Bewertung eines Landgutes zum Ertragswert
Daß das Oberlandesgericht die Kapitalzahlung in Höhe von
42.000 DM nicht als eine dem Ausschluß des Versorgungsausgleichs gegenüberstehende andere Leistung angesehen
hat, weil sie gemäß § 3 Nr. 1 des Auseinandersetzungsvertrages als Gegenleistung für die Übertragung des Miteigentumsanteils der Ehefrau am gemeinsamen Grundbesitz bezahlt worden sei, ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Die weitere Beschwerde macht nicht geltend, daß dieser Zahlung eine vom Vertragswortlaut abweichende Bedeutung zukomme, doch meint sie, im Rahmen der gebotenen
Gesamtbewertung müsse berücksichtigt werden, daß die
Ehefrau mit Hilfe dieses Kapitals Rentenanwartschaften von
über 200 DM monatlich hätte begründen können. Daraus
läßt sich jedoch für die Genehmigungsfähigkeit nichts herleiten. Die Frage, in welcher Weise die Ehefrau das nicht
zugeflossene Kapital verwendet, hat nichts damit zu tun, ob
es ihr als Gegenleistung für den Miteigentumsanteil oder
wegen des Verzichts auf den Versorgungsausgleich zugeflossen ist. Davon abgesehen besteht für sie auch keine
freie Möglichkeit, durch Kapitaleinzahlungen zusätzliche
Versorgungsanwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung zu begründen: Denn die Parteien haben keine Vereinbarung im Sinne des
die Annahme des Oberlandesgerichts, daß die Kapitalzahlung keine mit dem Versorgungsausgleich zusammenhängende Leistung darstellen sollte.
Auch die weiteren von der weiteren Beschwerde in diesem
Zusammenhang genannten Umstände stellen die Beurteilung des Oberlandesgerichts nicht in Frage. Richtig ist,
daß dem Unterhaltsverzicht keine ins Gewicht fallende Bedeutung zukommt, weil ein Unterhaltsanspruch nach den
Einer von der Ehefrau durch ihre Tätigkeit seit dem 1. Juli
1981 erworbenen betrieblichen Altersversorgung hat schon
das Amtsgericht ersichtlich deshalb keine Bedeutung beigemessen, weil diese Anrechte vor dem 1. Juli 1991 nicht
unverfallbar sind.
c) Da
ausnahmsweise auch Regelungen des Versorgungsausgleichs genehmigt werden, die andere Fallgestaltungen betreffen. Insoweit kommt es nach der Rechtsprechung des
Senats darauf an, ob der Zweck des Genehmigungserfordernisses eingreift, der darin besteht, den Ehegatten mit den
geringeren Versorgungsanwartschaften vor einer Übervorteilung zu schützen.
Dementsprechend ist etwa von Bedeutung, ob es der Durchführung des Versorgungsausgleichs nicht bedarf, um für
den verzichtenden Ehegatten den Grundstock einer eigenständigen Versorgung für das Alter und für den Fall
der Erwerbsunfähigkeit zu legen (vgl. Senatsbeschluß vom
24. Februar 1982 aaO), oder ob ein Ehegatte auf ihm an sich
zustehende Versorgungsanrechte im Hinblick auf Umstände
verzichtet, die im Rahmen der Härteregelung des § 1587 c
Nr. 1 BGB zu berücksichtigen sind (vgl.,Senatsbeschluß vom
24. März 1982 — IV b ZB .530/80 —
Unter keinem dieser Gesichtspunkte mußte der Tatrichter
hier eine Genehmigung in Betracht ziehen.
