
sind (§ 1 Abs. 2 AGBG), sprechen die Umstände (damit entfällt auch das von Horber, § 19 Anm. 4 A d, und KEHE, Einl.
C 79, insoweit erhobene Bedenken).
e) Auch die Auffassung des Grundbuchamts, die Eintragung
der beanstandeten Klausel als Inhalt der Hypothek mache
das Grundbuch unrichtig, kann im vorliegenden Fall jedenfalls im Ergebnis nicht beanstandet werden. Dabei ist nach
Meinung des Senats eine generalisierende Betrachtungsweise
nicht zulässig. Es kann vielmehr stets nur unter Berücksichtigung aller Umstände des konkreten Einzelfalles entschieden werden, ob das Grundbuchamt aufgrund der ihm
vorgelegten Unterlagen davon ausgehen muß, daß die Eintragung einer bestimmten nach dem AGB-Gesetz verbotenen Klausel die Unrichtigkeit des Grundbuchs ohne jeden
vernünftigen Zweifel zur Folge haben wird.
aa) Die Einigung der Parteien über das Grundpfandrecht
fällt unmittelbar unter § 1 Abs. 1 AGBG, soweit dessen sonstige Voraussetzungen gegeben sind, da es sich um einen
dinglichen Vertrag handelt (Haegele, a. a. 0.; Palandt, § 1
AGBG Anm. 2 a). Keiner Erörterung bedarf hier deshalb die
vielfach diskutierte Frage, ob die Eintragungsbewilligung im
Sinn des § 19 GBO ungeachtet ihres formellen und einseitigen Charakters direkt oder zumindest mittelbar an § 1 Abs. 1
AGBG, der von vorformulierten „Vertragsbedingungen"
spricht, gemessen werden kann (bejahend Stürner, JZ 1977,
431 und 639; OLG Stuttgart JZ 1978, 759/760 = DNotZ 1979,
21/23 = Rpfleger 1979, 18; mittelbar auch Schmid, BB 1979,
1639/1640; a. A. Haegele, Rdnr. 78 c; Schöner, a. a. 0.; Dietlein, JZ 1977, 637/638). In diesem Zusammenhang interessiert, wie dargelegt, nur die Frage, ob das Grundbuch durch
die Eintragung der Hypothek (einschließlich der beanstandeten Klausel) unrichtig werden würde.
aa) Es bedarf in diesem Zusammenhang keiner Entscheidung darüber, ob unter Berücksichtigung der maßgeblichen
verfahrensrechtlichen Grundsätze der Grundbuchrechtspfleger einen Eintragungsantrag unter Berufung auf ein sich aus
§ 9 AGBG ergebendes Verbot ablehnen darf, weil dieser
Fall hier nicht vorliegt (so Eickmann, a. a. O. S. 7/8; OLG
Celle, Rpfleger 1979, 261 = DNotZ 1979, 622; AG Bayreuth
BB 1979, 696/697; LG Nürnberg-Fürth BB 1979, 698; anderer
Ansicht insbesondere Schmidt, BB 1979, 698 und MittBayNot
1978, 89/98; Schöner, DNotZ 1979, 624/625; OLG Hamm Vorlagebeschluß vom 4. 9. 1979 MittBayNot 1979, 173/175 f., zit.
auch bei Otto, Rpfleger 1979, 403/405; LG Aschaffenburg BB
1979, 697; auch Schippel-Brambring, DNotZ 1977, 131/156
FN 44; jew. m. Nachw.).
bb) Das Vorliegen der Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 Satz 1
AGBG kann hier nicht ernsthaft bezweifelt werden. Es liegt
eine notarielle Urkunde vor - diese sind von § 1 Abs. 1
AGBG nicht grundsätzlich ausgenommen (BGH WPM 1979,
1153; BGHZ 74, 204/209 ff., 258/269; Palandt, § 1 AGBG Anm.
3 d) -, in der es im wesentlichen nur heißt, es werde gemäß
§ 14 BeurkG auf die Anlage Bezug genommen und demgemäß die Eintragung einer Buchhypothek über 25 000 DM
zugunsten der Beteiligten zu 2) (samt Unterwerfungsklausel)
