Pfändung und Überweisung eines Erbteils; keine Berechtigung des Pfandgläubigers zur Vereinbarung einer Abschichtung
letzte Aktualisierung: 6.5.2024
OLG Frankfurt, Beschl. v. 13.3.2023 – 20 W 24/23
Pfändung und Überweisung eines Erbteils; keine Berechtigung des Pfandgläubigers zur
Vereinbarung einer Abschichtung
Die Pfändung und Überweisung eines Erbteils berechtigt den Gläubiger grundsätzlich nicht dazu,
mit Wirkung für den betroffenen Miterben – den Pfändungsschuldner – eine
Abschichtungsvereinbarung dahingehend abzuschließen, dass dieser aus der Erbengemeinschaft
ausscheidet und der Erbanteil den verbleibenden Miterben anwächst. Eine darauf gestützte
Grundbuchberichtigung kommt nicht in Betracht.
Gründe
I.
Im oben aufgeführten Grundbuch sind in Abt. I die Antragsteller zusammen mit Vorname1 A
in Erbengemeinschaft zu einem 2/3-Anteil als Eigentümer eingetragen. In dem oben aufgeführten
Teileigentumsgrundbuch sind in Abt. I jeweils die Antragsteller zusammen mit Vorname1
A in Erbengemeinschaft zu einem 1/2-Anteil als Eigentümer eingetragen. Im oben weiter
aufgeführten Wohnungsgrundbuch sind die Antragsteller zusammen mit Vorname1 A in
Erbengemeinschaft als Alleineigentümer eingetragen. In allen drei Grundbüchern ist jeweils
in Abt. II seit 23.09.2022 bzw. 06.10.2022 vermerkt, dass der Miterbenanteil der Vorname1
A am Nachlass von Voranme2 A für die Antragstellerin zu 2 gemäß Beschluss des Amtsgerichts
Stadt1 vom 05.08.2022 (…) gepfändet worden sei.
Mit Schreiben vom 07.10.2022 (Bl. 38/- d. A.) hat der Verfahrensbevollmächtigte unter Vorlage
einer notariell beglaubigten Auseinandersetzungsvereinbarung vom 29.07.2022 beantragt,
im Wege der Grundbuchberichtigung die Antragsteller als alleinige Erben in Erbengemeinschaft
nach dem verstorbenen Vorname2 A im Grundbuch einzutragen. Er hat vorgebracht,
dass Vorname1 A aufgrund der Pfändung ihres Erbteils sowie aufgrund der Auseinandersetzungsvereinbarung
aus der Erbengemeinschaft ausgeschieden sei. Ausweislich dieser
Urkunde (Bl. 38/1 ff. d. A.), auf deren Einzelheiten Bezug genommen wird, hat die Antragstellerin
zu 2, zugleich in Vertretung des Antragstellers zu 1 und als Pfändungsgläubigerin der
den Nachlass mit der Maßgabe auseinandergesetzt, dass Vorname1 A mit Wirkung zum
31.03.2022 aus der Erbengemeinschaft nach Vorname2 A ausscheidet und ihr Erbteil den Antragstellern
zu je ½ anwächst.
Durch Verfügung vom 14.10.2022 (Bl. 38/2 d. A.) hat das Grundbuchamt darauf hingewiesen,
dass der Auseinandersetzungsvertrag der notariellen Beurkundung bedürfe und die Vorlage
der Unbedenklichkeitsbescheinigung des Finanzamts erforderlich sei. Weiter hat es darauf
hingewiesen, dass die Miterbin Vorname1 A durch die Pfändung ihres Erbteils nicht in ihrer
Verfügungsbefugnis beschränkt sei und die Auseinandersetzungsvereinbarung ihre Mitwirkung
bedürfe.