Härtegründe im Sinne des
(unter II 3 der Gründe des angefochtenen Beschlusses) läßt
einen Rechtsfehler nicht erkennen; sie wird auch von der
weiteren Beschwerde nicht angegriffen. Daß es der Durchführung des Versorgungsausgleichs im Hinblick auf seinen
Zweck nichtbedarf, kann ebenfalls nicht angenommen werden. Mit den bis zum Ende der Ehezeit erworbenen Anrechten haben beide Ehegatten noch keine ausreichende Versorgung erworben. Die Ehefrau, die während der Ehezeit die
wertgeringeren Anwartschaften erlangt hat, wäre bei Fortbestand der Ehe aus den werthöheren Versorgungsanrechten des Ehemannes jedoch mitversorgt gewesen. Ihr diesen
Vorteil trotz Scheidung der Ehe zu erhalten, entspricht dem
Sinn des Versorgungsausgleichs. Er rechtfertigt es, die während der Ehezeit erworbenen Versorgungsanrechte auf beide
Parteien gleichmäßig zu verteilen, um dadurch die bisher
unzureichende eigenständige - Versorgung der Ehefrau
wenigstens insoweit zu verbessern, daß sie in diesem Bereich aus der Auflösung der Ehe keine bleibenden Nachteile
erleidet. Auf die Fragen, welche weiteren Anrechte die Ehegatten nach dem Ende der Ehezeit noch erwerben werden
und ob aus späterer Sicht der Durchführung des Versorgungsausgleichs bedurft hätte, kommt es dagegen nicht an.
Die künftige Entwicklung läßt sich angesichts der-Wechselfälle des Lebens ohnehin nicht sicher voraussehen.
12.
Es verstößt nicht gegen den Gleichheitssatz, wenn der ein
Landgut übernehmende Erbe durch die Bewertung des
Landgutes zum Ertragswert besser behandelt wird als die
weichenden Erben oder Pflichtteilsberechtigten. Das gilt indessen nur solange, als im Einzelfall davon ausgegangen
werden kann, daß der Gesetzeszweck, nämlich die Erhaltung eines leistungsfähigen landwirtschaftlichen Betriebes
in der Hand einer der vom Gesetz begünstigten Personen,
erreicht werden wird.
BGH, Urteil vom 22.10.1986 — IV a ZR 76/85 —
Aus dem Tatbestand:
Der Kläger macht gegen die Beklagte einen Pflichtteilsanspruch
geltend. Dabei streiten die Parteien um die Bewertung einer Landstelle.
Die Beklagte hat zusammen mit ihrem am 8. November 1981 verstorbenen Ehemann, dem Erblasser, den 1942 geborenen Kläger, einen
Neffen'des Erblassers, am 20. Juni 1968 adoptiert. Das Ehepaar hatte
keine eigenen Kinder. Der Erblasser war Eigentümer einer Landstelle
mit Wohngebäude, Wirtschaftsgebäuden und ursprünglich ca. 15 ha
Land, das überwiegend aus Acker- und Weideland, zum kleineren Teil
aus Moor bestand. Dieser Grundbesitz bildete einen Ehegattenhof
nach der Höfeordnung. 1979 wurde der Hofvermerk aufgrund des
zweiten Gesetzes zur Änderung der Höfeordnung gelöscht.
Am 18. Juni 1968 (2 Tage vor der Adoption des Klägers) hatte der Erblasser ein notarielles Testament errichtet, in dem er die Beklagte zur
alleinigen Erbin seines gesamten demnächstigen Nachlasses und zu
seiner Hoferbin bestimmte. Der Kläger zog alsbald mit seiner Familie
zu seinen Adoptiveltern und half bei der Bewirtschaftung der Landstelle. Anfang 1972 oder 1973 kam es zu einem Zerwürfnis mit dem
Erblasser. Der Kläger stellte seine Mitarbeit ein, blieb aber im Erdgeschoß des Wohngebäudes wohnen. Im Herbst 1973 veräußerte der
Erblasser das gesamte lebende und tote Inventar und verpachtete die
zum Hof gehörenden Weide- und, Ackerflächen, weil er aus Altersgründen die Landstelle nicht mehr bewirtschaften konnte. 1974 verkaufte die Beklagte weitere Flächen von 1,07 und 1,2375 ha. Sie bewohnt das- Obergeschoß des Wohngebäudes und ist weder in der
Lage noch willens, den landwirtschaftlichen Betrieb wieder aufzunehmen.