bewilligt und beantragt. Die Anlage besteht aus einem vorgedruckten Formular mit der Überschrift „Schuldbekenntnis
und Hypothekbestellung", das von der Beteiligten zu 2)
stammt. In dieses Formular sind lediglich maschinenschriftlich die persönlichen Daten (Namen des Schuldners, Höhe
der Hypothek, belastetes Objekt, Rangverhältnisse) eingetragen. In Abschnitt II des Formulars ist „auf die der Niederschrift als Anlage beigefügten Darlehensbedingungen"
verwiesen. Hierbei handelt es sich um vorgedruckte, 8 Seiten umfassende Bestimmungen, insbesondere über die Abwicklung des gewährten Kredits, über die allgemeinen Verpflichtungen des Schuldners und des Grundstückseigentümers sowie über das Kündigungsrecht des Gläubigers.
Diese „Darlehensbedingungen" sind unverändert übernommen worden; es sind lediglich 4 weitere Klauseln angefügt
worden, die aber gleichfalls allgemein gehalten, also nicht
irgendwie auf den konkreten Fall bezogen sind.
Nicht richtig ist die von der Beteiligten zu 2) vertretene Ansicht, bei der Prüfung einer AGB-Klausel, die - wie hier unter § 10 AGBG falle, müsse der Grundbuchrechtspfleger
stets auch prüfen, ob die besonderen, in § 9 AGBG aufgeführten Voraussetzungen vorliegen. Ob dem für den Fall
zu folgen ist, daß eine Klausel, die nicht die in § 10 AGBG
bestimmten Unwirksamkeitsvoraussetzungen erfüllt, nach
§ 9 AGBG unwirksam sein kann (Ulmer-Brandner-Heusen,
§ 9 Rdnr. 34), bedarf hier nicht der Stellungnahme. Jedenfalls dann, wenn sich bereits aus § 10 AGBG die Unwirksamkeit einer Klausel ergibt, bedarf es nicht noch der Prüfung,
ob daneben auch die in § 9 AGBG aufgestellten Voraussetzungen der Unwirksamkeit erfüllt sind. Denn im Interesse
der Rechtssicherheit und Klarheit soll eine solche Prüfung
bei den in §§ 10, 11 AGBG aufgeführten Klauseln gerade
nicht stattfinden; bei ihnen werden die Voraussetzungen
des § 9 AGBG gesetzlich vermutet, es sind im Gesetz besonders benannte Beispielsfälle. Die eigene Aufführung in
besonderen Katalogen wäre sinnlos, wenn daneben stets
noch eine Prüfung nach § 9 AGBG geboten wäre (vgl. zum
ganzen Palandt, Vorb. 1 vor § 8 AGBG, § 9 AGBG Anm. 1 a,
§ 10 AGBG Vorb.; Ulmer-Brandner-Heusen, Vorb. zu §§ 10
und 11 AGBG Rdnrn. 3, 5; Löwe-Graf von Westphalen-Trinkner, §§ 8-11 AGBG Rdnr. 18; Schosser/Coester-Walt%enl
Graba, § 9 AGBG Rdnr. 3; MünchKomm vor § 8 AGBG Randnummer 2).
MittBayNot 1980 Heft 1
eine Erklärung des Verwenders von besonderer Bedeutung
dem anderen Vertragsteil als zugegangen gilt. Hier sieht
Abschnitt XIV Buchst. b der von der Beteiligten zu 2) verwendeten Darlehensbedingungen vor, daß die nach Buchstabea in 13 verschiedenen Fällen mögliche Kündigung
des Darlehens (bzw. der Hypothek) zur sofortigen Rückzahlung (fristlose Kündigung) bei schriftlicher Zuleitung an
die letzte dem Gläubiger bekannte Adresse des Schuldners
(bzw. Grundstückseigentümers) in dem Zeitpunkt als bewirkt gilt, in welchem sie ohne die Anschriftenänderung bei
regelmäßiger Beförderung zugegangen wäre.