Mit Schreiben vom 09.11.2022 (Bl. 38/3 ff. d. A.) hat der Verfahrensbevollmächtigte eine beglaubigte
Abschrift der notariellen Urkunde vom 03.11.2022, UVZ-Nr. … des Notars B,
Stadt4, vorgelegt. Ausweislich dieser notariellen Urkunde (Bl. 38/4 ff. d. A.), auf deren Inhalt
ebenfalls Bezug genommen wird, hat die Antragstellerin zu 2 um die Beurkundung der oben
aufgeführten Auseinandersetzungsvereinbarung vom 29.07.2022 gebeten, die als Anlage der
notariellen Urkunde in Kopie beigefügt und verlesen wurde. Sie hat in dieser notariellen Urkunde
ausdrücklich die von ihr in der Auseinandersetzungsvereinbarung vom 29.07.2022 abgegebenen
Erklärungen, Anträge und Vollmachten bestätigt und vorsorglich wiederholt. Der
Verfahrensbevollmächtigte hat in seinem Schreiben vom 09.11.2022 an das Grundbuchamt
darauf hingewiesen, dass in der Auseinandersetzungsvereinbarung nicht über einzelne Nachlassgegenstände
verfügt worden sei, sondern die Auseinandersetzung des Nachlasses unter
den Antragstellern als Miterben sowie der Antragstellerin zu 2 als Pfändungsgläubigerin anstelle
der Miterbin Vorname1 A vereinbart worden sei. Die Pfändungsgläubigerin habe mit
Pfändungs- und Überweisungsbeschluss des Amtsgerichts Stadt1 vom 05.08.2022, der sämtlichen
Beteiligten zugestellt worden und dem Grundbuchamt zur Eintragung der Pfändung
des Erbteils vorgelegen habe, den Erbteil der Miterbin Vorname1 A an dem Nachlass einschließlich
sämtlicher Nebenansprüche, insbesondere des Anspruchs auf Auseinandersetzung
des Nachlasses, gepfändet und sich überweisen lassen. Er hat die Auffassung vertreten, dass
es nahezu der gesamten herrschenden Meinung in der Rechtslehre und der Rechtsprechung
entspreche, dass der Gläubiger, der den Anteil eines Miterben nebst sämtlichen Nebenansprüchen
gepfändet und sich zur Einziehung habe überweisen lassen, anstelle des betreffenden
Miterben mit den anderen Mitgliedern der Erbengemeinschaft berechtigt sei, eine Auseinandersetzungsvereinbarung
zu treffen. Er hat weiter eine auszugsweise Kopie eines Teilurteils
des Landgerichts Stadt2 vom 19.12.2012, Az. …, vorgelegt, sowie eine auszugsweise Kopie
eines im Berufungsverfahren vor dem Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Zivilsenate Kassel,
Az. 15 U 20/13, geschlossenen Vergleichs (Bl. 38/5 ff. d. A.). Daraus ergäbe sich, so hat
der Verfahrensbevollmächtigte gemeint, dass die Rechtswirksamkeit der dortigen Auseinandersetzungsvereinbarung
außer Streit stehe.
Nachdem der Verfahrensbevollmächtigte eine Unbedenklichkeitsbescheinigung des Finanzamts
Stadt3-Gemeinde1 zu den betroffenen Grundbüchern eingereicht hatte, hat das Grundbuchamt
durch Verfügung vom 15.12.2022 (Bl. 38/9 d. A.) darauf hingewiesen, dass es sich
der Ansicht des Verfahrensbevollmächtigten über die unbeschränkte Verfügungsbefugnis der
Pfändungsgläubigerin nicht anschließen könne. Die Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft
könne nicht unter Mitwirkung (gemeint wohl: nicht ohne Mitwirkung) der Miterbin erfolgen.
Die Pfändungsgläubigerin habe die Möglichkeit, diese im Wege der Klage zu erwirken
oder die Auseinandersetzungsversteigerung zu betreiben. Es hat Gelegenheit zur Antragsrücknahme
gegeben.
Nachdem der Verfahrensbevollmächtigte mit Schreiben vom 29.12.2022 (Bl. 38/10 ff. d. A.)
dem entgegengetreten war, hat das Grundbuchamt durch den angefochtenen Beschluss (Bl.
38/11 d. A.), auf dessen Einzelheiten Bezug genommen wird, den Antrag der Antragsteller
und der Vorname1 A, vertreten durch den Verfahrensbevollmächtigten, vom 07.10.2022 auf
„Eintragung Grundbuchberichtigung“ zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt,
dass die Auseinandersetzungsvereinbarung der Mitwirkung der Miterbin Vorname1 A bedürfe.
Sie sei durch die Pfändung des Erbanteils nicht in ihrer Verfügungsbefugnis beschränkt. Die
Pfändungsgläubigerin könne die für die Auseinandersetzung erforderlichen Erklärungen im
Wege der Klage erwirken oder die Auseinandersetzungsversteigerung betreiben.