MittBayNot 1987 Heft 3 149
Der Kläger macht ein Vierteldes Nachlaßwertes als Pflichtteil geltend und geht dabei vom Verkehrswert der Landstelle aus. Die Beklagte hält nach
einen Betrag von 53.181,84 DM anerkannt. Die Klage auf Zahlung weiterer 100.000 DM nebst Zinsen haben beide Vorinstanzen abgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.
Aue den Gründen:
Das Berufungsgericht nimmt im Wege der ergänzenden
Testamentsauslegung an, der Erblasser hätte die Berechnung des Pflichtteils nach dem Ertragswert angeordnet,
wenn er bedacht hätte, daß die Beklagte als seine Erbin in
Anspruch genommen werden könnte. Er habe im Bewußtsein der unmittelbar bevorstehenden Adoption gleichwohl
nur seine Ehefrau, die Beklagte, bedacht und ausdrücklich
bestimmt, daß sie den Hof „zunächst" erhalten sollte. Ihm
sei also gerade daran gelegen gewesen, den Fortbestand
seines landwirtschaftlichen Betriebes in der bisherigen
Form zu sichern. Auch sei er ersichtlich davon ausgegangen, nach seiner Ehefrau werde der Kläger die Hofstelle
erben und weiter betreiben.
Ob dieser Auslegung — jedenfalls in der Begründung — gefolgt werden kann, mag auf sich beruhen. Das Berufungsurteil kann schon deshalb keinen Bestand haben, weil, nach
den bisherigen Feststellungen nicht davon ausgegangen
werden kann, daß es sich um ein Landgut im Sinne des
zum selbständigen Betrieb der Landwirtschaft einschließlich der Viehzucht oder der Forstwirtschaft geeignete und
bestimmte Wirtschaftseinheit darstelle und mit den nötigen
Wohn- und Wirtschaftsgebäuden versehen sei, wobei eine
Mindestgröße nicht gefordert werde. Die Ländereien des
Erblassers hätten' zur Zeit des Erbfalles 12,4476 ha umfaßt,
deren teilweise schwierige Wasser- und Wegeverhältnisse
im Rahmen der Flurbereinigung verbessert worden seien.
Wohn- und Wirtschaftsgebäude seien im ausreichenden Umfang vorhanden gewesen. Es handele sich danäch um eine
Wirtschaftseinheit in dem vorbezeichneten Sinne. Die Verpachtung der Ländereien und der Verkauf des toten und
lebenden Inventars führten zu keiner anderen Beurteilung.
Denn diese Umstände machten es grundsätilich nicht unmöglich, den Besitz rechtlich als Landgut zu betrachten. Der
Erblasser und die Beklagte seien nach dem Auszug des Klägers altersbedingt nicht mehr in der Lage gewesen, den
landwirtschaftlichen Betrieb selbst zu bewirtschaften. Sie
seien daher auf die vorübergehende Verpachtung der Ländereien angewiesen gewesen, um den Hof spätestens nach
dem Tode der Beklagten als Wirtschaftseinheit auf den „berufenen Erben" zu übertragen. Auf die Veräußerungen nach
dem Erbfalle komme es nicht an. Das Inventar könne — ge
gebenenfalls nach Aufnahme entsprechender Kredite —' in
dem gebotenen Umfang neu beschafft werden. Dafür, daß diese Möglichkeit vorliegend gegeben wäre, spreche auch
die vom Kläger in der mündlichen Verhandlung bekundete
Bereitschaft, die Landstelle zu pachten und zu bewirtschaften. Ausgehend von einem Ertragswert von 196.854,73 DM
stehe dem Kläger über den anerkannten Betrag hinaus kein
weiterer Anspruch zu.
Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung
nicht stand.
