LG Düsseldorf 06. November 2015
25 T 114/15
BNotO § 24 Abs. 1; GNotKG § 21 Abs. 1

Hinweispflicht des Notars bzgl. verschiedener zur Wahl stehender Gestaltungsmöglichkeiten für Kostenschuldner im Rahmen der betreuenden Tätigkeit

DNotI
Deutsches Notarinstitut
letzte Aktualisierung: 26.4.2016
LG Düsseldorf, 6.11.2015 - 25 T 114/15

BNotO § 24 Abs. 1; GNotKG § 21 Abs. 1
Hinweispflicht des Notars bzgl. verschiedener zur Wahl stehender Gestaltungsmöglichkeiten für
Kostenschuldner im Rahmen der betreuenden Tätigkeit

1. Im Rahmen seiner betreuenden Tätigkeit i. S. v. § 24 Abs. 1 BNotO ist der Notar verpflichtet
dann einen Hinweis zu erteilen, wenn dem Kostenschuldner mehrere verschiedene
Gestaltungsmöglichkeiten zur Wahl stehen und der Notar keine Anhaltspunkte dafür hat, dass
sich der Rechtssuchende dieser Gestaltungsmöglichkeit bewusst ist und sich bereits für eine der
Alternativen entschieden hat. Der Notar hat sodann auf diese Wahlmöglichkeit hinzuweisen.
2. Erfolgt kein Hinweis darauf, dass eine notarielle Einholung einer Apostille nicht erforderlich
ist, können die hierdurch anfallende Vollzugsgebühr Nr. 22124 KV GNotKG in Höhe von
20,00 EUR sowie die Gebühr nach Nr. 25207 KV GNotKG für die Erwirkung der Apostille
wegen unrichtiger Sachbehandlung nach § 21 Abs. 1 GNotKG nicht erhoben werden.

Gründe:

Am 16. Dezember 2014 beglaubigte die Notarin die Unterschrift der Kostenschuldnerin
unter drei Dokumenten in bulgarischer Sprache. Die Notarin holte für die drei Urkunden
jeweils Apostillen beim Landgericht Düsseldorf ein.
Unter dem 22. Dezember 2014 erstellte die Notarin die Rechnung, in der sie für die drei
Urkunden neben der Gebühr nach Nr. 25100 KV GNotKG (Beglaubigung einer
Unterschrift) die Gebühren Nr. 25207 (Erwirkung der Apostille oder der Legalisation
einschließlich der Beglaubigung durch den Präsidenten des Landgerichts) und die
Gebühren Nr. 22124 (Vollzugsgebühr) zuzüglich Entgelten für Post und
Telekommunikation sowie Umsatzteuer ansetzte.
Die Kostenschuldnerin wendet sich gegen den Ansatz der Gebühren Nr. 25207 KV
GNotKG und Nr. 22124 KV GNotKG.
Sie trägt hierzu vor, noch vor Beginn des Termins am 16. Dezember 2014 hätte ihr eine
Notarfachangestellte auf Nachfrage mitgeteilt, dass sich die Kosten auf insgesamt 60,00 €
belaufen. Die Frage, ob sie die Apostillen auch wirklich benötige und ob diese von ihr oder
der Notarin eingeholt werden solle, sei von der Notarin nicht aufgeworfen worden.
Die Notarin trägt vor, sie habe im Termin nach der Beglaubigung der Unterschriften darauf
hingewiesen, dass eine Apostille erforderlich sei, die vom Landgericht erteilt werde. Auf
Nachfrage, ob die Kostenschuldnerin eine solche benötige, ob die Notarin diese einholen
solle oder die Kostenschuldnerin dies selbst veranlassen möchte, hätte die
Kostenschuldnerin ihr den Auftrag erteilt. Nach Kosten, die für die Einholung der Apostille
zusätzlich anfallen würden, hätte sie nicht gefragt. Über Kosten sei im
Beglaubigungstermin nicht gesprochen und diesbezüglich auch vor dem Termin keine
Auskunft erteilt worden.
Der Präsident des Landgerichts hat unter dem 03. Juni 2015 Stellung genommen. Im
Einzelnen wird auf die Stellungnahme (Bl. 26 ff. d. A.) Bezug genommen. Beanstandet
worden ist, dass die Kostenrechnung nicht dem Zitiergebot des § 19 Abs. 3 GNotKG
entspreche.
Die Notarin hat daraufhin unter dem 24. Juni 2015 eine korrigierte Kostenrechnung
eingereicht.
Die Kammer hat die Kostenschuldnerin und die Notarin am 26. Oktober 2015 persönlich
angehört.