§ 10 AGBG enthält eine Aufzählung von in Allgemeinen Geschäftsbedingungen untersagten Klauseln, die eine Ausfüllung unbestimmter Rechtsbegriffe durch Wertungen voraussetzen (inwieweit dies — entgegen der Überschrift des § 11
AGBG — dort im Einzelfall nicht auch der Fall ist — vgl.
MünchKomm § 11 AGBG Rdnr. 2; Palandt, Vorb. zu § 11
AGBG — bedarf hier keiner Entscheidung). Solche Wertungen setzen vielfach — wie zu §§ 138, 242 BGB — Erkenntnismöglichkeiten voraus, wie sie dem Grundbuchamt im
Grundbucheintragungsverfahren nach den oben genannten
Grundsätzen nicht zur Verfügung stehen. Die Frage, inwieweit eine derartige Inhaltskontrolle dem Grundbuchamt
wegen der beschränkten Überprüfungsmöglichkeit materiellrechtlicher Vorgänge unter dem Gesichtspunkt zusteht, es
dürfe nicht mitwirken, das Grundbuch durch eine Eintragung inhaltlich unrichtig zu machen, bedarf im vorliegenden
Fall nicht der Vertiefung. Im Grundsatz wird hier besondere
Zurückhaltung geboten sein; diese Überprüfung wird in der
Regel dem Prozeßgericht mit den dortigen Erkenntnismöglichkeiten und Rechtsfolgen (insbesondere Rechtskraft) vorzubehalten sein (Herber, KEHE, Haegele, jew. a. a. 0.).
cc) Bei der hier in Frage stehenden Befugnis des Grundbuchrechtspflegers, die Auswirkungen des in § 10 Nr. 6 AGBG
ausgesprochenen Verbots, die bloße Fiktion des Zugangs
einer Willenserklärung als ausreichend anzusehen, zu prüfen,
geht es indessen nur darum, ob es sich bei der Erklärung
um eine „Erklärung von besonderer Bedeutung" handelt.
inhalt unmittelbar durch eine (entsprechende) Rechtsnorm
bestimmt ist (MünchKomm Rdnr. 9 vor § 8 AGBG). Auf § 10
Abs. 1 Sätze 1 und 2 VVG trifft dies aber nicht zu. Zam einen
sind dort andere Voraussetzungen normiert (Absendung eines
eingeschriebenen Briefs); zum anderen betrifft das Versicherungsvertragsgesetz Versicherungsverhältnisse, die regelmäßig weitaus weniger einschneidende Belastungen als bei
Aufnahme eines Hypothekenkredits zur Folge haben. § 10
Nr. 6 AGBG sollte gerade in diesem Zusammenhang gegen
entsprechende Allgemeine Geschäftsbedingungen der Banken zum Tragen kommen (MünchKomm § 10 AGBG Rdnr. 32).
Im übrigen wäre, da es sich bei dem AGB-Gesetz um das
jüngere Gesetz handelt und dieses die Rechtsstellung des
Bürgers gegenüber Allgemeinen Geschäftsbedingungen tiefgreifend verbessern wollte, eher zu fragen, ob es nicht angezeigt wäre, § 10 Abs. 1 VVG dem AGB-Gesetz anzupassen
als entgegengesetzte Überlegungen anzustellen.
4. Nach alledem hat im vorliegenden Fall der Grundbuchrechtspfleger im Ergebnis zu Recht die genannte Klausel
beanstandet. Die weitere Beschwerde der Beteiligten mußte
mithin als unbegründet zurückgewiesen werden.
3. GBO §§ 45 Abs. 1, 53 Abs. 1 Satz 1, 71 Abs. 2; BGB §§ 185,
1093 (Zur Bestellung mehrerer Wohnungsrechte an denselben
Räumen)
1. Beschränkte Beschwerdemöglichkeit gegen die Ablehnung eines Löschungsantrags wegen angeblicher Unrichtigkeit des Grundbuchs.
2. Berechtigung des Erwerbers eines Grundstücks zur Bestellung eines Wohnungsrechts vor Eintragung des Eigentumsübergangs.