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes ist
unter einem „Landgut" im Sinne des
oder der Forstwirtschaft geeignete und bestimmte Wirtschaftseinheit darstellt und mit den nötigen Wohn- und Wirtschaftsgebäuden versehen ist. Sie muß eine gewisse Größe
erreichen und für den Inhaber eine selbständige Nahrungsquelle darstellen; daß eine Ackernahrung vorliegt, ist aber
nicht erforderlich. Wenn er nur zu einem erheblichen Teil
zum Lebensunterhalt seines Inhabers beiträgt, känn der Betrieb auch nebenberuflich geführt werden (BGH Urteile vom
4. Mai 1964, III ZR 359/63 =
496 und ständig). Danach begegnet die Annahme des Tatrichters keinen Bedenken, daß die hier streitige Hofstelle ursprünglich ein Landgut im Sinne des
sie in der Höferolle gelöscht wurde, spielt keine Rolle. Die
seit dem zweiten Änderungsgesetz zur Höfeordnung dort
vorausgesetzte Mindestertragskraft braucht bei einem Landgut nicht gegeben zu sein, wenn nur die oben beschriebenen
Voraussetzungen vorliegen.
Die Besonderheit des vorliegenden Falles besteht indessen
darin, daß zum Zeitpunkt des Erbfalles, auf den es ankommt,
der landwirtschaftliche Betrieb bereits seit Jahren aufgegeben, das lebende und tote Inventar verkauft und die Ländereien verpachtet waren und daß die übernehmende Erbin unstreitig weder in der Lage noch willens ist, den landwirtschaftlichen Betrieb wieder aufzunehmen. Mit dem Fall der
Verpachtung des ererbten Betriebes hat sich der Bundesgerichtshof wiederholt befaßt. Im Urteil vom 4. Mai 1964 (III ZR
159/63 =
Verpachtung der Grundstücke und das Fehlen des Inventars
machten es nicht unmöglich, den Besitz rechtlich als Landgut zu beurteilen, zumal die .2— möglicherweise durch die
Altersverhältnisse der männlichen Familienangehörigen bedingte — Verpachtung nur vorübergehend und es vielfach
üblich sei, ohne Inventar zu verpachten; er hat dem Tatrichter
die Prüfung aufgegeben, ob es zum maßgebenden Zeitpunkt
nicht möglich oder nicht beabsichtigt gewesen sei, auf dem
Besitz dauernd einen landwirtschaftlichen Betrieb zu unterhalten. In dem dem Urteil vom 12. Januar 1972 (aaO) zugrundeliegenden Fall war der von einem Sohn des Erblassers
übernommene landwirtschaftliche Besitz seit langem an
einen anderen Sohn des Erblassers verpachtet und wurde
von diesem bewirtschaftet. Es handelte sich also um einen
in der Familie fortgeführten landwirtschaftlichen Betrieb.
Auch in dieser Entscheidung wurde darauf abgestellt, daß
die Fortführung des bisherigen landwirtschaftlichen Betriebes über den Zeitpunkt des Erbfalls hinaus möglich und beabsichtigt war.