Gegen diesen Beschluss hat der Verfahrensbevollmächtigte mit Schriftsatz vom 31.01.2023
(Bl. 38/14 ff. d. A.), auf dessen Einzelheiten Bezug genommen wird, Beschwerde eingelegt
mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und das Grundbuchamt anzuweisen,
im Wege der Grundbuchberichtigung die Antragsteller in Erbengemeinschaft nach dem
verstorbenen Vorname2 A in den betroffenen Grundbüchern einzutragen. Er hat darin den
oben dargestellten Sachverhalt nebst den zugrunde liegenden Tatsachen nochmals im Einzelnen
dargestellt und seine Rechtsauffassung wiederholt und vertieft, dass die Antragstellerin
zu 2 als Pfändungsgläubigerin berechtigt gewesen sei, anstelle der betreffenden Erbin mit
den anderen Mitgliedern der Erbengemeinschaft eine Auseinandersetzung bzw. Teilerbauseinandersetzung
zu vereinbaren.
Durch Beschluss vom 02.02.2023 (Bl. 38/17 d. A.) hat das Grundbuchamt der Beschwerde
der Antragsteller und der Vorname1 A, vertreten durch den Verfahrensbevollmächtigten,
nicht abgeholfen und hat sie dem Senat zur Entscheidung vorgelegt. Es hat zur Begründung
darauf hingewiesen, dass die Verfügungsbefugnis der Miterbin Vorname1 A durch die Pfändung
ihres Miterbenanteils dahingehend eingeschränkt sei, dass sie keine wirksamen Verfügungen
zulasten der Pfändungsgläubigerin, der Antragstellerin zu 2, treffen könne. Die Verfügungsbefugnis
sei jedoch nicht aufgehoben, so dass die Auseinandersetzungsvereinbarung
ihrer Mitwirkung bedürfe.
Auf Bitte um entsprechende Aufklärung in der Senatsverfügung vom 08.02.2023 (Bl. 38/21
d. A.) hat der Verfahrensbevollmächtigte mit Schriftsatz vom 14.02.2023 (Bl. 38/22 d. A.)
klargestellt, dass die Miterbin von ihm nicht vertreten werde und hat hierzu auf die in der
Auseinandersetzungsvereinbarung enthaltene Vollmacht der Antragsteller Bezug genommen.
Insoweit handele es sich um einen erkennbaren Irrtum des Grundbuchamts.
II.
Die Beschwerde ist gemäß
formgerecht eingelegt worden. Nach der erfolgten Nichtabhilfe durch das Grundbuchamt
hat hierüber der Senat als Beschwerdegericht zu befinden,
Es handelt sich hierbei - entgegen der Annahme des Grundbuchamts - um eine Beschwerde
der oben aufgeführten Beteiligten. Zwar hat der Verfahrensbevollmächtigte weder im Antragsschreiben
vom 07.10.2022 noch in der Beschwerdeschrift angegeben, für wen er den
Grundbuchberichtigungsantrag gestellt bzw. die Beschwerde eingelegt hat. Dies ergibt sich
mit hinreichender Deutlichkeit jedoch aus der im Antrag ausdrücklich in Bezug genommenen
Vollmacht in § 7 der Auseinandersetzungsvereinbarung, was das Grundbuchamt verkannt
hat. Der Verfahrensbevollmächtigte hat dies auf die Senatsverfügung vom 08.02.2023 auch
nochmals ausdrücklich klargestellt.
Bedenken gegen die Beschwerdeberechtigung der Beteiligten bestehen nicht. Grundsätzlich
ist jeder Antragsberechtigte auch beschwerdeberechtigt, bei einer Erbengemeinschaft auch
jeder Miterbe (vgl. Demharter, GBO, 32. Aufl., § 71 Rz. 63; Sternal KEHE, Grundbuchrecht,
8. Aufl., § 71 Rz. 69). Dies korrespondiert damit, dass der Grundbuchberichtigungsantrag
auch von jedem Miterben gestellt werden kann (vgl. etwa OLG Stuttgart
nach juris; Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 16. Aufl., Rz. 360).
Die Beschwerde hat jedoch in der Sache keinen Erfolg. Der angefochtene Beschluss ist im Ergebnis
nicht zu beanstanden. Zu Recht hat das Grundbuchamt den Grundbuchberichtigungsantrag
zurückgewiesen.
