OLG Dresden 07. März 2022
17 W 96/22
AO § 322; ZPO §§ 130d, 753 Abs. 5, 867; GBO §§ 13, 29 Abs. 3, 71 Abs. 1, 73 Abs. 2, 135 Abs. 1 S. 2; FamFG §§ 14b, 14d Abs. 1; GVG § 23a Abs. 2 Nr. 8

Behördliches Ersuchen auf Eintragung einer Zwangssicherungshypothek beim Grundbuchamt; keine Pflicht zur elektronischen Einreichung

letzte Aktualisierung: 10.11.2022
OLG Dresden, Beschl. v. 7.3.2022 – 17 W 96/22

AO § 322; ZPO § 130d, 753 Abs. 5, 867; GBO §§ 13, 29 Abs. 3, 71 Abs. 1, 73 Abs. 2, 135 Abs. 1
S. 2; FamFG §§ 14b, 14d Abs. 1; GVG § 23a Abs. 2 Nr. 8
Behördliches Ersuchen auf Eintragung einer Zwangssicherungshypothek beim Grundbuchamt;
keine Pflicht zur elektronischen Einreichung

§ 14b FamFG, der die elektronische Einreichung von schriftlich zu stellenden Anträgen fordert, ist auf das
behördliche Ersuchen in Grundbuchsachen nicht anzuwenden, weil die diesbezgl. vorrangigen Bestimmungen
in § 135 GBO i. V. m. der einschlägigen Landesverordnung nur eine Pflicht für Notare vorsehen.

(Leitsatz der DNotI-Redaktion)

Gründe:

I.
Mit Schreiben vom 24.01.2022 richtete der Beteiligte, eine Behörde, an das Amtsgericht
Zittau - Grundbuchamt - ein Ersuchen auf Eintragung einer Zwangssicherungshypothek
gemäß § 322 AO für das verfahrensgegenständliche Grundstück in Höhe eines
Gesamtbetrages von 14.422,49 €. Das Ersuchen wurde in Papierform eingereicht; es trug
einen Siegelstempel und war unterschrieben.

Unter dem 03.02.2022 erließ das Grundbuchamt eine Zwischenverfügung und beanstandete,
dass der Zwangsvollstreckungsauftrag nicht - wie nach seiner Auffassung seit dem
01.01.2022 geboten - als elektronisches Dokument gemäß den Vorgaben von § 753 Abs. 5
ZPO i.V.m. § 130d ZPO eingereicht sei. Gegen diese Zwischenverfügung legte der Beteiligte
am 14.02.2022 Beschwerde ein. Es sei unzutreffend, dass Zwangsvollstreckungsaufträge
nur noch als elektronisches Dokument übermittelt werden dürften. Bei der Eintragung einer
Zwangssicherungshypothek handle es sich sowohl um eine Vollstreckungsmaßnahme als
auch ein Grundbuchgeschäft. Dies bedeute, dass sich das Verfahren nach der
Grundbuchordnung richtet, soweit § 867 ZPO oder der Vollstreckungszweck nichts anderes
vorgeben würden. Das sei nicht der Fall. Vorrangig seien deshalb §§ 13, 135 ff. GBO
einschlägig, sodass Anträge weiterhin gemäß § 29 Abs. 3 GBO gefertigt und in Papierform
übermittelt werden könnten. Ergänzend sei darauf hingewiesen, dass bei den Finanzämtern
die technischen Voraussetzungen für einen elektronischen Versand aktuell noch nicht
vorlägen.

Mit Beschluss vom 14.02.2002 hat das Grundbuchamt der Beschwerde nicht abgeholfen und
sie dem Oberlandesgericht Dresden zur Entscheidung vorgelegt. Ab dem 01.01.2022 seien
schriftlich zu stellende Anträge im Geltungsbereich der ZPO, mithin auch Anträge zur
Eintragung einer Zwangssicherungshypothek dem Gericht ausschließlich als elektronisches
Dokument gemäß §§ 867 Abs. 1, 130d ZPO i.V.m. § 13 GBO zu übermitteln. Grundsätzlich
sei ein Antrag auf Eintragung der Zwangssicherungshypothek schriftlich zu stellen und
unterliege damit auch der Vorschrift des §§ 130d S. 1 ZPO. Die Vorschriften der
Grundbuchordnung würden nicht an die Stelle der Vorschriften der ZPO treten, sondern
ergänzten sie nur.

II.
Die Beschwerde des Beteiligten ist gemäß § 71 Abs. 1 GBO zulässig und auch begründet.
Der Beteiligte ist nicht verpflichtet, sein Ersuchen auf Eintragung einer
Zwangssicherungshypothek gem. § 14d Abs. 1 FamFG bzw. § 130d ZPO elektronisch
einzureichen.