Im vorliegenden Fall ist die Eigenschaft der Landstelle als
eines Landgutes nicht rechtsfehlerfrei festgestellt. § 2312
BGB begünstigt den ein Landgut übernehmenden Erben. In
aller Regel liegt der nach dem maßgebenden Landesrecht
(
Reinertrages bestehende Ertragswert weit unter dem Verkehrswert eines landwirtschaftlichen Besitzes. Besonders
weit können Verkehrswert und Ertragswert auseinanderklaffen, wenn zu einem landwirtschaftlichen Besitz in Stadtnähe
Bauerwartungsland oder gar Bauland gehört. Der Gesetzgeber des Bürgerlichen Gesetzbuches hat diese Bevorzugung im Bewußtsein, daß es sich um eine Vorschrift von
„ganz außerordentlicher Tragweite" handelt, die „in tiefgreifender Weise die tatsächliche Gestaltung des Erbrechts beeinflussen" kann, „im Interesse der Erhaltung eines gesunden und kräftigen Grundbesitzerstandes" für gerechtfertigt
MittBayNot 1987 Heft 3
Zersplitterung derartiger landwirtschaftlicher Betriebe entgegenwirken und dient damit dem öffentlichen Interesse an
der Erhaltung leistungsfähiger Höfe in bäuerlichen Familien
(vgl. für
1329, 1330 [=
Ertragswert zu vermeiden, daß seine Wirtschaftlichkeit
durch die Belastung mit diesen Ansprüchen gefährdet wird
(BGH Urteile vom 15. Dezember 1976, IV ZR 27/75 = LM BGB
§ 2312 Nr. 4 =
1080, 1081). Andererseits ist von vornherein vom Gesetz nur
ein bestimmter Personenkreis begünstigt. Die Vorschrift findet nur Anwendung, wenn der Erbe, der das Landgut erwirbt,
selbst pflichtteilsberechtigt ist (
ist Voraussetzung, daß der Erblasser die Anrechnung zum
Ertragswert letztwillig angeordnet hat oder dies nach der
Auslegungsregel des
im öffentlichen Interesse liegende Begünstigung des übernehmenden Erben ist also von vornherein zugleich stark personenbezogen.
Bei der Anwendung der Vorschrift ist zu beachten, daß unter
den heutigen, stark gewandelten Verhältnissen die Auflösung eines Betriebes nicht von vornherein als eine für die
Agrarstruktur nachteilige Maßnahme angesehen werden
kann (
hat das Bundesverfassungsgericht darauf hingewiesen
(
der Landwirte noch zahlreiche typische Eigenheiten aufweisen, die sie von der gewerblichen Wirtschaft unterscheiden.
Es besteht bei der Mehrheit der Landwirte weiterhin eine
starke innere Bindung an Grund und Boden. Dieser ist in der
Landwirtschaft im Unterschied zur gewerblichen Wirtschaft
nicht nur Standort, sondern maßgebender Produktionsfaktor. Die besonderen Produktionsbedingungen setzen dem
landwirtschaftlichen Betrieb von der Natur her Schranken
und führen zu einem Betriebsrisiko eigener Art. Insoweit ist
die Landwirtschaft gegenüber den gewerblichen Betrieben
in natürlicher und wirtschaftlicher Hinsicht benachteiligt.
Deshalb verstößt es ebensowenig wie im Rahmen des § 1376
Abs. 4 BGB (
behandelt wird als die weichenden Erben oder Pflichtteilsberechtigten. Das kann indessen nur solange gelten, als im
Einzelfall davon ausgegangen werden kann, daß der Gesetzeszweck, nämlich die Erhaltung eines leistungsfähigen
landwirtschaftlichen Betriebes in der Hand einer der vom
Gesetz begünstigten Personen, erreicht werden wird.
Das ist hier möglicherweise nicht der Fall. Die Beklagte, die
an sich — folgt man der Testamentsauslegung des Berufungsrichters — zu dem gesetzlich privilegierten Personenkreis gehört, kann und will den landwirtschaftlichen Betrieb
nicht wieder aufnehmen, auch nicht durch eine Verpachtung
als Wirtschaftseinheit. Ob sie oder eine andere gesetzlich
privilegierte Person den Hof aus der Sicht zur Zeit des Erbfalles hätte übernehmen sollen, kann den Feststellungen des
Berufungsgerichts nicht entnommen werden. Im Berufungsurteil ist zwar von einer Übertragung spätestens nach dem
Tod der Beklagten auf den "berufenen Erben" die Rede. Da
nach Lage der Dinge sonst niemand in Frage kommt, ist daMittBayNot 1987 Heft 3
mit vermutlich der Kläger selbst gemeint. Von einer (testamentarischen oder erbvertraglichen) Berufung des Klägers
zum Erben ist allerdings im Parteivortrag nirgends die Rede.