Die Antragsteller leiten die für ihren Grundbuchberichtigungsantrag gemäß
erforderliche Grundbuchunrichtigkeit aus der (zuletzt) notariell beurkundeten Auseinandersetzungsvereinbarung
vom 03.11.2022/29.07.2022 her. Unter C. § 2 Abs. 1 dieser Urkunde
hat die Antragstellerin zu 2, zugleich in Vertretung des Antragstellers zu 1 und als Pfändungsgläubigerin
der Vorname1 A, den Nachlass des Vorname2 A mit der Maßgabe auseinandergesetzt,
dass Vorname1 A mit Wirkung zum 31.03.2022 aus der Erbengemeinschaft nach
Vorname2 A ausscheidet und ihr Erbteil den Antragstellern zu je ½ anwächst. Da weder eine
Erbauseinandersetzung im Sinne von
- Auflassungen zum betroffenen Grundbesitz wurden nicht erklärt - noch eine
Erbanteilsübertragung nach
sog. Abschichtung. Neben der Erbauseinandersetzung und der Erbanteilsübertragung kann
ein Miterbe nämlich nach ganz herrschender Meinung durch (formfreien) Vertrag seine Mitgliedschaftsrechte
an der Erbengemeinschaft mit der Folge aufgeben, dass sein Erbanteil den
verbleibenden Miterben kraft Gesetzes anwächst. Sie wird von der Erbteilsübertragung dadurch
unterschieden, dass der Miterbe einverständlich aus der Erbengemeinschaft ausscheidet,
seine Mitgliedschaftsrechte somit aufgibt und damit nicht auf einen bestimmten Rechtsnachfolger
überträgt. Der Anteil des Miterben, der aus der fortbestehenden Erbengemeinschaft
durch Teilauseinandersetzung (Abschichtung) ausscheidet, wächst den in der Erbengemeinschaft
verbleibenden Miterben im Verhältnis ihrer (bisherigen) Anteile an (vgl. dazu BGH
Nachweise bei BeckOK GBO/Wilsch, Stand: 02.01.2023, § 35 Rz. 181; Schöner/Stöber,
a.a.O., Rz. 976a ff.). Nur in dieser Weise kann die hier vorliegende „Auseinandersetzungsvereinbarung“
verstanden werden.Das Grundbuch wird dann grundsätzlich dadurch unrichtig,
dass der Erbanteil des ausscheidenden Miterben den verbleibenden Miterben kraft Gesetzes
anwächst. Die Grundbucheintragung erfolgt mithin im Wege der Grundbuchberichtigung, die
die Antragsteller hier betreiben. Sie erfolgt auf - hier vorliegenden - Antrag, wenn der Unrichtigkeitsnachweis
mit Vorlage der über die dingliche Abschichtung errichteten Urkunde erbracht
ist oder ggf. auch durch Vorlage von Berichtigungsbewilligungen, wobei umstritten ist,
ob es neben der Bewilligung des ausscheidenden Erben auch derjenigen der übrigen Miterben
bedarf (vgl. dazu im Einzelnen BeckOK GBO/Wilsch, a.a.O., § 35 Rz. 184; Schöner/Stöber,
a.a.O., Rz. 976d).
Die vorgelegte Auseinandersetzungsvereinbarung vom 03.11.2022/29.07.2022 hätte hier nur
dann zu einer Grundbuchunrichtigkeit im oben beschriebenen Sinne geführt, wenn die Antragstellerin
zu 2 aufgrund der Pfändung und Überweisung des Erbanteils berechtigt gewesen
wäre, diese (auch) für die Miterbin Vorname1 A abzuschließen. Dies ist nicht der Fall. Insoweit
folgt der Senat der Rechtsauffassung des Grundbuchamts.
Dabei kann zunächst offenbleiben, ob sich Bedenken an dem Tätigwerden der Antragstellerin
zu 2 im Rahmen dieser Vereinbarung zugleich mit Wirkung für die Miterbin Vorname1 A aus
dem Gesichtspunkt des
der Vorschrift ist zwar nicht betroffen, da die Antragstellerin zu 2 nicht als Vertreterin der
Miterbin Vorname1 A tätig geworden ist, sondern in ihrer Eigenschaft als Pfändungsgläubigerin
betreffend deren Miterbenanteil, die sie jedenfalls im Zeitpunkt der notariellen Beurkundung
der Vereinbarung war. Allerdings wird verbreitet vertreten, dass die Vorschrift auf Sachverhalte
analog anwendbar ist, in denen zwar keine Stellvertretung vorliegt, aber ein vergleichbares
Auftreten einer Person für einen anderen, den letztlich die rechtlichen und wirtschaftlichen
Folgen treffen (vgl. die Nachweise bei Münchener Kommentar/Schubert, BGB, 9.