II.
Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung ist nach § 127 GNotKG statthaft und hat in dem
begehrten Umfang in der Sache Erfolg.
Die erhobenen Gebühren Nr. 25207 KV GNotKG sowie Nr. 22124 KV GNotKG dürfen
wegen unrichtiger Sachbehandlung der Notarin nach § 21 Abs. 1 GNotKG nicht erhoben
werden.
Die Notarin hat gegen eine ihr obliegende Belehrungspflicht verstoßen und damit eine
unrichtige Sachbehandlung vorgenommen. Dadurch kam es letztlich zum Anfall der
Gebühren Nr. 25207 KV GNotKG sowie Nr. 22124 KV GNotKG.
Grundsätzlich müssen weder Gerichte noch Notare über die durch ihre Tätigkeit
entstehenden Kosten belehren. Hierzu besteht in der Regel kein Anlass, weil die Höhe der
Kosten gesetzlich festgelegt ist und das Gericht und der Notar diese auch in voller Höhe
erheben müssen (vgl. OLG Zweibrücken BeckRS 2010, 11184). Man kann davon
ausgehen, dass sich jeder Rechtsuchende über die grundsätzliche Kostenpflicht
gerichtlicher und notarieller Tätigkeiten bewusst ist. Auch hinsichtlich der Höhe der Kosten
ist eine Belehrungspflicht grundsätzlich zu verneinen, zumal sich diese aus dem Gesetz
ergibt.
Nur in besonderen Konstellationen sind die Beteiligten über die anfallenden Kosten zu
belehren (Neie, in: Bormann/Diehn/Sommerfeldt, GNotKG, 1. Auflage 2014, § 21 Rn. 4, 5).
Rechtlicher Maßstab für die dem Notar obliegenden Belehrungspflichten ist § 24 Abs. 1
BNotO.
Eine Belehrungspflicht des Notars besteht dann, wenn er ausdrücklich nach der Höhe der
Kosten gefragt wird. In diesem Fall muss er zutreffend antworten (OLG Düsseldorf, RNotZ
2002, 60 = JurBüro 2002, 257).
Im Rahmen seiner betreuenden Tätigkeit i.S.v. § 24 Abs. 1 BNotO ist der Notar aber auch
verpflichtet dann einen Hinweis zu erteilen, wenn dem Kostenschuldner mehrere
verschiedene Gestaltungsmöglichkeiten zur Wahl stehen und der Notar keine
Anhaltspunkte dafür hat, dass sich der Rechtssuchende dieser Gestaltungsmöglichkeit
bewusst ist und sich bereits für eine der Alternativen entschieden hat. Der Notar hat
sodann auf diese Wahlmöglichkeit hinzuweisen (OLG Naumburg, DNotZ 2012, 512;
BayObLG, JurBüro 2001, 151; Klaus Macht, in: Schneider/Volpert/Fölsch, Gesamtes
Kostenrecht, 1. Auflage 2014, GNotKG § 21 Rn. 18).
Die Erforderlichkeit der Apostille für die streitgegenständlichen Urkunden ergab sich im
Termin mit der Notarin am 16. Dezember 2014. Unstreitig hat die Kostenschuldnerin der
Notarin zur Einholung der Apostillen für die Urkunden beim Landgericht einen Auftrag
erteilt.
Darauf, dass eine notarielle Einholung einer Apostille nicht erforderlich ist, hat die Notarin
nicht hingewiesen. Dies steht zur Überzeugung der Kammer nach Anhörung der Notarin
und der Kostenschuldnerin fest. Die Notarin äußerte auf gerichtliche Nachfrage selbst,
dass entgegen ihrem sonstigen Vorgehen nicht darauf hingewiesen worden sei, dass bei
Einholung der Apostille durch das Notariat zusätzliche Kosten anfallen. Dieser Punkt sei
nach ihrer Erinnerung untergegangen. Sie könne sich auch nicht konkret daran erinnern,
dass sie die Kostenschuldnerin darauf hingewiesen hätte, dass sie die Apostille selbst
beim Landgericht beantragen bzw. einholen könne. Diese Aussage stimmt überein mit der
der Kostenschuldnerin.
Es hätte aber Anlass bestanden, hierauf hinzuweisen. Anhaltspunkte dafür, dass sich die
Kostenschuldnerin bewusst war, dass sie die Apostille auch selbst hätte einholen können,
bestanden nicht. Dies auch vor dem Hintergrund, dass sich das Kostenrecht zum 01.
August 2013 mit Inkrafttreten des GNotKG geändert hatte und nach der
Vorgängervorschrift des § 147 Abs. 4 Nr. 4 KostO a.F. keine Gebühren für die Einholung
einer Apostille durch den Notar angefallen wären.
Hätte die Kostenschuldnerin von der Möglichkeit der eigenhändigen kostengünstigeren
Einholung der Apostille gewusst, so hätte sie dies nach ihrem Vortrag selbst veranlasst.
Damit wären die Kosten für die notarielle Einholung der Apostillen, die Gebühren KV-Nr.
25207 und 22124 GNotKG, bei richtiger Sachbehandlung nicht angefallen.
Diese Gebühren waren deshalb in der Kostenrechnung wegen unrichtiger
Sachbehandlung gemäß § 21 Abs. 1 S. 1 GNotKG nicht zu erheben.
Rechtsbehelfsbelehrung:
Gegen diesen Beschluss ist das Rechtsmittel der Beschwerde zulässig, die bei dem
Landgericht Düsseldorf durch Einreichung einer Beschwerdeschrift oder zu Protokoll der
Geschäftsstelle eingelegt werden kann. Die Beschwerde muss die Bezeichnung des
angefochtenen Beschlusses sowie die Erklärung enthalten, dass Beschwerde gegen den
Beschluss eingelegt werde.
Sie ist von dem Beschwerdeführer oder seinem Bevollmächtigten zu unterzeichnen. Die
Einlegung der Beschwerde muss binnen einer Frist von einem Monat nach schriftlicher
Bekanntmachung des Beschlusses erfolgen, wobei der Eingang beim Landgericht
entscheidend ist.

Art:

Entscheidung, Urteil

Gericht:

LG Düsseldorf

Erscheinungsdatum:

06.11.2015

Aktenzeichen:

25 T 114/15

Rechtsgebiete:

Kostenrecht
Beurkundungsverfahren

Erschienen in:

RNotZ 2016, 127-129

Normen in Titel:

BNotO § 24 Abs. 1; GNotKG § 21 Abs. 1