Maßgeblich sind die Verhältnisse zur Zeit des Erbfalles. Dazu fehlen Feststellungen. Das Berufungsgericht wird daher
zu prüfen haben, ob zu diesem Zeitpunkt die — realisierbar
erscheinende — Absicht der Beklagten bestand, den landwirtschaftlichen Betrieb selbst fortzuführen oder ihn jedenfalls nach ihrem Tode durch den Kläger fortführen zu lassen.
Deshalb wird das Berufungsurteil aufgehoben und die
Sache an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Sollte die erneute Verhandlung ergeben, daß die Absicht zur
Fortführung des Betriebes zur Zeit des Erbfalles nicht bestand, wird das Berufungsgericht weiter zu erwägen haben,
ob der Kläger etwa die Beklagte in treuwidriger Weise dadurch veranlaßt hat, eine vorhandene Absicht zur Fortführung aufzugeben, daß er ohne berechtigten Anlaß seine Mitarbeit auf dem Hof einstellte. In diesem Fall könnte das Geltendmachen des Pflichtteils nach dem höheren Verkehrswert gegen Treu und Glauben verstoßen.
13. BGB §§ 2311, 2312, 2049 (Bewertung eines Landgutes
zum Ertragswert)
1. Bei der Bemessung des Pflichtteils ist die Ertragswertrechnung gemäß
wenn im Einzelfall nicht davon ausgegangen werden kann,
daß der Gesetzeszweck, nämlich die Erhaltung eines leistungsfähigen landwirtschaftlichen Betriebes in der Hand
einer vom Gesetz begünstigten Person erreicht werden wird.
Entsprechendes gilt auch dann, wenn es sich um praktisch
baureife Grundstücke handelt, die ohne Gefahr für die dauernde Lebensfähigkeit aus dem Landgut herausgelöst werden können (Anschluß an
149]).
2. a) Zur Berücksichtigung einer latenten Steuerlast bei der
Bewertung von Vermögen für die Pflichtteilsberechnung.
b) Bei der Bemessung des Pflichtteils sind auch durch Konfusion erloschene Ansprüche des Erben gegen den Erblasser zu berücksichtigen.
BHG, Urteil vom 22.10.1986 — IV a ZR 143/85 —
Aus dem Tatbestand:
Die Parteien, Halbgeschwister, sind die einzigen Kinder der am
23. Mai 1978 verstorbenen Erblasserin; die Klägerin ist vorehelich geboren, die Beklagte stammt aus der im Jahre 1919 geschlossenen
Ehe der Erblasserin mit deren 1974 vorverstorbenem Ehemann.
Die Erblasserin hatte ein 28,2650 ha großes landwirtschaftliches
Anwesen, das R.-Bauerngut, mit in die Ehe gebracht; in der Ehe
bestand allgemeine Gütergemeinschaft. Am 15. April 1957 errichteten die Erblasserin und ihr Ehemann ein privatschriftliches gemeinschaftliches Testament, in dem es heißt:
1. Im Falle des Ablebens des einen Teiles ist der andere Teil
Alleinerbe mit nachfolgender Einschränkung.
2. Im Falle des Ablebens des einen Teils erhält ... (die Klägerin)
30.000,— DM ... Damit ist sie auch reichlich mit ihrem Pflichtteil abgefunden. Mit der Überweisung dieses Betrages durch eine Bank
nach dem 15. Juni 1957 ist der obige Anspruch ... (der Klägerin) hinfällig.
3. Nach dem Tode auch des 2. Eheteils ist ... (die Beklagte) Alleinerbin. Ausdrücklich wird betont, daß der überlebende Ehegatte vollkommen befreiter Vorerbe ist und vollkommen frei über das gesamte
Vermögen verfügen, also auch nach Belieben verkaufen und kaufen
kann, wie er will. Ebenso steht es dem überlebenden Eheteil frei, mit
der Tochter einen Übergabevertrag zu schließen oder nicht."
Entscheidung, Urteil
Gericht:BGH
Erscheinungsdatum:22.10.1986
Aktenzeichen:IV a ZR 76/85
Erschienen in: Normen in Titel:BGB § 2312