Aufl., § 181 Rz. 48; NK-BGB/Stoffels, 4. Aufl., § 181 Rz. 32; Staudinger/Schilken, BGB,
Neub. 2019, § 181 Rz. 34). Eine immerhin vergleichbare Situation liegt hier vor.
Die Frage kann deshalb dahinstehen, weil die Pfändung und Überweisung des Anteils der Miterbin
Vorname1 A am Nachlass die Antragstellerin zu 2 als Pfändungsgläubigerin nicht dazu
berechtigte, den Nachlass dahingehend auseinanderzusetzen, dass die Miterbin Vorname1 A
aus der Erbengemeinschaft ausscheidet und deren Erbteil den Antragstellern zu je 1/2 anwächst.
Allerdings kann der Anteil eines Miterben an dem Nachlass gemäß
gepfändet werden.Für die Verwertung des gepfändeten Anteils findet
das heißt, der Anteil wird dem Gläubiger - wie hier der Antragstellerin zu 2 - zur
Einziehung überwiesen. Die in der Vorschrift ebenfalls vorgesehene Überweisung an Zahlungs
statt scheidet nach allgemeiner Auffassung aus, da es bei einem Erbanteil an einem von der
Vorschrift vorausgesetzten Nennwert fehlt (vgl. dazu BGH
Durch eine Überweisung zur Einziehung wird der Gläubiger zu allen im Recht des Schuldners
begründeten, der Befriedigung dienenden Maßnahmen ermächtigt. Wird dem Gläubiger ein
Erbanteil zur Einziehung überwiesen, berechtigt ihn dies dazu, die Auseinandersetzung
(
einen Antrag auf Vermittlung der Auseinandersetzung durch einen Notar stellen, eine
Teilungsklage gemäß den
den
selbständig den Antrag auf Teilungsversteigerung eines zum Nachlass gehörenden Grundstücks
zu stellen (vgl. die Nachweise bei BGH
wird demgemäß auch angenommen, dass der jeweilige Gläubiger auch berechtigt ist, im Wege
des Betreibens der Auseinandersetzung im obigen Sinne mit den weiteren Miterben entsprechende
Vereinbarungen zu treffen, die auch gegenüber dem jeweiligen Schuldner wirksam
sind (vgl. etwa das von den Antragstellern im Schriftsatz vom 09.11.2022 offenkundig in
Bezug genommene Urteil des OLG Celle vom 14.06.2001, Az. 22 U 1/00 = BeckRS 2001,
30186580; BeckOK ZPO/Riedel, Stand 01.12.2022, § 859 Rz. 34; Münchener Kommentar/
Smid, ZPO, 6. Aufl., § 859 Rz. 19).
Die Überweisung des gepfändeten Rechts - hier des Erbanteils - gemäß den
zur Einziehung gibt dem Gläubiger jedoch etwa nicht die Befugnis, dieses Recht auf einen
Dritten zu übertragen.Der Pfändungsgläubiger wird bei einer Überweisung zur Einziehung
nicht Inhaber des Rechts; die Inhaberschaft des Rechts verbleibt vielmehr bei dem Schuldner.
Deshalb erwirbt der Gläubiger die Verfügungsbefugnis nicht uneingeschränkt. Etwas anderes
gilt nur bei einer Überweisung einer Forderung an Zahlung statt zum Nennwert (vgl.
2019, 970, Tz. 9, 10 bei juris). Damit geht der Bundesgerichtshof davon aus, dass auch bei
der Pfändung und Überweisung eines Erbanteils der Gläubiger nur dann zu einer Veräußerung
befugt ist, wenn er von dem Vollstreckungsgericht hierzu durch gesonderten Beschluss nach
den
12 bei juris; vgl. auch Stöber, Forderungspfändung, 16. Aufl., Rz. 1690, 1700). Der Bundesgerichtshof
hat dort (ebenfalls Tz. 12 bei juris) die in der Rechtsprechung - er hat dort unter
anderem die von den Antragstellern im Schriftsatz vom 29.12.2022 zitierte Entscheidung des
OLG Naumburg ausdrücklich aufgeführt - vereinzelt ohne nähere Begründung vertretene Auffassung,
dass der Gläubiger bereits aufgrund der Überweisung des Erbanteils zur Einziehung
berechtigt sei, den Anteil freihändig zu veräußern, abgelehnt, weil diese im Gesetz keine
Grundlage finde.