3. Dingliche Wohnungsrechte mehrerer Berechtigter an denselben Räumen eines Anwesens können rechtlich selbständig nebeneinander bestehen. Werden sie von vornherein
gleichzeitig mit diesem Inhalt bestellt, so bedarf es hierfür
nicht auch der Zustimmung des jeweils anderen Berechtigten.
BayObLG, Beschluß vom 27. 12. 1979 — BReg. 2 Z 58/79 —
mitgeteilt von Dr. Martin Pfeuffer, Richter am BayObLG
Wann eine „Erklärung von besonderer Bedeutung" angenommen werden kann, ist eine reine Rechtsfrage, deren Beantwortung sich vielfach ohne weitere Ermittlungen und ohne
nähere Kenntnis der Umstände ergibt. Einer abschließenden
Entscheidung bedarf hier weder die Frage, welche Erklärungen unter diesen Begriff jeweils subsumiert werden können,
noch die weitere Frage, inwieweit der Grundbuchrechtspfleger dies im Einzelfall überprüfen kann. Die Kündigung des
Kredits (bzw. der Hypothek) zur sofortigen Zahlung (fristlose
Kündigung) stellt jedenfalls eine solche „Erklärung von besonderer Bedeutung" dar, ohne daß es näherer Ausführungen hierzu bedarf (ebenso Bundestagsdrucksache, MünchKomm a. a. 0.; Palandt, § 10 AGBG Anm. 6 a). Soweit mithin
die Auffassung vertreten wird, bei Klauseln, die unter § 10
AGBG fallen, komme eine Beanstandung durch das Grundbuchamt niemals in Betracht (vgl. Schmidt, MittBayNot 1978,
89/98), kann dem in dieser Allgemeinheit nicht gefolgt
werden.
Zur Sicherung dieses Wohnungs- und Mitbenützungsrechts bestellt
Frau Z. für ihre Tante, Frau B., an dem Grundstück FISt.Nr, 1644
1/17 a, b eine beschränkte persönliche Dienstbarkeit."
dd) Die weiteren Ausführungen in der Rechtsbeschwerde
vermögen demgegenüber nicht zu einer anderen Entscheidung zu führen. Es trifft allerdings zu, daß die §§ 9 ff. AGBG
dann nicht anwendbar sind, wenn und soweit der VertragsDie Eintragung dieser beschränkten persönlichen Dienstbarkeit
wurde gleichfalls bewilligt.
Ebenfalls am 9. 12. 1969 beglaubigte Notar Dr. S. die Unterschrift
der Beteiligten zu 2) unter eine Urkunde vom gleichen Tage, in
der es u. a. heißt:
Aus dem Tatbestand:
1. Die Beteiligte zu 1), Frau B., war Eigentümerin des im Grundbuch
des Amtsgerichts S. von G. Band 46 Blatt 1963 vorgetragenen
Grundstücks. Mit Urkunde des Notars Dr. S. in M. vom 9. 12. 1969
überließ sie dieses Grundstück ihrer Nichte, Frau Z., der Beteiligten zu 2). Die Vertragspartner erklärten die Auflassung und beantragten die Eintragung des Eigentumsübergangs im Grundbuch,
In Abschnitt VI der (gleichen) notariellen Urkunde vom 9. 12. 1969
heißt es weiter:
„Für die Überlassung des Grundbesitzes verpflichtet sich Frau Z.
zu folgender Gegenleistung:
Frau Z. räumt hiermit ihrer Tante, Frau B., auf deren Lebensdauer
das unentgeltliche Wohnungsrecht im ganzen Erdgeschoß des Vertragsanwesens ein. Mit diesem Wohnungsrecht ist verbunden das
Recht zur Mitbenützung aller zum allgemeinen Gebrauch der Bewohner bestimmten Einrichtungen und Anstalten des Anwesens.
MittBayNot 1980 Heft 1

Art:

Entscheidung, Urteil

Gericht:

BayObLG

Erscheinungsdatum:

17.12.1979

Aktenzeichen:

BReg. 2 Z 11/79

Erschienen in:

MittBayNot 1980, 9-12

Normen in Titel:

GBO §§ 13, 19; AGBG § 10 Nr. 6