1. § 14d Abs. 1 FamFG, der die elektronische Einreichung von schriftlich zu stellenden
Anträgen durch Behörden fordert, ist für das verfahrensgegenständliche Ersuchen nicht
einschlägig.

a) Zwar sind Grundbuchsachen gem. § 23a Abs. 2 Nr. 8 GVG Teil der freiwilligen
Gerichtsbarkeit, sodass die Regelungen des FamFG grundsätzlich Anwendung finden. Es
besteht allerdings Einigkeit, dass ein Rückgriff auf die Regelungen des FamFG in
Grundbuchsachen nur dann möglich ist, wenn die spezielleren Vorschriften der GBO keine
Regelungen enthalten (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 07.01.2010 – Az. I-3 Wx 250/09;
Demharter, GBO, 32. Aufl. 2021, Einleitung Rn. 82; BeckOK-GBO/Holzer, Std.: 1.11.2021, §
1 Rn. 36).

b) Das ist indes nicht der Fall.

aa) § 135 Abs. 1 S. 2 GBO bestimmt, dass die Landesregierungen ermächtigt werden, durch
Rechtsverordnung zu bestimmen, von welchem Zeitpunkt an Dokumente elektronisch
übermittelt werden können (Nr. 1) und ab welchem Zeitpunkt Notare - nicht aber Behörden -
Dokumente elektronisch übermitteln müssen (Nr. 4). Diese Regelungstechnik wurde bewusst
gewählt, da der Gesetzgeber zu der Erkenntnis gelangte, dass „die unterschiedlichen
finanziellen, technischen und organisatorischen Ausgangssituationen in den einzelnen
Ländern ... eine bundesweit einheitliche Führung des elektronischen Rechtsverkehrs in
Grundbuchsachen sowie der elektronischen Grundakte nicht [zulassen]“. Von einer
Verpflichtung von Behörden hat der Gesetzgeber in diesem Zusammenhang bewusst
Abstand genommen: „Eine Verpflichtung weiterer Verfahrensbeteiligter erscheint derzeit nicht
sachgerecht. Zum einen kann bereits durch eine Verpflichtung der Notare sichergestellt
werden, dass der weitaus größte Teil der in die Grundakte aufzunehmenden Dokumente in
elektronischer Form eingereicht wird. Zum anderen kann bei anderen Berufsgruppen,
Unternehmen, Behörden und sonstigen Einrichtungen das Vorhandensein der für die
Teilnahme am elektronischen Rechtsverkehr notwendigen technischen Ausstattung nicht
generell unterstellt werden (zum Ganzen: BT-Drucks. 16/12319, S. 23f.).“ Dementsprechend
regelt auch § 1 Abs. 3 Sächsische E-Justizverordnung lediglich, dass Notare in
Grundbuchsachen Dokumente elektronisch zu übermitteln haben. Insofern dürfte eine
Anwendung des § 14b FamFG aufgrund der spezialgesetzlichen Regelung ausgeschlossen
sein. Eine Überlagerung des § 135 GBO durch § 14b FamFG würde dem gesetzgeberischen
Willen widersprechen (vgl. hierzu: DNotI-Report 2022, S. 29 f.).

Vor diesem Hintergrund kommt es nicht darauf an, dass überdies in § 135 Abs. 1 Satz 3
GBO geregelt ist, dass ein Verstoß gegen die landesrechtlich angeordnete
Einreichungspflicht einem rechtswirksamen Eingang von Dokumenten beim Grundbuchamt
nicht entgegenstehen darf.

bb) Ebenso wenig ist § 14b Abs. 1 FamFG für die Zulässigkeit der Beschwerde relevant. Im
Gegensatz zu Handelsregistersachen ist im Grundbuchverfahren auch die Beschwerde
spezialgesetzlich geregelt. Die Form der Beschwerde ist in § 73 Abs. 2 GBO abschließend
normiert, so dass eine Anwendung des § 14b FamFG auf dieses Verfahren ausscheidet.

2. Nichts anderes gilt für § 130d ZPO. Auch wenn das Grundbuchamt bei der Eintragung
einer Zwangshypothek nicht nur als Organ der Grundbuchführung tätig wird, sondern
zugleich als Vollstreckungsorgan, das die Vollstreckungsvoraussetzungen nach §§ 750, 751
ZPO selbständig zu prüfen hat (BGH, Beschluss vom 13.09.2001 – V ZB 15/01), richtet sich
das Verfahren einschließlich der Form des Antrages nach der Grundbuchordnung (Seibel in:
Zöller, ZPO, § 867 Rn. 2). Maßgeblich ist hiernach allein § 29 Abs. 3 GBO.

Art:

Entscheidung, Urteil

Gericht:

OLG Dresden

Erscheinungsdatum:

07.03.2022

Aktenzeichen:

17 W 96/22

Rechtsgebiete:

Sonstiges Steuerrecht
Grundbuchrecht
Verfahrensrecht allgemein (ZPO, FamFG etc.)
Zwangsvollstreckung (insbes. vollstreckbare Urkunde und Vollstreckungsklausel)

Normen in Titel:

AO § 322; ZPO §§ 130d, 753 Abs. 5, 867; GBO §§ 13, 29 Abs. 3, 71 Abs. 1, 73 Abs. 2, 135 Abs. 1 S. 2; FamFG §§ 14b, 14d Abs. 1; GVG § 23a Abs. 2 Nr. 8