Ausgehend von diesen Grundsätzen, denen der Senat folgt, hätte also die Antragstellerin zu
2 durch die Pfändung und Überweisung nicht die uneingeschränkte Verfügungsbefugnis über
den Erbanteil erworben; wie dargelegt ist vielmehr die Miterbin Vorname1 A Inhaberin des
Rechts geblieben.
Zu einer Verfügung über den Erbanteil zulasten der Miterbin wäre die Antragstellerin zu 2
mithin nicht berechtigt gewesen. Ist damit das Recht zur Verfügung bzw. Veräußerung des
Erbanteils nach
„Einziehungsrecht“ umfasst, würde sich hier nichts dadurch ändern, dass durch den
Pfändungs- und Überweisungsbeschluss des Amtsgerichts Stadt1 vom 05.08.2022, Seiten 6,
9 (vgl. Bl. 37/2 ff. d. A.), neben dem Erbanteil als Nebenanspruch auch „das Verfügungsrecht“
der Antragstellerin zu 2 zur Einziehung überwiesen wurde.
Allerdings stellt die hier - wie gesagt - unter Mitwirkung der Antragstellerin zu 2 für die Miterbin
vereinbarte Abschichtung nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs keine Verfügung
über den Erbanteil im Sinne des
der Mitgliedschaftsrechte an der Erbengemeinschaft (vgl.
auch OLG Rostock
10.08.2017, 5 U 25/16, Tz. 31 bei juris; OLG Hamm
zur in der Literatur verbreitet vertretenen Gegenauffassung die Nachweise bei Otto in
jurisPK-BGB, Stand: 14.09.2020, § 2033 Rz. 33; BeckOGK/Rißmann/Szalai, Stand:
01.11.2022,
Abschichtung nicht - wie der Senat (vgl.
Kurth
eines Miterben aus der Erbengemeinschaft im Sinne eines Verzichts auf den Nachlassanteil
sieht, sondern lediglich ein bloßes Aufgeben der Mitgliedschaftsrechte an der Erbengemeinschaft,
so führt diese Vereinbarung doch - wenn auch wie oben ausgeführt kraft
Gesetzes - jedenfalls dazu, dass der ausscheidende Miterbe seine Mitberechtigung an den
einzelnen Gegenständen des Nachlasses verliert. Der Erbanteil wächst den verbleibenden
Miterben - hier beiden Antragstellern - anteilig zu. Damit dient die Abschichtung ebenso wie
die Veräußerung des Erbanteils (vgl. dazu Schmidt-Räntsch
nicht dazu, die Einziehung des gepfändeten Miterbenanteils zugunsten der Gläubigerin - der
Antragstellerin zu 2 - zu betreiben. Die Abschichtung geht damit ebenso wie die Veräußerung
des Miterbenanteils (vgl. BGH
zu der die Antragstellerin zu 2 aufgrund des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses
lediglich berechtigt ist. So hat der Bundesgerichtshof im Zusammenhang mit der Veräußerung
einer Forderung aufgrund einer Pfändung und Überweisung darauf hingewiesen, dass
sich selbst die Rechtfertigung einer anderweitigen Verwertung nicht nur nach dem Interesse
des Gläubigers an der alsbaldigen Befriedigung beurteilt, sondern auch nach dem schutzwürdigen
Interesse des Schuldners, der den Pfandgegenstand nicht verschleudert sehen möchte
(vgl. BGH
2377, Tz. 33 bei juris). Gerade eine solche ist durch die Abschichtung nicht ausgeschlossen,
mit der die Schuldnerin - die Miterbin Vorname1 A - ihre Mitberechtigung an den einzelnen
Gegenständen des Nachlasses gänzlich verliert. Ob und inwieweit sie durch die ohne ihre Mitwirkung
zustande gekommene Vereinbarung im Gegenzug hierfür eine Abfindung erhält -
wollte man die in der Vereinbarung getroffenen Regelungen insoweit verstehen (vgl. auch
den Schriftsatz vom 09.11.2022, Ziffer 4.) -, ändert hieran nichts, weil es lediglich um die
Verwertung des Miterbenanteils durch Abschichtung geht. Die Überweisung zur Einziehung
berechtigt die Pfändungsgläubigerin naturgemäß nicht dazu, eine solche „Abfindung“ ohne
Mitwirkung der Schuldnerin mit Wirkung für diese festzulegen. Im Übrigen wäre das Grundbuchamt
- ebenso wie der Senat im Grundbuchbeschwerdeverfahren - mit den im Grundbuchverfahren
zur Verfügung stehenden Mitteln gar nicht in der Lage zu überprüfen, ob und
inwieweit eine hinreichende Abfindung vereinbart wurde.
Ist damit durch die Auseinandersetzungsvereinbarung vom 03.11.2022/29.07.2022 ein
Rechtsübergang kraft Gesetzes nicht eingetreten, ist durch deren Vorlage beim Grundbuchamt
die Unrichtigkeit des Grundbuchs im Sinne des
der Antragsteller nicht nachgewiesen. Zu Recht hat das Grundbuchamt den darauf
gestützten Berichtigungsantrag zurückgewiesen; eine Zwischenverfügung wäre in dieser Situation
nicht zulässig (vgl. dazu die Nachweise bei Senat, Beschluss vom 14.12.2010, 20 W
516/10, zitiert nach juris; Demharter, a.a.O., § 18 Rz. 11; Bauer/Schaub/Wilke, GBO, 4.
Aufl., § 18 Rz.15). Die Beschwerde rügt dies auch gar nicht.
Auf die unter Ziffer III. C. § 3 der genannten Auseinandersetzungsvereinbarung erklärten Berichtigungsbewilligungen
ist der Berichtigungsantrag ersichtlich nicht gestützt. Auch hierauf
beruft sich die Beschwerde nicht. Der Senat bemerkt deshalb lediglich vorsorglich, dass es -
ungeachtet der sich aus den obigen Ausführungen ergebenden fehlenden schlüssigen Darlegung,
dass das Grundbuch durch die beantragte Berichtigung richtig würde (vgl. dazu die
Nachweise - auch zur Rechtsprechung des Senats - bei BeckOK GBO/Holzer, a.a.O., § 22 Rz.
71; Demharter, a.a.O., § 22 Rz. 31) -, an der nach den obigen Ausführungen erforderlichen
Berichtigungsbewilligung der ausscheidenden Miterbin fehlt.
Dass die Beteiligten als Beschwerdeführer die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens zu
tragen haben, ergibt sich bereits aus der Anwendung der gesetzlichen Vorschriften, §§ 22, 25
GNotKG, so dass es insoweit keines ausdrücklichen Ausspruchs bedarf. Letzteres gilt mangels
gegnerischer Beteiligung auch für eine etwaige Anordnung der Erstattungsfähigkeit
notwendiger Aufwendungen im Beschwerdeverfahren.
Der Geschäftswert bestimmt sich nach den
den insoweit für die Eigentumsumschreibung im Wege der Berichtigung maßgeblichen Grundstückswert
die Wertangaben in der Auseinandersetzungsvereinbarung vom
03.11.2022/29.07.2022 unter Ziffer III. A. zugrunde gelegt.
Der Senat lässt die Rechtsbeschwerde gemäß
Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts
erfordert. Die Frage der Berechtigung des Vollstreckungsgläubigers zur Vereinbarung
einer Abschichtung zulasten eines Miterben nach Pfändung und Überweisung des Miterbenanteils
ist - soweit ersichtlich - höchstrichterlich nicht geklärt.
Entscheidung, Urteil
Gericht:OLG Frankfurt a. Main
Erscheinungsdatum:13.03.2023
Aktenzeichen:20 W 24/23
Rechtsgebiete:
Sachenrecht allgemein
Grundbuchrecht
In-sich-Geschäft
Erbteilsveräußerung
Kostenrecht
Erbengemeinschaft, Erbauseinandersetzung
Verfahrensrecht allgemein (ZPO, FamFG etc.)
Zwangsvollstreckung (insbes. vollstreckbare Urkunde und Vollstreckungsklausel)
GBO § 22; ZPO §§ 835, 859